Fliegerhorst Greifswald / Ladebow

Vorwort

Greifswald ist einer der Fliegerhorste, der  von der Erdoberfläche verschwunden zu sein scheint. Nur wenige Fotodokumente sind erhalten und zeugen von seinem früheren Aussehen. Von der Erdoberfläche verschwunden? Nur scheinbar, denn wer ausgestattet mit den notwenigen Informationen und einem offenen Auge durch Ladebow geht wird auch heute noch Spuren und bauliche Relikte des ehemaligen Platzes finden. Diese Seite soll als kleiner Wegweiser dienen.

 

 

Frühe Anfänge

Das Interesse des Militärs, der Flugzeugindustrie sowie der Stadt Greifswald einen Flugplatz bzw. eine Flugzeugindustrie anzusiedeln, ist bis zum Jahre 1915 zurückzuverfolgen. Auch zu dieser Zeit bemühten sich die Stadtväter die strukturarme Region wirtschaftlich voran zu bringen. Dazu einige Eckdaten:

Diese Projekte sind nicht verwirklicht worden.

 

Der Aufbau

Nach den politischen Veränderungen im Jahre 1933 und der nun folgenden Förderung des Flugsportes ist ein Teil des universitätseigenen Geländes der Gemarkung "Ladebow Meierei" für die den Zweck der Schaffung einer Fliegerübungsstelle des studentischen Flugsportes zur Verfügung gestellt worden. Ein wichtiges Ereignis von überregionaler Bedeutung ist im Juni 1934 nachzuweisen. 120 Flugzeuge des Deutschlandfluges 1934 landeten auf dem Flugplatz der Fliegerortsgruppe Greifswald. 

Der Platz sowie die errichteten Gebäude gingen 1934 in den Besitz der Deutschen Verkehrsflieger Schule (D.V.S.) über. Wie sicherlich bekannt ist, stellte die D. V. S. eine Tarnorganisation zum geheimen Aufbau der Luftwaffe dar. Ob die Fliegerortsgruppe der Universität weiter bestand und ein anderes Gelände nutzte ist bisher nicht in Erfahrung zu bringen. Ab Mai 1934 erfolgte der Ausbau des Platzes unter Leitung des Bauleiters Müller. Die Maßnahmen umfassten unter anderem:


Abb.1: Blick auf die Halle 2A vom Flugfeld aus. Links im Hintergrund die Zellenschlosserei (Flächenbau), kleine Funktionsgebäude sowie Unterkünfte des Fliegerhorstes

Mit Wirkung vom 01.04.1935 ist die Fliegerhorstkommandantur aufgestellt worden. Damit beginnt der eigentliche militärische Betrieb und die Nutzung der modernen Anlage. Folgende Einheiten belegten den Standort zur Friedenszeit zwischen 1935 und 1939:


Abb. 2: Ju 52-3m g3e (Behelfsbomber) auf dem Rollfeld. Rechts Halle 3a. Im Hintergrund die Stadt Greifswald

Hierbei ist festzuhalten, daß es sich bei den drei Erstgenannten im Grunde stets um dieselben Verbände handelte, die jedoch im Rahmen von Teilungen und Umstrukturierungen immer wieder umbenannt und umgegliedert wurden. Das KG Hindenburg war außer in Greifswald auch in Teilen in Neubrandenburg und Barth stationiert. Die eingesetzten Flugzeugtypen spiegeln den Ausrüstungswandel der Kampfgeschwader wider: von der Do 23 über die Ju 52 als Behelfsbomber bis hin zur Ju 86 und He 111.


Abb. 3: Aufstellung der III./LG 1 am 27.05.1938 auf dem Rollfeld anläßlich der Vorbereitung des Abfluges zum Staatsbesuch nach Jugoslawien. Im Hintergrund Halle 3A, Startgebäude mit Bildstelle sowie Halle 3B

 

Nach Beginn des 2. Weltkrieges belegten folgende Schul- und Einsatzverbände den Fliegerhorst, sei es als Heimatplatz, als zeitweisen Absprungplatz oder zur Auffrischung .

Weiterhin wurde vom September 1944 bis April 1945 die Leichte Heimatflakbatterie 9/III von Stettin nach Greifswald verlegt.

Der Bombenkrieg der Alliierten wirkte sich indirekt auch auf Greifswald aus. Die Arado- Flugzeugwerke dezentralisierten die Fertigung. Eine Flugzeughalle in Greifswald diente ab 1943 zur Rumpfmontage des Jagdflugzeuges FW 190 bevor dieses in Tutow zur Endmontage gelangte.

 

 

Das Ende des Fliegerhorstes

Das Ende des Platzes kam Ende April 1945. In der Nacht vom 29. auf den 30.04.45 verließen die letzten Luftwaffensoldaten sowie etliche Familien der Fliegerhorstsiedlung den Platz Richtung Westen. Am 30.04.45 wurde der Platz ohne Kampfhandlungen von der Roten Armee eingenommen. Die Stadt Greifswald wurde kampflos übergeben. Die sowjetischen Truppen belegten den Fliegerhorst bis ca. Herbst 1948 mit einer Viehwirtschaftseinheit. Die gesamte Anlage wurde nach Ausbau der Ausstattungen bzw. Inneneinrichtungen gesprengt. Im Sommer 1947 wurde das Rollfeld durch die SMAD im Zuge der Bodenreform für die Nutzung als Ackerland freigegeben. Die Trümmer der Sprengungen nutzte u. a. die Bauwirtschaft nach Zerkleinerung zur Herstellung von Betonbauelementen.

Nach der Aufstellung der Kasernierten Volkspolizei unterhielt diese einen kleinen Stützpunkt in Form von von einigen neue errichteten zweistöckigen Baracken auf dem ehemaligen Luftwaffengelände. Diese Gebäude wurden jedoch in den 90er Jahren wieder abgerissen. Am Ende der 60er Jahre begann die Aufspülung des seewärtigen Teiles des Horstgeländes im Auftrag der Volksmarine der DDR, die hier nun einen Stützpunkt errichtete. Über den Fundamenten wuchs nun die umfangreiche Infrastruktur eines Tank- und Schmierstofflagers. Zu diesem Stützpunkt gehörten auch eineine Instandsetzungsbasis und ein Teilelager. Einige Grundstücke überlies man Kleingärtnern zum Errichten von Kleingartenanlagen. So findet man heute noch in machen Kleingärten massive Fundamentreste ehemaliger Fliegerhorst- Gebäude. Umsiedler erhielten im östlichen Teil des Flugfeldes Bauland für neue Häuser.

Die deutsche Wiedervereinigung besiegelte das Ende der militärischen Nutzung. Im Dezember 1991 schloß die Bundeswehr den Standort der Marine. Der ehemalige Ölhafen steht jetzt einer zivilen Nutzung zur Verfügung. Etliche Betriebe siedelten sich im Zuge des Ausbaus zum Stadthafen an.

Von der eigentlichen Anlage sind bis zum heutigen Tage nur wenige Gebäude oder Relikte erhalten geblieben, die noch auf eine militärische Nutzung schließen lassen. Hierbei ist zunächst die Fliegerhorstsiedlung Ladebow zu nennen, die gegenüber der Hauptwache lag. Die Wohnsiedlung ist inzwischen unter Denkmalschutz gestellt. Die Gebäude erhalten die - dringend notwendige -  umfangreiche Sanierung. Gegenüber der Siedlung ist noch der ehemalige KFZ- Hof erhalten. Mit geübtem Auge und dem notwendigem Wissen lassen sich noch heute weitere bauliche Relikte erkennen, wie z. B. Schächte der Unterflurtankanlagen am Rande des Flugfeldes, Hallenfundamente, Reste des Schießstandes oder die Rampe des Gleisanschlusses des Fliegerhorstes.

Die Karte führt "interaktiv" zu verschwundenen und erhaltenen Spuren des Fliegerhorstes Greifswald.

Hauptwache Offiziersunterkünfte Offz- Casino Kommandantur KFZ- Hof Unterkünfte 9. und Stabsstaffel Unterkünfte 7. Staffel Unterkünfte 8. Staffel Küche Halle 2A Halle 2B Halle 1B Flugleitung Werft Halle 1A Halle 3A Halle 3B Halle 1B Startgebäude 7. Staffel Zellenschlosserei/Flächenbau Notstromaggregat Laderampe Wohnhäuser Krankenrevier landwirtschaftliche Gebäude des ehem. Gutes Ladebow - teilweise erhalten Sporthalle

 

 


Abb. 4: Blick vom Sportplatz. Links Ecke der Sporthalle, dann Zellenschlosserei (Flächenbau), Werfthalle und Halle 1B


Abb. 5: Heutiger Blick über das Flugfeld in Richtung der früheren Flugzeughallen 3A und 3B

Abb. 6: Die Flugleitung 04.04.1942 - rechts außerhalb Halle 1A (siehe Abb. 7) Abb. 7: Do 217 vor Halle 1A - links außerhalb Flugleitung (siehe Abb. 6)

Abb. 8: 20.05.1942 Oblt Zabel vor dem Start zur Front. Im Hintergrund die Hallen 2A und B sowie 3A. Schemenhaft die Kirchtürme von Greifswald Abb. 9: April 1941: Hptm Poetter, Kommandeur der Erg. Gruppe (4) verabschiedet sich. Die Truppe ist vor Halle 1A angetreten. Im Bild: Das aufgestockte Startgebäude, Halle 1B und die Werfthalle.

 

Abb. 10: Die Reste der Laderampe Abb. 11: Der ehemalige KFZ- Hof

 Abb. 12: Blick von der Strasse auf den Bereich der Wache Abb. 13: Blick von dem Horstgelände Richtung Wache und Wohnsiedlung. Rechts der Standort der Kommandantur

Abb. 14: Das erhaltene Gebäude Notstromaggregat Abb. 15: Der ehemalige Schießstand - Reste der Anzeigedeckung

Abb. 16 & 17: Wohnhaus der Fliegerhorstsiedlung vor, Wohnhaus nach der Sanierung

 

 

 


Credits:

Text: Horst Dörn, Thomas Günther, Ralf Stubbe

Karte: Herbert Mau, Thomas Günter

Abbildungen:

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