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Zehn biblische Gründe, nicht an den 'Kurzzeit-Kreationismus' zu glauben

Vorwort

Der 'Kurzzeit-Kreationismus' - eine Gefahr für Gläubige und Ungläubige
 

1. Die Erde ist nicht jung - im Gegenteil!

2. Die 'Tage' im Schöpfungsbericht waren niemals menschliche 24-Stunden-Tage!

3. Der Schöpfungsbericht ist in Wirklichkeit ein Stammbaum!

4. Es gibt keine Schöpfung ohne Evolution!

5. Die Schöpfung litt schon lange vor Adam unter Tod und Verderben.

6. Adam stammte von den Menschen des sechsten 'Tages' ab!

7. Adam wurde nicht aus Lehm geknetet, sondern - im Mutterleib - 'gebildet'!

8. Durch Adams Ungehorsam kam der geistige Tod in die Menschenwelt.

9. Die Sintflut fand, wie alles in Genesis 2:5ff, im Nahen Osten statt.

10. Schon vor Babel entstanden viele Sprachen - durch Abstammung!
 
 

Zwei wissenschaftliche Beweise für das hohe Erdalter

1. Die Elemente der Erde beweisen das hohe Erdalter

2. Die Sterne bezeugen: Das Weltall ist alt!

Ein wissenschaftlicher Beweis für die Abstammung des Menschen

Kopierte Fehler in den Genen von Affen und Menschen
 
 


Der 'Kurzzeit-Kreationismus' -

eine Gefahr für Gläubige und Ungläubige




Da ich davon überzeugt bin, dass Gott die Welt geschaffen hat und die Bibel sein in jeder Hinsicht fehlerloses Wort ist, bin ich im eigentlichen Sinne des Wortes selber ein 'Kreationist', ein 'Schöpfungsgläubiger'. Der von mir sogenannte 'Kurzzeit-Kreationismus' geht jedoch weit über die Aussagen der Bibel hinaus und will zusätzliche Dogmen für alle Christen verbindlich machen. Ich verstehe unter 'Kurzzeit-Kreationismus' ein Lehrgebäude, das folgende Aussagen enthält, die letztlich eine untrennbare Einheit bilden:
Die Erde und das Weltall sind jung, nicht älter als zehntausend Jahre.

Die Schöpfungs-'Tage' waren 24-Stunden Tage, die ursprüngliche Schöpfung dauerte also nur 144 Stunden.

Die einzelnen Tier- und Pflanzenarten wurden unabhängig voneinander von Gott 'erschaffen'. Es gab keinerlei Abstammung.

Es gab keine 'Evolution', nur Schöpfungs-Wunder Gottes.

Die Schöpfung vor Adam war perfekt, ohne Leid und Tod.

Adam war biologisch der erste Mensch, von dem alle Menschen weltweit abstammen.

Adam wurde aus Lehm geknetet.

Durch Adams Sünde entstanden in der Natur Leid und Tod, die Welt wurde 'umgekrempelt'.

Die Sintflut war ein weltweites Ereignis, von dem praktisch alle Ablagerungsschichten und Versteinerungen stammen, die heute gefunden werden.

Alle Sprachen der Welt entstanden 'über Nacht', beim 'Turmbau zu Babel'.
 

Einige dieser Aussagen werden nur von extremen Befürwortern vertreten, andere sind in christlichen Kreisen weit verbreitet und gründen sich teilweise auf uralte Traditionen. Drei Gründe sind für mich ausschlaggebend, die Irrtümer des 'Kurzzeit-Kreationismus' gezielt anzusprechen und biblisch zu widerlegen:

Falsche Lehren sind ein Glaubenshindernis für suchende Menschen

Der Kurzzeit-Kreationismus baut für Milliarden von Menschen schier unüberwindliche Hindernisse auf, an Gott als Schöpfer zu glauben. Er verlangt von ihnen, 'unglaubliche' Dinge für wahr zu halten, die über die Lehren der Bibel weit hinausgehen oder ihr sogar eindeutig widersprechen. Dies ist keine Kleinigkeit, sondern eine schwerwiegende Verantwortung, gerade weil es im Namen Gottes geschieht. Auf manche Lehrer dieses Kurzzeit-Kreationismus trifft meines Erachtens das zu, wovor Jesus gewarnt hat:

Sie binden schwere und schwer zu tragende Lasten und legen sie auf die Schultern der Menschen ... Wehe euch, denn ihr verschließt das Reich der Himmel vor den Menschen! (Matthäus 23:13) Falsche Dogmen greifen andere Christen an

Ich beobachte, dass die Lehren des Kurzzeit-Kreationismus teilweise mit enormem Aufwand und Eifer gerade unter den entschiedenen Christen verbreitet werden und dabei immer mehr für sich in Anspruch nehmen, die 'einzig bibeltreue Lehre' zu sein. Dadurch wird auf auf viele Christen Druck ausgeübt, sogar Spaltungen zwischen Geschwistern werden erzeugt. Einzelne scheinen ein Auslegungsmonopol anzustreben, das jeden Andersdenkenden und Andersglaubenden verurteilt. Immer wieder wird von einzelnen betont, dass jeder, der die obigen Dogmen des Kurzzeit-Kreationismus nicht akzeptiert, letztlich die Autorität der ganzen Heiligen Schrift untergräbt und die zentrale Heilslehre der Rettung durch den Glauben an Jesus zunichte macht. Das sind massive Vorwürfe, die jeden Andersdenkenden letztlich als schlechten Christen, Abgefallenen oder gar Irrlehrer einstufen. Ich halte es für notwendig, biblisch zu belegen, dass der Anspruch des Kurzzeit-Kreationismus, im Namen des wahren Christentums zu sprechen, absolut nicht gerechtfertigt ist. Es gibt durchaus die Möglichkeit, die Bibel 'wörtlich' zu nehmen und dabei mit gutem Grund zu anderen Ergebnissen zu kommen!

Es gehört zu unserem Auftrag, Licht zu sein

Der wichtigste Grund ist für mich jedoch, dass auch Jesus sich kein Blatt vor den Mund genommen und vor solchen Menschen entschieden gewarnt hat, die im Namen Gottes ein ungöttliches Joch auf die Jünger legen wollten. Er hat sie in öffentlichen Auseinandersetzungen widerlegt und ihre Irrtümer entlarvt, um seine Jünger und die Menschenmengen vor ihnen in Schutz zu nehmen. Jesus wagte es zum Beispiel, die im Volk durchweg als besonders gläubig und bibeltreu angesehenen Pharisäer heftig zurechtzuweisen. Ebenso haben die Apostel gehandelt: Ein erheblicher Teil ihrer Briefe besteht aus der Widerlegung von falschen Lehren, die versuchten, sich in christlichem Gewande in die Gemeinde einzuschleichen, oftmals mit dem Anspruch, die wahre Lehre zu sein.

Die Bibel warnt uns, dass Wölfe im Schafspelz erscheinen werden, ebenso wie Irrlehrer, die den Anspruch erheben, Gottes Diener zu sein. Darum bleibt uns manchmal gar keine andere Wahl, als Menschen und Lehren zu konfrontieren, auch wenn sie im hochchristlichen Gewande daherkommen. Oder wollen wir im Namen christlicher Bruderliebe weiterhin tatenlos zusehen, wie religiöse Kräfte die Christenheit teils verführen und lächerlich machen, teils einschüchtern und zerteilen, wie es bereits seit Jahren geschieht?

Richtet nicht!

Es ist mir dabei jedoch wichtig, dass es nicht unser Auftrag als Christen ist, andere Menschen zu richten, indem wir behaupten, die Motive ihres Handelns zu durchschauen. Das kann alleine Gott, und es wird auf diesem Gebiet einige Überraschungen geben. Ich möchte es einmal salopp ausdrücken: Viele werden eines Tages zu Gott sagen: 'Wir kennen dich!', doch er wird ihnen antworten: 'Ich kenne euch nicht!' Und andere werden ihm sagen: 'Wir kennen dich nicht!' Und er wird ihnen antworten: 'Ihr seid mir wohl bekannt!' (Matthäus 7:22-23; 25:34ff) Ich möchte darum ausdrücklich betonen, dass ich bei allen Menschen, die irgendwelche Lehren des 'Kurzzeit-Kreationismus' vertreten, zuerst einmal davon ausgehe, dass sie folgende Motivation haben, die auch ich selber anstrebe:

Ich glaube an Gott und die Bibel, will Gott gehorchen und sein Evangelium den anderen Menschen bringen. Darum möchte ich die Bibel gegen pseudowissenschaftliche oder pseudobiblische Angriffe verteidigen. Meine Ausführungen richten sich darum nicht gegen irgendeinen Menschen persönlich, sondern einzig und allein gegen bestimmte Lehrmeinungen, die ich für unbiblisch halte. Deshalb spreche ich bewusst vom 'Kurzzeit-KreationisMUS', nicht von 'Kurzzeit- KreationISTEN'. Ich möchte niemanden in eine Schublade stecken, selber ja auch nicht in eine gesteckt werden.

Mich erinnert die ganze Situation an eine biblische Begebenheit: Petrus machte Jesus gegenüber ein wunderbares Glaubensbekenntnis: "Du bist der Christus!" Kurze Zeit später gab Petrus Jesus dann einen gut gemeinten, aber falschen Rat (Matthäus 16:16ff). Jesus zweifelt deshalb jedoch nicht an seinem Glauben. Andererseits wies er Petrus sehr heftig zurecht: 'Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes ist, sondern auf das, was der Menschen ist.'(Mattäus 16:23) So möchte auch ich weder irgendwelche Einzelpersonen oder Werke angreifen. Aber ich möchte alle, die kurzzeitkreationistische Lehren vertreten, ohne Ansehen der Person dazu aufrufen, die folgenden Argumente ernsthaft zu prüfen und gegebenfalls auf biblischen Boden zurückzukehren, damit sie nicht den Zeitgenossen des Paulus gleich werden, von denen er sagte: 'Ich gebe ihnen Zeugnis, dass sie Eifer für Gott haben - aber nicht mit rechter Erkenntnis!' (Römer 10:2)

Die Bibel sagt nirgends,

dass die Erde 'jung' sei - im Gegenteil!





Keine Jahreszahlen!

Zuerst einmal möchte ich festhalten, dass es keine einzige Bibelstelle gibt, die das Alter der Erde oder des Weltalls ausdrücklich nennt! Alle Altersberechnungen der Schöpfung, wie zum Beispiel die berühmt-berüchtigte von James Usher, Erzbischof von Irland, der im Jahre 1650 behauptet hat, aus der Bibel eindeutig herauslesen zu können, dass Gott im Jahre 4004 vor Christus die Erde erschuf, beruhen auf einer Kette von Auslegungen und menschlichen Schlussfolgerungen. (Sein Zeitgenosse John Lightfoot ging sogar noch weiter und gab an, dass Gott am Abend vor dem 18.Oktober mit der Schöpfung begonnen habe.)

Die Tatsache, dass sich schon viele Leute an 'biblischen' Zeitberechnungen die Finger verbrannt haben, sollte uns vorsichtig machen. Vor allem aber warnt Paulus uns entschieden davor, in irgend einer Weise über die Schrift hinauszugehen und menschliche Spekulationen zu dogmatisieren, weil dies zu Überheblichkeit und Spaltungen unter den Christen führt - also zu genau den Dingen, die wir auch als Frucht des Kurzzeit-Kreationismus beobachten:

Ihr sollt lernen: Nicht über das hinaus, was geschrieben ist! Damit ihr euch nicht aufbläht für den einen und gegen den anderen. (1.Korinther 4:6) Gewaltige Zeitalter sind bereits vergangen

Genaue Zahlenangaben über das Alter der Erde werden wir der Bibel also nicht entlocken. Aber wir können durchaus einen groben Eindruck bekommen, indem wir die allgemeinen Aussagen der Bibel über die Schöpfung in Betracht ziehen. Die Bibel unterteilt die Weltgeschichte in sogenannte 'Weltzeiten', hebräisch olam, griechisch äongenannt, oft mit 'Ewigkeit' übersetzt. Diese Wörter bezeichnen unvorstellbar lange Zeitalter, von denen bereits einige vergangen sind (Prediger 1:10; 1.Korinther 10:11; Epheser 3:9). Das hört sich nicht nach einer jungen Erde an!

Bezeichnenderweise wird gerade das Wort Äon heutzutage in der Wissenschaftssprache gebraucht, um die Kategorie der drei größten Erdzeitalter überhaupt zu bezeichnen, die Hunderte von Jahrmillionen umfassen.
 
 

Die Schöpfungstage waren niemals

menschliche 24-Stunden-Tage!





Wenn ein Christ zum Beispiel durch das Lesen zum Beispiel der Lutherbibel zu der Überzeugung gekommen ist, Gott habe die Welt in einer 'wörtlichen' Sieben-Tage-Woche erschaffen, zeigt das erst einmal, dass er 'seine Bibel' ernst nehmen und dem glauben möchte, was Gott sagt. Problematisch wird es erst, wenn er diese seine Auslegung als die einzig mögliche hinstellt und jede andere als 'fehlenden Glauben an die Allmacht Gottes' oder 'mangelnde Bibeltreue' ansieht. Denn wenn man die Bibel tatsächlich 'beim Wort' nehmen möchte, muss man sich schon die Mühe machen, nachzuforschen, ob das hier verwendete hebräische Wort 'jom' tatsächlich eindeutig einen 24-Stunden-Tag bezeichnet. Doch schon ein Blick in irgend eines der vielen anerkannten Lexika zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist. Immer wieder wird jom für unbestimmte, oft längere Zeiträume gebraucht. Wir zitieren aus dem LEXIKON ZUR BIBEL von Fritz Rienecker (rlzb 1363):

'Welches Tages' (Genesis 2:17) heißt 'in dem Augenblick, wenn ...';
'bis auf diesen Tag' (1.Samuel 27:6; 2.Könige 2:22) steht für 'bis heute', der Tag des Streites und Krieges (Hiob 38:23) wird auch mit 'Zeit des Streits' wiedergegeben (Psalm 78:9; Hosea 10:14);
'Tage' (Jesaja 7:17) sind 'Zeiten' ... und die Tage eines Menschen sind die Dauer seines Lebens (Psalm 102:24,25; Jesaja 38:5; Klagelieder 5:21).
Oder, um es mit den Worten eines Theologischen Wörterbuches auszudrücken: In vielen Fällen verliert jom die spezifische Bedeutung Tag und wird zu einem recht allgemeinen und etwas vagen Wort für Zeit, Zeitpunkt ...
(Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, THW 711)
Hier seien nur zwei Beispiele angeführt, wo das Wort jom = Tag für einen Zeitraum oder eine Ära steht: Und es wird geschehen an jenem jom = Tag, da wird Tyrus siebzig Jahre vergessen werden ... (Jesaja 23:15) Man beachte, dass der Textzusammenhang keinen Rückblick auf die siebzig Jahre meint. Vielmehr 'geschehen' die siebzig Jahre während des einen 'Tages'! Im zweiten Beispiel bezeichnet jom = Tag die sicher viele Jahre dauernde Zeitspanne, bis ein verwüstetes Land wieder bebaut und von Menschen bevölkert sein wird. An dem jom = Tag werde ich die Städte bewohnt sein lassen,
und die Trümmerstätten sollen aufgebaut werden. (Hesekiel 36:33)
Wichtig ist, dass besonders jene Tage in der Bibel, die sich auf Gottes Handeln beziehen, sich oftmals über lange Zeitspannen erstrecken, z.B. der ...
Tag des Herrn (Hesekiel 13:5 u.a.)

Tag der Heimsuchung (Jeremia 46:21 u.a.)

Tag des Heils, der bis heute andauert (2.Korinther 6:2) usw.
 
 

Wenn wir Genesis 1 aus diesem Blickwinkel durchlesen, liegt auf der Hand,

dass wir es mit Gottestagen zu tun haben,

denn Menschen existieren die meiste Zeit noch nicht einmal, Gott ist es, der handelt!

Das alleine sollte zum Nachdenken anregen. Doch gibt, wie wir gleich sehen werden, mindestens vier weitere, biblische Gründe, die für 'lange Tage' sprechen.

1.) Die Schöpfungstage sind keine 'normalen' Tage!

Das häufigste Argument, dass die Schöpfungs-Tage ganz reguläre Erdentage mit Sonnenauf- und -untergang waren, ist die Tatsache, dass nach jedem Tag ausdrücklich betont wird:

Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: zweiter Tag ... Auf den ersten Blick scheint die Verwendung der Worte Abend und Morgen am Ende jedes 'Tages' zu beweisen, dass es sich doch um Kalendertage mit Sonnenauf- und -untergang gehandelt haben muss. Wie sonst sollte das Reden von 'Abend' und 'Morgen' Sinn machen? In allen anderen Bibelstellen, wenn von 'Abend' und 'Morgen' die Rede ist, handelt es sich doch auch um Sonnentage! Hierbei wird jedoch glatt übersehen, dass genau diese Aussage belegt, dass es sich im Schöpfungsbericht absolut nicht um 'normale Erdentage' gehandelt hat:
 
 

Es gibt in der ganzen Bibel keinen zweiten Fall,

wo 'Tage' mit dem 'Morgen' enden würden!

Der unmittelbare Textzusammenhang des Schöpfungsberichtes beweist also,

dass es sich hier eben nicht um ganz gewöhnliche Erdentage gehandelt haben kann.

Nirgends sonst in der Bibel findet man diese Reihenfolge

oder Tage, die mit dem Morgen enden!





Gerade das Argument, an allen anderen Bibelstellen, wenn von 'Abend' und 'Morgen' die Rede sei, handle es sich um Sonnentage, ist somit hinfällig und beweist im Gegenteil: Im Schöpfungsbericht liegt eine absolut einmalige und untypische Verwendung vor, die im Zusammenhang mit normalen Erdentagen keinen Sinn ergeben würde.:
Zuerst wäre die Finsternis, also die Nacht dagewesen, die die Erde bedeckte (Vers 2).

Dann kam die Helligkeit, die Gott Tag nannte - ohne einen 'Morgen' zu erwähnen (Vers 3).

Nach diesem wäre es dann Abend geworden (Vers 5),

und sogleich wieder Morgen - ohne eine 'Nacht' dazwischen (Vers 5)!
 
 

Besonders auffällig ist,

dass auch bei den Folgetagen jeweils der Abend sofort von einem Morgen gefolgt wird -

eine Nacht fehlt völlig!

Das ergäbe im Zusammenhang mit Erden-Tagen beim besten Willen keinen Sinn!





Manche verweisen auf die heute im Judentum übliche Regelung, dass der neue Tag bereits am Abend des vorherigen Tages beginnt (vergleiche die Einleitung des Sabbats am Freitag-Abend). Doch auch diese Reihenfolge deckt sich nicht mit der im Schöpfungsbericht genannten, die ja mit dem 'Morgen' endet!

Wenn wir aber bedenken, dass es sich in Genesis 1 um Tage Gottes handelt, werden wir gar nicht erwarten, dass sein Handeln von Sonnenuntergängen begrenzt wird, wie das beim menschlichen Abend und Morgen der Fall ist. Vor allem ist keine 'Nacht' zu erwarten, in der Gott untätig wäre.

Noch ein schlagender Beweis: globale, nicht lokale Ereignisse!

Außerdem macht es nur dann Sinn, von einem 'Morgen' oder 'Abend' im Sinne von Sonnenauf- und -untergang zu reden, wenn man sich auf einen bestimmten geographischen Ort bezieht. In Genesis 1 geht es jedoch ohne Zweifel um die Gesamterde, und nicht nur um ein begrenztes Gebiet: Lichtwerdung, das Auftauchen der Kontinente, ihre Besiedlung mit Pflanzen, das Erscheinen von Wasser- und Landtieren ... wo und wie sollte es da 'Abend' oder 'Morgen' werden? Wie sind die Worte aber dann zu verstehen?

Die Bedeutung von 'Abend' im Schöpfungsbericht

Das mit Abend übersetzte Wort ^äräb hat die Grundbedeutung Wechsel, Übergang. Es leitet sich von dem semitischen Wortstamm ^rb ab, der eingehenbedeutet (vergleiche assyr. erêbu = eingehen, GHAT 615, kblv 732). Es bezeichnet einen Wechsel, bei dem das Vorherige in etwas Neues überführt wird. Dabei kann ein Ineinander-Übergehen, eine Vermischung stattfinden. Das Alte wird so nicht total aufgelöst, sondern wird in das Neue einbezogen. Dafür ist der Abend eines Sonnentages ein anschauliches Beispiel: Wenn die Sonne in den Horizont 'eingeht', geschieht ein Wechsel von Tag zu Nacht, wobei eine Vermischung von Licht und Finsternis stattfindet, die Dämmerung, das 'Zwie-Licht'. Man könnte ^äräbdeshalb allgemeiner mit Übergang oder Wechsel wiedergegeben.

Es sei an dieser Stelle, nicht als Beweis, aber zur Illustration, darauf hingewiesen, dass wir ebenso im Deutschen das Wort 'Abend' nicht nur für den Sonnenuntergang, sondern auch im übertragenen Sinne verwenden, wenn wir zum Beispiel vom Lebens-Abend einer Person sprechen.

Die Bedeutung von 'Morgen' im Schöpfungsbericht

Boqär stammt von der Semitischen Wurzel bqr, die im Arabischen spalten heißt. Das verwandte aramäische Verbum baqra ist eine Bezeichnung für spalten, pflügen, das Nomen baqar heißt Pflugvieh. Die dem Wort boqär = Morgen zugrundeliegende Wurzel bedeutet spalten, hervorbrechen. Nach L.Koehler ist seine eigentliche Bedeutung daher Durchbruch (kblv 145). Von dieser Grundbedeutung her wird es dann für das Durchbrechen des Tages beim Morgengrauen angewandt (vergleiche auch ghhw Seite 112; kblv Seite 144,145).

Im Textzusammenhang von Genesis 1 könnte man die Worte also sinngemäß übersetzen:

Dann kam es zu einem Übergang, dem ein Neuanbruch folgte. Menschlicher Abend und Morgen sind somit bis heute ein Abbild von Gottes Handeln: Am Abend beenden wir unsere 'Werktätigkeit', am Morgen beginnen wir mit einem neuen 'Tagwerk'. Dazwischen liegt für uns jeweils eine Nacht - nicht jedoch für Gott, den 'Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist noch eines Wechsels Schatten' (Jakobus 1:17).

2.) Sechs 'Tage' werden als ein 'Tag' zusammengefasst

Im Untertitel des Schöpfungsberichtes werden all die vorhergehenden 'Tage' ausdrücklich als ein einziger 'jom = Tag' zusammengefasst:

Dies ist die 'Entstehungsgeschichte' der Himmel und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem TAG (jom), an dem der HERR, Gott, Erde und Himmel machte. (Genesis 2:4, Elberfelder) Dieser 'Tag' kann demnach keine 24 Stunden gedauert haben! Allein deshalb ist es nicht haltbar, sich bei den Tagen im Schöpfungsbericht auf Kalendertage von 24 Stunden zu versteifen.

3.) Der Inhalt der Tage

Wie lang ein 'Tag' in der Bibel dauert, macht der Textzusammenhang klar. Und der Inhalt der 'Tage' macht klar, dass es lange Zeiträume gewesen sein müssen. Zum Beispiel vermehrten sich die Tiere des fünften Tages so sehr, dass die Meere von ihnen wimmelten. Dies geschah ausdrücklich durch natürliche Fortpflanzung und nicht durch Wunder! Auch die Menschheit war so fruchtbar, dass sie die Erde innerhalb des sechsten Tages füllte, denn abschließend heißt es: 'Und es geschah so.' Dies alles macht deutlich, dass die 'Tage' von Genesis 1 niemals 24-Stunden-Tagen gewesen sein können! Wer behauptet, Gott habe alle Tiere 'einfach erschaffen', verneint damit den Bibeltext, der selber betont: 'Seid fruchtbar und vermehrt euch und füllt (so) die Erde!'

4.) Der siebte Tag ist sehr lang und bis heute nicht zu Ende!

Während der Bibeltext vom ersten bis zum sechsten 'Tag' mit peinlicher Genauigkeit feststellt, dass sie endeten, wird dies vom siebten Tag nirgends gesagt:
 
 

Wer behauptet, dass der siebte Tag vorbei sei,

liest etwas in die Bibel hinein, was dort nicht steht!





Lässt man den Bibeltext jedoch so stehen, wie er ist, und schließt daraus, dass er bis heute nicht geendet hat, hat man weitere starke biblische Argumente dafür auf seiner Seite, denn der Hebräerbrief betont, dass der 'Tag der Ruhe' bis 'heute' andauert:

Ermuntert einander jeden Tag, solange es «heute» heißt ...
Wir gehen nämlich in die Ruhe ein als die, die geglaubt haben, wie er gesagt hat: «So schwor ich in meinem Zorn: Sie sollen nimmermehr in meine Ruhe eingehen!» obwohl die Werke von Grundlegung der Welt an geschaffen waren. Denn er hat irgendwo von dem siebten Tag so gesprochen: «Und Gott ruhte am siebten Tag von allen seinen Werken.» Und an dieser Stelle wiederum: «Sie sollen nimmermehr in meine Ruhe eingehen!» ...
Denn wenn Josua sie in die Ruhe gebracht hätte, würde er danach nicht von einem anderen Tag geredet haben. Also bleibt noch eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig ... Lasst uns nun eifrig sein, in jene Ruhe einzugehen! (Hebräer 3:13; 4:3-11)
Wenn aber der siebte 'Tag' über Jahrtausende hinweg bis heute andauert, ist dann nicht zu erwarten, dass auch die vorhergehenden sechs Gottes-Tage lange Zeiträume waren?

Es sprechen also mehrere Gründe im Text dafür, dass die 'Tage' des Wirkens Gottes in Genesis 1 nicht menschliche Arbeitstage oder irdische Sonnentage waren, sondern 'Tage Gottes', für Menschen unvorstellbar lange Zeiträume. Dennoch habe ich Verständnis dafür, wenn ein anderer Christ für sich persönlich daran festhält, dass Gott die Welt in 144 Stunden erschuf, 'weil es so dasteht' (vor allem, wenn er sich noch nicht näher mit dem Genesistext befasst hat). Will jemand aber die 'Tage' von Genesis 1 einschränkend und ausschließlich als 24-Stunden-Tage auch für andere Gläubige verbindlich machen, so geht er damit über die Schrift hinaus und fordert mehr als 'biblischen Glauben'.
 
 

Inzwischen ist es unter Christen und Nichtchristen allgemein anerkannt,

dass die Schöpfung nicht überschaubar klein ist,

sondern ungefähr 15 Milliarden Lichtjahre groß.

Warum bereitet es solche Probleme, zu akzeptieren,

dass auch das Alter des Weltalls

eher in Milliarden als in Tausenden von Jahren zu messen ist?

Wir machen Gott nicht größer,

indem wir seine Schöpfung kleiner oder jünger machen, als sie ist -

im Gegenteil!

Wie oft habe ich den Ausruf gehört: 'Gott braucht nicht mehr als sechs Tage, um die Welt zu erschaffen!' Abgesehen davon, dass man dann fragen könnte, warum er es nicht in zwei Tagen 'geschafft' hat, spiegelt sich in dieser Aussage ein tiefes Missverständnis wider:
 
 

Zeit ist für Gott kein Hindernis, gegen das er ankämpft,

sondern eine Dimension, die er erschuf, um sie zu gebrauchen.

Gott 'braucht' die Zeit nicht, er ge-braucht sie!





Doch um die 24-Stunden-Tage zur verbindlichen Auslegung zu machen, werden folgende zwei Einwände vorgebracht:

Erster Einwand: Die sieben-Tage-Woche und das Sabbat-Gebot

Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat für den HERRN, deinen Gott ... Denn in sechs Tagen hat der HERR den Himmel und die Erde gemacht ... (2.Mose 20:9-11) Diese Aussage wird manchmal als Argument angeführt, die Schöpfungstage wären doch Erden- bzw. Menschentage gewesen. Es ist jedoch ein ganz grundsätzlicher Auslegungsfehler, von der Länge der menschlichen Tage auf die Tage Gottes zu schließen, denn der Vergleich läuft in umgekehrter Richtung: Die fünf Bücher Mose enthalten ein Abbild, einen Schatten von dem Handeln Gottes, 'nicht das Ebenbild der Dinge selbst' (Hebräer 8:5; 10:1). Die menschlichen Tage des mosaischen Gesetzes stellen also eine verkleinerte Abbildung des göttlichen Handelns dar, aber niemals eine direkte Übertragung von Gottes Größenordnungen auf Menschen. Gott hätte den Israeliten ja auch schwerlich befehlen können, z.B. sechs Milliarden Jahre lang zu arbeiten und dann eine Milliarde Jahre lang zu ruhen! Nein, es geht beim Sabbat-Prinzip um das Verhältnis von sechs zu eins und nicht um absolute Werte. So lässt sich auch die Vorschrift verstehen, die alle sieben Jahre ein volles Sabbat-Jahr vorsah (3.Mose 25:4) - es geht um das Prinzip 'sechs plus eins'.

Zweiter Einwand: Tage und Zahlen

Verschiedentlich wird darauf hingewiesen, dass die Schöpfungstage mit Zahlenangaben versehen sind (zweiter Tag, dritter Tag). Da an allen anderen Stellen, wo Tage mit Ordnungszahlen vorkommen, immer Sonnentage gemeint sind, müssten auch die Tage in Genesis 1 Sonnentage, also kurz, sein.

Dieser Einwand ist jedoch nicht berechtigt, sondern ein Beispiel für willkürliche Bibelauslegung: Weder in der Bibel noch in sonst einer mir bekannten Sprache haben Zahlwörter einen Einfluss auf die Größe, die Länge oder den Charakter der Sache, die sie bezeichnen. Dies ist eine typische Eigenschaft von Zahlen: Ob von 'Eiern', 'vielen Eiern', 'drei Eiern' oder dem 'zweiten Ei' die Rede ist, spielt keine Rolle, die Eier werden dadurch weder größer noch kleiner, noch werden aus Hühner-Eiern dadurch Fisch- oder Straußeneier. Es bleibt weiterhin der Textzusammenhang entscheidend, welchen Charakter und welche Länge die jeweiligen Tage haben, das Vorkommen von Ordnungszahlen ändert daran nicht das Geringste!
 
 


Der ganze Schöpfungsbericht

ist in Wirklichkeit ein Stammbaum!





Der Schlüssel zum Verständnis des Schöpfungsberichtes

Das vierte Dogma des Kurzzeitkreationismus lautet: Die einzelnen Tier- und Pflanzenarten wurden unabhängig voneinander von Gott 'erschaffen'. Es gibt keine Abstammung. Diese Lehre könnte kaum falscher sein, denn die Bibel behauptet das krasse Gegenteil! Im Untertitel des Schöpfungsberichts wird das ganze vorher beschriebene Geschehen nämlich zusammengefasst und charakterisiert:

Dies sind die Geschlechterfolgen der Himmel und der Erde. (Genesis 2:4) Das hier verwendete hebräische Wort toledot kommt 39 Mal in der Bibel vor und ist ein Spezialausdruck für Geschlechtsregister und Abstammungsverzeichnisse. Es stammt von dem Tätigkeitswort jalad = gebären ab:

ja La D = gebären

ho L i D = zeugen

to Le D ot = Zeugungen, Geschlechterfolgen

Alle Stellen sind im Anhang im vollen Wortlaut nach dem Text der EINHEITSÜBERSETZUNG zitiert. Diese gibt es, mit Ausnahme von Genesis 2:4, ausnahmslos mit Geschlechterfolgenwieder. Immer steht Toledot für Abstammung. Gemäß den theologischen Standartwörterbüchern entspricht Toledot wörtlich einer 'Aufeinanderfolge von Zeugungen' oder 'Geschlechterfolgen' (ghhw 873, kblv 1021). Fazit:
 
 

Der sogenannte 'Schöpfungsbericht' ist in Wirklichkeit ein Stammbaum.

Die im Schöpfungsbericht erwähnten Lebensformen sind Teil eines gigantischen Stammbaumes - der Mensch ist mit ihnen allen 'verwandt'!





Sein Untertitel verwendet ausdrücklich den Spezialausdruck 'Toledot', um das ganze Geschehen auf einen Nenner zu bringen: Das erste Kapitel der Bibel ist ein 'Geschlechtsregister', das zentrale Thema ist 'Abstammung'! Kein Zweifel, wir haben es mit einem klassisch Stammbaum zu tun, der den anderen biblischen 'Völkertafeln' ähnelt und von Ausdrücken wie 'Fruchtbarkeit' und 'Vermehrung' wimmelt. Tatsächlich findet eine aufsteigende Entwicklung statt: Auf Pflanzen folgen Wasser- und Landtiere, zuletzt erscheint der Mensch.

Das gesamte bis dahin beschriebene Geschehen beruht demnach auf einer Reihe von (biologischen) Zeugungen, einem Abstammungsgeschehen. Vor diesem Hintergrund bekommen die darauf folgenden Toledot-Stammbäume der Bibel eine neue Bedeutung, die über Abraham und David bis zu Jesus führen: Auch das Neue Testament beginnt mit einem Stammbaum!

Demnach ist die Fragestellung 'Schöpfung oder Evolution?' ein klassisches Beispiel für zwei falsche Alternativen: Eine Art falscher Alternativen liegt dann vor, wenn die Frage 'entweder - oder' gestellt wird, die sogenannten Alternativen in Wirklichkeit aber lediglich zwei Seiten ein und derselben Münze sind ... Falsche Alternativen liegen fast allen großen Kontroversen in der Geschichte der Evolutionsbiologie zugrunde ... (E.Mayr in mebg 675) Die Bibel löst diese Kontroverse in der kürzestmöglichen Formel:
 
 

Dies sind Geschlechterfolgen ... = Abstammung, Evolution
... in ihrem Erschaffenwerden = Schöpfung


Die Bibel lehrt also 'Evolution': Abstammung und Höherentwicklung der Lebensformen auf der Erde - jedoch nicht atheistischen Evolutionismus. Und die Bibel lehrt 'Schöpfung', denn sie betont gleichzeitig, dass die Abstammungsreihe des irdischen Lebens mit gezielten Schöpfungsakten Gottes eng verwoben ist. Diese tragen wie Säulen das gesamte Entwicklungsgeschehen. Doch sie lehrt keinen 'Instant-' oder 'Blitz-Kreationismus': Gott brachte zwar durch Schöpfungsakte bis dahin nicht dagewesene, völlig neue Dinge aus sich heraus hervor, doch geschahen diese in geschichtliche Situationen hinein und waren auf weitere Entwicklung hin angelegt. Und noch eines: Nicht nur die Schöpfungsakte, auch die Prozesse der Höherentwicklung sind letztendlich von Gott bewirkt.
 
 
 
 

Unter 'Evolution' verstehen wir die geschichtliche Tatsache der Abstammung und Höherentwicklung der Lebensformen auf der Erde, unabhängig von deren Deutung.

Mit 'Schöpfung' meinen wir, dass Gott bis dahin nicht dagewesene, völlig neue Dinge aus sich heraus hervorbringt, aber weder fix und fertig, noch losgelöst von laufenden Prozessen, sondern in geschichtliche Situationen hinein und auf weitere Entwicklung hin angelegt.

In diesem Sinne sind Schöpfung und Evolution nicht Gegensätze,

sondern die zwei Komponenten der 'Geschichte von Himmel und Erde'!
 
 
 
 
 

Es dürfte kaum ein Buch auf der Welt geben,

in dem 'Abstammung' eine so große Rolle spielt wie in der Bibel:

Das Alte Testament beginnt mit einem Stammbaum.

Das Neue Testament beginnt mit einem Stammbaum.

Und wer in den Himmel kommen will,

muss seine 'Abstammung' von Gott nachweisen können ...









Der Artbegriff in der Bibel

Und was die 'Arten' angeht, muss man festhalten, dass gerade dieser biblische Begriff ein Beleg für die Abstammung der Lebewesen voneinander ist. Wörtlich bedeutet min nämlich soviel wie 'Abkunft, Herkunft', die zugrundeliegende Wurzel bedeutet 'furchen, spalten' (ghhw 420):

Das Hauptwort min selber bedeutet 'eigentlich Abscheidung, -trennung ... d.h. was sich von andern unterscheidet und trennt.' (fhh 730) Die Hauptbedeutung von min = Art ist demnach nicht geschichtslose Entstehung und Unveränderlichkeit, sondern im Gegenteil, gemeinsamer Ursprung mit nachfolgender Veränderung! Die Bedeutung von min = Art enthält drei Aspekte:

1. Gemeinsame Herkunft. Darauf folgt:

2. Trennung voneinander (Abspaltung). Dabei entsteht:

3. Verschieden-Artigkeit, Unter-Scheidung, Unvereinbarkeit.

Diese Grundbedeutung hat sich bis ins moderne Hebräisch hinein erhalten. Da wird min nämlich gebraucht, um 'Sektierer und Judenchristen' (kblh 519) zu bezeichnen:

Auch das neuhebräische min Häretiker, Ketzer, geht von abtrennen aus. (fhh 730) Orthodoxe Juden sehen z.B. andere Juden, die an Jesus als Messias glauben, als Sektierer, als 'entartet' an und schließen sie aus der Gemeinschaft aus, obwohl sie an ihren jüdischen Wurzeln festhalten und sich 'Messianische Juden' nennen. In den Augen der 'Rechtgläubigen' sind sie aufgrund ihrer Anders-Artigkeit von der ursprünglichen Gemeinschaft abzutrennen.

Wir sehen die drei Aspekte von 'min=Art': Obwohl die messianischen Juden einen gemeinsamen Ursprung mit den anderen Juden haben, sind sie so anders geworden, dass sie 'abgetrennt' und von der jüdischen Gemeinschaft als 'fremd-artig' ausgeschlossen werden.

Auf den folgenden beiden Seiten sind zwei Toledot-Stammbäume dargestellt. Das erste ist der 'Stammbaum von Himmel und Erde' aus Genesis 1, das zweite der 'Stammbaum der Söhne Noahs' aus Genesis 10. Beide zeigen auf, wie aus kleinen Anfängen ganze Zweige und letztlich ein ganzer 'Stamm-Baum' von miteinander verwandten 'Populationen' entstand:
 
 
 
 
 
 
Der Stammbaum von Genesis 1
 
 
 
 

Erschaffung der Menschheit

'Im Bilde Gottes' (1:27)

l

Kriechtiere große Vierfüßer Sonstige
 
 

Landtiere

(1:24-25)
 
 

Wimmelnde Meeresungeheuer Sonstige

Flugtiere

Meerestiere
 
 

Erschaffung Tierischen Lebens

'Im Meer' (1:21)







Gräser Kräuter Bäume
 
 

Landpflanzen(1:11-12)l

Gottes Geist brütet über den Gewässern der Ur-Erde (1:2)
 
 

Erschaffung des Weltalls

'Im Anfang' (1:1)
 
 

Dies sind die Geschlechterfolgen (hebräisch Toledot = Abstammung)

der Himmel und der Erde in ihrem Erschaffenwerden (bara = Schöpfungsakte)

(Der Untertitel des Schöpfungsberichtes in Genesis 2:4)
 
 
 
 
 
 

Der Stammbaum von Genesis 10

Dies sind die Geschlechterfolgen (hebräisch Toledot) der Söhne Noahs:

Sem, Ham und Japhet ...

(Genesis 10:1)

Peleg

Almodad, Schelef

Joktan Hazarmawet, Jerach, Hadoram

Usal, Dikla, Obal, Abimael

Saba, Ofir, Hawila, Jobab

Eber

Uz

Hul

SchelachAram Geter

Masch

AssurElam

Eber Lud

Arpachschad

Het Sidon

Jebusiter

Amoriter

Girgaschiter

HewiterKanaan

Arkiter

Siniter

Arwaditer

Zemariter Hamatiter

Luditer

Anamiter

Lehabiter

Naftuhiter

PhilisterKasluhiterMizrajim

Patrusiter

Kaftoriter

Seba

Hawila

Saba

RagmaKuschAschkenas

DedanGomerRifat

SabtaTogarma

SabtechaElischa

NimrodPutJawanTarsis

die Kittäer

die Rodaniter

Magog Madai

Tubal

Meschech

Tiras

HamJafet

Sem
 
 

Noah

Das sind die Sippen der Söhne Noahs

nach ihrer Geschlechterfolge (hebr. toledot), in ihren Nationen ... (Genesis 10:32)
 
 

Hebräisch Toledot = Geschlechterfolgen(39 Vorkommen; Text: Einheitsübersetzung)

1.Mose 2:4 Das ist die Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde, als sie erschaffen wurden ...

1.Mose 5:1 Dies ist die Liste der Geschlechterfolge Adam: Am Tag, da Gott den Menschen erschuf, machte er ihn Gott ähnlich ...

1.Mose 6:9 Das ist die Geschlechterfolge nach Noach: Noach war ein gerechter ...

1.Mose 10:1,32 Das ist die Geschlechterfolge nach den Söhnen Noachs, Sem, Ham und Jafet. ... Das waren die Sippenverbände der Söhne nach ihrer Geschlechterfolge in ihren Völkern. Von ihnen zweigten sich nach der Flut die Völker der Erde ab.

1.Mose 11:10,27 Das ist die Geschlechterfolge nach Sem Sem zeugte (holid) im Alter von hundert Jahren Arpachschad, zwei Jahre nach der Flut. ... Das ist die Geschlechterfolge nach Terach: Terach zeugte (holid) Abram, Nahor und Haran; Haran zeugte (holid) Lot.

1.Mose 25:12,13,19 Das ist die Geschlechterfolge nach Ismael, dem Sohn Abrahams. Ihn hatte die Ägypterin Hagar, die Magd Saras, Abraham geboren (jalad). ... Das sind die Söhne Ismaels nach ihren Namen und nach ihrer Geschlechterfolge: Der Erstgeborene Ismaels war Nebajot; dann kamen Kedar, Adbeel, Mibsam ... Und das ist die Geschlechterfolge nach Isaak, dem Sohn Abrahams: Abraham zeugte (holid) Isaak ...

1.Mose 36:1,9 Das ist die Geschlechterfolge nach Esau, der auch Edom hieß ... Das ist die Geschlechterfolge nach Esau, dem Stammvater von Edom im Bergland Séir.

1.Mose 37:2 Das ist die Geschlechterfolge nach Jakob: Als Josef siebzehn Jahre zählte ...

2.Mose 6:16,19 Das sind die Namen Levis nach ihrer Geschlechterfolge: Gerschon, Kehat und Merari. Die Lebenszeit Levis betrug hundertsiebenunddreißig Jahre. ... Die Söhne Meraris: Machli und Muschi; das waren die Sippenverbände der Leviten nach ihrer Geschlechterfolge.

2.Mose 28:10 ... sechs von den Namen in den einen Stein und die übrigen sechs Namen in den anderen Stein, in der Reihenfolge, wie sie geboren wurden (Anmerkung: eigentlich 'gemäß ihrer Geschlechterfolge).

4.Mose 1:20,22,24,26,28,30,32,34,36,38,40,42

Zuerst kamen die Nachkommen Rubens, des Erstgeborenen Israels: Man ermittelte ihre Geschlechterfolge nach Sippen und Großfamilien und zählte mit Namen alle Männer von zwanzig Jahren und darüber, alle Wehrfähigen ...

Sodann die Simeoniter: Man ermittelte ihre Geschlechterfolge ... für die Gaditer ... die Nachkommen Judas ... die Naftaliter: Man ermittelte ihre Geschlechterfolge ...

4.Mose 3:1 Und das ist die Geschlechterfolge Aarons und Moses an dem Tag, da der HERR auf dem Berg Sinai mit Mose redete.

Ruth 4:18 Das ist die Geschlechterfolge nach Perez: Perez zeugte (holid) Hezron ...

1.Chronik 1:29 (Die Söhne Abrahams waren Isaak und Ismael.) Das ist die Geschlechterfolge nach ihnen: Der Erstgeborene Ismaels war Nebajot; dann kamen Kedar, Adbeel, Mibsam ...

1.Chronik 5:7 Seine Brüder wurden, als sie sich nach ihren Geschlechterfolgen in die Stammeslisten eintragen ließen, seinen Familien zugezählt ...

1.Chronik 7:2,4,9 ... Sie waren Häupter der Großfamilien Tolas, tapfere Krieger, jeder entsprechend seiner Geschlechterfolge. Zur Zeit Davids zählten sie 22.600 Mann ... Sie hatten, geordnet nach ihrer Geschlechterfolge und nach ihren Großfamilien, ein Kriegsheer von 36.000 Mann zu stellen; denn sie hatten viele Frauen und Kinder ... Die Aufzeichnung entsprechend ihrer Geschlechterfolge nach den Häuptern ihrer Großfamilien ...

1.Chronik 8:28 Sie waren Häupter der Großfamilien entsprechend ihrer Geschlechterfolge, ihre Oberhäupter, und wohnten in Jerusalem.

1.Chronik 9:9,34 ... dazu ihre Brüder nach ihrer Geschlechterfolge, insgesamt 956 Mann. Sie waren Oberhäupter ihrer Großfamilien ... Das waren die Häupter der Großfamilien der Leviten nach ihrer Geschlechterfolge, die Häupter. Sie wohnten in Jerusalem.

1.Chronik 26:31 ... Man suchte anhand der Geschlechterlisten die Großfamilien der Hebroniter ab und fand unter ihnen tüchtige Männer in Jaser in Gilead.




Es gibt keine Schöpfung ohne Evolution!





Immer wieder werden in der Diskussion falsche Alternativen geschaffen: Angeblich geschehen Dinge entweder durch Gott, in Form von Wundern, oder aber in 'natürlichen Entwicklungsprozessen' und damit ohne Gott. Oftmals wird auch noch auf die Bibelstelle hingewiesen: 'Gott sprach, und es geschah. Er gebot, und es stand da!' (Psalm 33:9) Dies lasse keine Zeit für Entwicklungsprozesse.

Umgekehrt wird von Kurzzeitkreationisten immer wieder behauptet, jeglicher Gedanke von Evolution sei durch und durch atheistisch, und jedes Eingehen darauf stelle einen Kniefall vor dem Götzen des materialistischen Unglaubens dar. Doch diese Sicht von Gottes Handeln widerspricht total dem, was die ganze Bibel darüber lehrt:

Dass Gott spricht und es daraufhin geschieht, ist kein Spezialfall des Schöpfungsberichtes, sondern eines der häufigsten Vorkommnisse der Bibel, ja, es ist die Art und Weise, wie Gott bis heute in die Schöpfung hinein wirkt - durch sein Wort (Jesaja 55:10; Johannes 1:3)! Und in den meisten (wenn auch nicht allen) Fällen, die in der Bibel beschrieben werden, erstreckt sich die Erfüllung von Gottes Wort über längere Zeiträume, oftmals sogar über Jahrtausende hinweg. Tatsächlich steht die Erfüllung der meisten Verheißungen Gottes seit Jahrtausenden aus! Und sehr oft spielen ganz irdische Umstände eine wesentliche Rolle bei der Erfüllung von Gottes Wort. Es stimmt: 'Gott spricht, und es geschieht. Er gebietet, und es kommt zustande!' Aber die ganze Bibel ist ein einziges Beispiel dafür, dass Gottes Wirken eingebettet ist in eine nach den Naturgesetzen verlaufende, menschliche Geschichte.

Ein typisches Beispiel ist die Geschichte des Volkes Israel, von dem einerseits gesagt wird, dass Gott es 'erschuf' (bara, Jesaja 43:15), von dem andererseits ausführlich berichtet wird, wie es EVOLUTIV und DURCH ABSTAMMUNG entstand. Israel beruht auf Verheißungen Gottes an Abraham, auf deren Erfüllung er selber viele Jahre warten musste. Gottes Vorhersagen über die Geschichte Israels, seine Vertreibung aus dem Land und seine Rückkehr in dasselbe, haben sich über Jahrtausende hinweg erfüllt und waren immer auf das engste mit der 'ganz normalen' menschlichen Geschichte und Weltpolitik verwoben.

Keine Schöpfung ohne 'Evolution = Entwicklung'!

Es stimmt: Beim Gebrauch des Wortes bara' = erschaffen schwingt der Gedanke der Plötzlichkeit mit (vergleiche 2.Mose 34:10; 4.Mose 16:30, Jesaja 48:7), doch ein plötzlicher Neubeginn bedeutet keineswegs auch eine sofortige Fertigstellung. Im Gegenteil: Schöpfungen sind niemals Fertigprodukte, sondern stellen den Neubeginn einer Sache dar, die am Anfang ihrer Entfaltung steht. Darum wird der Beginn der Schöpfung in Genesis 1 ausdrücklich als 'Anfang' bezeichnet. Das hebräische reschit = Erstling, Anfang, Ausgangspunkt (kbl 867) bezeichnet entweder den Beginn einer wachsenden Menge, zum Beispiel von Feldfrüchten, Tierherden oder Kindern, oder eines expandierenden Machtbereiches:

Der Anfang (reschit) seines Königreiches war Babel ... im Lande Sinear. Von diesem Land zog er aus nach Assur ... (Genesis 10:10,11) Gesenius übersetzt sogar einmal mit 'erste Entwicklungsstufe' (ges 739, Hosea 9:10). All dies lässt eine Entwicklung geradezu erwarten. Darüber hinaus gibt die Bibel selber uns ein anschauliches Beispiel dafür, was sie unter einem Schöpfungsakt versteht, denn sie stellt fest, dass jeder Mensch in gewisser Weise eine spezielle Schöpfung ist, die im Mutterleib stattfindet: Jeder, den ich zu meiner Ehre geschaffen (bara') habe.
(Jesaja 43:7, vergleiche Psalm 102:19; 104:30; Maleachi 2:10)
Dieser Schöpfungsakt geschieht, wie alle anderen auch, vergleichsweise plötzlich: Innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheidet sich, welche der Millionen von Samenzellen die mütterliche Eizelle befruchtet. Und in kürzester Zeit vereinigt sich das Erbmaterial von Mutter und Vater, wodurch ein vollkommen neuer Mensch 'geschaffen' wird, der durch seine einmalige Kombination von Erbmerkmalen einzigartig ist. Diese Erschaffung ist jedoch keinesfalls das Ende, sondern in Wirklichkeit der Anfang einer umfangreichen Entwicklung, in der die weitgehend festgelegten Eigenschaften sich entfalten. Allerdings läuft diese 'Evolution' nicht vollautomatisch ab, sondern hängt von vielen weiteren Faktoren ab, von Umwelteinflüssen bis hin zu unseren eigenen Handlungen. Dies alles zeigt, in welch hohem Maße Gott bei seinem Schöpferhandeln irdisch-natürliche Prozesse mit einbezieht!

Nur drei Schöpfungsakte im Schöpfungsbericht!

Ein weiteres Missverständnis besteht in der Vorstellung, Gott hätte im Schöpfungsbericht ständig wunderbare Schöpfungstaten vollbracht. Doch bara' ist in der hebräischen Bibel ein ausgesprochen seltenes Wort. Auf mehr als tausend Seiten kommt es nur 47 Mal vor. Selbst in den 31 Versen des 'Schöpfungsberichtes' wimmelt es nicht etwa von Schöpfungstaten, sondern nur drei Neuerschaffungen werden erwähnt:

Genesis 1: 1 Himmel und Erde = das Universum mit Materie, Raum und Zeit

Genesis 1:21 Tiere = seelische Lebewesen auf der Erde

Genesis 1:27 Menschen = geistige Lebewesen auf der Erde
 
 

Dies sind drei Schöpfungsakte, die in der Bibel das relativ plötzliche Neuentstehen von Dingen beschreiben. Ihnen entsprechen auf Seiten der Naturwissenschaften drei Ereignisse, die derartig plötzlich verliefen, dass sie in zwei Fällen 'explosive' Namen bekamen:
Der 'Urknall', die plötzliche und zugleich unerklärliche Entstehung der Materie

Die 'Kambrische Explosion', das plötzliche Erscheinen tierischen Lebens

Der kometenhafte Aufstieg der Menschheit
 

Alles andere zwischen diesen Schöpfungsakten sind Entwicklungsprozesse. So liegen zwischen der ersten und der zweiten Schöpfung 19 Verse 'Evolution'. Wir sehen also, dass Schöpfung und Evolution miteinander verwoben sind: Auf jeden Schöpfungsakt muss eine Entfaltung folgen, in der die geschaffenen Anlagen ausreifen. Und das Ergebnis dieser Entwicklung wiederum liefert die Voraussetzungen für den nächsten Schöpfungsakt, der in diese Entwicklung hinein erfolgt ... Die Bibel fasst dies mit folgenden Worten zusammen:

Gott schuf sein Werk, indem er es zubereitete (oder: um es zuzubereiten). (Genesis 2:3) Das beste Beispiel für 'Evolution': Die Bibel!

Sogar die Bibel und mit ihr die ganze Offenbarung Gottes entstand unbestritten 'evolutiv', über Jahrtausende hinweg und unter Einbeziehung vieler 'natürlicher' Entwicklungen - und dennoch glauben wir, dass sie letztlich von Gott 'geschaffen' ist (2.Petrus 1:219! Offensichtlich entspricht es dem Wesen Gottes, besonders im Zusammenhang mit der Schöpfung, 'evolutiv' vorzugehen, sogar was die Entwicklung seines Heilsplanes angeht. Nicht zuletzt muss ja auch jeder 'Wiedergeborene' eine Entwicklung durchmachen, vom 'Neugeborenen', 'Unmündigen' über die 'Sohnschaft' bis hin zum 'Erwachsenen' (1.Petrus 2:2; Epheser 4:13).
 
 


Die Erde litt schon lange vor Adam

unter Tod und Verderben!





Das Dogma von der makellosen Schöpfung

Ein zentraler Bestandteil der Lehre des Kurzzeitkreationismus ist die Behauptung, die Schöpfung sei vor Adam absolut perfekt gewesen, ohne jegliches Leid oder gar Tod. Dabei beruft man sich auf die Aussage gegen Ende des Schöpfungsberichtes:

Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut! (Genesis 1:31) Außerdem sei der 'Kampf um's Überleben' als Schöpfungsmethode Gottes abzulehnen, da sie mit einem barmherzigen Gott nicht in Einklang zu bringen sei. Evolution beruhe auf dem 'Überleben des Stärkeren', sei 'rot an Klauen und Zähnen' und deshalb inaktzeptabel als christliches Modell.

War wirklich 'alles sehr gut'?

Während im Buch der Erdgeschichte sozusagen tausende Seiten mit Todesanzeigen von ausgestorbenen Arten zu finden sind, scheint im Genesisbericht nicht der Hauch eines Problems vorzukommen. Sagt Gott nicht abschließend, er habe 'alles sehr gut' gefunden? Wenn wir genau hinsehen, sagt der Text jedoch nicht, dass damals 'die ganze Welt' sehr gut gewesen sei, sondern ausdrücklich nur das, was Gott bis dahin in ihr gewirkt hatte:

Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut! (Genesis 1:31) Das Prädikat 'gut' bezieht sich also lediglich auf die einzelnen Taten Gottes! Die Behauptung, absolut und ausnahmslos 'alles' sei sehr gut gewesen, übersieht, dass der Text ausdrücklich eine Einschränkung macht. Und tatsächlich gibt es im Text etwas, von dem weder gesagt wird, dass Gott es gemacht hätte, noch dass es gut war, nämlich das Tohuwabohu, das auf den 'Anfang' folgte.

Der Notenschlüssel

Die beiden ersten Verse der Genesis gleichen dem Notenschlüssel eines Musikstücks, der ganz zu Beginn die Grundtonart festlegt, in der das ganze Werk geschrieben ist. Von ihm hängt ab, mit welchem Vorverständnis alle darauffolgenden 'Noten' zu lesen sind. Übersieht man diese Vorzeichen oder deutet man sie falsch, kann man zwar die einzelnen 'Noten' für sich genommen buchstabieren, insgesamt werden sich aber schwerwiegende Mißklänge ergeben. Man geht dann 'von Anfang' an in die Irre und kann wichtige Zusammenhänge der Bibel nicht verstehen. Deshalb wollen wir die ersten Worte der Bibel genau betrachten und in der Folge konsequent berücksichtigen.

'Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Die Erde aber ... Vom ersten Satz an ist die Existenz des Weltalls mit einer Ur-Erde vorausgesetzt. Interessant ist, dass zuerst die Himmel genannt werden, danach die Erde. Auch die Naturwissenschaften gehen davon aus, dass zuerst 'die Himmel', Galaxien und Sterne, entstanden, danach die Erde.

Der Grundtext fährt dann nicht mit 'und dann wurde' fort, wie es in den folgenden Versen immer wieder heißt und in der Bibel hunderte Male vorkommt (hebräisch: wajjehi), sondern 'we-ha-aräts = die Erde aber', wie auch in anderen gleichlautenden Bibelstellen:

Die Himmel sind die Himmel des HERRN, aber die Erde (we-ha-aräts) hat er den Menschenkindern gegeben. (Psalm 115:16; Elberfelder, Luther, Einheitsübersetzung, ähnlich Prediger 1:4, Hesekiel 14:16) Die Betonung liegt in Genesis 1:1-2 auf dem Gegensatz: 'Himmel und Erde als ganzes - die Erde allein'. Irgendetwas an der Erde war 'anders' als an der gesamten Schöpfung - sie allein wird 'tohu wabohu' genannt! Auch sonst ist es für den Folgetext wichtig, dass sich das Blickfeld gleich mit dem Beginn des zweiten Satzes auf die Erde verengt. Alle von hier an geschilderten Ereignisse betreffen den Planeten Erde zu einer Zeit irgendwann nach seiner Erschaffung, nicht 'die Himmel'.

... wurde (oder: war) tohu-wabohu ...

Wir werden die Bedeutung dieser Worte, die wir bis heute auch im Deutschen gebrauchen, um ein Durcheinander zu beschreiben, gleich genauer untersuchen. Aber als erstes wollen wir festhalten: Allein die Aussage der Bibel, dass die Erde im Anfang tohu-wabohu war, widerlegt bereits die manchmal vertretene Meinung, die Schöpfung oder die Erde wäre von Anfang an 'fix und fertig' erschaffen worden! Im Gegenteil: In einer frühen Phase nach ihrer Erschaffung war die Erde in einem chaotischen Zustand, erst aufgrund der darauffolgenden Entwicklungsprozesse wurde sie zu dem, was sie heute ist. Dabei ist es zweitrangig, ob man mit 'war' oder 'wurde' tohuwabohu übersetzt, obwohl wir dem Textzusammenhang nach letzteres bevorzugen (vergleiche das gleich formulierte Hesekiel 36:35). Viel wichtiger ist die Bedeutung des hebräischen Ausdrucks tohu-wabohu.

Der Ausdruck 'tohu wa-bohu': Hinweis auf eine Katastrophe

Das Wort tohu kommt 20 Mal in der Bibel vor (alle Stellen im Volltext auf der folgenden Seite) und wird übersetzt mit Wüste, Einöde, vergeblich, Eitelkeit, Leere, Nichtigkeit. Immer steht es in engem Zusammenhang mit Ungerechtigkeit, Verirrung, Götzendienst, Finsternis und lebensfeindlicher Umgebung.

Nirgends wurde ein 'tohu' von Gott gewünscht, sondern stellt vielmehr immer eine Folge der Trennung von ihm dar und hat eindeutig einen negativen Beigeschmack! Es ist der Inbegriff für Abfall von Gott und das darauffolgende Gericht: Vernichtung bis auf einen kleinen Überrest, der durch Gottes Treue und Allmacht inmitten der Gottesferne gerettet wird. Ausdrücklich betont die Bibel, dass Gott die Erde nicht 'tohu' erschaffen hat: Der HERR hat die Himmel erschaffen (bara') ... ER hat die Erde gegründet - nicht 'tohu' hat er sie (die Erde) erschaffen! (bara') (Jesaja 45:18) Das Wort bohu kommt nur noch an zwei weiteren Stellen vor, beide Male zusammen mit tohu, so wie in Genesis 1:2. Diese Stellen offenbaren das Ausmaß einer Tohu-wabohu-Katastrophe: Und Edoms Bäche verwandeln sich in Pech und sein Boden in Schwefel; und sein Land wird zu brennendem Pech ... Von Generation zu Generation liegt es in Trümmern ... Und er spannt darüber die Messschnur der Öde(tohu) und das Senkblei der Leere (bohu). (Jesaja 34:11)

Ich schaue die Erde an, und siehe, sie ist wüst und leer (tohu wabohu), und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da. Die Berge beben; und alle Hügel schwanken. Kein Mensch ist da; und alle Vögel des Himmels sind entflohen. Ich schaue, und siehe, das Fruchtland ist eine Wüste; und alle seine Städte sind niedergerissen vor der Glut seines Zornes ... Darum wird die Erde trauern, und der Himmel oben schwarz werden. (Jeremia 4:23)

Beide Male ist von verheerenden Katastrophen die Rede, die Verwüstung über ein Land bringen. Tohu und bohu sind dabei 'Messschnur und Senkblei', also Inbegriff von Zerstörung und Verwüstung, und in keinster Weise Beschreibung eines 'guten Rohzustandes'! Der Textzusammenhang macht ganz deutlich, dass die Ursache für diese Katastrophen in der Untreue Gott gegenüber zu suchen ist.

Ein Ausrufezeichen im zweiten Satz der Bibel!

Der Ausdruck 'wüst' (tohu) und das Beiwort 'leer' (bohu) bezeichnen nicht nur etwas Formloses oder Gestaltloses. Vielmehr dient tohu (mit oder ohne Verstärkung durch bohu) zur Beschreibung einer grauenhaften, unheimlichen, verderbenbringenden Wüste, einer angerichteten Verwüstung oder einer Nichtigkeit.' (Westermann in seinem Genesis-Kommentar). F.Delitzsch kommt zu dem Ergebnis: 'Klang und Bedeutung dieses Wortpaares ist grausig' (suus 94). Wenn man vom Gebrauch dieser Worte in allen anderen Stellen des Bibel ausgeht, dann muss man vom zweiten Satz der Genesis an annehmen, dass etwas Schreckliches geschehen ist, das die Erde in eine Gottesferne gerückt hat. Was, wird an dieser Stelle nicht erklärt, aber bis zur letzten Seite der Bibel wird diese Sache zu einem zentralen Thema: Die ganze Bibel berichtet, wie Gott eine gefallene Schöpfung wiederherstellt: Bereits ab dem zweiten Satz 'stimmt irgend etwas nicht'!
 
Alle 20 Vorkommen von tohu in der Bibel
Genesis 1:2 Und die Erde war (oder: wurde) wüst und leer (tohuwabohu), und Finsternis war über der Urflut, und der Geist Gottes brütete über der Fläche der Wasser.

5.Mose 32:10 Gott fand Jakob (also das Volk Israel) in der Wüste und in der Öde, im Geheul der Wildnis. Er umgab ihn, gab acht auf ihn, er behütete ihn wie seinen Augapfel. Wie der Adler sein Nest aufstört, über seinen Jungen schwebt, seine Flügel ausbreitet, sie aufnimmt, sie trägt auf seinen Schwingen, so leitete ihn der HERR ...

1.Samuel 12:21 (2x) Und weicht nicht ab und folgt nicht den nichtigen (Götzen) nach, die nichts nützen und nicht erretten können, weil sie nichtig sind!

Hiob 6:18 Zur Zeit, wenn sie (die trügerischen Bäche) wasserarm werden, versiegen sie ... Es werden Karawanen abgelenkt von ihrem Weg, ziehen hinauf in die Öde und kommen um.

Hiob 12:24 Den Häuptern des Volkes im Land nimmt er den Mut, und in wegloser Einöde lässt er sie umherirren.

Hiob 26:7 Der Scheol ist nackt vor ihm, und keine Hülle hat der Abgrund. Die Schatten beben unter den Wassern und ihren Bewohnern. Gott spannt den Norden aus über der Leere, hängt die Erde auf über dem Nichts ... Durch seine Kraft erregt er das Meer, und durch seine Einsicht zerschellt er Rahab. (Textzusammenhang scheinbar: Die Tohuwabohu-Katastrophe von Genesis 1:2.)

Psalm 107:40 Und sie wurden wenig und beugten sich unter der Last von Unglück und Jammer. Er schüttete Verachtung auf Edle, er ließ sie umherirren in wegloser Einöde.

Jesaja 24:10 Darum hat der Fluch die Erde verzehrt, und es büßen, die auf ihr wohnen. Darum sind die Bewohner der Erde dahingeschwunden, und wenig Menschen bleiben übrig. ... Zertrümmert ist die öde Stadt, verschlossen jedes Haus, so dass niemand hineinkommt.

Jesaja 29:21 Und ausgerottet werden alle, die auf Unheil bedacht sind, die den Menschen in einer Rechtssache schuldig sprechen und dem Schlingen legen, der im Tor über Recht und Unrecht entscheidet, und mit nichtigen (Beweisgründen) den Gerechten aus seinem Recht verdrängen.

Jesaja 34:11 Denn einen Tag der Rache hat der HERR, ein Jahr der Vergeltungen für die Rechtssache Zions. Und Edoms Bäche verwandeln sich in Pech und sein Boden in Schwefel; und sein Land wird zu brennendem Pech. Tag und Nacht erlischt es nicht, ewig steigt sein Rauch empor. Von Generation zu Generation liegt es in Trümmern, für immer und ewig zieht niemand hindurch. ... Und er spannt darüber die Messschnur der Öde(tohu) und das Senkblei der Leere(bohu) ... und alle seine Obersten nehmen ein Ende.

Jesaja 40:17,23 Alle Nationen sind wie nichts vor ihm und gelten ihm als nichtig und leer. Gott ist es, der da thront über dem Kreis der Erde, dass ihre Bewohner wie Heuschrecken erscheinen ..., der die Fürsten dem Nichts anheimgibt, die Richter der Erde der Nichtigkeit gleichmacht.

Jesaja 41:29 Und ich sehe hin, doch da ist niemand, und unter diesen da ist kein Ratgeber, dass ich sie fragen könnte und sie mir Antwort geben. Siehe, sie alle sind Betrug. Nichtigkeit sind ihre Machwerke, Wind und Leere ihre gegossenen Bilder.

Jesaja 44:9 Die Bildner von Götterbildern sind allesamt nichtig, und ihre Lieblinge nützen nichts.

Jesaja 45:18,19 Ihr werdet nicht zuschanden und nicht zunichte werden in alle Ewigkeiten. Denn so spricht der HERR, der die Himmel geschaffen hat - er ist Gott, der die Erde gebildet und sie gemacht hat - er hat sie gegründet, nicht als eine Öde hat er sie geschaffen, sondern zum Bewohnen hat er sie gebildet. Ich sprach zu den Nachkommen Jakobs nicht: Sucht mich vergeblich. Ich bin der HERR, der Gerechtigkeit redet, Wahrheit verkündet.

Jesaja 49:4 Ich aber sagte: Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts mein Kraft verbraucht. Doch mein Recht ist bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.

Jesaja 59:4 Niemand lädt vor in Gerechtigkeit, und niemand tritt vor Gericht in Wahrhaftigkeit: Auf Leeres vertrauen, Gehaltloses reden, müt Mühsal schwanger gehen, Unrecht zeugen.

Jeremia 4:23 Denn mein Volk ist närrisch, mich kennen sie nicht. Törichte Kinder sind sie und unverständig. Weise sind sie, Böses zu tun; aber Gutes zu tun verstehen sie nicht. Ich schaue die Erde, und siehe, sie ist wüst und leer (tohuwabohu), - und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da. Ich schaue die Berge, und sieh, sie beben; und alle Hügel schwanken. Ich schaue, und siehe, kein Mensch ist da; und alle Vögel des Himmels sind entflohen. ... Öde soll das ganze Land werden; doch will ich nicht ein Ende mit ihm machen. Darum wird die Erde trauern, und der Himmel oben schwarz werden.
 
 

Auswertung:
Es gibt in der ganzen Bibel keine einzige Stelle, in der Tohu etwas Positives oder Gottgewolltes wäre, im Gegenteil, es wird ausdrücklich betont, dass es von Gott nicht geschaffen wurde und auch niemals gewünscht ist (Jesaja 45:18,19).

Tohu steht im Alten Testament durchweg im Zusammenhang mit dem Abfall von dem lebendigen Gott. Es ist ein Inbegriff für Untreue, Verrat und Götzendienst mit allen seinen Begleiterscheinungen: Täuschung, Verwirrung, Durcheinander, Orientierungslosigkeit, Finsternis, Ausweglosigkeit, Gottesferne, Gottesfeindschaft, Verehrung von dämonischen Mächten, Mangel, Leere, lebensfeindliche Umstände, Zerstörung und Vernichtung.

Die Übersetzungen geben Tohu dementsprechend mit folgenden Worten wieder: Nichtigkeit, Öde, Einöde, Verwüstung, Wüste, vergeblich, leer, Eitelkeit.

Zwei Gesichtspunkte lassen sich unterscheiden:
1. Tohu ist die Nichtigkeit aller Geisteshaltungen, die nicht Gott anerkennen, sondern Geschöpfe oder gottlose Ideologien verehren.
2. Tohu ist vielfach ausdrücklich ein Gericht Gottes über die Abgefallenen. Denn sich selber überlassen, ohne Gottes Hilfe, verfällt jedes Geschöpf. Der Entzug von Gottes Segen und Schutz führt logisch zu katastrophalem Niedergang und Vernichtung.

Im Textzusammenhang wird dem Tohu oft die Bundestreue des Schöpfergottes gegenübergestellt und die Rettung eines Überrestes verheißen, der zwar unbedeutend erscheint, dem jedoch die Zukunft gehört.

Es ist also zu erwarten, dass der Stammbaum des Lebens auf seinem Weg durch das Tohuwabohu von zwei Faktoren geprägt sein wird: Einerseits von dem positiven Wirken Gottes, und andererseits von Gottesferne und dem sich daraus ergebenden Mangel. Dieser Mangel erzeugt unweigerlich Konkurrenz und Überlebenskampf und hat eine prägende Wirkung auf alle Lebensformen, die in einer derartigen Umgebung aufwachsen.

Eine wieder-gut-Machung

Damit gewinnt auch der Umstand, dass im Folgenden immer wieder gesagt wird, die verschiedenen Werke Gottes seien 'gut' gewesen, Bedeutung. Vor dem Hintergrund einer Tohuwabohu-Katastrophe ist es nur logisch, die von Gott gewirkten Dinge als 'gut' herauszustellen. Wenn wir berücksichtigen, dass das Tohuwabohu eine Katastrophe war, dann trugen die einzelnen Werke wesentlich dazu bei, die Schäden 'wieder-gut-zu-machen'. In einer unversehrten und vollkommenen Schöpfung wäre es eigentlich überflüssig, immer wieder zu betonen, dass einzelne Dinge 'gut' waren. Im Rahmen einer Wiederherstellung der Erde aus der Tohuwabohu-Katastrophe ist es aber leicht verständlich.

Der Zustand der Erde während des Tohuwabohu

... und Finsternis war über der Urflut Zwei Dinge erfahren wir aus dieser Aussage: Die Erde war zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Entstehung von Wasser bedeckt, denn der hebräische Begriff thehom bezeichnet allgemein große, oftmals turbulente Wassermassen (ges 871; kbl 1019).

Zum anderen war die Erde komplett in Finsternis gehüllt. Es ist wichtig, dass zum Zeitpunkt des Tohuwabohu nicht das gesamte Weltall finster war, sonst müsste es heißen: ... und alles oder Himmel und Erde waren finster. Der Text begrenzt die Finsternis jedoch ausdrücklich auf einen bestimmten Bereich, nämlich auf die Flut, die die Erde bedeckte!

Die Finsternis des Tohuwabohu

Die in einem Atemzug mit dem Tohuwabohu erwähnte Finsternis hatte scheinbar einen negativen Charakter, denn Gottes erstes Handeln wirkte dieser Finsternis entgegen: 'Es werde Licht'! Und nur diese Helligkeit beurteilte Gott als gut: 'Und Gott sah das Licht, dass es gut war.' Die Finsternis wird von dieser Wertung ausgenommen. Unwillkürlich muss man an die Finsternis in der anderen Stelle denken, die ein Tohuwabohu beschreibt:

Ich schaue die Erde an, und siehe, sie ist tohuwabohu, - und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da ... er wird verdunkelt! (Jeremia 4:23,28) Die dort beschriebene Finsternis ist mit Sicherheit negativ, die Folge von Gottesferne. Die verfinsternden Wolken, die das Sonnenlicht von der Erde abhalten, sind auch ein Symbol dafür, dass die positven Auswirkungen von Gottes Kraft die Erde großteils nicht erreichen können.

Die Herkunft und das Wesen Satan's

Schon sehr früh, vor den irdischen Lebewesen, erschuf Gott eine große Zahl von 'Geistwesen', zu denen z.B. Engel, Herrschaften, Mächte und Gewalten gehören (Kolosser 1:15; Römer 8:38; Epheser 6:12). Ihr Lebensraum sind die unsichtbaren Welten, von denen aus sie grundsätzlich die Möglichkeit haben, in die sichtbare Schöpfung hineinzuwirken. Wie der Mensch haben sie die Entscheidungsfreiheit, Gott zu dienen oder nicht.

Schon sehr früh sagte sich ein sehr hochrangiges dieser Geistwesen von Gott los und wurde sein 'Widersacher', so die Bedeutung des hebräischen 'satan = Widersacher, Verkläger, Verleumder'. Er wird im Neuen Testament 'diabolos' genannt, was soviel heißt wie 'Durcheinanderwerfer, Verleumder'. Davon leitet sich seine deutsche Bezeichnung 'Teufel' ab. Seine Hauptwaffe im Kampf gegen Gott ist die Lüge:

Der Teufel war von Anfang an (wieder ein Hinweis auf Genesis, den Anfang der Bibel) ein Menschenmörder und stand nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner, und ein Vater derselben. (Johannes 8:44) Dieses mächtige Geistwesen verfiel in den Wahn, so sein zu wollen wie Gott: Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzstern, Sohn der Morgenröte! ... Und du, du sagtest in deinem Herzen: 'Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über den Sternen Gottes meinen Thron aufrichten ... Ich will hinaufsteigen, dem Höchsten mich gleich machen ... (Jesaja 14:12-14) Durch Hochmut geriet der 'Glanzstern, Sohn der Morgenröte', davon kommt das lateinische 'Luzifer = Lichtträger', in Rebellion und kämpft seitdem gegen Gott: Du warst ein Siegel des vollendeten Urmaßes, voll von Weisheit und vollendeter Schönheit ... Du warst ein gesalbter Cherub, der Absperrende, und dazu habe ich dich eingesetzt ... Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, da du geschaffen wurdest (Satan ist ein Geschöpf!), bis sich Unrecht in dir hat finden lassen. Durch dein vieles Handeln wurde dein Inneres mit Gewalttat erfüllt, und so hast du gesündigt ... In deiner Schönheit wollte dein Herz hoch hinaus. Du hast deine Weisheit verdorben um deines strahlenden Glanzes willen. (Hesekiel 28:12-17) Hier wird der Widersacher Gottes ausdrücklich als gefallener Cherub bezeichnet. Cherubim sind in der Bibel sehr hochstehende Geistwesen, die sich im Thronbereich, also in der unmittelbaren Gegenwart Gottes aufhalten: Hesekiel Kapitel 1,9,10, vergleiche auch Psalm 99:1; Jesaja 37:16. Dass 'die Schlange' ein Cherub war, passt auch zum Aufbau des ganzen dritten Kapitels der Genesis:
 
 

A 1-5 Die Schlange

B 6 Baum der Erkenntnis von Gut und Böse

C 7 Auswirkung auf Mann und Frau

Menschliches Handeln: Schürzen aus Feigenblättern

D 8-12 Gottes Frage an den Mann

E 13 Gottes Frage an die Frau

F 14 Urteil über die Schlange

F 15 Der Nachkomme der Frau

E 16 Gottes Urteil über die Frau

D 17-19 Gottes Urteil über den Mann

C 20-21 Auswirkung auf Mann und Frau

Gottes Handeln: Kleider aus Fell

B 22-24 Der Baum des Lebens

A 24 Die Cherubim
 
 

Das Böse war also nicht von Anfang an Bestandteil von Gottes Schöpfung, sondern entstand durch den Abfall Satans, des 'Vaters der Lüge':

Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel,
denn der Teufel sündigt von Anfang an! (1.Johannes 3:8)
Das Böse ist nicht etwas Erschaffenes, sondern ist - so wie Finsternis die Abwesenheit von Licht ist - die Abwesenheit von Gerechtigkeit, die Abwendung von Gottes Güte. Durch den Abfall Satans war es schon vor der Zeit Adams zu einer Katastrophe gekommen, die wahrscheinlich auch das 'Tohuwabohu' für die Erde zur Folge hatte (Genesis 1:2). Nicht Adam war es, durch den die Sünde und das Böse entstand, sondern Satan! Innerhalb der Einfriedung von Eden hatte das Böse keinen Raum, doch der Baum der 'Erkenntnis von Gut und Böse' zeigt, dass es außerhalb des Gartens bereits beide gegensätzlichen Größen gab.

Der Gott der Verlorenen!

Bereits die ersten Zeilen der Bibel sind also ein Angriff auf die Täuschung, alle Dinge, an denen Gott gewirkt habe, müssten fehlerlos sein. Sicher, es stimmt: Alle seine Werke sind vollkommen. (5.Mose 32:4) Doch der Haken an der Sache ist: Gott ist eben nicht der einzige, der in dieser Welt am Wirken ist! Ein sehr treffendes Beispiel für diesen Sachverhalt sind die Aussagen von Johannes:

Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm. Und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist. Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt. (1.Johannes 3:9; 5:18) Der wiedergeborene Anteil in jedem Menschen 'kann nicht sündigen', weil er von Gott geschaffen und durchweg 'gut' ist. Weil aber zugleich auch noch die Anteile des 'alten Menschen' vorhanden sind, wäre es Selbstbetrug, die Augen vor der eigenen Fehlerhaftigkeit zu verschließen. Gleichzeitig betont Johannes deshalb in demselben Brief: Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. (1.Johannes 1:8) Genau so konnte Gott deshalb von 'allem, was er gemacht hatte' sagen, dass es 'sehr gut' war, obwohl der Gesamtzustand der gefallenen Schöpfung alles andere als perfekt war. Doch es ist eben Gottes Wesen, sich nicht von der beschädigten Welt abzuwenden. Bereits in den ersten Worten der Bibel steckt der Kern des ganzen Evangeliums: Die Erde aber war (oder: wurde) tohuwabohu
und Finsternis war über der Fläche der Wirbelfluten.

Und der Geist Gottes brütete über der Fläche der Wasser.
Und Gott sprach: Es werde Licht ...
(Genesis 1:2)

Die von Gott 'im Anfang' geschaffene Welt fällt ins Chaos, ins Tohuwabohu. Doch Gott sendet seinen Geist, der über diesem Chaos 'brütet' ('ruach=Geist ist im Hebräischen weiblich). Gott gibt der erkaltenden Welt lebensspendende Wärme, sendet Licht in die Finsternis. Das ist mehr als eine ausnahmsweise Handlung, es ist Gottes Programm für die Zukunft der ganzen Schöpfung, das sich durch Altes und Neues Testament hindurch immer mehr entfaltet. Es ist Gottes eigenes Wesen, das sich schließlich in Vollendung in seinem Sohn offenbart, der sich nicht scheut, als Licht in die Finsternis, als Arzt zu den Kranken zu kommen.

Die Farisäer-Falle

Wir müssen unbedingt die Illusion von einer perfekten Instant-Schöpfung ablegen, denn sie führt zu einem unrealistischen Perfektionismus. Wir müssen verstehen, dass seit dem Tohuwabohu Tod und Verderben in die Welt eingedrungen und mit Gottes Wirken eng verwoben sind. Tun wir es nicht, werden wir immer wieder das Kind mit dem Bade ausschütten, letztlich das Wirken Gottes auf der Erde angreifen und bekämpfen, weil wir die Mängel, mit denen alles Irdische behaftet ist, nicht akzeptieren können.

Wir laufen dann höchste Gefahr, den Farisäern ähnlich zu werden, Menschen, die zu allen Zeiten als besonders gläubig angesehen wurden und für Gottes Ehre eiferten. Doch weil Jesus nicht alles Fehlerhafte mied, sondern im Gegenteil, einzig und allein für die Sünder und die Kranken gekommen war, verspotteten sie ihn als 'Freund der Zöllner und Sünder' und unterstellten ihm, er wäre selber ein 'Fresser und Weinsäufer' (Matthäus 11:19). Sie warteten vergeblich auf ein Wirken Gottes, an dem sie keine Fehler entdecken konnten. Statt dessen griffen sie unaufhörlich die fehlbaren Menschen an, die er gebrauchte.

Der Anstoß: Wenn Gott Leid in seine Pläne einbezieht

Schon damals war es besonders den gläubigen Juden ein Anstoß, dass Gott so etwas Blutiges und Grausames wie das Kreuz gebrauchen könnte, um damit Gutes zu bewirken (1.Korinther 1:23). So lehnen auch heute manche Gläubige den Gedanken an jegliche Evolution mit dem Hinweis ab, diese sei mit Leid und Tod untrennbar verwoben und deshalb als 'Schöpfungsmethode' für Gott nicht würdig. Dabei gibt es kaum jemanden, der so wie die Christen Verständnis dafür haben sollte, dass Gott das Leid zwar nicht geschaffen hat, es aber für ein unvorstellbar gutes und herrliches Ziel in seine Pläne einbezieht:

Doch der HERR hatte Wohlgefallen daran, dass er (Jesus) zerschlagen wurde. Er hat es zugelassen, dass er litt. (Denn:) Wenn er sein Leben als Schuldopfer eingesetzt hat (=Kreuz!), wird er Samen (Nachkommen) sehen, er wird seine Tage verlängern (=Auferstehung). Und was dem HERRN gefällt, wird durch seine Hand gelingen (= Rettung der Welt). (Jesaja 53:10) Gesunde Lehre (2.Timotheus 1:13; 4:3)

Der Schöpfungsbericht der Bibel bietet uns die ausgewogene Kost, die wir so dringend brauchen, um nicht von einem Extrem ins andere zu fallen. Er zeigt uns auch den Ausweg aus den jahrhundertealten Grabenkämpfen, in denen sich die christlichen Lager gegenüberliegen:
Es geht nicht um 'orthodoxen Kreationismus' contra 'liberalen Evolutionismus', sondern um 'Stammbäume in ihrem Erschaffenwerden'.

Es geht nicht um 'Wunderglaube' gegen 'Naturalismus', sondern um einen Gott, der sich sowohl in seinen Ordnungen und Gesetzen, als auch in seinen Wundern offenbart.

Es geht nicht um perfektionistische Abgrenzung von der Welt oder sündhaft-liberale Weltliebe, sondern um einen makellosen Gott, der als Mensch in seine gefallene Schöpfung kommt, um sie zu retten.
 

Versuchen wir, aus der Bibel nicht unsere Lieblingswahrheiten herauszupicken, sondern ergreifen wir statt dessen die ganze Wahrheit - die uns ganz frei machen wird!

Adam stammte von der Menschheit

des sechsten Tages ab!





War Adam wirklich biologisch 'der erste Mensch'?

Unter entschiedenen Christen dürfte die Überzeugung, Adam sei im biologischen Sinne der erste Mensch gewesen, weit verbreitet und fest verwurzelt sein. Dies beruht auf einer langen Auslegungstradition, die sich sich auf scheinbar eindeutige Bibelstellen beruft, allen voran die folgende:

Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist. (1.Korinther 15:45): Doch Paulus will keinesfalls sagen, dass Adam biologisch gesehen der erste Mensch auf Erden war. Denn sonst wäre ja Eva der zweite Mensch, Kain der zweite Mann. Doch genau die Stelle, die sagt, dass Adam der erste Mensch war, macht auch unmissverständlich klar, wer in Wirklichkeit der zweite Mensch ist: Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch; der zweite Mensch vom Himmel. (1.Korinther 15:47) Der 'zweite Mensch', von dem hier die Rede ist, ist Jesus Christus. Demnach ist Adam der erste Mensch, Jesus der zweite! Und mehr noch, Jesus war zugleich der letzte 'Adam':

Erster Mensch Zweiter Mensch - letzter Adam

Adam Christus

Damit ist ganz klar, dass hier mit Sicherheit nicht gesagt werden soll, Adam und Christus seien im rein biologischen Sinne der erste und der zweite Mensch gewesen. Denn in der Zeit zwischen dem 'ersten' und dem 'zweiten' Menschen, also zwischen Adam und Jesus, lebten sehr viele Menschen. Und auch mit dem 'letzten Adam', Jesus, starb die menschliche Rasse nicht aus.

Erster Mensch Zweiter Mensch - letzter Adam

Adam ..... viele Menschen ................. Jesus ................. viele Menschen

Adam war nicht der erste Mensch im biologischen, sondern im geistlichen Sinne. Er war der erste 'Auserwählte', wenn man so sagen will, und dabei der einzige Mensch, der in ungetrübter Geistesgemeinschaft mit Gott war, außer Jesus.

Der Mythos vom 'zweiten Schöpfungsbericht'

Eigentlich geht dies auch ganz klar aus der Genesis, dem ersten Buch Mose, hervor - wenn man sie 'einfach so liest, wie es dasteht': In Genesis 1 wird beschrieben, wie die Menschheit innerhalb des sechsten Tages durch Fruchtbarkeit und Vermehrung die ganze Erde besiedelte, denn abschließend heißt es: 'Und es geschah so!' (Genesis 1:31) Dann endet der sechste Tag und der siebte beginnt.

Als nächstes, im zweiten Kapitel, taucht dann der Einzelmensch Adam auf. Es wird, wie wir gleich aufzeigen werden, geschildert, wie Gott einen Menschen aus der Menschheit auserwählt, indem er ihn schon im Mutterleib besonders 'bildet' und mit ihm in persönlichen Kontakt tritt. Adam lebte innerhalb des siebten Tages, und zwar in einem genau beschriebenen Gebiet im Nahen Osten und stammte von der Menschheit des sechsten Tages ab. Das entscheidende Element bei dieser Sicht ist, dass Genesis 2 nicht eine Wiederholung von Genesis 1 ist, ein sogenannter 'zweiter Schöpfungsbericht', sondern die Fortsetzung dessen, was bis dahin geschah!

Die fünfzig Kapitel des ersten Buches Mose beschreiben eine logisch aufgebaute Entwicklung, die vom Anfang des Alls bis zur Entstehung des Volkes Israel reicht. Von daher ist selbstverständlich zu erwarten, dass das zweite Kapitel eine logische und chronologische Fortsetzung des ersten darstellt. Doch heute ist es weit verbreitet, darin einen 'zweiten Schöpfungsbericht' zu sehen, der angeblich dasselbe Geschehen beschreibt. Und das, obwohl im Grundtext nicht ein einziger Schöpfungsakt geschieht: Das hierfür speziell verwendete hebräische Wort bara' = erschaffen kommt im ganzen Bericht nicht ein einziges Mal vor! Doch hat man erst einmal die falsche Denk-Richtung eingeschlagen, 'findet' man reihenweise Widersprüche zwischen den beiden angeblichen Schöpfungsberichten. Durch diese Hypothese wird folglich Anfang der Bibel und damit letztendlich die ganze Bibel unglaubwürdig gemacht. Dabei ist es nur logisch, dass jeder Versuch, zwei aufeinanderfolgende Ereignisse 'zur Deckung' zu bringen, scheitern muss:
 
 

Genesis 1:2-4 Genesis 2:5-25
 
 

Reihenfolge: Pflanzen, Tiere, Menschen Adam - Pflanzen - Tiere - Eva

1. Pflanzen auf dem Festland Bevor Pflanzen im Lande sind: Adam ...

2. Meeres- und Landtiere ... dann Pflanzen in ...

3. Erschaffung der Menschheit ... danach Tiere in Eden ...

4. - - - Zuletzt: Eva

Personen: Menschheit Adam und seine Frau

männlich und weiblich Mann und seine Frau

(hebr. zakar + neqebah) (hebr. 'isch + 'ischschah)

Zeitraum: sechster 'Tag’ wahrscheinlich siebter 'Tag’

Lebensraum: ganzes Festland Naher Osten, Eden

Auftrag: Untertan machen, herrschen bearbeiten, bewachen, benennen

Die Nahrung: Kein Verbot! Verbot!

Wortschatz: 'älohim = Gott (Schöpfer) Jahwe 'älohim (Bundesgott)

bara' = erschaffen (7 Mal) jatsar = bilden, banah = bauen

Doch in allen 50 Kapiteln des ersten Buches Mose, ja, in der ganzen Bibel kommt es nicht ein einziges Mal vor, dass zwei aufeinanderfolgende Kapitel dasselbe beschreiben. Deshalb wollen wir auch Genesis 2 als Fortsetzung von Genesis 1 interpretieren. Der Grundgedanke:

Adam war ein Nachfahre der Menschheit des sechsten 'Tages',

lebte also während des siebten 'Tages',

und zwar in einem ganz bestimmten Gebiet im Nahen Osten!

(Bei der Behandlung der Sintflut

werden wir auf den geographischen Aspekt noch genauer eingehen.)
 
 
 
 
 
 

Adam wurde nicht aus Lehm geknetet,

sondern im Mutterleib gebildet!



 
 
 
 
 
 

Und dann bildete Gott, der HERR,
den Menschen (aus) Staub vom Erdboden ...
Genesis 2:7 (Elberfelder Übersetzung)


Die Übersetzungen von Genesis 2:7 scheinen keinen Zweifel daran zuzulassen, dass Adam von Gott persönlich aus einem Lehmkloß geknetet wurde: Luther: 'Und Gott der HERR machte den Menschen aus einem Erdenkloß.' Einheitsübersetzung: 'Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden.' Doch so einfach, wie die Lage sich auf den 'ersten', in Wirklichkeit aber von jahrhundertealter Auslegungstradition geprägten Blick darstellt, ist sie nicht. Denn das entscheidende Wort, das für eine Entstehung Adams direkt aus Lehm zu sprechen scheint, nämlich das hebräische jatsar = bilden, entpuppt sich schon beim zweiten Blick als ein Hinweis in eine ganz andere Richtung:

Das Hebräische jatsar ist immer (!), wenn es im Zusammenhang mit Lebewesen gebraucht wird, ein klassischer Ausdruck für deren Gestaltung während ihrer frühesten Entstehungphase. Es ist ein Terminus technicus für die Festlegung der Eigenschaften von Lebewesen zum Zeitpunkt ihrer Zeugung, bei Menschen also im Mutterleib. Ein klassisches Beispiel ist der Profet Jeremia, zu dem Gott spricht:

Ehe ich dich im Mutterschoß bildete (jatsar), habe ich dich erkannt, und ehe du aus dem Mutterleib hervorkamst, habe ich dich geheiligt: zum Profeten für die Nationen habe ich dich eingesetzt. (Jeremia 1:5) Zugegeben, wird jatsar für die Tätigkeit von Menschen gebraucht, bezieht es sich immer auf unbelebte Dinge, seien es geschnitzte oder gehämmerte Götzenbilder (Jesaja 44:9,10,12; Habakuk 2:18), Bosheit (Psalm 94:20), eine Waffe (Jeremia 54:17) oder Ton (Jesaja 29:16; 45:9, Jeremia 18). Als Partizip für Menschen gebraucht, ist es tatsächlich mit 'Töpfer' zu übersetzen.

Doch dürfen wir nicht den Fehler begehen, von menschlichem Handeln auf Gott zu schließen, sondern wir müssen umgekehrt vorgehen. Denn das Wort bara', das wir immer mit 'erschaffen' übersetzen, wenn Gott der Handelnde ist, wird im Zusammenhang mit Menschen mit 'hacken, hauen, behauen, schnitzen' übersetzt (zum Beispiel Josua 17:15,18; Hesekiel 21:24-25; 23:47, kbl 147). Würde man in diesem Fall von Menschen auf Gott schließen, müsste man Genesis 1:27 so deuten, dass Gott die Menschheit 'schnitzte'!

Betrachten wir deshalb die Stellen, in denen jatsar für Gottes Handeln gebraucht wird. An unbelebten Dingen bildet Gott das All (Jeremia 10:16; 51:19), die Erde (Jesaja 45:18,18), das Festland (Psalm 95:5), Berge (Amos 4:13), Licht (Jesaja 45:7). Die Vorstellung, Gott könnte all diese Dinge nach Töpfermanier hervorgebracht haben, wird spätestens beim Licht absurd. Erst recht gilt das für die folgenden 'Dinge', die ebenfalls von Gott gebildet werden: Jahreszeiten (Psalm 71:17), ein Ereignis (Jeremia 18:11), Zukünftiges (Jeremia 33:2; Jesaja 22:11; 37:26; 46:11; 2.Könige 19:25).

Besonders interessant sind jedoch die Stellen, in denen berichtet wird, dass Gott Lebewesen bildet, zum Beispiel Lebewesen des Feldes (Genesis 2:19), Heuschrecken (Amos 7:1), Menschen überhaupt (Jesaja 45:9), allen Menschen den Geist (Sacharja 12:1), das Herz (Psalm 33:15), das Auge (Psalm 94:9), ein Volk (Jesaja 27:11; 43:21), Israel (Jesaja 45:11; 64:8), Jakob und Israel als Volk (Jesaja 44:2,21; 45:11), Söhne und Töchter (Jesaja 43:7), Adam (Genesis 2:7,8), Jeremia (Jeremia 1:5), David bzw. jeden Menschen (Psalm 139:16), den 'Israel', das ist der Messias (Jesaja 49:5). Zusammen mit Jesaja 43:10, das sich hier nicht einordnen lässt, haben wir damit alle Stellen erwähnt, in denen 'jatsar' vorkommt.

Ergebnis: Jatsar und die von ihm abgeleiteten Worte sind im Zusammenhang mit Lebewesen immer ein klassischer Ausdruck für deren Gestaltung durch Gott, und zwar während ihrer frühesten Entstehungphase, beim Menschen also im Mutterleib. Das Vorkommen von jatsar in Genesis 2:7 ist demnach kein Beweis dafür, dass Adam aus Lehm 'getöpfert' worden wäre, sondern vielmehr ein Hinweis darauf, dass Gott ihm bei seiner Zeugung besondere Eigenschaften mitgab, die ihm helfen sollten, seine Berufung und seinen Auftrag zu erfüllen. Wir wollen auch in Gensis 2:7 einfach 'stehen lassen, was dasteht', und hier nicht als einziger Stelle das Handeln Gottes auf menschliche Ebene herunter holen!

Vom 'humus' zum 'homo sapiens'

'Adam' ist das hebräische Wort für 'Mensch'. Und das ist kein Zufall, denn Adam war ein klassischer Vertreter unserer Art. Darum können wir vieles von seiner Person und Geschichte lernen. Das beginnt schon bei seinem Namen und seiner Entstehung. Wörtlich bedeutet 'Adam' nämlich so viel wie 'Erdling', denn es ist mit 'adamah = fruchtbarer Erdboden, Acker verwandt'. Das folgende Wortspiel ist deshalb ein Hinweis auf Adam's und unseren irdischen Ursprung und unsere irdische Begrenztheit:

Und dann bildete Gott, der Herr, den Adam (aus) Staub von der 'adamah (= Ackerboden). Interessanterweise begegnen wir auf der Seite der Naturwissenschaften einem ganz ähnlichen Ausdruck: Der Mensch hat die lateinische Bezeichnung 'homo' erhalten, was mit humus = Erde, Erdboden verwandt ist und demnach die Grundbedeutung 'Irdischer' hat. Das spiegelt die Tatsache wider, dass unser Körper wesentlich aus 'Erde' aufgebaut ist, nämlich aus organischen Substanzen, die letztlich aus dem fruchtbaren Erdboden stammen. Tatsächlich ist der 'Erdling Mensch' trotz aller Technik nach wie vor an den Ackerboden gebunden: Die Menschen drängen sich dort, wo entweder Gebirge und Vulkane nährstoffreiche Böden bedingen oder wo die Eiszeit große Mengen von Lößeinwehungen hinterlassen hat ...
So zeigt selbst das heutige Verbreitungsbild der Menschen die engen Verbindungen zum Boden und seinen Nährstoffen. ... (rrdm 261-263)
Alles 'Staub! Dann bildete Gott, der Herr, den Adam - Staub von der 'adamah. Das Wörtchen 'aus' steht nicht im Grundtext, deshalb könnte man sinngemäßer übersetzen: Dann bildete Gott, der Herr, den Adam - (er war) Staub von der 'adamah. Und Adam blieb auch danach 'Staub', denn noch zu Lebzeiten, musste er sich sagen lassen: Staub bist du (Gegenwart!), und zum Staub wirst du (Zukunft) zurückkehren (Vergangenheit). (Genesis 3:19) 'Staub' meint also nicht 'staubige Substanz', sondern ist schlicht eine Bezeichnung von Adams materieller Beschaffenheit, in der er keine Ausnahme darstellte: Menschen und Tiere sind aus dem Staub geworden, und alles kehrt zum Staub zurück.(Prediger 3:20)

Denn Gott kennt unser Gebilde (hebräisch jatsar), denkt daran, dass wir Staub sind.(Psalm 103:14)

Alle Menschen sind aus 'Staub' geworden, bestehen aus 'Staub' und werden zu demselben zurückkehren. In diesem Sinne war Adam also gar nicht eine Ausnahme, sondern im Gegenteil, ein 'typos', ein Vorbild, ein klassischer Vertreter seiner Art. Im Zusammenhang mit seiner Bildung wird nur betont, was für alle Menschen gilt: Wir sind der Ton, und du bist unser Bildner (hebräisch jatsar),
und wir alle sind das Werk deiner Hände. (Jesaja 64:7)
Wir sehen, dass im Grundtext der Bibel eigentlich nichts von einem Erd- oder Lehmkloß steht, aus dem Adam geformt worden wäre. Die Aussage, dass Adam 'Staub vom Erdboden' war, hebt lediglich hervor, dass Adam, wie alle Menschen, aus Materie aufgebaut war. Wir haben ja auch keine Probleme, Hiobs Aussagen richtig zu deuten, wenn er erklärt: Gott, deine Hände haben mich ganz gebildet und um und um zubereitet. Denke doch daran, dass du mich wie Ton zubereitet hast, und nun willst du mich zum Staub (^aphar) zurückkehren lassen?
Siehe, vom Tone abgekniffen bin auch ich ... (Hiob 10:8,9; 33:6)
Gleichzeitig betont er ausdrücklich, dass er eine Mutter hatte: Hat nicht Gott mich im Mutterleib zubereitet,
hat nicht einer uns im Schoße gebildet? (Hiob 31:15)
Bei Hiob wie bei Adam geht es um die materielle Bedingtheit und damit auch Schwäche und Vergänglichkeit ihres Wesens. Adam war also genau das, was sein Name sagt: Ein typischer 'Erdling', ein typischer Mensch!

Verwechslungsgefahr!

Zugegeben, etwas Verwirrung kann durch die Tatsache entstehen, dass der erste Auserwählte den Namen 'Adam' bekommt, was zugleich 'Mensch' bedeutet. Doch im Grundtext ist die Menschheit des sechsten Tages recht gut vom Adam des siebten Tages zu unterscheiden:
'Adam' in Genesis 1:26 ist ein Kollektivbegriff, beim ersten Vorkommen ohne den Artikel. Er bezeichnet die gesamte Menschheit. Auch alle vorher erscheinenden Pflanzen, Wasser-, Luft- und Landtiere werden im hebräischen Text in der Einzahl, also als Kollektivbegriffe, genannt.
'Adam' in Genesis 2 ist dagegen ganz klar eine Einzelperson. Er bekommt den Namen 'Adam', wobei im Hebräischen von Anfang an der Artikel steht!

Genesis 1 betont die Erschaffung der Menschheit als Kollektiv, als Vielheit:
'männlich und weiblich schuf er sie (Mehrzahl!) ...'.
Der Text verwendet dabei außerdem die hebräisch Begriffe 'zakar' und 'neqebah' für die beiden Geschlechter der Menschheit - denselben Begriff, der auch für Tiere gebraucht wird.
Dagegen ist in Genesis 2 ausdrücklich von dem einen Mann (hebräisch 'isch) Adam und seiner Frau ('ischschah) die Rede.

Darum war es für die Menschheit von Genesis 1 kein Problem, innerhalb eines 'Tages' das Festland zu bevölkern, wogegen Adam und Eva in Genesis 2 sich auf die nähere Umgebung beschränkten.
 

Irgendwo musste zwangsläufig eine 'Nahtstelle' zwischen dem ersten und dem zweiten Stammbaum der Bibel liegen. Irgend eine Person musste der erste namentlich genannte Mensch sein, mit dem die Zeugungsfolgen der Himmel und der Erde nach Genesis 2:4weitergehen. Nach der Menschheit des sechsten 'Tages', und von dieser abstammend, musste es einen 'ersten Menschen' geben, der als konkrete Einzelperson in das Blickfeld der Geschichte treten würde. Welcher Name bietet sich für dieses ‘Missing link', den ersten in der Bibel namentlich genannten Menschen mehr an als 'Adam = Mensch'?

Eine neue Dimension im Stammbaum des Lebens

Die biologische Evolution erreichte im Verlauf des sechsten 'Tages' ein Niveau, das bis heute gleichgeblieben ist. Tatsächlich ist seit dem Erscheinen des Menschen, biologisch gesehen, 'nichts Neues' mehr passiert. Doch mit Adam trat der Stammbaum des Lebens in eine neue Dimension ein. In welche, das macht der Text selber deutlich:

Und Gott, der HERR, blies in seine Nase ('appajim) Atem (neschamah) des Lebens. So wurde Adam eine lebende Seele. (Genesis 2:7) Das hört sich so an, als würde Gott einem Lehmkloß durch seine Lehmnase Leben einhauchen. Doch im Hebräischen sind mit 'Nase' und 'Atem' Dinge gemeint, die eine viel weitere Bedeutung haben können als ihr materielles Gegenstück.Selbst im Deutschen kennen wir diese bildliche Redeweise, wenn man die Nase als Sinnbild für prüfende Wahrnehmung anführt: 'Das finde ich dufte!' - 'Die Sache stinkt!' - 'Ich kann ihn nicht riechen!' Es geht hier nicht um die Atmung als Körperfunktion, sondern um ein Wahrnehmungs- und Unterscheidungsvermögen. Was war also der 'Lebensodem', den Gott dem Adam 'einblies'? Es gibt im Hebräischen zwei Wörter für 'Geist':
'ruach' hat zwei Bedeutungen 'Wind' und 'Geist'. Das liegt daran, dass Wind und Geist etwas Wesentliches gemeinsam haben: Beide sind unsichtbar, können aber mächtige Auswirkungen auf die sichtbare Welt haben. 'ruach' kommt im Alten Testament 389 Mal vor.

Doch im Falle Adams wird das viel seltenere 'neschamah' verwendet, das nur 24 Mal im AT vorkommt. Dieses bezeichnet zwar auch eine Form von Geist, aber mehr eingeschränkt im Sinne von 'Erkenntnisgeist':

Der Geist (ruach) Gottes hat mich gemacht, und der Erkenntnisgeist (neschamah) des Allmächtigen hat mich belebt. (Hiob 33:4) Elihu berichtet hier, dass er von Gottes ruach gemacht worden war, dass ihn aber erst der neschamah Gottes zum Leben gebracht hatte. Hier kann aber sicher nicht die Belebung eines Lehmkloßes gemeint sein, denn Elihu hatte zweifelsohne Eltern. Gemeint ist vielmehr der Zugang zu einer ganz neuen Ebene geistigen Lebens. Es gibt nicht nur ein organisches Leben, sondern auch ein geistiges Leben. Dabei ist es der Ausgangszustand eines Menschen, dass er körperlich lebt, das geistige Leben aber erst noch empfangen muss.

Leben in Gottes-Erkenntnis

Der Erkenntnisgeist (neschamah) des Allmächtigen ist es, der verständig macht. (Hiob 32:8) Jeder Mensch hat wahrscheinlich von Natur aus einen menschlichen Erkenntnisgeist (Sprüche 20:27), ist aber darauf angelegt, darüber hinaus den Geist Gottes zu empfangen, wodurch er in eine neue Dimension von Leben eintritt. Schon das Alte Testament beschreibt diesen Vorgang an verschiedenen Stellen, z.B.: Glückselig der Mensch, der auf mich (die Weisheit Gottes) hört ... ... denn wer mich findet, hat das Leben gefunden. (Sprüche 8:34-35) Die Bibel vergleicht diesen Vorgang mit einer Geburt, bei der ja auch ein Mensch zum Leben kommt. Bei der Neu-Geburt bekommt man von Gott geistiges Leben.

Zusammenfassung

Wenn unsere Anschauung richtig ist, dann stammte Adam von Menschen des sechsten Tages ab und hatte sein körperliches Leben von diesen. Durch den Empfang des Geistes Gottes kam Adam darüber hinaus zu einer neuen Art von Leben, erlebte also eine Art geistige Neu-Geburt. Darum wird Adam auch in Lukas 3:23,38 als Sohn Gottes bezeichnet.

Es gibt in der Bibel nur zwei Menschen, die ausdrücklich 'der Mensch' genannt werden: Adam und Jesus Christus. In 1.Korinther 15 werden die beiden einander gegenübergestellt als die einzigen Menschen, die im Vollsinne von Gottes Verständnis Menschen waren - in ungetrübter Gemeinschaft mit Gott:
Adam war der erste Mensch, der den Erkenntnisgeist Gottes bekam und unmittelbare Gemeinschaft mit Gott hatte

Jesus Christus war nach einer langen Kette sündiger Menschen der zweite Mensch, der in vollkommener Geistesgemeinschaft mit Gott lebte.
 

Ist es eine Schande, 'vom Affen abzustammen'?

Oft wird es als anstößig empfunden, dass wir 'vom Affen abstammen' sollten. Doch die Bibel selber betont, dass wir uns gar nicht so sehr von den Tieren unterscheiden, eigentlich sogar Tiere sind. Und letztlich ist die Tatsache, dass der Sohn Gottes von einer korrupten Menschnheit abstammt, und dass unter seinen Vorfahren nachweislich Prostituierte und Meuchelmörder waren, doch viel anstößiger. Dennoch hat es Gott gefallen, es so zu machen. Und dann wird es schon gut so sein. Es tut uns nicht schlecht, unsere Verwandtschaft mit dem Tierreich anzuerkennen, denn es könnte uns demütiger machen.
 
 

Ein Einwand: Stammen nicht doch alle Menschen von Adam ab?

In Apostelgeschichte 17 finden wir eine Rede, die Paulus in Athen auf dem Aeropag gehalten hat. In manchen Übersetzungen lesen wir sinngemäß:

Und er hat aus einem Blute jede Nation der Menschen gemacht ... Andere geben diesen Vers so wieder: Und er hat von einem Menschen alle Völker abstammen und sie auf dem ganzen Erdboden wohnen lassen ... Das hört sich an, als würden alle Menschen von Adam abstammen. Die Worte 'Blut' oder 'Mensch' stehen aber nicht im Grundtext, sondern sind von Überlieferern oder Übersetzern hinzugefügt worden. Der Wortlaut ist jedoch folgender: Und er hat aus Einem jede Nation der Menschen gemacht ... Der Textzusammenhang macht eindeutig klar, wer dieser 'Eine' ist, von dem Paulus redet:

In Athen fand Paulus inmitten des Götzenkultes einen Altar, der 'dem unbekannten Gott' gebaut worden war. An diese Tatsache knüpfte er seine Rede auf dem Aereopag an. Er sprach über den Gott, der Himmel und Erde erschaffen hatte, der den Athenern aber unbekannt war (Apostelgeschichte 17:24). Ihn und nur ihn wollte Paulus den Athenern verkündigen. Von Adam ist nicht ein einziges Mal die Rede, sondern jeder Satz der Predigt zielt auf den 'Einen', auf Gott hin, der das Weltall erschuf. Auch die Aussage: 'Er hat aus Einem alle Nationen der Menschen gemacht' meint Gott selbst. Das bestätigt der übernächste Vers, der folgerichtig lautet:

Denn wir sind auch sein (gemeint ist Gottes!) Geschlecht! (Apg 17:28) Paulus erklärt dieses Zitat selbst: Denn in ihm leben und weben und sind wir! (Apostelgeschichte 17:28) Das heißt: Weil wir in ihm leben und sind, verdanken wir unsere Existenz nur ihm allein, wir sind 'aus' ihm (vergleiche 1.Korinther 8:6). Wenn wir alle einen gemeinsamen Vater haben, dann ist es Gott: Haben wir nicht alle EINEN Vater? Hat nicht EIN Gott uns geschaffen? (Maleachi 2:10) Aus dieser Gesamtschau heraus ist der 26.Vers zu verstehen: Der 'Eine', aus dem alle Nationen sind, kann nur der 'unbekannte Gott' sein, 'aus dem und durch den und bis in den hinein alle Dinge sind' (Römer 11:36): Denn sowohl der, welcher heiligt (Jesus Christus), als auch die, welche geheiligt werden (die Gläubigen), sind alle von EINEM (nämlich Gott, dem Vater). Aus diesem Grunde schämt er sich nicht, sie 'Brüder' zu nennen. (Hebräer 2:11)

Für uns ist nur einer Gott, der Vater, aus dem alle Dinge sind ... (1.Korinther 8:6)
 
 

Durch Adam kam der geistige Tod

in die Menschenwelt





Der Garten Eden als 'Kosmos'

Gott hatte inmitten der gefallenen Welt einen neuen, makellosen Kosmos, so das griechische Wort für 'Welt', aufgerichtet, der zuerst einmal auf die Einfriedung, hebräisch 'gan', in Eden begrenzt war. Adam hatte von Gott den Erkenntnisgeist des Lebens eingehaucht bekommen und befand sich damit auf einer weit höheren Stufe als alle anderen Menschen. Durch die zwischen Gott und Mensch entstandene Geistesgemeinschaft war die Keimzelle der Gottesherrschaft auf der Erde durch den Menschen angebrochen. Hier sollte die Heilswelt ihren Ausgang nehmen, hier entstand der Anfang des Königreiches Gottes auf Erden. Das Ziel dieses Königreiches bestand darin, sich zunächst über alle Menschen auzubreiten, um dann über diese aus Gott wiedergeborene Menschheit die Schöpfung von der Vergänglichkeit und dem Verderben zu befreien:

Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden - nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat - auf Hoffnung hin, dass auch selbst die Schöpfung von der Knechtschaft der Vergänglichkeit freigemacht werden wird zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. (Römer 8:19-20) Das 'Hineinkommen' der Sünde

Doch durch Adam's bewussten Ungehorsam kam die Sünde in den bis dahin unversehrten Kosmos hinein und torpedierte Gottes Rettungsplan:

Durch einen Menschen kam die Sünde in die Welt hinein ...
(Römer 5:12)
Das hier verwendete griechische Tätigkeitswort ejs-erchomai ist zusammengesetzt aus der Präposition ejs = bis hinein und dem Tätigkeitswort erchomai = kommen, gehen und bedeutet auch in allen anderen Vorkommen des Neuen Testamentes, dass etwas bereits Vorhandenes irgendwo hineinkommt. Die Sünde entstand also nicht durch Adam, sondern sie kam von außen in den Kosmos hinein. Durch den Fall Satans war sie in der unsichtbaren Welt bereits vorhanden und kam nun in die sichtbare hinein: Nicht Adam, sondern Satan sündigte 'von Anfang an' (1.Johannes 3:8), er ist 'der Vater der Lüge' und der 'Menschenmörder von Anfang an' (Johannes 8:44)!

Zwei Arten von Sünde!

Dass schon vor Adam's Fall Sünde in der Welt war, lässt sich ganz einfach beweisen, denn die Bibel lehrt, dass Eva als erste in Übertretung fiel, also sündigte:

Die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung! (1.Timotheus 2:14) Weil aber Adam die Autorität über die Einfriedung gegeben war, kam erst durch seinen Ungehorsam DIE Sünde in die Welt hinein: Durch einen Menschen (nämlich Adam) ist DIE Sünde in die Welt hinein gekommen! (Römer 5:12) Das hebräische Wort chata', sowie das griechische hamartia bezeichnen wörtlich eine Zielverfehlung, wir sagen heute Verfehlung (Fehler), oder Sünde. Jede Verfehlung des Willens und der Ziele Gottes ist demnach Sünde. Wir müssen jedoch unterscheiden zwischen unbewussten Verfehlungen, Sünde, und bewusster, willentlicher und entschiedener Verfehlung, welche hier mit dem bestimmten Artikel bezeichnet wird: die Sünde. Denn bis zum Gesetz war Sünde in der Welt. Sünde (hamartia) wird aber nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz ist. (Römer 5:13) Hier steht hamartia ohne Artikel und bezeichnet die unbewusste Sünde, weil noch kein Gesetz da ist, um sie bewusst zu machen. In diesem Zustand dürfte sich die vor-adamitische Menschheit des sechsten Tages befunden haben. Sie hatte bis dahin von Gott lediglich den Auftrag erhalten, fruchtbar zu sein, sich zu vermehren, die Erde zu besiedeln und sich die Elemente zu unterwerfen - was sie in der Kraft des Segens auch tat. Gemessen am Gesetz Mose oder an der Bergpredigt wären diese Präadamiten sicher als Sünder zu bezeichnen, doch Gott rechnete es ihnen nicht zu: Wo aber kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung. (Römer 4:15)

Denn bis zu (dem) Gesetz (nomos) war Sünde (hamartia) in (der) Welt (kosmos). Sünde wird aber nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz da ist.(Römer 5:13)

Die drei Substantive nomos, hamartia und kosmos haben hier keinen Artikel. Stünde vor nomos der Artikel, so würde er das Gesetz bezeichnen, nämlich das Gesetz, das Gott Israel durch Mose gab. Ohne den Artikel bezeichnet es allgemein ein Gesetz Gottes (was das Mosaische Gesetz mit einschließen kann) bzw. das Gesetz eines Menschen.

Erst als Gott dem Adam Ge- und Verbote gab, kam eine Gesetzgebung Gottes zu den Menschen. Zum ersten Mal seit der Erschaffung der Menschheit kam hier ein Gesetz Gottes in den Kosmos, wurde Sünde zugerechnet. Wenn Paulus also über eine Zeit schreibt, in der keinerlei Gesetz vorhanden war, trifft dies sicherlich auf die Zeit vor Adam zu, in der die Präadamiten lebten.

Weil hier hamartia ohne den Artikel verwendet wird, kann nicht die Zielverfehlung Adams gemeint sein, sondern nur die der Menschen vor Adam bzw. die seiner Zeitgenossen. Weil die Präadamiten ebenso wie die Zeitgenossen Adams Gottes Gesetz nicht einmal kannten, war infolgedessen nach Römer 7:8 (die) Sünde tot. Die feindliche Gesinnung wurde bei ihnen noch nicht durch Ge- und Verbote hervorgerufen. Bei der Sünde Adams handelte es sich jedoch um eine bewusste Auflehnung gegen Gott, für die er voll verantwortlich war. Deshalb verwendet Römer 5:12 das Wort hamartia mit dem bestimmten Artikel: die Sünde. Adam beging die erste Sünde, die je einem Menschen zugerechnet wurde, weil er das erste von Gott gegebene Gesetz bewusst übertrat (Römer 5:12).
 
 
 
 

Die Opfer des Sündenfalls: Nur Menschen!

Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt hineingekommen und durch die Sünde der Tod, und so ist der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen ... (Römer 5:12) Genesis 3 und Römer 5 sprechen nur von Menschen, die restliche Lebewelt ist ausgeklammert. Dennoch wird immer wieder in die Bibel hineingelesen, dass durch die Übertretung Adams auf einmal die ganze Tierwelt (die bis dahin makellos gewesen sein soll) dem Tod unterworfen wurde, dass der Löwe vom Pflanzen- zum Fleischfresser wurde usw. Das ist unhaltbar: Auch das Fluchwort über den vom Menschen bebauten Acker (Genesis 3:17-19) besagt nicht, dass erst damals die ganze Natur, d.h. die allgemeine Pflanzen- und Tierwelt, mit der Knechtschaft des Todes und Verderbnisses erstmalig belastet worden sei. Von der allgemeinen Tierwelt ist - abgesehen von dem einen (!) Tier, der Schlange - überhaupt nicht die Rede, und der Fluch über den Acker wird vom Text selbst genau dahin fest bestimmt, dass der Acker 'Dornen und Disteln' tragen soll. Weiter zu gehen ist Willkür.
Nicht einmal die Erschaffung von Dornen und Disteln ist in diesen Worten ausgesagt. Denn die Schöpfung ist mit der Bildung des Menschen völlig abgeschlossen. Vielmehr besagt der Text nicht mehr und nicht weniger, als dass in den vom Menschen bebauten Acker die sonst schon auf der Erde vorhandenen Dornen und Disteln eindringen und seine Arbeit ungemein erschweren sollten. (sadm 85)
Im Textzusammenhang befiehlt Gott der bis heute fleischfressenden Schlange den Verzehr von 'Staub', was man eher in die entgegengesetzte Richtung deuten müsste (Genesis 3:14)! Und es würde sich die Frage stellen: Warum wurden nicht auch die Kühe und Schafe in Raubtiere verwandelt? Hier die weltweite Umwandlung einer bis dahin makellosen Tierwelt in Fleischfresser hineinlesen zu wollen, geht weit, weit über den Text hinaus. Und das ist etwas, vor dem Gott uns eindringlich warnt:Ihr sollt lernen: Nicht über das hinaus, was geschrieben steht!(1.Korinther 4:6, vergleiche Sprüche 30:6)

Primär geistiger, sekundär körperlicher Tod!

Der Textzusammenhang von Genesis 3 legt außerdem nahe, dass es nicht in erster Linie um körperlichen, sondern um geistigen Tod ging. Der HERR hatte Adam angedroht, dass er 'an dem Tag', da er von dem verbotenen Baum äße, sterben müsse. Adam lebte nach seinem Fall jedoch noch etliche hundert Jahre. Der körperliche Tod war eine logische Folge des sofortigen geistigen Todes. Hätte Adam nicht bewusst gesündigt, hätte die Frucht des Baume des Lebens ihn, trotz des in der Schöpfung herrschenden Todes, am Leben erhalten.

Im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Sündenfall Adams geht es also zuerst einmal um den Verlust der geistigen Gemeinschaft mit Gott. Und genau dieser 'Tod' ist es auch, der daraufhin zu den anderen Menschen 'hindurchgegangen' ist.

Wie verbreiteten sich DIE Sünde und der geistige Tod?

Geschah dies durch Vererbung der Schuld, durch 'Erbsünde'? Nun, die Bibel selber verneint immer wieder die Vererbung von Schuld (Hesekiel 18:2,20; 5.Mose 24:16; Jeremia 31:29-30). Der Text des Römerbriefes gibt uns einen entscheidenden Hinweis. Die Verbreitung des Todes geschah demzufolge ähnlich, 'wie' auch durch Jesus Christus das Leben zu den Menschen kommt:

12 Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt hineingekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen ist, woraufhin sie alle gesündigt haben ...
18 Wienun durch eine Übertretung die Verurteilung bis in (griech. ejs) alle Menschen (reicht), so(reicht) auch durch eine gerechte Tat (diese) bis in alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.
19 Denn gleich wie durch des einen Menschen Ungehorsam die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.
21 Gleich wie die Sünde geherrscht hat im Tod, also soll auch die Gnade herrschen durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn. (Römer 5:12-21)
Rechtfertigung und ewiges Leben sind eindeutig nicht auf unsere biologische Abstammung von Jesus zurückzuführen, sondern vielmehr eine Folge des Glaubens, der wiederum aus der Verkündigung kommt (Johannes 3:16; Römer 4:3,5,11,13,23-25; 10:17).

So 'wie' die Rechtfertigung und das ewige Leben nicht durch biologische Abstammung erlangt werden können, so ist auch das Hindurchgehen des Todes von Adam nicht durch Vererbung geschehen. Doch wie?

Getötet von der Sünde - durch das Gebot

Wenn Paulus sagt, dass eine gerechte Tat für alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens gereicht, so können mit 'alle' nur jene Menschen gemeint sein, die die Botschaft von der Rechtfertigung durch Glauben sowohl gehört als auch angenommen haben. Man könnte also sagen, dass durch den Gehorsam Jesu eine neue Heilswelt, das Reich Gottes, inmitten der gefallenen Welt entstand, die in dem Maße wächst, wie die Verkündigung ausgebreitet und angenommen wird.

Von Adam an begegnen wir schon sehr früh einer Verkündigung, denn es heißt, dass man zur Zeit Enoschs anfing den Namen des HERRN auszurufen (hebr. qarah be'schem; Genesis 4:26). Die wörtlich gleiche Formulierung wird in 2.Mose 33:19 und 34:5(-7) verwendet, als es darum geht, das Wesen des HERRN zu verkündigen: Er ist barmherzig und gnädig, aber zugleich ist er auch vollkommen gerecht, so dass er keineswegs einen Schuldigen ungestraft lassen wird.

So könnten wir uns vorstellen, wie mit der Verkündigung des Namens des HERRN zugleich auch der Tod zu den Menschen mit hindurchdrang: Sie erlangten damit eine gewisse Gotteserkenntnis und die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Da sie jedoch nicht die vollkommene geistige Gemeinschaft mit Gott hatten, wie Adam sie besaß, führte die Erkenntnis des Willens Gottes aufgrund ihrer fleischlichen Schwachheit zum geistigen Tod. Genau das ist nämlich die Wirkung des Gesetzes, wie Paulus ausführlich erklärt:

7 Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Das sei ferne! Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt, als nur durch Gesetz. Denn auch von der Lust hätte ich nichts gewusst, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: 'Lass dich nicht gelüsten!'
8 Die Sünde aber ergriff durch das Gebot die Gelegenheit und bewirkte jede Begierde in mir; denn ohne Gesetz ist die Sünde tot.
9 Ich aber lebte einst ohne Gesetz. Als aber das Gebot kam (durch Verkündigung!), lebte die Sünde auf - ICH ABER STARB!
10 Und das Gebot, das zum Leben (gegeben), gerade das erwies sich mir zum Tod.
11 Denn die Sünde ergriff durch das Gebot die Gelegenheit, täuschte mich und tötete mich durch dasselbe. (Römer 7:7-11)
Paulus beschreibt, wie das Gebot ihn erreichte, während ihm die zu seiner Erfüllung nötige, enge Geistesgemeinschaft fehlte. So bewirkte die Kenntnis des Gebotes seinen Tod - womit wiederum nur der geistige Tod gemeint sein kann, denn er lebte danach ja weiter. Die Parallelen sind verblüffend und eindeutig, Römer 7 erklärt Römer 5 und Genesis 3!

Der Teufelskreis: Sünde - Tod - Sünde

Sehr wichtig für das Verständnis des gesamten Textes von Römer 5:12 ist der Begriff infolgedessen bzw. woraufhin, der im griechischen Grundtext eph ho lautet:

Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt hineingekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen ist, woraufhin sie alle gesündigt haben ... Da viele Bibelübersetzer unter 'Tod' den physischen Tod verstehen, übersetzen sie eph ho fälschlich mit weil: Luthers Wiedergabe 'dieweil alle gesündigt haben' ist von vielen Auslegern übernommen worden. Wenn wir aber 'dieweil' oder 'weil' aus dem Text lesen wollten, müsste im Griechischen eine andere Ausdrucksform vorliegen. Der Ausdruck eph'ho bedeutet buchstäblich nicht mehr als auf welchem oder auf Grund wovon. Der geschilderte Todeszustand ist die Basis, auf der alle sündigen müssen ...(Erich Lautbecher, Gedanken zum Römerbrief, Kierchlengern) Durch die eine Sünde, nämlich durch Adam's bewusste Übertretung, kam die Sünde in den Kosmos hinein (griech. ejserchomai) und durch sie der geistige Tod. Es war nun nicht so wie geplant, dass das ewige Leben, das Leben der geistigen Gemeinschaft mit Gott sich von Adam aus verbreitete, sondern der geistige Tod drang zu den anderen Menschen durch. Der Text von Römer 5:12 betont, dass die Folge dieses geistigen Todes war, dass die Menschen, die ohne die Gemeinschaft mit Gott unfähig waren, seine Gebote zu halten, als Konsequenz davon sündigten: ... aufgrund dessen (griechisch eph ho) sie alle sündigten ... Der Text sagt also: Zuerst drang der Tod zu den Menschen hindurch, und aufgrund dessen sündigten sie. Mit anderen Worten:

Wir sind nicht Sünder, weil wir sündigen,

sondern wir sündigen, weil wir Sünder sind!

Damit ist auch klar, dass mit 'Tod' niemals der körperliche Tod gemeint sein kann, denn ein physisch toter Mensch kann weder sündigen, noch Gutes oder Böses tun. Ist ein Mensch jedoch geistig tot, also getrennt von Gott, dann fehlt ihm die Kraftauswirkung Gottes, der allein in ihm das Gute vollbringen kann. Im Menschen selber ist diese Fähigkeit nicht vorhanden, so dass er ohne Gemeinschaft mit Gott infolgedessen zwangsläufig sündigt. Dass wir sündigen ist also eine Folge des geistigen Todes, denn getrennt von Gott können wir 'nichts tun' (Johannes 15).

Gibt es die 'Erbsünde'?

Wie wir gesehen haben, ist die Vererbung von Schuld ein Konzept, das der Bibel fremd ist. In gewissem Sinne können wir jedoch durchaus von 'Erbsünde' sprechen, und zwar wenn es um unsere (niederen) seelisch-körperlich bedingten Triebe geht, aufgrund derer wir eine sündige Grundeinstellung haben:

Seit dem Tohuwabohu befindet sich die irdische Schöpfung in einem Zustand der Gottesferne, einer teilweisen Trennung von Gott und seiner Kraft, was automatisch Mangel zur Folge hat, zum Beispiel Mangel an Nahrung, an Lebensraum usw. Das bewirkt wiederum einen Kampf ums Überleben, bei dem egoistische Triebe und rücksichtloses Durchsetzen einen Überlebensvorteil bedeuten können. Diese Eigenschaften sind teilweise ins Erbgut der Lebewesen eingeschrieben und machen uns bis heute zu schaffen, sind auch uns 'in Fleisch und Blut übergegangen'. In unserem 'Fleisch' wohnt nichts Gutes ...

Es geht um die psychische Ebene, die wir mit den Tieren gemeinsam haben, die Dimension der Triebe und Gefühle. Wenn wir nicht 'aus dem Geist' leben, werden wir automatisch von dieser Ebene der tierischen Triebe bestimmt, deren Hauptziel ist: materielles Überleben, Sex und Macht. Diese Dinge ziehen sich wie ein roter Faden durch das Tier- und Menschenreich. Selbst die sonst so friedlichen Ziegen offenbaren sehr schnell ihr gefallenes Wesen, wenn jemand kommt, um sie mit Brot zu füttern. Und es ist bekannt, dass nichts den menschlichen Charakter so sehr gefährdet wie die drei Dinge: Geld - Sex - Macht.
 
 

Die Sintflut fand, wie alles andere in Genesis 2:5ff auch, im Nahen Osten statt!





Die unglaubliche Katastrophe

Welche Erinnerungen steigen in uns auf, wenn wir das Wort 'Sintflut' hören? Wahrscheinlich Bilder aus unserer Kinderbibel, auf denen zu sehen ist, wie all die Tierarten der ganzen Welt, Elefanten, Giraffen, Eisbären, Kängurus uva., die Arche Noah erst besteigen und dann wieder verlassen. Vielleicht sehen wir auch noch vor uns, wie die Arche auf dem komplett von Wasser bedeckten Erdball treibt, bis endlich die Spitzen der höchsten Berge aus der universalen Flut herausragen. Doch was sagt der Bibeltext?

Diese Frage ist auf den ersten Blick nicht leicht, beim zweiten Hinsehen jedoch eindeutig zu beantworten. Es ist insofern nicht leicht, weil die meisten Übersetzungen, geprägt von jahrhundertealten Traditionen, in dieser Sache weltanschaulich gefärbt sind und fast durchwegs von der (ganzen) 'ERDE' sprechen. Im Grundtext steht hier jedoch 'äräts', und dieses Wort hat in der Bibel verschiedene Bedeutungen, wie eine kurze Untersuchung zeigt.

'ÄRÄTS - Erde oder Land?

'äräts ist mit 2526 Vorkommen das vierthäufigste Hauptwort (Substantiv) des Alten Testamentes. Es bezeichnet, sortiert nach der ungefähren Häufigkeit seiner Verwendung:

1. Ein bestimmtes Land:

Genesis 2:5,11,12,13; 6:4,5,17; 10:5,8-10; 12:1; 35:12; 2.Mose 3:17; 4.Mose 20:23,24; Psalm 135:12.

2. Die Bevölkerung eines bestimmten Landes (manchmal auch der Erde):

Genesis 6:11; 34:1; 1.Samuel 17:46; Hesekiel 14:12-13.

3. Das Fest-Land, die (feste) Erdoberfläche, im Gegensatz zu Meer oder Himmel:

Genesis 1:10,28; 3.Mose 11:21; Psalm 104:9. Genesis 1:15,20; 7:17: Hiob 2:13; 37:6; 38:26; Jesaja 25:12:

4. Die Erde als Weltkörper, als Planeten (oft in Kombination: 'Himmel und Erde'):

Genesis 1:1,2; 18:18; Psalm 148:7-13; Hiob 26:7; Jesaja 40:22,28; 45:18; Jeremia 33:25; 2.Könige 19:15b; Sprüche 8:23.
 
 

Welche Bedeutung 'äräts genau hat, kann jeweils nur dem Textzusammenhang entnommen werden. In 70% der Fälle übersetzt die Elberfelder Bibel mit 'Land', in weniger als 30% der Vorkommen mit 'Erde': 'äräts hat in der Bibel überwiegend die Bedeutung 'Land'!

Der Textzusammenhang der Genesis

Wir haben gesehen, dass sich das Blickfeld im Verlauf der Genesis konsequent verengt:
 
 

1. Genesis 1: 1 Das Weltall, Himmel und Erde

2. Genesis 1: 2 Der Planet Erde

3. Genesis 1:11ff Das Festland

4. Genesis 2: 5 Naher Osten, Mesopotamien (Zweistromland)

5. Genesis 2: 8 Eden

6. Genesis 2: 9 der Garten im östlichen Teil von Eden
 
 

Während der Schöpfungsbericht tatsächlich die ganze Erde im Blick hat, richtet sich das Augenmerk in allen folgenden Genesiskapiteln 2-12 auf den Nahen Osten bzw. einzelne seiner Länder. Das Gebiet, um das es geht, wird so genau abgegrenzt, dass man unmöglich von der Erde als ganzer sprechen kann. Erwähnt werden das Land Nod, nördlich von Eden, das Araratgebirge (nordwestlich des Irak), die Stadt und das Gebiet Babel, die Städte Erek und Akkad im Lande Sinear, das ist Sumer, weiterhin Assur, also Assyrien mit den Städen Ninive, Rechoboth, Kalach und Resen.
 
 


Der Textzusammenhang belegt eindeutig, dass der Schauplatz von Genesis 2-12

nicht die Erde, sondern ein bestimmtes Gebiet im Nahen Osten ist.







Im hebräischen Text kommt das noch deutlicher heraus als in den Übersetzungen, weil er oftmals die Formulierung 'ba'aräts = im Lande' verwendet, während die Übersetzungen mit 'auf der Erde' wiedergeben:

... noch war all das Gesträuch des Feldes nicht auf der Erde (eigentlich: im Lande, ba'aräts) ... (Genesis 2:5) Der Text verwendet hier 'äräts mit dem Verhältniswort 'be = in', und nicht, wie manche Übersetzungen glauben machen, mit '^al = auf'. Die genau gleiche Formulierung 'ba'aräts = im Lande' finden wir z.B. in Genesis 19:31 ... und kein Mann ist im Lande ... und in 2.Mose 9:22 ... alles Kraut im Lande Ägypten ... (Die Formulierung '^al ha'aräts' finden wir dagegen in Genesis 1:12,15,17,20,26,28,30, wo es zutreffend mit 'auf dem Festland' bzw. 'auf der Erde' übersetzt wird.)

Auf der Gesamterde gab es schon seit Genesis 1:11 Gewächse, nur in einem bestimmten Gebiet des Nahen Ostens nicht. Und auch Kain geisterte ja nicht auf dem gesamten Globus herum, sondern siedelte sich im Lande Nod, 'östlich von Eden', an:

Unstet und flüchtig sollst du sein auf der Erde (eigentlich: ba'aräts = im Lande)! (Genesis 4:12) Auch die Einleitung zur Sintflut gebraucht diese Formulierung: Und der HERR sah, dass die Bosheit der Menschen auf der Erde (eigentlich: ba'aräts = im Lande) groß war ... (Genesis 6:5) Es besteht also keine Notwendigkeit, aus 'Bibeltreue' eine weltweite Flut zu verteidigen. Oder wer käme auf die Idee, die folgende Bibelstelle 'weltweit' zu deuten: Und die ganze Erde (hebräisch 'äräts) suchte das Angesicht Salomos, um seine Weisheit zu hören ... (1.Könige 10:24, Elberfelder) 'Berg' oder 'Gebirge' Ararat?

Der Textzusammenhang lässt keinen Zweifel daran: Die Arche wird im Nahen Osten gebaut und strandet nach einer einjährigen Seereise an annähernd derselben Stelle, von wo aus sie gestartet ist, nämlich im Gebirge Ararat:

Und im siebten Monat, am siebzehnten Tag des Monats, ließ sich die Arche auf dem Gebirge Ararat nieder. (Genesis 8:4) Die Elberfelder Bibel übersetzt ganz richtig mit 'Gebirge', denn der Grundtext sagt hier ^al hare ararat. Das Wort für Berg, hebräisch har, steht hier in der Mehrzahlform, es heißt also: 'auf den Bergen des Ararat', wie es auch den meisten Übersetzungen zu entnehmen ist: Ararat ist hier wie im ganzen Alten Testament ein Landesname (2.Könige 19:37; Jesaja 37:38; Jeremia 51:27), ziemlich sicher mit dem URARTU der assyrischen Inschriften zu identifizieren, das dem heutigen Armenien entspricht. (A.Parrot: 'Bibel und Archäologie', Zollikon, Zürich, 1955)

Ararat ist das Bergland von Geziret ihn ^Omer am Westufer des Tigris in 37°20'' n.Breite. (Köhler-Baumgartner, Lexicon in Veteris Testemanti Libros, E.J.Brill-Verlag, Leiden, 1958)

Europäer erst gaben der höchsten Spitze des armenischen Berglandes den Namen 'Ararat' (5156m). Nichts weist jedoch darauf hin, dass hier die Arche aufgesetzt hatte. (F.Rienecker: Lexikon zur Bibel, R.Brockhaus-Verlag, Wuppertal 1960)
 
 

Kam die Flut 'vom Meer'? Denn ich, siehe, ich bringe die Flut vom Meer über das Festland ('äräts), um alles Fleisch unter dem Himmel, in dem Lebensodem ist, zu vernichten; alles, was auf der Erde ist, soll umkommen. (Genesis 6:17) Hier steht im hebräischen Konsonantentext: 'M-J-M', so dass man 'Flut des Wassers = MaJiM' übersetzen kann - was allerdings 'doppelt gemoppelt' wäre und nicht sehr sinnvoll scheint - oder aber: 'Flut vom Meer = MiJaM'. Das würde bedeuten, dass die Flut vom Meer her in das Land eindrang: Das wäre durch eine Senkung der ganzen Landschaft zu erklären, was zugleich verständlich machen würde, warum gleichzeitig die 'Quellen der Tiefe' aufbrachen, denn die Senkung des Festlandes und das Hereindringen des Meeres würde automatisch das Grundwasser herausdrücken. Und es wäre ebenso logisch zu erwarten, dass die Arche von der Flut, die vom Meer kam, ins Gebirge hineingeschwemmt wurde und irgendwo dort landete, wie es ja auch geschah.

Raben und Tauben zur globalen Erdbetrachtung?

Noah würde nach der Flut wohl kaum einem Raben zugetraut haben, herauszufinden ob die gesamte Erde wieder wasserfrei war (Genesis 8:6). Im Gegenteil, der zweite Versuch mit der Taube, die ja die angeborene Neigung hat, in das Gebiet zurückzukehren, aus dem sie stammt, zeigt, dass ein ganz konkretes, relativ nahegelegenes Gebiet im Nahen Osten überschwemmt worden sein musste:

Und er ließ die Taube von sich hinaus, um zu sehen, ob die Wasser weniger geworden seien auf der Fläche des Erdbodens ('adamah). Aber die Taube fand keinen Ruheplatz für ihren Fuß und kehrte zu ihm in die Arche zurück; denn noch war Wasser auf der Fläche des ganzen Landes ('äräts) ... (Genesis 8:8-9) Bereits in Vers 5 wird gesagt, dass die Spitzen der Berge sichtbar wurden, auf denen die Vögel sehr wohl hätten landen können. Doch es ging Noah um das ganz konkrete Gebiet mit fruchtbarem Boden ('adamah) fand, wo er vorher gelebt hatte. Und die Taube war das ideal geeignete Tier, um das zu erkunden.

Die Fortsetzung - auch 'im Lande'

Und auch nach der Flut ging es 'im Lande' weiter, als Gott Noah und seine Nachfahren aufforderte:

Ihr nun, seid fruchtbar, und vermehrt euch, wimmelt im Lande (ba'aräts), und vermehrt euch darin (hebräisch bah = in ihm)! (Genesis 9:7)

Das sind die Söhne Jafets in ihren Ländern (be'artsotam = in ihren Ländern, ebenso in Genesis 10:31), je nach ihrer Sprache, ... in ihren Nationen. (Genesis 10:5)

Das sind die Familien der Söhne Noahs nach ihren Geschlechtern, in ihren Nationen; und von diesen aus haben sich nach der Flut die Nationen im Lande (hebräisch: ba'aräts) verteilt. (Genesis 10:32)

Somit erübrigen sich all die Spekulatioen, die sich aus weltweiten Fluttheorien ergeben, etwa ...

Woher das viele Wasser der Flut kam und wohin es abfloss? Wie all die Pinguine und Koalabären bis zu Noah kamen? Ob die Saurier bei der Flut ausstarben, weil sie nicht an Bord durften, oder ob Noah nur deren Eier an Bord rollte? Ob wirklich alle, teilweise kilometerdicken Versteinerungsschichten weltweit von einer einzigen Flut stammen, bei der vor allem Wassertiere umkamen (?!), die in hunderten, ja tausenden von Schichten feinsäuberlich nach ihrem Entwicklungsstand in aufsteigender Reihenfolge aufgeschichtet wurden? ... usw.
 
 




Schon vor Babel entstanden viele Sprachen - durch Abstammung!





Sprach-Evolution

Es ist fast ein Witz, dass die Auslegungstradition Genesis 11 so umgedeutet hat, sie berichte von einem 'Sprachvermehrungswunder', bei dem alle Sprachen der Menschheit sozusagen 'über Nacht' entstanden seien! Denn ausgerechnet die unmittelbar vorhergehenden Verse betonen ausdrücklich, dass die Sprachen des Nahen Ostens bzw. Mittelmeerraumes ganz wachstümlich, nämlich durch die Entfaltung eines Stammbaumes, entstanden:

Und dies ist die Geschlechterfolge der Söhne Noahs: Sem, Ham und Jafet - ihnen wurden Söhne geboren nach der Flut ... (z.B.) die Kittäer und die Rodaniter ...
Von diesen verzweigten sich die Inseln der Nationen. Das sind die Söhne Jafets in ihren Ländern, je nach ihrer Sprache(hebräisch laschon=Zunge), nach ihren Sippen, in ihren Nationen. ...
Das sind die Sippen der Söhne Noahs nach ihrer Geschlechterfolge, in ihren Nationen; und von diesen aus haben sich nach der Flut die Nationen im Lande verzweigt. (Genesis 10:1-32)
Diese Völkertafel beschreibt, wie aus wenigen Vorfahren auf ganz natürlichem Wege, nämlich durch Vermehrung, erst Sippen und dann ganze Völker und Nationen entstanden sind - einschließlich ihrer eigenen Sprachen:
Das Gebiet, um das es geht, liegt im Nahen Osten, wie die genannten Völker zeigen, zentral geht es um das Gebiet rund um Babel. Der Text verwendet äräts, das wie in den meisten Fällen mit 'Land' zu übersetzen ist - vergleiche die Ausführungen zu 'äräts = Land bei der 'Sintflut'.

Von einem Wunder ist keine Rede, sondern das ganze wird als Stammbaum gekennzeichnet, dessen Zweige die einzelnen Völker darstellen. Die Übersetzungen verwenden sogar wörtlich den Ausdruck 'verzweigt' - vergleiche auch die Ausführungen zu toledot = Geschlechterfolgen, 'Stammbaum' beim 'Schöpfungsbericht'.
 

Wenn also in den unmittelbar darauffolgenden Versen (!) von Babel und dessen Verwirrung die Rede ist, wäre es höchst verwunderlich, dass dort, wo gerade die Entstehung verschiedener Sprach-Familien beschrieben wurde, das gleiche auf ganz andere Art und Weise dargestellt werden sollte. Anstatt also eine zweite Text-'Quelle' zu vermuten und einen weiteren ungeschickten, um nicht zu sagen unfähigen 'Redaktor' zu postulieren, betrachten wir noch einmal den Text, diesmal etwas genauer, und wir werden feststellen, dass es um etwas ganz anderes geht.

Gleich-Schaltung

Und das ganze Land hatte einerlei Redeweise (hebr. sapha = Lippe). (Genesis 11:1) Wenige Sätze zuvor hat der Bibeltext die Entstehung verschiedener Völker und deren Sprachen mit dem Ausdruck 'laschon = Zunge' beschrieben. Jetzt verwendet er jedoch die Formulierung 'eine Lippe', hebräisch sapha. Die 'Lippen' des Menschen sind sozusagen die Tür, durch die alle seine Worte herauskommen, und damit der Ort, an dem sich entscheidet, ob er wahrhaftig ist oder nicht. 'Lippe' steht in der Bibel oftmals für die Ideologie, mit der jemand spricht: Sie reden Lüge, ein jeder mit seinem Nächsten; mit glatter LIPPE, mit doppeltem Herzen reden sie. (Psalm 12:3)

Lass weichen von dir die Falschheit des Mundes und die Verdrehtheit der LIPPEN entferne von dir! (Sprüche 4:24)

Die LIPPEN des Gerechten sind bedacht auf Wohlgefälliges, der Mund der Gottlosen aber auf Verkehrtes. (Sprüche 10:32)

Dabei geht es nicht um Fremdsprachen-Fähigkeiten, sondern um die 'inneren Werte' des Gesagten - die Ideologie sozusagen, die dahintersteckt. Der Bibeltext betont also, dass gewisse Nachkommen Noahs zur damaligen Zeit eine einheitliche Ideologie hatten. Dazu gehörte auch eine einheitliche Verwendung von Wörtern im Sinne einer gemeinschaftlich-einheitlichen Sinngebung: Und das ganze Land hatte ... einerlei Wörter(hebräisch dabar = Wort, Ausspruch, Rede). (Genesis 11:1) Der Ausdruck 'dabar' bedeutet in der Bibel viel mehr als 'Wort, Vokabel aus dem Wörterbuch'. Es schwingt ganz stark die Bedeutung, der Inhalt des jeweiligen Wortes mit, so dass 'dabar' sogar die Bedeutung 'Sache' oder 'Gegenstand' haben kann: Da sagten sie zu ihm: Warum redet mein Herr solche Worte(hebräisch dabar)? Fern sei es von deinen Knechten, eine solche Sache(hebräisch dabar) zu tun! (Genesis 44:7) Es kann auch gebraucht werden, um die Redegewandtheit einer Person auszudrücken, also deren Fähigkeit, mit Worten umzugehen - Worte zu gebrauchen, um Inhalte zu vermitteln: Mose aber antwortete dem HERRN: Ach, Herr! Ich bin kein redegewandter Mann (hebräisch kein Mann von Worten, hebräisch dabar) .. denn unbeholfen ist mein Mund und unbeholfen meine Zunge. (2.Mose 4:10) Mose meinte damit nicht, dass er nicht Ägyptisch sprechen konnte, immerhin war er erst im Alter von 40 Jahren aus Ägypten ausgewandert und war vorher am Hof des Pharao gründlich ausgebildet worden. Nein, es ging ihm um die Fähigkeit, die Worte, die Sachaussagen, die Gott ihm offenbart hatte, weiterzuvermitteln.

Babel - Kommunikation total?

Sie hatten ein und dieselbe Sprache und ein und dieselben Worte. (Genesis 11:1) Das später 'Babylonier' genannte Volk zeichnete sich durch eine ausgesprochen starke Einheit aus, die sie offensichtlich auch dadurch zustandebrachten und aufrechterhielten, dass sie dieselben 'Schlagwörter' verwendeten, die gleichen 'Parolen' (franz. parole = Wort) ausgaben. Heute würde man sagen: Sie hatten eine gleichgerichtete Medienlandschaft, eine wirkungsvolle Propaganda-Maschinerie.

Wir begegnen hier dem ersten Versuch eines Volkes, eine Einheits-Regierung zu errichten. Die Verständigung war standardisiert, gleichgeschaltet, vernetzt. Man hatte einerlei ... Wahlspruch (politisch) ... Slogan (Werbung) ... Devise (Finanzen) ... Maxime (Konsum) ... Babel, das war sozusagen Kommunikation total. Betrachten wir das Phänomen 'Babel' genauer.

Einheit mit allen Mitteln

Behalten wir unbedingt im Auge, dass die Triebfeder für das ganze 'Projekt Babel' der Wunsch nach Einheit war! (Man vergleiche, welche zentrale Stellung Worte wie 'Union' oder 'United' in der heutigen Zeit einnehmen.) Allerdings muss gleichzeitig eine Tendenz zum Zerfall zu spüren gewesen sein, denn die Angst, die Einheit könne zerbrechen, sieht man durch alle Bemühungen hindurchschimmern:

... damit wir uns nicht über die ganze Fläche des Landes zerstreuen. Um den Zerfallstendenzen entgegenzuwirekn, wurde die Bildung einer Gruppen-Identität vorangetrieben. Das 'Wir-Denken' wurde sehr betont: Lasst uns ..., wir wollen ... Es ist weiterhin bemerkenswert, dass man in dem Bemühen um Einheit großen Wert auf die Errichtung von Bauwerken legte. Der Bibeltext betont, dass die Menschen dafür rein irdische Baumaterialien verwendeten, sich also ganz der irdisch-materiellen Dimension verschrieben: Und der Ziegel diente ihnen als Stein, und der Asphalt diente ihnen als Mörtel. Bauwerke kann man sehen und anfassen. In einer Zeit der zerfallenden 'Werte' scheinen sie wie 'Im-mobilien', niemals wankende, nicht zu erschütternde Säulen der Gesellschaft. Darum spielten Gebäude damals wie heute eine zentrale Rolle für die Volkswirtschaft und Politik, und darum sollten es viele sein: Eine Stadt ... ! Und noch etwas dürfen wir nicht übersehen. Einem religiösen Bauwerk sollte bei alledem eine 'herausragende' Funktion zufallen.

Der Turm von Babel - der erste 'Wolkenkratzer' der Welt

Und sie sprachen: Wohlan, wir wollen uns eine Stadt und einen Turm bauen, und seine Spitze (hebräisch rosch = Haupt, Spitze) bis in den Himmel! Dass man keinen Turm bauen kann, der tatsächlich bis ins All hineinreicht, war auch den damaligen Menschen schon klar. Der Ausdruck hat vielmehr eine Doppelbedeutung, wie der Vergleich mit anderen Stellen zeigt. Zum einen bedeutete es einfach eine sehr hohe Bauweise, z.B. der Städte in Kanaan: ... ein Volk, größer und höhergewachsen als wir, Städte, groß und bis an den Himmel befestigt ... (5.Mose 1:28, ähnlich 9:1) Tatsächlich ragen ja hohe Bauwerke in den Luft-Himmel hinein. Und bis zum heutigen Tage sind Türme ein Sinnbild für Macht. Babel sollte also eine Stadt der Superlative sein: Höher, größer, weiter ...

Der erste Kirch-Turm der Welt

Zum anderen assoziiert der Ausdruck 'bis in den Himmel' den Kontakt mit den unsichtbaren Himmeln, den Welten höherer 'Dimensionen':

Und er träumte: und siehe, eine Leiter war auf die Erde gestellt, und ihre Spitze berührte den Himmel; und siehe, Engel Gottes stiegen darauf auf und nieder. (Genesis 28:12) Was vielen vielleicht nicht so bewusst ist: Babel war von Anfang an eine fromme Stadt! Beim Turm zu Babel ging es nicht nur um ein Monument der Macht, sondern es ging vor allem um Religion. Der Turm mit seiner Spitze 'bis in den Himmel' war vielleicht der erste 'Kirchturm' der Welt. Sollte dieses Heiligtum mit seinem spitzen Turm den guten Kontakt, den heißen Draht zum Himmel sicherstellen? Vielleicht liegt in der Formulierung 'bis in den Himmel' auch eine Andeutung auf die Vorliebe der babylonischen Religion für die Himmelsbeobachtung und Sterndeutung?

In jedem Fall ist das ganze Geschehen ein Sinnbild für das Wesen menschengemachter Religion: Durch eigene Anstrengungen soll eine Art Himmelsleiter von unten nach oben gebaut werden. 'Gute Werke' sollen Zutritt zu Gott verschaffen, und - sie dürfen ruhig weithin sichtbar sein. Der Turm 'steht' in jedem Fall für die Bemühung der Menschen, Gott aus eigener Kraft näher zu kommen. Das bedeutet harte Arbeit, Ziegel brennen und Steine schleppen. Aber es ist die Mühe wert, denn schließlich kann man sich damit einen guten Ruf, einen 'Namen' verdienen. Und damit kommen wir zum Kern des babylonischen Problems ...

Die erste 'Denomination' der Welt

Bei allem Drumherum darf uns das Zentrale an Babel nicht entgehen: All der Aktivismus und die Gleichmacherei sollte letztlich einem konkreten Zweck dienen - ein gemeinsamer Name sollte her, und er sollte selbstgemacht sein:

So wollen wir uns einen Namen machen! (Genesis 11:4) Dieser selbst geschaffene 'Name' sollte verherrlicht werden. Mit anderen Worten: Die Menschen wollten sich selbst verherrlichen! - So entstand die erste 'Denomination' der Erde, denn:
 
 

Denominationen ...

... von lateinisch denominare = benennen, sind Gruppen von Menschen,
die sich mit einem bestimmten Namen benennen
und ihre Identität untrennbar mit diesem Namen verknüpfen.





Die Wurzel des 'Babylonischen Problems'

Das Kernproblem war Babylon schon bei seiner Entstehung in die Wiege gelegt worden. Nimrod war der erste 'Diktator', der Babel zu Macht und Ruhm brachte:

Und Kusch zeugte Nimrod. Der war der erste Gewaltige im Lande (hebräisch ba'aräts). Er war ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN. Und der Anfang seines Königreiches war Babel ... (Genesis 10:8-10) Wir haben uns unter ihm nicht einen offensichtlich gottlosen Rebellen vorzustellen, sondern viel eher eine charismatische Führungspersönlichkeit und gleichzeitig einen bekennenden Gläubigen: Er war ein 'Gewaltiger ... vor dem HERRN'! Und bis heute werden Denominationen in den allermeisten Fällen von großen Vorbildern ins Leben gerufen, 'Gewaltigen vor dem Herrn'.

Interessant: An dieser Stelle kommt das Wort 'Königreich' zum ersten Mal in der Bibel vor. Nimrod benützte seine Vollmacht also, um sein eigenes Reich zu bauen. Diese Tendenz begann allerdings nicht mit Babel, sondern reichte zurück bis in die Tage Noahs:

Damals waren die Riesen auf der Erde ..., das sind die Helden, die in der Vorzeit waren, die Männer, die einen NAMEN hatten. (So der Grundtext von Genesis 6:4) Von Anfang an ging es um die Frage: Welcher Name soll erhoben werden? Der von Gott oder der von irgendwelchen Menschen? Und obwohl schon seit den Tagen Set's der Name des HERRN angerufen und verkündigt wurde (Genesis 4:26), 'einigten' die Menschen sich unter Nimrod darauf, sich selber einen Namen zu machen. Damit verwarfen sie, ob bewusst oder unbewusst, den Namen des HERRN und damit den HERRN selber: Der Ausdruck 'der Name' ist eine Bezeichnung für Gott selbst (Apostelgeschichte 5:41; 3.Johannes 1:7).
 
 

Die Elemente der Erde beweisen das hohe Erdalter







Immer wieder wird von Kurzzeit-Kreationisten Kritik an den Datierungsmethoden der Naturwissenschaften geäußert. Darum führen wir an dieser Stelle einen Beweis für das hohe Alter der Erde an, der von jeglicher Datierungsmethode unabhängig ist. Er stammt von Karl Philberth und nimmt die Datierung von Elementen der Erdkruste allein nach der Nuklidkarte vor.

Er beruht auf der Tatsache, dass es Atome (Nuklide) gibt, die radioaktiv zerfallen. Für jedes der zerfallenden Atome gilt, dass nach einer charakteristischen Zeitspanne, die man Halbwertszeit nennt, nur noch die Hälfte der Ausgangsmenge vorhanden ist. Diese Halbwertszeiten können verschieden lang sein und sind für die jeweilige Atomart kennzeichnend. Sie sind von Aussenfaktoren wie Druck und Temperatur, sowie von der chemischen Verbindung, in die das Atom eingebettet sein mag, praktisch unabhängig.

Unbestreitbare Tatsache ist nun, dass alle 263 stabilen und alle 23 langlebigen Nuklide mit einer Halbwertszeit von mehr als 500 Millionen Jahren in der Erdkruste vorkommen und nachgewiesen werden können. Dagegen fehlen die 39 mittellebigen Atomarten mit einer Halbwertszeit zwischen 10.000 und 500 Millionen Jahren völlig. Die einzige Ausnahme sind einige wenige Nuklide, die als Zwischenprodukt der Zerfallsreihen des langlebigen Uran 238 bzw. 235 oder durch kosmische Strahlung (C-14) bis heute ständig neu gebildet werden.

Das lässt sich nicht anders erklären, als dass seit der Bildung der Elemente der Erdkruste eine so große Zeit vergangen sein muss, dass alle mittellebigen Atomarten der Erdkruste so weit zerfallen sind, dass ihr Nachweis nicht mehr gelingt. Das ist ungefähr bei dem 13-fachen ihrer Halbwertszeit der Fall. Die folgende Tabelle zeigt auf, wieviel Prozent einer Atomart nach dem Verstreichen von 1,2,3 ... Halbwertszeiten jeweils noch vorhanden sind:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Halbwertszeiten

50 25 13 6,3 3,1 1,6 0,8 0,4 0,2 0,1 0,05 0,02 0,01 % Restmenge

Andererseits können für die langlebigen Nuklide noch keine 13 Halbwertszeiten vergangen sein, weil sie alle noch in nachweisbarer Menge vorhanden sind. Da die Nachweisgrenze bei einer Halbwertszeit von etwa 500 Millionen Jahren liegt, kann man abschätzen, dass die Zeit der allgemeinen Nuklidentstehung ungefähr 13 x 500 Millionen = 6,5 Milliarden Jahre zurückliegen muss.

Man könnte behaupten, bei der Nuklidentstehung seien zwar alle 286 stabilen und langlebigen Nuklide gebildet worden, nicht jedoch die 39 mittellebigen, oder sie hätten sich nachträglich in irgend einer Weise verflüchtigt. Doch die nachweisbaren und die fehlenden Nuklide unterscheiden sich weder in ihrer kernphysikalischen Struktur und Energiebilanz, noch in ihren chemischen Eigenschaften systematisch voneinander. Darum ist nicht einzusehen, warum einerseits alle stabilen und langlebigen Nuklide bis heute vorkommen, andererseits alle mittellebigen Nuklide vollkommen fehlen. Der einzige Faktor, der sie gemeinsam unterscheidet, ist eben ihre Halbwertszeit! Eine zufällige Wahrscheinlichkeit genau dieser Verteilung ist kleiner als eins zu einer Trillion.
 
 

Die unleugbare Tatsache, dass alle mittellebigen Atomarten auf der Erde nicht mehr ursprünglich vorkommen, wogegen sämtliche Atome mit Halbwertszeiten von mehr als 500 Millionen Jahren noch auftreten, lässt sich demnach allein durch das hohe Nuklidentstehungsalter von ca. 6,5 Milliarden Jahren erklären!
 
 


Zusammengefasst aus:

'Datierung von Elementen der Erdkruste allein nach der Nuklidkarte' von Karl Philberth,

Chemikerzeitung, Dr.Alfred Hüthig Verlag, Heidelberg, Sonderdruck 109 (1985) Seite 251-253.

Die Sterne bezeugen: Das Weltall ist alt!





Die Tatsache, dass wir Millionen von Sternen am Himmel sehen, stellt eine harte Nuss dar, die für Verfechter eines jungen Weltalls nicht zu knacken ist: Wenn das Universum jung ist und das Licht vieler Sterne Millionen von Jahren braucht, um zu uns zu gelangen, wie kommt es, dass wir sie dann überhaupt sehen können? (faa 95) Unsere Galaxie, die 'Milchstraße' zum Beispiel, hat einen Durchmesser von 100.000 Lichtjahren. Das Licht ihrer Sterne braucht also teilweise mehr als 50.000 Jahre um uns zu erreichen. Das Licht der allermeisten Sterne jedoch, die ja zu anderen Galaxien gehören, braucht Jahrmillionen. Daraus ergibt sich als zwingende Schlussfolgerung, dass das Universum dementsprechend alt sein muss, denn ansonsten hätte uns das Licht von ungefähr 99 % aller Sterne bis heute nicht erreicht. Andere Erklärungsmöglichkeiten sind entweder widerlegt oder absurd. Das belegen die folgenden Zitate aus dem Buch 'Fragen an den Anfang - Die Logik der Schöpfung' (faa Seite 95-97), das für ein junges Universum und eine junge Erde eintritt:

'Manche haben versucht, die Entfernung in Frage zu stellen, doch das ist eine höchst unwahrscheinliche Antwort. Es gibt viele Milliarden Sterne, und viele davon haben die gleichen Eigenschaften wie unsere Sonne. Das haben die Analysen des Lichts ergeben, das wir von ihnen empfangen. Eine so große Anzahl von Sternen muss über einen großen Raum verbreitet sein, denn sonst wären wir alle frittiert.

Die Astronomen gebrauchen viele verschiedene Methoden, um Entfernungen zu messen und kein seriöser Astronom, der dem Schöpfungsbericht glaubt, würde behaupten, die Fehler bei der Entfernungsbestimmung der Sterne seien so gravierend, dass Milliarden von Lichtjahren beispielsweise auf einige Tausend zusammen schrumpfen würden. Es gibt wirklich gute Belege dafür, dass unsere Milchstraße einen Durchmesser von 100.000 Lichtjahren hat!' (faa 99)

'Die vielleicht am häufigsten herangezogene Erklärung besagt, dass Gott das Licht schon auf seinem Weg zu uns erschuf, sodass Adam die Sterne sofort sehen konnte und nicht jahrelang warten musste, bis das Licht selbst der nächstliegenden Sterne die Erde erreicht hatte.
Wir sollten zwar die Macht Gottes nicht einschränken, aber diese Erklärung bringt doch einige recht schwerwiegende Komplikationen mit sich. So würden wir jedes Mal, wenn wir das Verhalten eines fernen Gegenstandes beobachten, etwas sehen, das in Wirklichkeit niemals geschehen ist ... Für ein - sagen wir - 10.000 Jahre altes Universum würde das bedeuten, dass alles, was wir jenseits einer Entfernung von etwa 10.000 Lichtjahren sehen, in Wirklichkeit Bestandteil einer gigantischen Filmvorführung von Dingen und Ereignissen ist, die nicht tatsächlich stattgefunden haben und dass wir Objekte sehen, die womöglich überhaupt nicht existieren.' (faa 95)

'Was der Astronom empfängt, ist ein bestimmtes, sehr spezifisches Variationsmuster innerhalb des Lichts ... eine voraussagbare Abfolge von Ereignissen einschließlich dem Empfang von Neutrinos, sichtbarem Licht, Röntgenstrahlen und Gammastrahlen. Das Licht gibt Kunde von einem offenbar realen Ereignis. Der Astronom liegt völlig richtig, wenn er diese Botschaft als Übermittlung einer tatsächlichen Realität interpretiert und schließt, dass dort draußen wirklich ein solches Objekt war, das entsprechend den Gesetzen der Physik explodierte, aufleuchtete, Röntgenstrahlen emittierte, verglimmte usw.' (faa 96)

'Diese Signale erwecken den Eindruck, von einer Serie realer Ereignisse zu zeugen, hätten aber in Wirklichkeit keinen realen Ausgangspunkt ... Das ist genauso abwegig, als wenn man sagt, Gott habe die Fossilien in der Erde erschaffen, um uns an der Nase herumzuführen oder gar um unseren Glauben zu prüfen.' (faa 97) Es bleibt also dabei, das Universum ist so alt wie groß: Es hat einen Durchmesser von ungefähr 15 Milliarden und ist etwa 15 Milliarden Jahre alt!

Genetische Beweise

für die Abstammung des Menschen
 
 

Dies ist die kurze Zusammenfassung eines Artikels von Edward E. Max, M.D., Ph.D.

'Plagiarized Errors and Molecular Genetics' (Kopierte Fehler und Molekulargenetik)

Copyright © 1986-2002; (Quelle: www.talkorigins.org/faqs/molgen.)

Genetische Übereinstimmungen von Mensch und Tier

Menschen und Schimpansen haben äußerst ähnliche innere Organe und physiologische Funktionen. Tatsächlich stimmen ihre Gene zu mehr als 98% miteinander überein. Allerdings gibt es zwei Möglichkeiten, diese Ähnlichkeit zu deuten:
Kurzzeit-Kreationisten meinen, dass Affen und Menschen unabhängig voneinander geschaffen wurden, jedoch mit ähnlichen Merkmalen, weil sie ähnlich funktionieren sollten.

Vertreter einer gemeinsamen Abstammung gehen davon aus, dass die Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Affen von gemeinsamen Vorfahren ererbt wurden. Mit anderen Worten: Menschen, Gorillas und Schimpansen entwickelten sich aus einem gemeinsamen Vorfahren, einem affenartigen Geschöpf, dass vielleicht vor fünf oder zehn Millionen Jahren lebte, vor kurzer Zeit also, wenn man in den Größenordnungen der geologischen Zeitskala rechnet. Andere Tierarten, die sich stärker vom Menschen unterscheiden, Mäuse zum Beispiel, sollen sich dagegen etliche Millionen Jahre früher von einem gemeinsamen, primitiven Säugetiervorfahren abgezweigt haben.
 

Diese beiden Deutungen stehen erst einmal gleichberechtigt nebeneinander. Kann man beweisen, welche von beiden die richtige ist?

'Abgeschriebene Fehler' als zwingender Beweis

1941 ging der Autor eines Chemie-Buches vor Gericht, weil Teile seines Buches angeblich von einem Konkurrenten raubkopiert worden waren. 1946 klagte der Herausgeber eines Handelsverzeichnisses für die Bauindustrie aus demselben Grund gegen einen Konkurrenten.

In beiden Fällen wurde die Übereinstimmung zwischen dem Original und der angeblichen Raubkopie nicht als zwingender Beweis anerkannt. Immerhin behandelten beide Chemiebücher dieselben Sachgebiete, deswegen war zu erwarten, dass sie in ihrer 'Funktion' übereinstimmten, und beide Handelsverzeichnisse bezogen sich auf Mitglieder desselben Industriezweiges, von daher war es naheliegend, dass grundsätzliche Übereinstimmungen auftraten, auch wenn keine Raubkopie vorlag. Jedoch kamen es in beiden Fällen vor, dass Fehler, die in den 'Originalen' vorkamen, auch in den angeblichen Kopien auftauchten. Die Gerichte entschieden, dass es nicht vorstellbar sei, dass dieselben Fehler jeweils von Kläger und Verklagtem völlig unabhängig voneinander gemacht worden sein könnten und urteilten, dass Raubkopien vorlagen. Der Grundsatz, dass übereinstimmende Fehler einen Kopiervorgang belegen, ist heute zu einem festen Bestandteil des Urheberrechts geworden. Aus diesem Grunde fügen Herausgeber von Handelsverzeichnissen regelmäßig falsche Einträge in ihre Register ein, um potentiellen Raubkopierern das Handwerk zu legen. Stellt sich nun die Frage: Können 'Fehler' im Erbmaterial heutiger Lebewesen als Beweis dafür dienen, dass 'Kopien' von urzeitlichen, gemeinsamen Vorfahren stammen? Die Antwort lautet 'ja!', denn die Forschungsergebnisse der Molekulargenetik haben einige Beispiele ans Licht gebracht, wo dieselben genetischen 'Fehler' im Erbmaterial von Menschen und Affen vorkommen.

Das 'ABC' der Vererbung

Im Innern des Zellkernes liegt der Großteil des Erbmaterials, das auch DNS genannt wird (von: Desoxy-ribo-Nuklein-Säure) als 'Doppelhelix', also in Form einer in sich spiralig verdrehten Leiter vor. Die Erbinformation ist in der Abfolge der Basen A (Adenin), T (Thymin), G (Guanin) und C (Cythosin) gespeichert, die die Sprossen der Leiter bilden. Jede Sprosse besteht aus einem Basenpaar, das sich berührt, während ihr zweiter Teil jeweils an einem der beiden gegenüberliegenden Stränge der Doppelhelix befestigt ist. 'A' bildet immer ein Paar mit 'T', und 'G' paart sich immer mit 'C'. Um ein Protein herzustellen, liest die Zelle die genetische Information desjenigen Genes, das für dieses Protein 'zuständig' ist, indem sie eine RNS-(Ribo-Nuklein-Säure-) Version von dem betreffenden Gen erstellt.

Wenn eine Zelle sich teilt, muss ihre gesamte DNA-Sequenz auf zwei originalgetreue Kopien vervielfältigt werden, von denen jeweils eine in jede Tochterzelle wandert, die bei der Teilung entstanden ist. Hin und wieder kommen bei den Kopiervorgängen Fehler vor, die 'Mutationen' (Veränderungen) in der DNS-Folge erzeugen. Solche Veränderungen können in den meisten Körperzellen vorkommen, zum Beispiel in der Leber, der Haut, in Muskeln usw., werden aber nicht an die Nachfahren weitergegeben. Geschehen Mutationen jedoch in Fortpflanzungszellen (zum Beispiel Ei- oder Samenzellen), dann können sie an die folgenden Generationen weitergegeben werden.

Fehler in der DNS

Die Gentechnologie hat es Wissenschaftlern in den letzten Jahren ermöglicht, Teile der DNA-Sequenzen vieler Arten zu bestimmen, und so ist eine Informationsmenge zusammen gekommen, die einigen Milliarden Basenpaaren (Nukleotiden) entspricht. Dadurch hat unser Wissen, wie Gene funktionieren, gewaltige Fortschritte gemacht. Außerdem, und das ist besonders in diesem Zusammenhang wichtig, sind wir damit im Besitz einer wahren Fundgrube von genetischen 'Fehlern', die als Belege für das Vorliegen von Kopien dienen können, wie wir oben besprochen haben. Im Folgenden verstehen wir unter einem 'Fehler' all jene DNS-Merkmale, von denen wir mit gutem Grund glauben können, dass sie ...
bei einem genetischen 'Unfall' entstanden sind,

dem Organismus, der sie aufweist, keinerlei Nutzen bringen, und daher

nicht mit dem Argument erklärt werden können, sie wären bewusst 'geplant' worden.
 

Nicht-verdoppelte Pseudogene

Meerschweinchen und Primaten, eingeschlossen Menschen, werden krank, wenn sie nicht Vitamin C mit ihrer Nahrung zu sich nehmen. Die meisten anderen Spezies können dieses selber im Körper herstellen und brauchen es daher nicht in ihrer Nahrung.

Der Grund, warum Meerschweinchen und Menschen es nicht selber herstellen können, ist, dass ihnen ein funktionierendes Gen namens L-gulono-gamma-lactone oxidase (GLO) fehlt, das benötigt wird, um Vitamin C zu synthetisieren. Dieses kommt in den meisten Säugetieren vor, weil sie es, wenn man von der Evolutionstheorie ausgeht, von ihren Vorfahren geerbt haben. Demnach müssten auch Menschen und Meerschweinchen dieses Gen in ihrem Erbmaterial haben, jedoch in mutierter, nicht mehr funktionierender Form. Es ist zu vermuten, dass eine deaktivierende Mutation bei Meerschweinchen- und Primatenvorfahren jeweils getrennt stattfand. Beide nehmen so stark vitamin-C-haltige Nahrung zu sich, dass der Ausfall der Aktivität des Enzymes GLO keinen Nachteil darstellte - es entstand kein selektiver Druck gegen das defekte Gen.
Es ist bekannt, dass große Gen-Auslöschungen selten sind. Darum ist zu erwarten, dass die nicht mehr funktionsfähige, mutierte Kopie - 'Pseudogen' genannt - eines ursprünglichen GLO-Genes als Überbleibsel eines Vorfahren-Genes in Primaten und Meerschweinchen vorhanden sein müsste. Pseudogene werden dann 'nicht verdoppelt' genannt, wenn sie aus einem einzelnen Gen entstanden, und nicht aus verdoppelten Genen, so dass kein funktionsfähiges Gen mehr übrigbleibt.

Nach kurzzeit-kreationistischer Sicht wurden Meerschweinchen und Menschen völlig unabhängig von allen anderen Arten erschaffen und so 'geplant', dass sie ohne das GLO-Gen 'funktionieren'. Von daher wäre nicht zu erwarten, dass sie eine defekte Kopie des GLO Genes aufweisen.

Und tatsächlich wurden GLO-Pseudogene sowohl in Meerschweinchen und in Menschen gefunden. Die Art der Mutationen, die sie funktionsunfähig gemacht haben, sind dabei typisch für vererbte Krankheiten. Endogene Retroviren

Ansteckende Retroviren wurden als Krankheitsauslöser bei Menschen entdeckt und intensiv studiert. Zu ihnen gehört HTLVI, der eine Art Leukämie verursacht, und HIV, der Aids-Erreger. Für diese Viren ist typisch, dass sie ganz bestimmte, weiße Blutzellen infizieren, sogenannte Lymphozyten, und xxxreverse-transcribedxxx Kopien ihrer eigenen RNA-Gene in die DNA dieser Zellen einfügen.

Schon bald nach der Entdeckung ansteckender Retrovieren bemerkten Wissenschaftler, dass ganz ähnliche DNS-Sequenzen in der Erbsubstanz von Säugetieren vorkamen, auch bei Menschen. Diese Kopien werden 'endogene Retroviren' genannt und sind wahrscheinlich die Folge davon, dass Retroviren vor langen Zeiten Fortpflanzungszellen infizierten.

In der menschlichen Erbsubstanz gibt es ungefähr acht verschiedene Klassen von endogenen Retroviren, wobei von den verschiedenen Viren zwischen ein bis mehr als fünfzig Kopien entstanden können. Praktisch alle diese endogenen Retroviren enthalten Mutationen, die ihre Gene funktionsunfähig machen würden - genau so, wie es zu erwarten ist, wenn sie vor Millionen von Jahren eingefügt wurden, während kein selektiver Druck dafür gesorgt hätte, dass sie funktionsfähig blieben. Warum alte Abschreibfehler in modernen Arten erhalten bleiben

Wie ist es möglich, dass funktionsunfähige Sequenzen, die in den Fortpflanzungszellen eines speziellen Individuums entstanden, in allen Exemplaren einer Art erhalten bleiben? Nun, die zusätzliche Belastung, selbst ein großes Pseudogene mit einer Länge von zum Beispiel 100.000 Nukleotiden mit zu ziehen, spielt keine Rolle für eine Säugetier-Zelle, die aus ungefähr drei Milliarden Nukleotiden an Information besteht. Auf alle Fälle ist kein Kontroll-Mechanismus bekannt, durch den die Zelle in der Lage wäre, zwischen funktionierender und nicht funktionierender DNS zu unterscheiden und so gezielt das zu entsorgen, was sie nicht braucht. Funktionslose DNS-Sequenzen, die von Wissenschaftlern in die DNS von Mäusen oder anderen Arten eingefügt wurden, wurden unverändert an deren Nachfahren weitergegeben, und bei natürlich vorkommenden Pseudogenen und Retroposons scheint das gleiche der Fall zu sein. (Retroposons stammen von nicht-viraler RNS, die irrtümlich in DNS zurückgeschrieben und zufällig an irgendeiner Stelle der Zell-DNA wieder eingefügt (retro-posed) wurde.)

Anfänglich, als der hohe Anteil von scheinbarer 'Schrott-DNS' entdeckt wurde, war man überrascht. Doch unser gegenwärtiges Verständnis der Mechanismen der Genom-Erweiterung (Verdoppelung und Einfügung) zusammen mit dem scheinbaren Fehlen eines wirkungsvollen selektiven Druckes, die Genomgröße gering zu halten, lassen die Anhäufung von nutzlosen Sequenzen in unserer DNS unausweichlich erscheinen.
 


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