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AA-Homepage: EU-Politik: Vertiefung und Erweiterung: Grundrechtecharta

Die Grundrechtecharta der Europäischen Union

Entstehungsgeschichte
Ziel und Inhalt der Charta

Die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission haben zum Auftakt des Europäischen Rats von Nizza am 7. Dezember 2000 die Charta der Grundrechte der Europäischen Union proklamiert. Damit sind die auf Unionsebene geltenden Grundrechte erstmals umfassend schriftlich und in einer verständlichen Form niedergelegt. Die Proklamation ist für die Bundesregierung aber nur Zwischenziel. Im Rahmen des sog. Post-Nizza Prozesses strebt die Bundesregierung gemeinsam mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten die Aufnahme der Charta in die vertraglichen Grundlagen der EU an.

Entstehungsgeschichte

Nach den auf Initiative der Bundesregierung gefassten Beschlüssen des Europäischen Rats in Köln (3./4. Juni 1999) und Tampere (15./16. Oktober 1999) erarbeitete ein Konvent aus den 16 Beauftragten der Staats- und Regierungschefs und des Präsidenten der Europäischen Kommission, 16 Mitgliedern des Europäischen Parlaments, und 30 nationalen Parlamentariern (zwei aus jedem Mitgliedstaat) den Entwurf einer Charta der Grundrechte der EU. Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog wurde auf der konstituierenden Sitzung des Konvents am 17.12.1999 zum Vorsitzenden des Konvents gewählt.

Stellvertretende Vorsitzende waren der Spanier Mendez de Vigo (Gruppe der Abgeordneten des Europäischen Parlaments), der Finne Jansson (Gruppe der Abgeordneten der nationalen Parlamente), und der Vertreter der jeweiligen EU-Präsidentschaft (der Finne Nikula, der Portugiese Bacellar de Vasconcellos und der Franzose Braibant). Der Deutsche Bundestag war durch MdB Prof. Meyer (SPD) bzw. dessen Stellvertreter im Konvent, MdB Peter Altmaier (CDU), der Bundesrat durch den Minister für Europaangelegenheiten des Landes Thüringen, Jürgen Gnauck, bzw. dessen Vertreter, der frühere Landesminister für Europaangelegenheiten Niedersachsens, Dr. Wolf Weber, vertreten.

Nach neun Monaten intensiver Debatten im Konvent und breitgefächerter Anhörungen gesellschaftlicher Gruppen, der Beitrittsländer und maßgeblicher Institutionen billigte der Konvent in seiner feierlichen Abschlusssitzung am 2. Oktober den Entwurf der Charta. Die Öffentlichkeit war über Veranstaltungen, Medien und Internet und zahlreiche schriftliche Eingaben aktiv beteiligt. Auch die Vertreter des Europäischen Gerichtshofs, des Europarats und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begrüßten den Entwurf als mitberatende Beobachter ausdrücklich (Dokumentation). Das Bundeskabinett nahm am 11. Oktober den Chartaentwurf zustimmend zur Kenntnis.

Der Europäische Rat (Biarritz 13./14. Oktober) und das Europäische Parlament (14. November) erklären ihre Zustimmung. Der Deutsche Bundestag (28. November) und der Bundesrat (1. Dezember) verabschiedeten jeweils Anträge, die die Charta begrüßen und ihre Aufnahme in die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union empfehlen.

Ziel und Inhalt der Charta

Die Charta enthält die auf Ebene der Union geltenden Grundrechte, die bisher nur als allgemeiner Verweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Vertrag genannt werden (Art 6 Abs. II Vertrag über die Europäische Union). Damit werden die Grundrechte für den Einzelnen transparenter. Zugleich werden Identität und Legitimität der Europäischen Union gestärkt.

Mit ihren sechs Kapiteln (Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und justizielle Rechte) fasst die Charta die allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte und die wirtschaftlichen und sozialen Rechte in einem überstaatlichen Dokument zusammen. Ein weiteres Kapitel regelt die sog. "horizontalen Fragen", d.h. die Regeln, die querschnittsartig für alle Grundrechte gelten (Adressaten der Grundrechte, Grundrechtsschranken, Verhältnis zu anderen Grundrechtsgewährleistungen, insbesondere zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Missbrauchsverbot). Die Charta enthält auch neue Formulierungen, z.B. das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen (Art. 3), Datenschutz (Art. 8), Rechte der Kinder (Art. 24) sowie das Recht auf eine gute Verwaltung (Art. 41). Insgesamt ist eine klare und verständliche Formulierung der Rechte gelungen. Dazu trug auch die Zusammenfassung der Schranken in einer horizontalen Bestimmung (Art. 52) bei.


Lexikon





Links zum Thema

Der Konvent zur Zukunft Europas
Rat der Europäischen Union
Grundrechtscharta der Europäischen Union, PDF-Datei, 94 KB
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