Liberalisierung der Wasserversorgung?
Sprudelnde Quelle für Privatunternehmen

Oldenburgisch-ostfriesischer Wasserverband
Berliner Wasserbetriebe
RWE Wasser
Rechtsanwalt Turgut Pencereci
Eine sprudelnde Quelle für künftige Gewinne wittern private Investoren in Deutschland. Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband ist ein kommunaler Verbund, der keine Profitinteressen verfolgt. Nachhaltiger Grundwasserschutz lautet das Konzept. Förderbrunnen liegen im Naturschutzgebiet. Nitratbelastungen durch Massentierhaltung und flächendeckende Versprühung von Gülle konnten um zwei Drittel reduziert werden.
Eurawasser
"Entkeimung von Trinkwasser"
"Arsen bedroht elf Millionen Vietnamesen"
"Kostbares Gut Süßwasser"
"Wassermangel bedroht Milliarden"
Foto Ohne chemische Zusätze lüftet und filtert modernste Technik im Wasserwerk das gewonnene Grundwasser. Deutsche Wassernormen garantieren hohe Qualität. Die Kosten der Versorgung werden auf den Wasserpreis umgelegt. Kommunale Wasserversorger befürchten, mehr Wettbewerb durch private Anbieter würde zu Lasten der Ökologie gehen. In Berlin hat der Ausverkauf des heimischen Wassers bereits stattgefunden. 1999 kauften zwei Global Player Anteile an den Berliner Wasserbetrieben. Es war ein lukratives Geschäft: Etwa neun Prozent garantierte Rendite über 28 Jahre für die privaten Investoren und 1,7 Milliarden Euro für die hoffnungslos verschuldete Hauptstadt.
"Wasser wichtiger als Erdöl"
"Grundwasser-Fauna"
"Strahlend sauber"
Hinter dem komplizierten Konstrukt der Holding verbirgt sich zu 51 Prozent die Stadt und zu 49 Prozent die Wassergiganten RWE und Vivendi - eine Teilprivatisierung. Die Berliner Wasserbetriebe sind eine sprudelnde Geldquelle. Die notorisch klamme Stadt wird ab 2003 eine Konzessionsabgabe von den Betreibern verlangen.
"Dem Rhein auf den Grund gegangen"
"Süßwasser-Quellen im Meer"
"Schwerpunkt-Thema Wasser"
Foto So werden auf einen Schlag 68 Millionen Euro in die Landeskasse gespült. Die Wasserbetriebe holen sich das Geld über den Wasserpreis vom Kunden zurück - eine Umverteilung zu Lasten der Verbraucher. Anders als bei Strom oder Telefon werden die Kunden beim Wasser nicht unter verschiedenen Anbietern auswählen können. In jeder Stadt kommt nur ein Versorger in Frage, mehrere Leitungsnetze machen ökologisch und ökonomisch keinen Sinn.
Ohne chemische Zusätze lässt sich nicht Wasser über weite Strecken leiten. Private Bewerber lockt eine faktische Monopolstellung. Rechtsanwalt Turgut Pencereci bezweifelt, dass Kommunen ihre Haushaltslöcher mit Privatisierungsgewinnen stopfen dürfen. Die Einnahmen müssten an die Verbraucher zurückgegeben werden, denn die hätten die Investitionen mit ihren Gebühren bereits finanziert.
Foto Ein Blick nach England zeigt, wohin Privatisierung führen kann. 1989 verkaufte die britische Premierministerin Margaret Thatcher alle zehn staatlichen Wasser und Abwasserunternehmen. Die eiserne Lady versprach, dass die privaten Betreiber effizienter wirtschaften, enorme Investitionen vornehmen würden und ein preissenkender Wettbewerb ausgelöst werden würde. Für die neuen Wasserfürsten war das ein Schnäppchen angesichts des niedrigen Kaufpreises und eine kräftige Finanzspritze für die anstehenden Investitionen.
Das Ergebnis bedeutete jedoch: In zehn Jahren stiegen die Preise für Wasser und Abwasser um 46 Prozent. Fast der gesamte Umsatzzuwachs ging laut Regulierungsbehörde als Dividende an die Aktionäre.
Foto Bis heute hat in England nur jedes fünfte Haus einen Wasserzähler. 80 Prozent der Kunden erhalten pauschale Rechnungen. Das Rohrnetz ist so marode, dass 40 Prozent des Wassers versickert. Reparaturen werden nur im Notfall durchgeführt. In Potsdam hat die Stadt das Wasserexperiment mit einem privaten Wasser-Multi beendet. Nach drei Jahren kündigten die Stadtväter den Kooperationsvertrag mit dem privaten Anbieter Eurawasser. Die Preise waren nach der Teilprivatisierung in die Höhe gegangen - die Bürger auf die Straße.
Dennoch lockt in vielen klammen Kommunen die Einmalzahlung der privaten Investoren. Ein öffentliches Gut wird zum privaten Eigentum und der Wasserpreis zum Marktpreis, der sich an Angebot und Nachfrage orientiert. Umweltzerstörung, Verschmutzung und Verschwendung machen Wasser weltweit zur Mangelware.

23.08.2002
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