Musikabteilung - Sammlungen und Nachlässe
Richard Wagner (1813-1883)
Komponist

 


Verzeichnis der Sammlung

Gemälde von Clementine Stockar-Escher (Zürich, März 1853) Die Zürcher Jahre (1849 bis 1858): Als Richard Wagner 1849 aufgrund seiner Teilnahme am gescheiterten Dresdner Maiaufstand nach Zürich flüchtete, dachte der gefeierte Hofkapellmeister nicht daran, lange hier zu bleiben. Zürich hatte ja weder eine ständige Oper, noch einen musikbeflissenen Monarchen, der eine solche gegründet hätte. Das dortige Orchester, von der Allgemeinen Musik-Gesellschaft (AMG) organisiert, bestand bloss aus zwei Dutzend Musikern, grösstenteils Dilettanten. Aber als sich Wagners Pläne für einen Umzug nach Paris zerschlugen, fing Zürich an, ihm zu gefallen. Hier fand er einen Kreis von treuen Freunden - wie etwa Jakob Sulzer, Otto Wesendonck und anderen - die ihm nicht nur ihr Herz öffneten, sondern auch ihre Weinkeller und ihre Geldbeutel. Auf Anregung Franz Liszts liess sich Wagner von der AMG sowie vom hiesigen Theater als Gastdirigent engagieren, und zwar mit grossem Erfolg. Es entbehrt nicht der Ironie, dass er zu jener Zeit, als er in seinen theoretischen Schriften die absolute Musik als "passé" abschrieb, den Begriff des modernen "Sinfoniekonzerts" in Zürich einführte. Erst 1858, als Wagners Liebe zu Mathilde Wesendonck durch seine Frau Minna entdeckt wurde, sah er sich gezwungen, Zürich zu verlassen. Wenige Jahre später nahm er aber wieder Wohnsitz in der Schweiz, und zwar in Tribschen, von wo aus er den Kontakt zu seinen Zürcher Freunden weiterhin aufrechterhielt. Als 1870 sein Siegfried Idyll dort uraufgefüht wurde, waren es Musiker des wenige Jahre zuvor gegründeten Zürcher Tonhalle Orchesters, die extra dafür herbeigebracht wurden.

Obwohl Wagner zweifelsohne mitgeholfen hat, im Zürich der 1850er Jahre das Niveau des einheimischen Musiklebens entscheidend zu heben, war Zürich vor seiner Ankunft keinesfalls eine "Stadt ohne Musik" gewesen. Seit den 1840er Jahren befanden sich dort mehrere hochrangige einheimische wie auch ausländische Musiker. Im Haus der Wesendoncks war Wagner auch nur einer von mehreren bedeutenden Musikerpersönlichkeiten, die ein und aus gingen. Theodor Kirchner (1823-1903), ein Freund von Schumann und Brahms und seit 1843 in Winterthur bei Zürich tätig, spielte sogar 1856 die Klavierbegleitung bei der privaten Erstaufführung des ersten Akts der Walküre. Joseph Carl Eschmann (1826-1882) war nach einem Studium in Leipzig mit Empfehlungen Mendelssohns in seine Schweizer Heimat zurückgekehrt, wo er regelmässig in den Abonnementskonzerten der AMG auftrat. Für die Weiterverbreitung der Lieder seines Freundes Wilhelm Baumgartner (1820-1867) hat sich Wagner selber eingesetzt. Und in den 1850er Jahren etablierte sich in Winterthur der Verleger Jacob Melchior Rieter-Biedermann, der Werke von Brahms, Kirchner, Berlioz und anderen erstmals veröffentlichte. Eine Auswahl von der Musik Wagners und seiner in Zürich ansässigen Zeitgenossen ist auf der CD Richard Wagner und seine Zürcher Komponistenfreunde zu hören, erschienen beim Label MGB. Die Musik jener "Komponistenfreunde" Wagners erscheint zugleich in der Reihe Schweizer Komponisten um Richard Wagner beim Verlag Amadeus in Winterthur.

Wagners Zürcher Jahre waren für seine künstlerische Entwicklung entscheidend. Hier hat er seine grossen theoretischen Werke geschrieben; hier komponierte er Das Rheingold, Die Walküre und einen grossen Teil von Tristan und Isolde und Siegfried. In Zürich lernte er die Werke Feuerbachs und Schopenhauers kennen; hier entstanden auch die ersten Pläne für seinen Parsifal. Man könnte beinahe behaupten, Wagner habe die letzten 25 Jahre seines Lebens damit verbracht, die Pläne und Projekte seiner Zürcher Zeit auszuarbeiten und zu realisieren.

Die Zentralbibliothek Zürich besitzt eine der bedeutendsten Wagneriana-Sammlungen der Welt, darunter mehrere hundert Briefe, die Erstdrucke seiner Schriften und Notenausgaben, die autographe Reinschrift des Librettos zu Siegfrieds Tod und die Stichvorlage zur Erstausgabe der Partitur der Walküre.




Wagners Zürcher Freunde
Wagners Zürcher Verleger
Wagner als Dirigent in Zürich
Siegfrieds Tod (Faksimile der autographen Reinschrift)

 


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Angelika Salge / 15.04.2004 /di