148 Irak / Iran (Erster Golfkrieg)
Kriegsdauer:22.9.19801 - 20.8.1988
Kriegstyp: C-22
Kriegsbeendigung durch: Vermittlung Dritter (UNO)
KRIEGFÜHRENDE:
Angreifer (Seite A): Irak
Angegriffener (Seite B): Iran
KONFLIKTGEGENSTAND UND -ZIELE
Mit dem Angriff auf den Iran wollte der Irak einen seit Jahren schwelenden
Grenzkonflikt zwischen beiden Staaten zu seinen Gunsten entscheiden. Der
Grenzverlauf, der traditionell am iranischen Ufer des Schatt-el-Arab verlief,
war 1975 in dem Vertrag von Algier auf Druck des seinerzeit militärisch
übermächtigen Schah-Regimes in die Flußmitte verlegt worden.
Weitere Kriegsziele des Irak waren die Durchsetzung der 1975 vertraglich
vereinbarten, aber nicht erfolgten Rückgabe irakischer Gebiete, die
Eingliederung der iranischen Ölprovinz Khusistan (Arabistan) in den
Irak sowie die Rückgabe der vom Iran 1971 annektierten drei Inseln in
der Straße von Hormuz an die arabischen Staaten. In den Wirren nach
der Islamischen Revolution sah Saddam Hussein die Chance, den scheinbar
geschwächten Iran in kurzer Zeit zu besiegen. Gleichzeitig sollte mit
dem Krieg gegen den Iran verhindert werden, daß die schiitische Islamische
Revolution in den Irak exportiert wurde.3 Ein schneller Sieg sollte
Saddam Hussein den angestrebten Ausbau seiner Machtposition in der arabischen
Welt sichern. Der Iran verfolgte im Verlauf des Krieges neben dem Sturz der
irakischen Regierung und der Agitation der schiitischen
Bevölkerungsmehrheit im Irak das Ziel, von innenpolitischen Konflikten
abzulenken (Autonomiebestrebungen der iranischen Minderheiten, irakische
Unterstützung der arabischen Minderheiten in der Ölprovinz Khusistan,
interne Machtkämpfe).
ERGEBNISSE DES KRIEGES
Nach der Rückeroberung der Provinz Khusistan durch den Iran (Mai/Juni
1982) und anhaltendem Abnutzungskrieg machte der Irak mehrere Waffenstillstandsangebote.
Der Irak reduzierte sein Kriegsziel auf die Anerkennung des Abkommens von Algier.
Der Iran weitete seine Forderungen aus: bedingungslose Kapitulation des Irak,
Reparationszahlungen, Sturz der irakischen Regierung, Rückführung
ausgewiesener Schiiten und internationale Verurteilung des Irak als Aggressor.
Im Mai 1984 verstärkten der Irak und der Iran ihre Angriffe auf Handelsschiffe
unterschiedlicher Nationen. Daraufhin kam es (formal auf Bitten Kuwaits hin)
zur Bildung einer internationalen Kriegsflotte unter US-amerikanischer Leitung
im Golf, deren Aufgabe der Schutz der dortigen Schiffahrt (insbesondere der
Öltransporte) war; zugleich unterstrich dieses Engagement die Interessen
der USA an und in dieser Region. 1988 wurde ein Waffenstillstandsvertrag von
beiden Seiten unterzeichnet, dessen Bedingungen zum größten Teil
erst ab Ende 1990, nachdem der Irak Kuwait besetzt hatte und sich in der Folgezeit
von US-amerikanischer Seite bedroht sah (vgl. Krieg
Nr. 194), umgesetzt wurde.
Die Angaben zu den Opfern des Krieges schwanken zwischen 300.000 und 1.500.000.
Beide Parteien hatten während der achtjährigen Kriegsdauer
Großwaffen im Wert von 27 Mrd. US $ gekauft.
ANMERKUNGEN
1 Seit April 1980 kam es ständig zu kleineren Grenzgefechten.
2 Im Dezember 1981 fielen 29 syrische Soldaten (darunter 17 Offiziere) an
der iranischen Front; unklar ist, ob es sich um in Kämpfe verwickelte
Militärberater oder reguläre Kampftruppen handelte.
Begrenzte militärische Operationen Dritter oder gegen Dritte:
- Juni 1981: israelischer Bombenangriff auf irakische Atomanlagen;
- November 1981: iranische Bombenangriffe auf Kuwait;
- Mai und August 1983, Oktober 1984: türkische Truppen greifen kurdische
Guerillas auf irakischem Gebiet an, um den Irak zu entlasten;
- Februar/März 1984: türkische Bombenangriffe gegen kurdische
Stellungen im Iran;
- Februar 1984: Beschuß eines iranischen Kampfflugzeuges und eines
Kriegschiffes durch US-Kriegsschiffe;
- Juni 1984: Abschuß eines iranischen Kampfflugzeuges durch saudi-arabische
Kampfflug-zeuge;
- seit Mai 1984 verstärkt irakische und iranische Angriffe auf
Handelsschiffe unterschiedlicher Nationen. Daraufhin Bildung einer
internationalen Kriegsflotte unter US-amerikanischer Leitung im Golf zum
Schutz der dortigen Schiffahrt und zur Unterstreichung der US-Interessen
in der Region.
3 Im Irak leben ca. 50% Schiiten und 50% Sunniten. 20% der Sunniten sind
jedoch Kurden, so daß die Schiiten die (relative)
Bevölkerungsmehrheit stellen. Ethnisch unterscheiden sich die restlichen
Sunniten nicht von den Schiiten; beide sind Araber.
Bernd Musch
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