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Die Landschaft um den Parnass ist eine Region, in der unerklärliche Kräfte wirken. So scheint es zumindest. Etwa 3500 Jahre alt ist der bronzezeitliche Kultplatz der Erdmutter Gaia, den Archäologen im heiligen Bezirk entdeckt haben: ein Naturheiligtum aus Felsen, Wasser und Bäumen - so wie es Diodor beschrieben hat. Direkt daneben erhebt sich majestätisch die Tempelanlage Apollons, der im 8. Jahrhundert vor Christus den lokalen Kult verdrängte.
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Computerrekonstruktion der goldenen Apollonstatue im Allerheiligsten
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Glorreicher Held Apollon ist Sohn des Zeus, strahlend schöner Gott des Lichts und Sinnbild von Stärke und Vernunft. Als glorreicher Held schmückte er einst den Tempelgiebel von Olympia. Seine überdimensionale Gestalt beherrscht das Kampfgetümmel zwischen Zentauren und Menschen. Der edle Jüngling symbolisiert den Sieg der kultivierten Welt über die Barbarei.
Die Verehrung des Apollon hat ihre Wurzeln in Kleinasien. Um 1000 vor Christus hält der Gott Einzug in Griechenland. Schon bald erobert sich der Einwanderer einen Platz auf dem Olymp. In den himmlischen Gefilden thront die Elite der griechischen Götter. Apollon macht Karriere als Hüter von Wissenschaft und Kunst. Dem Emporkömmling gelingt es sogar, die ehrwürdige Weihestätte von Delphi in Besitz zu nehmen.
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Plutarch berichtet von auschweifenden Festen rund um die Grotte
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Wallfahrtsort für Frauen Der Legende nach muss er dafür eine Prüfung bestehen. In einer Höhle nahe dem Heiligtum haust ein weiblicher Lindwurm, Python genannt. Apollon erschlägt das Ungeheuer. Sein Triumph über die Erdmutter Gaia. Doch als letztes Vermächtnis der großen Göttin dürfen fortan nur Frauen zu Orakelpriesterinnen von Delphi geweiht werden. Sie tragen den Amtstitel Pythia - zur Erinnerung an den mythischen Drachen im Schlund der Erde. Die Höhle bleibt ein Wallfahrtsort speziell für Frauen. Dort verehren sie Nymphen - hilfreiche Schutzgeister für Fruchtbarkeit und Geburt. Plutarch berichtet von ausschweifenden Festen rund um die Grotte.
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Die Legende vom Drachenkampf soll an ein historisches Geschehen erinnern: an die Eroberung der Orakelstätte von Delphi durch eine mächtige Priesterschaft. Möglicherweise sogar mit Gewalt. Warum aber wählten die weisen Männer ausgerechnet einen abgeschiedenen Platz hoch oben in den Bergen? Im Herzen des Heiligtums liegt die Lösung des Rätsels - im Apollon-Tempel selbst. In seinem Inneren einst verborgen die Kammer der Pythia. Jener sakrale Ort, an dem sie einmal im Monat - jeweils am 7.Tag - weissagte. Viele Autoren rühmten damals das prachtvolle Haus des Gottes.
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Computersimulation des Apollontempels
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Erhebliche Geldsummen Die Rekonstruktion zeigt, wie die Außenfassade des Gebäudes im 6. Jahrhundert vor Christus aussah. Für seine Finanzierung stifteten viele griechische Stadtstaaten erhebliche Geldsummen. Über das Allerheiligste jedoch schweigen die Quellen. Nur der Grieche Pausanias erwähnt im 2. Jahrhundert nach Christus eine goldene Statue des Apollon - die er aber selbst vermutlich nie gesehen hat.
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Bereits früh am Morgen schritt die Pythia zur heiligen Quelle Kastalia. Mit einem rituellen Bad erneuerte sie immer wieder ihre jungfräuliche Reinheit. Die Priesterin von Delphi musste keusch bleiben. Erst nach Jahren der Enthaltsamkeit durfte sie im reiferen Alter - jenseits der vierzig - als Medium dienen.
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Apollon spricht Für die Klienten war es Pflicht, einen gewissen Betrag in die Tempelkasse zu zahlen. Außerdem mussten sie eine Ziege oder ein Lamm mitbringen. Das Opfertier wurde mit kaltem Wasser besprengt. Wenn es bei der Prozedur zitterte, galt das als gutes Omen. Apollon nahm die Gabe an. Zur Beantwortung einer Frage zog sich die Pythia in die abgeschirmte Kammer zurück. Dort ergriff Apollon Besitz vom Geist der Frau. Der Gott selbst sprach aus ihr - so glaubten die Pilger.
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Unter dem Einfluss des Hauches: Phytia beim Orakelritual
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Doch was geschah wirklich im Allerheiligsten, das außer ihr nur Priester betreten durften?
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Plutarch lüftet das Geheimnis: |
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"Denn das Gelass, in dem man jene, die den Gott befragen, sich niedersetzen lässt, erfüllt sich mit einem Hauch - ähnlich den Düften, die edelste Parfüme entsenden und die dem Allerheiligsten wie einer Quelle entströmen."
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Unter dem Einfluss jenes Hauches begann die Pythia in Trance zu stammeln. Die Priester übersetzten das unverständliche Lallen für die Kunden.
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