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09. Feb 05

Schily: Neues Tarifrecht für öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen

Zum heutigen Abschluss in den Modernisierungsverhandlungen für den öffentlichen Dienst zwischen Bund, Kommunen und Gewerkschaften erklärt Bundesinnenminister Otto Schily:

„Nach zweijährigen intensiven, schwierigen aber konstruktiven Verhandlungen haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften heute auf eine umfassende Tarifreform geeinigt. Die Rechtsverhältnisse der Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen werden damit auf eine völlig neue Grundlage gestellt.“

Leitziele für die Modernisierungsverhandlungen waren eine stärkere Leistungsorientierung, mehr Flexibilität, die Stärkung des Dienstleistungsgedankens sowie mehr Transparenz. Mit dem neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), der am 1. Oktober 2005 in Kraft treten wird, sind diese Ziele erreicht:
  • Die nicht mehr zeitgemäße Unterscheidung in Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter wird aufgegeben. Der TVöD gilt für alle Beschäftigten gleichermaßen.
  • Es werden passgenaue Regelungen für Verwaltung, Krankenhäuser, Sparkassen, Flughäfen und Entsorgungsbetriebe ermöglicht.
  • Zukünftig erfolgt die Bezahlung nicht mehr nach Lebensalter, Familienstand und Kinderzahl, sondern nach individueller Leistung und Berufserfahrung.
  • Für Beschäftigte am Anfang des Berufslebens wird der öffentliche Dienst durch verbesserte Einkommensmöglichkeiten attraktiver.
  • Zukünftig sollen bis zu acht Prozent der Entgeltsumme der Tarifbeschäftigten eines Arbeitgebers für variable Leistungsbezahlung zur Verfügung stehen (Start  im Jahr 2007 mit einem Prozent).
  • Leistungsunabhängige Bewährungs- und Zeitaufstiege werden abgeschafft.
  • Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld werden ab 2007 zugunsten einer sozial gestaffelten, im Volumen abgesenkten Jahressonderzahlung ersetzt.
  • Durch eine neue niedrige Entgeltgruppe wird die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber privaten Mitanbietern gestärkt.
  • Es werden Führungsfunktionen auf Zeit und auf Probe eingeführt.
  • Der Personalaustausch zwischen öffentlichem Dienst und der Privatwirtschaft wird erleichtert.
  • Die Eingruppierungsbestimmungen werden entrümpelt (statt bisher 17.000 Eingruppierungsmerkmalen künftig voraussichtlich weniger als 100).
  • Die Altregelung für rund 60 % der Angestellten im Tarifgebiet West, die die öffentlichen Arbeitgeber zur vollen Entgeltfortzahlung für ein halbes Jahr verpflichtete, wird zu Gunsten einer mit der Privatwirtschaft vergleichbaren Regelung abgeschafft.

Schily weiter: „Damit wird der überkommene BAT durch einen modernen, zeitgemäßen Tarifvertrag ersetzt. In seiner Ausrichtung an der individuellen Leistung der Beschäftigten kann er nicht nur Beispiel für andere Bereiche des öffentlichen Dienstes sein, sondern braucht auch keinen Vergleich mit Tarifverträgen der Privatwirtschaft zu scheuen. Wir haben ein Tarifwerk geschaffen, das den Anforderungen an eine moderne Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger gerecht wird. Den Beschäftigten bietet es attraktive Entwicklungsperspektiven.

Die Laufzeit des Tarifabschlusses beträgt 35 Monate. Lineare Anhebungen der Entgelte finden in dieser Zeit nicht statt. Die Beschäftigten des Bundes erhalten in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jeweils eine Einmalzahlung von 300 €.

Die wöchentliche Arbeitszeit der Tarifbeschäftigten beim Bund wird künftig einheitlich 39 Stunden betragen. Dies ist ein weiterer Schritt zur vollständigen Angleichung der Arbeitsbedingungen in den Tarifgebieten Ost und West. Ferner haben wir durch eine erhebliche Flexibilisierung der Arbeitszeit erreicht, dass sie entsprechend dem tatsächlichen Arbeitsanfall gesteuert werden kann. Auch dies ist ein weiterer Schritt zu mehr Service- und Bedarfsorientierung in der öffentlichen Verwaltung.“

Sollten die Gewerkschaften für ein oder mehrere Bundesländer in den Bereichen Arbeitszeit, Sonderzahlung oder Entgelt einen für die Arbeitgeber günstigeren Tarifvertrag abschließen, gilt dieser Abschluss zugleich als unwiderrufliches Angebot an den Bund und die Kommunen diese Regelungen zu übernehmen (Meistbegünstigungsklausel).


Gegenüberstellung neues und altes Tarifrecht des öffentlichen Dienstes
 
 
 
Ein einheitliches Tarifwerk für alle (TVöD)
 
Zwei getrennte Tarifwerke für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter
(BAT/BAT-O, MTArb/MTArb-O)
 
 
Arbeitszeit einheitlich 39 Stunden/Woche
 
Arbeitszeit Tarifgebiet West 38,5 Stunden/Woche, Arbeitszeit Tarifgebiet Ost 40 Stunden/Woche
 
 
Flexibilisierung der Arbeitszeit:
Ausgleichszeitraum bis zu 2 Wochen
bei betrieblicher Vereinbarung können bis zu 45 Stunden / Woche bzw. zwischen 6 und 20 Uhr zuschlagsfrei Überstunden angeordnet werden (Arbeitszeitkorridor / Rahmenzeit)
 
 
Enger Zeitrahmen für Überstundenausgleich (max. 1 Woche)
 
 
 
 
 
 
 
15 Entgeltgruppen in einem Tarifvertrag (TVöD), alle Beschäftigten wechseln ins neue System mit Inkrafttreten des TVöD (vollständige Ablösung des BAT/BAT-O und MTArb/MTArb-O)
 
 
49 Lohn- und Vergütungsgruppen in verschiedenen Tarifverträgen
 

Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes durch verbesserte Bezahlung zu Beginn des Berufslebens
 
 
Bezahlung nach Lebensalter (bis zu 15 Stufen)
 
 
Zukünftig bis zu 8 % der Gesamtentgeltsumme des jeweiligen Arbeitgebers  als variable leistungsabhängige Vergütung (Start in 2007 mit 1%)
 
 
Keine leistungsabhängigen variablen Bezahlungselemente
 
Aufstieg in eine höhere Entgeltgruppe nur noch funktionsabhängig (nicht nach Zeitablauf)
 
Bewährungs- und Zeitaufstiege in höhere Lohn- und Vergütungsgruppen (leistungsunabhängig)
 
 
Familienstand und Kinderzahl spielen für Bezahlung keine Rolle mehr
 
 
Bezahlung auch in Abhängigkeit vom Familienstand und Kinderzahl
 
Schaffung einer neuen sozial gestaffelten Jahressonderzahlung mit gegenüber bisheriger Regelung abgesenktem Volumen ab 2007
 
 
Weihnachtsgeld ( 82,14% West/ 61,60% Ost)
Urlaubsgeld (255,65 € bzw. 332,34 €)
 
Deutliche Reduzierung der Eingruppierungsmerkmale durch schlanke und praktikable Regelung nach Probeläufen Ende 2006
 
 
Unüberschaubare Eingruppierungsvorschriften: ca. 17.000 Eingruppierungsmerkmale
 
 
 
Schaffung von Konkurrenzfähigkeit durch neue niedrigere Entgeltgruppe
 
 
Outsourcing / Privatisierung einfachster Tätigkeiten
 
 
Einführung der Instrumente Führung auf Zeit (bis zu 12 Jahre) und auf Probe (bis zu 2 Jahre)
 
 
Nur dauerhafte Übertragung von Führungsfunktionen möglich
 
 
Gesetzliche Entgeltfortzahlung 6 Wochen; danach lediglich Krankengeldzuschuss für bis zu 39 Wochen
 
 
Altregelung für rund 60 % der Angestellten im Tarifgebiet West mit Verpflichtung des Arbeitgebers  zur vollen Entgeltfortzahlung für eine halbes Jahr
 
Verbesserung der Mobilität durch Möglichkeiten zum Personalaustausch - insbesondere zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst
 
 
Nur begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Einrichtungen
 

 
- Die Einigung der Tarifvertragsparteien des TVöD über die Neugestaltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes vom 09. Februar 2005 im Wortlaut