Tutow

 

Der Fliegerhorst Tutow in Mecklenburg- Vorpommern wurde beginnend mit dem Jahre 1932 als einer der ersten "neuen" Fliegerhorste in Deutschland als Standort einer Flugschule errichtet und entwickelte sich mit den Jahren zu einem Vorzeigeobjekt für militärische Ausbildungseinrichtungen in Deutschland.

Der Bau des Platzes begann mit dem Ankauf größerer Ländereien durch das Reichsluftfahrtministerium. Auf dem Gelände entstehen gleich zwei Flugfelder, Tutow Nord und Süd, und bereits im Jahre 1933 betreibt der "Deutsche Luftsport Verband" (DLV), als eine Tarnorganisation für die Aufstellung einer neuen Luftwaffe, eine Flugschule in Tutow. In rascher Folge werden Lehr- und Ausbildungsgebäude, Unterkünfte, Werkstätten und Sporteinrichtungen gebaut, alles nach modernsten Standards. So verfügten die Unterkünfte (24 Gebäude) über eine zentrale Beheizung und waren mit fließend Kalt- und Warmwasser ausgestattet - zu der damaligen Zeit war das auch in privaten Häusern noch lange keine Selbstverständlichkeit. Zu den Sporteinrichtungen zählte auch eine Schwimm- sowie eine Turnhalle und ein Stadion mit Bestuhlung. Für die Offiziere des Standortes wurde ein Casino am Wittenwerder See mit Seeterrasse angelegt. Am See wurde weiterhin eine Seebadestelle angelegt. Für die Flugzeugtechnik wurden insgesamt 12 Hallen errichtet.

Für die Zivilbeschäftigten sowie die Familien der Soldaten entstand die Wohnsiedlung "Flughafen Tutow". Auch die Wohnsiedlung war vorbildlich durchgeplant und die Gebäude waren mit allen Annehmlichkeiten, entsprechend den damaligen Standards ausgestattet. Die Anlage kann man daher ohne weiteres als Mustersiedlung bezeichnen. Auch die Ver- und Entsorgung mit Trinkwasser wurde vorbildlich geregelt. Die Trinkwasseranlage war mit Keramikfiltern ausgestattet. Die Abwasserentsorgung erfolgte nach Brauch- und Regenwasser getrennt, wobei das Brauchwasser in einer eigenen Kläranlage behandelt wurde. Diese Wasserversorgungseinrichtungen wurden nach dem Kriege durch die russischen Besatzungstruppen stillgelegt. Dadurch waren sowohl die Soldaten als auch die Bevölkerung auf die Wasserentnahme aus dem See angewiesen.

Ein besonderes Interesse verdient auch der Blick auf die - sonst wenig betrachtete - Platzlandwirtschaft. Grundsätzlich erhielt jeder Platz einen eigenen Platzlandwirt, der insbesondere auch für die Instandhaltung der Rollflächen und Bewirtschaftung der übrigen Grünflächen zu sorgen hatte. Die Platzlandwirtschaft in Tutow leistete einen erheblichen Beitrag zur Eigenversorgung der Garnison. So wurden 300 Schweine gehalten, zusammen mit 1000 Gänsen und anderem Geflügel. Ca. 5000 Angorakaninchen lieferten Wolle für die Wärmeschutzkleidung der Flieger. Für die pflege der Rollflächen sorgten drei Schafherden. Und schließlich gab es eine Obstplantage mit 2500 - 2700 Gehölzen und sogar eine Seidenraupenzucht.

So stellte der Fliegerhorst in seiner Gesamtheit ein Vorzeigeobjekt, auch für ausländische Gäste oder Diplomaten, dar.

Colorierte Postkarte Unterkunftsbereich Tutow

Der Standort der Gebäude liegt jetzt unter von russischen Streitkräften aufgeschütteten Radarhügeln begraben

 

Das ehemalige Casino am See - und die heute im Unterholz vorhandenen Reste der Terrasse

Die Stationierung von Einheiten begann per 1.7.1934 mit der Aufstellung des KG 252. Dazu begann die Aufstellung der Kampffliegerschule 1, die später in "Große Kampffliegerschule" umbenannt wurde. Neben der Stationierung verschiedener Verbände erfolgte im Laufe der Krieges auch ein Produktion von Flugzeugen statt, und zwar die Endmontage von Fw 190 durch die Arado- Werke, die aus Warnemünde in Nebenwerke verlegten.

 

Nach dem Krieg hatte die sowjetische Militärverwaltung zunächst kein Interesse an einer Weiternutzung der Liegenschaft. Nachdem zunächst Flüchtlinge und Heimatvertriebene in den Gebäuden des Platzes einquartiert wurden, erging der Befehl die Kasernen abzureißen. Zuvor wurden Ausrüstungen und Bauteile werden als Reparationsleistungen in die Sowjetunion verschafft. Die Kasernenanlagen werden in den Jahren 1948/49 zur Gewinnung von Baustoffen - insbesondere Ziegeln - abgerissen. Bauteile (Fensterrahmen etc.) fanden Verwendung bei Baumaßnahmen der Ortsbewohner. Erst kurz vor der endgültigen Sprengung auch der Straßen im Fliegerhorst erreichen die Anwohner einen Stop der Abrißarbeiten. Heute sind nur noch drei Originalgebäude des Platzes vollständig und eines in Teilen erhalten. Hierbei handelt es sich um 3 Unterkunftsgebäude, die heute als Altenheim dienen, sowie um die ehemalige Registratur, die heute als Amtsgebäude dient. Als weiteres Gebäude ist das Kommandantenwohnhaus erhalten, das heute die Kinderkrippe beherbergt.

 

Das Hörsaalgebäude - und die gleiche Stelle heute

Ehemalige Kompensierscheibe

Bereits Anfang der 50er Jahre beginnt eine neue militärische Nutzung des Platzes. Die sowjetischen Truppen legten eine moderne Start- und Landebahn von 2200m Länge an. Diese Bahn erstreckt sich von Nordost nach Südwest über das Gelände von Tutow Nord- und Süd und wurde auch über die Fundamente der abgerissenen Schwimmhalle gelegt. In den folgenden Jahren wird der Platz abwechselnd sowohl durch sowjetische Truppen als auch durch Einheiten der LSK der NVA genutzt, z. B. bei Bauarbeiten auf dem eigenen Platz. 1985 übernahmen die sowjetischen Truppen den Fliegerhorst endgültig in eigene Regie und stationierte Jagdbomber von Typ Su-25. Die sowjetischen Truppen errichteten nun in kurzer Zeit eine Wohnsiedlung mit Gebäuden im typischen "Plattenbaustil".

1993 verließen die russischen Streitkräfte Tutow. Danach fiel das Gelände an das Bundesvermögensamt.

ehemalige russische Kasernengebäude und Wache

 

Neues Leben für Tutow

Dank der Initiative des Enthusiasten Karl Feußner beginnt nun ein drittes Leben für Tutow - als Sportflugplatz. Nach zähen Verhandlungen mit den verantwortlichen Stellen im Land Mecklenburg- Vorpommern und unter Einsatz nicht unerheblicher finanzieller Mittel ist es Karl Feußner gelungen, eine Neuzulassung des Platzes zu erreichen.

Nähere Informationen finden sich auf der Website von Karl Feußner: http://www.flugplatz-tutow.de

Luftaufnahme des Platzes - rechts der oben abgebildete See

Quellen: Text und historische Fotos: Horst Dassow

Luftaufnahme: Karl Feußner

aktuelle Fotos: Bernhard Weiss

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