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"Junge, was machst du denn da bloß?"
 
Götz Werner leitet seine Drogeriemarktkette mit unorthodoxen Methoden
 
Jeder muss einkaufen. Läden, Kaufhäuser und Tankstellen gehören zum Alltag genauso wie zum Wirtschaftsleben. Aber wer steckt hinter diesen Geschäften? Unsere Serie gibt darauf Antwort. Heute: die Drogeriemarktkette DM.

Der Chef ist keine fünf Minuten in der Filiale, da verlangt er nach einem Besenstiel. Leicht verunsichert verschwindet die DM-Filialleiterin in Feuerbach hinter einem Regal. Als sie wieder auftaucht, hält sie einen dunkelgrünen Stab aus Hartgummi in der Hand. "Hier ist der Besenstiel, Herr Werner", sagt sie, "aber ich weiß nicht, was Sie damit wollen."

Keine Sorge. Götz Werner, Inhaber der Drogeriemarktkette DM, regiert sein Unternehmen weder mit der Peitsche noch mit dem Besenstiel. Den braucht er nur zu Demonstrationszwecken, "So, wie das Licht jetzt fällt, gibt es bloß einen hellen Fleck auf dem Boden. Das bringt nichts", sagt Werner, nimmt den Stab und hantiert damit an den Lichtstrahlern an der Decke. "Aber jetzt. Sehen Sie? Jetzt wird die Ware angestrahlt. Das sieht doch gleich ganz anders aus."

Die Szene wirkt seltsam. Die Drogeriemarktkette DM ist ein Unternehmen mit 1370 Filialen, 20 000 Mitarbeitern und 2,6 Milliarden Euro Umsatz. Hat der Inhaber eines solchen Riesenkonzerns nicht Wichtigeres zu tun, als Deckenstrahler zu richten? Wäre ein kurzes Rundschreiben an alle Filialleiter nicht effektiver? Werner lächelt. "Sie können ein Unternehmen nicht mit Appellen leiten", sagt der 59-jährige Chef mit dem gelb-roten DM-Metallschildchen am Jackett. "So etwas wie eben bleibt bei den Leuten viel eher haften als irgendeine Dienstanweisung. Die wird nur gelocht und abgeheftet. Natürlich kann ich nicht täglich durch alle Filialen gehen und mich um jede Kleinigkeit selbst kümmern. Aber es ist schon richtig, was Handelspapst Bruno Tietz gesagt hat: Als Unternehmer brauchen Sie eine klare Vision. Und eine unendliche Liebe zum Detail."

Man muss schon ein ausgeprägter Überzeugungstäter sein, um ausgerechnet dort Erfolg zu suchen, wo der eigene Vater scheiterte. Denn Götz Werner ist nicht zufällig in die Branche geraten. Schon als kleiner Junge spielte er in der Drogerie seines Großvaters in Heidelberg und staunte in der Dunkelkammer über die Bilder, die dort im Entwicklerbad wie durch Zauberei auf dem Papier erschienen. Doch der Weg, der durch Vater, Großvater und Urgroßvater vorgezeichnet war, blieb dem jungen Werner versperrt. "Ich habe eine Drogistenlehre in einem anderen Unternehmen gemacht", sagt Werner. "Doch bevor ich den Familienladen übernehmen konnte, war der pleite."

Fünf Jahre lang arbeitete Werner bei einem Drogisten in Karlsruhe, dann machte er sich 1973 selbstständig. "Ich habe damals nicht einen Laden aufgemacht", sagt Werner, "sondern den ersten. Den ersten von möglichst vielen." Zugute kam ihm bei seinem Vorhaben, dass 1973 die so genannte "Preisbindung der zweiten Hand" für Drogerien fiel. Damit konnten die Hersteller dem Handel nicht mehr die Preise vorschreiben. Was die Gebrüder Albrecht in den 60ern mit Aldi im Lebensmittelhandel begonnen hatten, führte Götz in den 70ern mit seinen DM-Läden fort: Gute Qualität zu kleinen Preisen.

"Die Konkurrenz hat uns erst ausgelacht", sagt Werner. "Damals hieß es: Die haben wohl vergessen, die Mehrwertsteuer zu berechnen." Doch der Erfolg des Neulings wurde für die alteingesessenen Drogisten schnell ernst. Nach drei, vier Jahren hatte Werner schon mehr als 30 Läden. "Dann hat man gesagt: Da steckt der Aldi dahinter", erzählt Werner Verschwörungstheorien aus den Anfangsjahren. "Und schließlich kam: Da geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. Sogar meine Großmutter hat gesagt: Junge, was machst du denn da bloß?"

Nach einer Weile war sich Werner selbst nicht mehr ganz sicher. "Wissen Sie, wenn man einen oder zwei kleine Läden hat, dann kann man alles selbst machen", sagt der DM-Chef. "Dann bestellt man die Ware selbst, räumt sie selbst ein und verkauft auch selbst. Aber wenn man wächst, ändern sich die Dinge." Und DM wuchs schnell. Anfang der 80er gab es bereits mehr als 100 Filialen. Mit der Größe wuchsen auch die Probleme. "Wir hatten damals die Vorstellung, wir könnten die Filialen einfach kopieren", sagt Werner. "Wir hatten ein ganz genaues Bild von der idealen Filiale, und wir haben versucht, genau dieses Ideal überall nachzubauen."

Der Plan führte in die Irre. Die Filialleiter wurden von Bezirksleitern überwacht, über den Bezirksleitern standen Gebietsverkaufsleiter. Die Mitarbeiter vor Ort wurden zu Befehlsempfängern. "Mein Schlüsselerlebnis hatte ich Anfang der 90er in Ettlingen", sagt Werner. "Ich habe mich mit der Filialleiterin unterhalten. Dabei lehnte ich mich an eine Verkaufstheke, und die schob sich dabei nach hinten. Die Filialleiterin sagte, dass auf diese Weise schon zweimal geklaut wurde. Da habe ich sie gefragt: Und was haben Sie dagegen unternommen? Und sie antwortete: Ich habe den Bezirksleiter informiert, dass die Theke befestigt werden muss."

Damit war für Werner "der Groschen gefallen", wie er sagt. Wenn eine Filialleiterin sich damit zufrieden gibt, einen Missstand nach oben gemeldet zu haben, das Problem selbst aber bestehen bleibt, läuft etwas schief. "Da habe ich begriffen, dass wir Verantwortung von oben abgeben müssen. Wir konnten nicht länger versuchen, alles aus der Zentrale zu steuern. Wir mussten erreichen, dass jede Filiale für sich funktioniert, egal ob sie unserem Ideal entsprach oder nicht."

Heute, gut zehn Jahre und zahllose Weiterbildungsseminare später, sind die DM-Filialen extrem eigenständig. Die Leiter entscheiden selbst, wie sie ihre Läden einrichten und wen sie einstellen. Jeder Mitarbeiter kann Umsatz und Ergebnis einer Filiale einsehen und nachschauen, wie der eigene Laden im Unternehmensdurchschnitt dasteht. In Stuttgart werden die Filialen einen Tag pro Jahr sogar von den Lehrlingen geführt, die bei DM "Lernlinge" genannt werden. "Ich war vorher bei Schlecker, da durften wir nicht mal telefonieren", sagt eine DM-Mitarbeiterin in Stuttgart. "Hier bei DM lernen wir pausenlos etwas Neues und dürfen selbst entscheiden. Das ist schon was Besonderes."

Je selbstständiger die Mitarbeiter auf die Kunden zugehen können, desto unternehmerischer wird ein Unternehmen. So lautet einer von Götz Werners Grundsätzen. Wer jedoch erwartet, bei DM auch finanziell für seine Selbstständigkeit belohnt zu werden und auf Erfolgsprämien hofft, liegt daneben. "Das halte ich für den falschen Weg", sagt Werner. "Wer Prämien zahlt, misstraut doch seinen Mitarbeitern. Der muss doch glauben, dass seine Mitarbeiter eigentlich mehr leisten könnten, es aber ohne zusätzlichen Anreiz nicht tun. Erfolgsprämien sind nichts anderes, als eine ständige Unterstellung."
 
Sönke Iwersen
Aktualisiert: 21.05.2003, 11:23 Uhr


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