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Sebastian Koch und Tobias Moretti (Bild: NDR/face to face/Tjaberg)

Sebastian Koch und Tobias Moretti 



 
 


Sebastian Koch und Tobias Moretti über ihre Paraderollen als Albert Speer und Adolf Hitler




Sendung vom Montag, 09.05.2005

Sebastian Koch und Tobias Moretti
Das Doku-Drama "Speer und Er" ist das Fernsehereignis des Jahres. Drei Jahre nach seinem Welterfolg "Die Manns" zeichnet Regisseur Heinrich Breloer darin das Leben von Albert Speer nach: Star-Architekt der Nationalsozialisten, Rüstungsminister im Zweiten Weltkrieg, engster Vertrauter Hitlers, beim Nürnberger Kriegsverbrechertribunal zu 20 Jahren Haft verurteilt. In dem hoch gelobten Dreiteiler brilliert Sebastian Koch eindrucksvoll als Albert Speer, Tobias Moretti spielt auf beklemmende Weise Adolf Hitler. Bei "Beckmann" sprechen die beiden Hauptdarsteller über ihr unheimliches Zusammenspiel, über Verdrängung und Verständnis für ihre Figuren und die Belastung, dem Schrecken sein Gesicht zu verleihen.

Die intensive Auseinandersetzung mit Albert Speer beschäftigt Sebastian Koch auch noch nach Abschluss der Dreharbeiten, sagt er bei "Beckmann". Bis heute hat er kaum Abstand zum Film finden können: "Ich kann da noch nicht mit Distanz drauf gucken. Was mir beim Gucken jetzt auffiel ist, dass die ganzen Dreharbeiten hochkommen: die ganzen Geschehnisse, die langen Maskensitzungen. Ich merke, dass ich jetzt beim Gucken noch in der Arbeit drin bin." Die Intensität des Filmes und lange Drehzeit habe ihn erschöpft, sagt Koch. Das sei für ihn eine neue Erfahrung gewesen. "65 oder 70 Drehtage in solch einer hohen Konzentration sich bewegen, das habe ich noch nie gemacht." Tobias Moretti fielen die Dreharbeiten etwas leichter, erzählt er: "Bei mir waren immer Intervalle dazwischen. So bald ich fertig war, habe ich die Rolle verdrängt und sofort abgeschüttelt. Und dann, drei, vier Tage bevor es wieder losging, ging das ganze wieder los. Immer wieder neu habe ich mich da mühsam wieder rangetastet."

Sebastian Koch belastete allein schon die physische Anstrengung der Darstellung. "Speer hatte eine äußerst merkwürdige Haltung. Die Brust ist wie eine Panzer – und das Köpfchen oben irgendwie drauf. Die Arme meist auf dem Rücken. Allein das über solch einen langen Zeitraum körperlich zu machen, macht auch mit mir etwas. Es ist merkwürdig, einen solchen Menschen zu spielen." Tobias Moretti hatte andere Schwierigkeiten als Darsteller von Hitler: "Es ist immer ein Gratwanderung: Wenn man das unterspielt, dann liegt man weit unter dem, was wir kennen. Wenn man übertreibt, ist man sofort bei Charlie Chaplin." Das sei das schauspielerische Problem. "Niemand weiß, wie Hitler wirklich war. Es gibt ein paar Privataufnahmen von ihm – aber selbst da war er beobachtet. Selbst da hat er sich immer in Szene gebracht. Er war nie wirklich so, wie er ist. Am besten kann man ihn erkennen in den Tagebüchern der Angestellten."

Der Person des Albert Speer hat Koch sich durch Lesen, Filmmaterial schauen und in erster Linie während des Spielens genähert. Diese Phase sei die entscheidende gewesen - "wo man sich sehr annähert und ihn begreifen und nahe kommen muss und will – und wo man sich als Schauspieler auch auf eine Art verlieben muss." Auch Moretti wuchs in seine schauspielerische Aufgabe. "Eine Abstraktion bleibt es immer, bis zum Schluss. Aber es verliert sich allmählich. Es verselbständigt sich einfach. Das eine ist das Handwerk: dass man die Gesten, Gebärden und die Sprache für sich erarbeitet. Das andere ist: dass es sich verselbständigt, dass es so denkt wie er."

Kann man sich tatsächlich in eine Figur wie Albert Speer verlieben? Für Sebastian Koch ist es notwendig, als Schauspieler ihm nahe zu kommen. "Je näher ich der Figur komme, desto näher kann der Zuschauer ihm kommen. Ich muss ihn auch verteidigen, während ich ihn spiele. Da gab es zum Teil mit Heinrich Breloer Auseinandersetzungen." Regisseur Heinrich Breloer wollte manchmal eine andere Form der Darstellung von ihm: "Er sagte öfter mal, ich solle das bewusster machen: dieses ganze Lügen und Taktieren. Ich bin immer davon ausgegangen, dass der Speer ein Mensch ist, der sich selber glaubt. Der das, was er tut, nicht spielt, sondern tatsächlich lebt."

Während der Dreharbeiten wäre die "Theorie eines Gedankenarchitekten" entstanden. Speer habe sich "fast Räume gebaut, die so perfekt sind, dass er sich darin bewegen kann", ist Koch bei "Beckmann" überzeugt. "Und wenn das Außen sich verändert und die Umwelt diesem Raum gefährlich wird, baut er einen neuen Raum, schließt die Tür des alten und betritt ihn auch nie wieder. Und es ist alles neu. Alles anders." Wo lag die Anziehung zwischen Hitler und Speer? "Sie hatten gegenseitig eine Tür zum Herzen. Es waren beide einsame, autarke Menschen, die fast isoliert waren, keinen menschlichen Kontakt hatten."

Zeigte der Film "Der Untergang" nur die letzten Tage Hitlers, ist in "Speer und Er" die Spanne wesentlich länger. Moretti bei "Beckmann": "Hitler sich so dynamisch vorzustellen, das war für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Für mich ist der immer alt gewesen. Auch mit zwanzig war der schon alt. Das war immer eine äußere Gebärde, immer eine Abstraktion, immer an der Grenze des Theatralischen. Das ist es aber in Wirklichkeit gar nicht so gewesen, das ist klar.

Vorwürfe, dass Hitler sowohl in "Der Untergang" als auch in "Speer und Er" zu menschlich gezeigt würde, lassen Koch und Moretti nicht gelten. Moretti: "Natürlich war Hitler eine monströse Figur. Er war monströs – aber ein Mensch. Ihn als Unmensch zu erklären finde ich eine äußerst unpolitische Haltung. Weil er ja ein Mensch war, sonst hätte es ihn ja gar nicht gegeben. Aber er war da, und man hat ihn gewählt." Koch: "Die ganze Diskussion – darf man so etwas menschlich darstellen? – finde ich absurd. Es waren ja keine Elefanten oder Nashörner, es waren Menschen. Der Schrecken hat ein menschliches Gesicht. Wenn man sich dem nicht annähert, sondern immer in diesen Fratzen bleibt, kann man nichts begreifen. Man muss doch da rein und gucken, wie so etwas entsteht. Wie aus diesem Traum der Albtraum wurde. Wenn man den Traum nicht erzählt, dann kommt man nicht dahinter."

Sebastian Koch sieht die Person Albert Speer durchaus prototypisch für gewissenloses Karrierestreben: "Wenn man heute diese eiskalten Managertypen nimmt, in unserer Wirtschaft, wo es nur noch um Effizienz und Zahlen geht, das ist vom Prinzip her, vom System her, ganz ähnlich. Dass man fast den Kontakt zu den Menschen verliert, weil die eigene Karriere, die Effizienz und das wirtschaftliche Fortkommen im Vordergrund steht."
 
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