Doch nun wieder zurück zu meinem noch immer arbeitslosen Vater. Er macht mehrere Eingaben und Gesuche um Wiedereinstellung bei der Post, auch frühere Kollegen setzen sich für ihn ein, obwohl manche von ihnen Nazis waren. Er war ja ein pflichtbewußter, fleißiger und auch tüchtiger Beamter, den auch die Post gut brauchen konnte. (Er war damals Postinspektor und brachte es später nach entsprechenden Prüfungen bis zum Amtsrat, obwohl er keine Matura hatte.)

Die Bemühungen haben Erfolg: 1940 wird mein Vater wieder bei der Post eingestellt, er versieht seinen Dienst in einer Klosterzelle des von den Nazis beschlagnahmten Kapuzinerklosters in der Kaiserjägerstraße (die dazugehörende Kirche wurde zum Lagerraum für Kabel und diverse Geräte) und er bekommt sogar für das unfreiwillige „Pensionsjahr“ das Gehalt nachgezahlt. Mit diesem Geld kauft er uns Kindern ein Klavier, ein fabriksneues Pianino „Stingl“, das heute noch im Familienbesitz ist. (Man kann sich gut vorstellen, was so ein teurer Kauf für eine Beamtenfamilie bedeutet!)

Durch diese Doppelgleisigkeit (Postdienst und Geschäft) wird unsere Familie noch mehr geteilt: Der Vater arbeitet wieder bei der Post und fährt jeden zweiten Abend nach Dienstschluß nach Steinach zur Mitarbeit im Geschäft, unsere Mutter führt das Geschäft mit zwei Verkäuferinnen und einem Lehrmädchen.

 

 

 

 

 

Wie auf dem Geschäftsbriefpapier ersichtlich, hat das Geschäft die Fernruf-Nummer 28. (Statt Fremdwörtern wie z.B. Telephon müssen jetzt deutsche Namen verwendet werden!) In Steinach gibt es also nicht viel mehr als 28 Anschlüsse, diese werden auch mit Hand im Postamt vermittelt – man kurbelt zunächst am Apparat und meldet sich dann mit der eigenen Nummer: „Hier 28, bitte Steinach 13!“

 

 

Meine Mutter steht den ganzen Tag im Geschäft, deshalb muss den Haushalt die gute Thresl, eine ehemalige Hotelköchin führen. Sie verwöhnt auch wirklich alle mit hervorragendem Essen. Es geht also der Familie Peer nicht nur jetzt, sondern auch alle Jahre später finanziell recht gut. Wir sind nie reich, haben aber in dieser Hinsicht keine Sorgen, weil die Eltern nicht nur sparsam und eher anspruchslos, sondern auch sehr fleißig sind. Dazu kommt natürlich auch das doppelte Einkommen von Post und Geschäft.

 

 

 

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