Salmonellose
 
 
 
 
Das Wichtigste in Kürze 

Verschiedenen Serotypen von Salmonellen beteiligt, in D bei Rindern häufig S. dublin und S. typhimurium. Infektion mit Salmonellen nicht mit der klinischen Krankheit Salmonellose gleichsetzen! Vier Verlaufsformen der Salmonellen-Infektion: akute Septikämie, akute Enterocolitis, chronische Enterocolitis, klinisch inapparente Ausscheidung (aktive, latente oder passive Träger). Die Aufnahme der Erreger erfolgt üblicherweise oral, nach Vordringen in die Mesenteriallymphknoten und das RES der Leber kommt es zur Septikämie. Bei Überleben folgt eine akute Enterocolitis mit Erregerabsiedelung in Mesenteriallymphknoten, Milz, Leber und Gallenblase. Klinisch inapparente Dauerausscheidung über Faeces und Milch möglich. Symptome der akuten Enterocolitis: Fieber, starker Durchfall, Faeces übelriechend mit Fibrin, Blut und z.T. Schleimhaut, Tenesmus. Unbehandelt Letalität bis 75 %. Bei Überleben oft chronische Pneumonie, Polyarthritis. Chronische Enterocolitis ist gekennzeichnet durch Durchfall und Abmagerung. Sicherung der Diagnose durch BU aus Blut und Kot. Zum Nachweis von Dauerausscheidern 3malige Kot-BU im Abstand von jeweils 14 Tagen. Therapie: bei Fieber und Störung des Allgemeinbefindens Antibiose, symptomatisch. Zur Prophylaxe stehen inaktivierte und Lebendimpfstoffe zur Verfügung. Anzeigepflicht!

Prüfungsstoff
 
 
Erreger Diagnose
Epidemiologie Differentialdiagnose
Pathogenese Therapie
Klinische Erscheinungen Prophylaxe
gesetzliche Vorschriften

Erreger:
Verschiedene Serovare von Salmonellen (Enterobacteriaceae). Die Klassifikation der Salmonellen ist recht kompliziert. Zurzeit werden alle hier interessierenden Salmonellen als Serovare der Subspecies Salmonella enterica enterica der Spezies S. enterica zugeordnet. Man unterscheidet Salmonellen, die sich (weitgehend) an eine Wirtsspezies adaptiert haben und dort schwere Krankheitsverläufe verursachen (z. B. S. dublin beim Rind, S. choleraesuis beim Schwein, S. abortusovis beim Schaf, S. abortusequi beim Pferd) von solchen, die viele Spezies befallen können (z. B. S. typhimurium). In Deutschland sind bei Rindern S. dublin und S. typhimurium mit Abstand am wichtigsten. Es tauchen jedoch auch immer häufiger exotische Serotypen auf. Das hängt zum Teil mit der Verfütterung von importierten Futtermitteln  zusammen.
In der Humanmedizin werden diese Keime mitunter auch als TPE-Gruppe (Typhus, Paratyphus, Enteritis) zusammengefaßt. Die durch Salmonellen der Enteritis-Untergruppe verursachten Gastroenteritiden beim Menschen werden irreführenderweise oft als Lebensmittel-"Vergiftung" bezeichnet.
 

Epidemiologie:
Salmonellen sind sehr erfolgreiche Keime!! Befallen werden u.a. alle Haustierarten und der Mensch ("alles, was einen Gastrointestinaltrakt hat").
Salmonellose ist ein Problem mit zunehmender Bedeutung, vor allem bei Menschen. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß Salmonellen, die aus Tieren stammen, u.U. gegenüber einer Reihe von Antibiotika resistent sind, wenn die Tiere längere Zeit antibiotisch behandelt wurden. Von besonderer Bedeutung ist S. typhimurium DT (=definitive type) 104, weil dieser Stamm chromosomal verankerte (also nicht plasmid-gebundene und damit wieder "verlierbare") Resistenz gegen Ampicillin, Chloramphenicol, Streptomycin, Sulfonamide und Tetrazykline besitzt.

Salmonellen sind empfindlich gegenüber Trockenheit und Sonnenlicht. Unter für sie optimalen Bedingungen können sie jedoch bis etwa 9 Monate in der Außenwelt infektionstüchtig bleiben. Den Silierprozeß überleben sie nicht. Heu von Wiesen, die mit kontaminierter Gülle gedüngt wurden, ist ebenfalls ungefährlich, nicht aber Grünfutter.

Die Einschleppung in einen Betrieb geschieht meist über Trägertiere oder über Futtermittel, ist aber auch über Menschen, Vögel (Möwen!), überschwemmtes Weideland und sogar über infizierte Nematodenlarven möglich.
Ein Ausbruch von akuter Salmonellose in einem Rinderbestand bedeutet eine gewaltige Belastung der Umwelt mit Salmonellen, denn jedes infizierte und ausscheidende Tier stellt einen Multiplikator dar. Die Keime könne unter Umständen noch Jahre nach Abklingen von Krankheitserscheinungen überall im Betrieb und seiner Umgebung nachgewiesen werden.
 

Pathogenese:
Nach der üblicherweise oralen Aufnahme hängt der weitere Verlauf  einerseits von der "Ausstattung" der Keime (Toxinbildung, Invasivität), andererseits von der Resistenz und Immunität des Wirtsorganismus ab. Bei entsprechender Pathogenität dringen die Erreger bis zu den Mesenteriallymphknoten vor. Nächste Station ist das RES der Leber, danach wird der große Kreislauf infiziert (Septikämie). Unter "optimalen" Bedingungen kann dieser Prozess sehr rasch ablaufen. So wurden bei neugeborenen Kälbern Salmonellen schon 15 Minuten nach oraler Aufnahme im zentralen Venenblut nachgewiesen.

Eine Sepsis kann bald zum Tode führen (innerhalb von Stunden bis zwei Tage). Beim Überleben kommt es zu akuter Enterocolitis (bei trächtigen Tieren zu Abort) und anschließender Absiedelung der Erreger in Mesenteriallymphknoten, Milz, Leber und besonders Gallenblase. Im Verlauf der  Enterocolitis kann die gastrointestinale Barriere mehr oder weniger stark zerstört werden, was sekundären Infektionen "Tür und Tor öffnet". Unter Umständen kommt es auch ohne klinisch manifeste Krankheitsphase zur Absiedelung mit Dauerausscheidung über Fäzes und Milch. Sepsis betrifft meist junge Tiere und tritt zu Beginn eines Ausbruchs auf.
 

Klinische Erscheinungen:
Die Infektion mit Salmonellen ist nicht mit der klinischen Krankheit Salmonellose gleichzusetzen! Sie kann ein ganzes Spektrum von Konsequenzen haben, das im folgenden der Übersichtlichkeit halber in vier Verlaufsformen zusammengefaßt wird:
- akute Septikämie (mit der Möglichkeit des Abortes bei trächtigen Tieren. Bei S. dublin-Infektionen sind auch Abortserien beschrieben.)
- akute Enterocolitis
- chronische Enterocolitis
- klinisch inapparente Ausscheidung
    - aktive Träger (konstante oder intermittierende Erregerausscheidung mit den Fäzes)
    - latente Träger (persistierende Infektion in den Lymphknoten oder in den Tonsillen
      ohne Ausscheidung. Unter Stress kann klinisch manifeste Krankheit entstehen.)
    - passive Träger (ständige Aufnahme und Ausscheidung des Erregers aus der bzw. in die
      Umwelt ohne Invasion des Wirtsorganismus. Bei Entfernung aus kontaminiertem Milieu
      hört die Ausscheidung auf.)

Die Verlaufsform hängt u.a. von den folgenden Faktoren ab:
- Infektionsdosis und Virulenz der Erreger
- Immunstatus des Wirtsorganismus
    - Kolostrumaufnahme und Antikörperkonzentration im Kolostrum
    - vorheriger Kontakt mit dem Erreger
    - streßbedingte Immundepression (Partus, Transport, andere Krankheit)

Die akute Enterocolitis ist die übliche Verlaufsform bei erwachsenen Rindern: Fieber, starker Durchfall, Tenesmus, Faeces übelriechend mit Fibrin- und Blutbeimengungen, mitunter meterlange regelrechte Darmausgüsse aus Fibrin und/oder Schleimhautablösungen.

Ohne Behandlung sterben bis zu 75 % der Erkrankten. Bei Überlebenden schließt sich manchmal chronische Pneumonie und/oder Polyarthritis an. Daher sollte auch an Salmonellose gedacht werden, wenn ältere Kälber hartnäckige Pneumonien und Durchfall zeigen.

Chronische Enterocolitis:
Intermittierender oder andauernder Durchfall, Abmagerung.
 

Diagnose:
Klinische Verdachtsdiagnose; Sicherung durch BU aus Blut und Kot. Angesichts der weiten Verbreitung von Salmonellen einerseits und des breiten Spektrums der klinischen Verlaufsformen andererseits gibt allerdings auch der Nachweis von Salmonellen aus erkrankten Tieren keine absolute Gewißheit, daß diese Keime (allein) die Ursache für die vorliegende Erkrankung sind.

Das größte Problem besteht im Finden von Ausscheidern. Hierzu wird eine dreimalige BU aus Faeces von allen Rindern eines Bestandes im Abstand von jeweils 14 Tagen sowie bei Kühen auch am Tag der Kalbung empfohlen.
 

Differentialdiagnose:
Sepsis: andere Septikämien, zum Beispiel durch E. coli oder Pseudomonas.
Akute Enterocolitis: verschiedene Vergiftungen (Pflanzen, Arsen), Kokzidiose, Mucosal disease, Winterdysenterie.
Chronische Enterocolitis: Paratuberkulose, Fasziolose
 

Therapie:
Die Indikation für die Anwendung von Antibiotika wird unterschiedlich beurteilt.

Gesichtspunkte:

  • früher Einsatz führt in der Regel zu rascher Besserung und klinischer Heilung
  • Tiere ohne Fieber genesen meist auch ohne antibakterielle Behandlung
  • Antibiotika verlängern die Erregerausscheidung nach klinischer Heilung (in stark infiziertem Milieu mit vielen Ausscheidern ist dieser Gesichtspunkt unbedeutend)
  • insbesondere die orale antibakterielle Massenmedikation hat zu einer erheblichen Zunahme der multiplen Antibiotikaresistenz geführt
  • der Einsatz von antibakteriellen Therapeutika bei einzelnen Tieren sollte auch vom vorherrschenden epidemiologischen Muster abhängig gemacht werden: o.k. bei vorwiegend sporadischen Fällen, fragwürdig bis gefährlich bei Vorherrschen von Massenausbrüchen (weil die bakteriologische Sanierung des behandelten Einzeltieres kaum mit Sicherheit festgestellt werden kann).
  • wenn antibakteriell therapiert werden soll, ist die Anfertigung eines Antibiogramms sehr empfehlenswert
     
    Im Übrigen ist bei Salmonellen-Enterocolitis die symptomatische Behandlung (Flüssigkeitsersatz, Azidosebekämpfung) nicht zu vernachlässigen.
     
  • Prophylaxe:
    Vermeidung der Einschleppung, was sicher leichter gesagt als getan ist. Vakzination: entweder passive Immunisierung der Kälber nach Muttertierimpfung oder aktive Immunisierung durch parenterale oder orale Vakzinierung. Es gibt Lebendimpfstoffe (z.B. ZOOSALORAL) und inaktivierte Impfstoffe.
     

    §:
    Salmonellose ist anzeigepflichtig, ebenso der klinische Verdacht! Das Nähere regelt die Rinder-Salmonellose-Verordnung.
    Bei Menschen besteht Meldepflicht!
     

    PubMed
     
     

    Weiterführende Informationen
     



    Letzte Änderung: 13. 4. 2005

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