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Redner: |
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Merkel, Dr. Angela |
Funktion: |
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MdB, Vorsitzende der CDU Deutschlands; Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Deutscher Bundestag, Berlin |
Land/Organisation: |
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Deutschland |
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Rede auf der XL. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik
07.02.2004
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor einem Jahr trafen wir uns hier in München zum Höhepunkt der Irak-Krise. Wir haben monatelange Spannungen in der
Atlantischen Gemeinschaft erlebt, Europa war uneins und gespalten. Die Folge war Unfähigkeit zum gemeinsamen Handeln.
Heute, ein Jahr später, ist das Saddam-Regime im Irak gestürzt. Der Diktator ist gefasst.
Und trotzdem lassen uns die alten Fragen nicht los: War die militärische Auseinandersetzung am Ende wirklich
alternativlos? Gab es Massenvernichtungswaffen im Irak? Westliche Demokratien können diesen Fragen nicht ausweichen, ob
sie wollen oder nicht. In den USA und in Großbritannien werden unabhängige Kommissionen eingesetzt, die das Maß an
Zuverlässigkeit der Informationen untersuchen sollen.
Wenn diese Untersuchungen am Ende auch nur einen winzigen Beitrag dazu leisten, das Vertrauen der Menschen in politische
Entscheidungsprozesse stärken zu helfen, dann haben sie sich schon gelohnt. Wenn sie aber dazu führen, dass sie vom Kern
ablenken, um den es beim Konflikt um den Irak ging, dann wäre das bedauerlich.
Denn es ging und geht im Kern um die Auseinandersetzung zwischen Demokratien und Despoten, zwischen freien
Gesellschaften und Bedrohungen des 21. Jahrhunderts. Und es geht darum, welche Haltung wir in dieser Lage und in dieser
Zeit in Europa und zwischen Europa und Amerika einnehmen und wie wir uns als Demokratien Autorität verschaffen. Eine
Autorität auch, die erforderlich ist, um UN-Resolutionen durchzusetzen.
Bundesaußenminister Fischer hat im November vergangenen Jahres in einer, wie ich finde, wichtigen Rede zum Thema "Europa
und die Zukunft der transatlantischen Beziehungen" an der Princeton University u. a. Folgendes gesagt - ich zitiere:
"Eine der beliebten Gruselfragen der politischen Publizistik lautet gegenwärtig: Ist der Westen am Ende? Ich meine
dazu klar und eindeutig: Nein! Der Westen" - so Herr Fischer weiter - "wäre nur dann am Ende, wenn die transatlantische
Gemeinschaft mangels gemeinsamer Interessen keine Zukunft mehr hätte, und Europa und Amerika getrennte Wege gingen.
Unsere Interessen gebieten uns aber exakt das Gegenteil." - Ende des Zitats.
Ich stimme Außenminister Fischer zu. Der Westen ist nicht am Ende. Unsere Werte sind aktueller denn je: Menschenrechte,
Gleichberechtigung von Frau und Mann, Rechtsstaat, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Toleranz, Demokratie. Unsere
Werte stellen den einzelnen Menschen über Ideologien. Sie sind unverrückbar, allen Rückschlägen, Enttäuschungen und
Tiefpunkten zum Trotz. Aber um sie durchzusetzen, müssen wir unsere Interessen klar definieren.
Es gibt erfolgreiche Beispiele. Im Kosovo konnten Amerika und Europa einen Völkermord gemeinsam verhindern. Stabilität
in der Region ist gut für die Menschen vor Ort, aber auch für das sich einigende Europa insgesamt. Das Taliban-Regime
in Afghanistan wurde unter Führung der USA gestürzt, nicht zuletzt Deutschland leistet heute einen wichtigen Beitrag zum
Aufbau des Landes, freie Wahlen stehen ins Haus. Eine andere Regierung ist gut für die Menschen vor Ort, aber baut auch
ein Bedrohungspotential für uns in Europa und Amerika ab. Libyen, Syrien und Iran erkennen teilweise die Zeichen der
Zeit und beginnen bei der Eindämmung möglicher Massenvernichtungswaffen zu kooperieren. Das irakische Volk ist auf einem
zwar schweren, aber vor nicht allzu langer Zeit noch kaum vorstellbarem Weg zu Selbstbestimmung und Demokratie.
Öffnungsprozesse dieser Art können ein Mosaikstein im so schwierigen Friedensprozess des gesamten Nahen Ostens sein,
aber sie bauen auch Bedrohungspotenziale für uns in Europa und Amerika ab.
So wird er sichtbar, der Zusammenhang von Werten und Interessen. Anders gesagt: Unsere Interessen sind wertegeleitet.
Aber mehr noch, der Westen ist wirklich nicht am Ende. Europa und Amerika beginnen, ihre Gräben, ihre Sprachlosigkeit zu
überwinden. Bundeskanzler Schröder wird den amerikanischen Präsidenten Bush noch in diesem Monat treffen. Washington
bittet die UNO und die europäischen Partner um Unterstützung beim Aufbau des Irak. Die früheren Kriegsgegner machen sich
daran, die Nachkriegsordnung im Irak mitzugestalten - bei der Schuldentilgung, durch humanitäre Hilfe oder in Form von
Angeboten, an der Stabilisierung und am Wiederaufbau des Landes mitzuwirken. Auch über ein mögliches Engagement der NATO
auf Wunsch einer frei gewählten Regierung im Irak im Rahmen einer UN-Resolution wird diskutiert. In einem solchen Fall
darf sich Deutschland der Anforderung nicht verschließen. Ich kann mir als Lehre aus dem letzten Jahr nicht vorstellen,
dass Deutschland z.B. seine 30 NATO-Offiziere aus dem Hauptquartier Mönchengladbach zurückzieht, wenn es in den Irak
verlegt wird. Daran wird sich erweisen, welches Gewicht der von uns begrüßten Aussage des Bundeskanzlers beizumessen
ist, er werde NATO-Entscheidungen nicht blockieren.
Das sind gute, hoffnungsvolle Entwicklungen. Also Ende gut, alles gut?
Ich mahne zur Vorsicht. Wir müssen die Frage noch einmal anders stellen, und zwar mit Blick in die Zukunft. Der
stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang Schäuble hat deshalb sein jüngstes Buch auch nicht
mit der Frage "Ist der Westen am Ende" überschrieben. Er hat seinem Buch den Titel "Scheitert der Westen?" gegeben.
Diese Frage ist nicht nur sprachlich anders gestellt als die vorherige, sie meint auch mehr. Sie bezieht sich auf die
zukünftige Entwicklung und sie ist deshalb auch schwieriger zu beantworten.
Denn die Wahrheit ist konkret. Also fragen wir konkret: Könnte sich so etwas, was zwischen Amerika und Europa und
innerhalb Europas im Irak-Konflikt geschehen ist, wiederholen? Wie verhindern wir, dass es sich wiederholt? Das zu
klären, ist die eigentliche Nagelprobe für die transatlantischen Beziehungen, deren Perspektiven wir hier heute ja beraten.
Dabei lohnt meines Erachtens ein Blick in die im letzten Jahr erschienene Autobiographie der früheren amerikanischen
Außenministerin der Clinton-Administration, Madeleine Albright. Zu Beginn des Kapitels "Im Duell mit Diktatoren"
schreibt Frau Albright in ihrem Buch - ich zitiere: "Die zentrale außenpolitische Zielsetzung lautet, Politik und
Handeln anderer Nationen so zu beeinflussen, dass damit den Interessen und Werten der eigenen Nation gedient ist. Die
zur Verfügung stehenden Mittel reichen von freundlichen Worten bis zu Marschflugkörpern." - Ende des Zitats. Noch
einmal, das ist kein Zitat z. B. von Minister Rumsfeld, sondern von Frau Albright, das aber nur am Rande bemerkt.
Im Grunde ist es eine verblüffend einfache Definition - den Interessen und den Werten der eigenen Nation dienen und
dabei alle Mittel in Betracht ziehen. Aber es ist auch eine Definition, die aus meiner Sicht nicht nur für die
amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik Gültigkeit haben muss, sondern auch Maßstab einer europäischen Außen- und
Sicherheitspolitik sein sollte, besser: sein muss.
Wenn wir also in diesem Sinne unseren Interessen und Werten dienen wollen, dann muss Europa
erstens wachsam gegenüber den neuen Bedrohungen sein, denen die freien und offenen Gesellschaften
ausgesetzt sind. Freie Gesellschaften sind in vielfacher Weise bedroht:
- Wirtschaftlich durch Instabilität in großen Regionen der Welt mit entsprechenden Folgen für den Welthandel.
- Im Hinblick auf die innere Sicherheit durch die Gefahr von Terrorangriffen im eigenen Land; zumindest aber durch die
Tatsache, dass Fundamentalisten und Terroristen ganz offenbar längst in unseren Städten agitieren und
operieren.
- Im Hinblick auf die äußere Sicherheit durch die mögliche Verbindung von Terrorismus und der Proliferation von
Massenvernichtungswaffen. Diese haben den Charakter von Vorbeugung und Verteidigung wesentlich verändert. Es handelt
sich um den größten qualitativen Wandel seit der Erfindung der Nuklearwaffe vor über einem halben Jahrhundert.
Der Irak-Konflikt zeigt bis heute exemplarisch, wie schwer sich europäisches Denken tut, in dieser Welt neue Maßstäbe
für erlaubte Gegenwehr zu finden.
Zweitens muss Europa sich über sein Selbstverständnis als Europäische Union klar werden - ich betone
als "Union", die ab 1. Mai dieses Jahres um 10 mittel- und osteuropäische Staaten erweitert sein wird. Das zu leisten
ist Sinn und Zweck eines europäischen Verfassungsvertrages. Das Scheitern des EU-Gipfels im vergangenen Jahr hat Europa
hierbei leider ein Stück zurück geworfen. Dennoch: Der Weg dahin ist alternativlos. Ohne eine europäische Verfassung
hätte Europa keine Zukunft. Sie schafft Klarheit der Kompetenzen. Sie ermöglicht Einigkeit. Sie wird deshalb auch
kommen, mit ein wenig Glück vielleicht sogar noch vor den Europawahlen im Juni. Und sie wird Europa nicht gegen Amerika
in Stellung bringen, denn jeder vernünftige Mensch in Europa weiß, auch das haben die europäischen Erfahrungen des
Irak-Konflikt gelehrt: Ein gemeinsames und geschlossenes Europa kann und wird es nicht gegen Amerika geben.
Es gilt aber auch noch ein Weiteres: Nur wenn Europa einig ist, kann es für die USA ein echter Partner für
multilaterales Vorgehen in globalen Sicherheitsfragen sein. Denn auch das bleibt wahr: Auch die größte Supermacht wird
auf Dauer auf verlässliche Partner und ein internationales Regelwerk angewiesen sein. Wer aber für den multilateralen
Weg wirbt, der darf wie Deutschland nicht als erstes selbst den multilateralen Weg ausschließen und Europa in eine tiefe
Zerrissenheit stürzen.
Europa hat erste Konsequenzen daraus gezogen. Der Europäische Rat hat im Dezember die von Javier Solana vorgelegte
Europäische Sicherheits-Strategie [ESS] verabschiedet - leider erst nach der Irak-Krise. In ihr werden die neuen
Bedrohungen unserer Zeit systematisch benannt und Konsequenzen für die Ausrichtung der europäischen Außen- und
Verteidigungspolitik gezogen. Dazu gehört ein Bekenntnis zu einem breiten Instrumentarium zur Krisenbewältigung, das
auch militärische Mittel als ultima ratio einschließt. Niemals wieder dürfen Forderungen der internationalen
Staatengemeinschaft, wie sie z. B. für den Irak zuletzt in der UN-Resolution 1441 festgelegt wurden, im Grunde wie ein
Papiertiger erscheinen. Nur Entschlossenheit und Geschlossenheit der freien Gesellschaften können Despoten und
totalitäre Regime beeindrucken. Alles andere schwächt und schadet uns.
Drittens müssen die internationalen Institutionen gestärkt werden.
Die schon angesprochene ESS setzt sich eine Stärkung der UNO und die Weiterentwicklung des Völkerrechts zum Ziel. Sie
bleibt allerdings unklar bei der Frage, wie das Völkerrecht vor dem Hintergrund qualitativ neuer Bedrohungen
fortzuentwickeln ist. Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre - auf dem Balkan, in Afrika und im Mittleren Osten - haben
gezeigt, dass die Prinzipien der staatlichen Souveränität, der territorialen Integrität und das völkerrechtliche
Interventionsverbot als alleinige Ordnungsparameter nicht oder nicht mehr ausreichen. Meine Partei hat daraus
Konsequenzen gezogen. Bereits im vergangenen Jahr haben wir in einem Vorstandsbeschluss festgehalten - ich zitiere:
"Weil Recht auf Selbstverteidigung einschließlich Nothilfe und Interventionsverbot zur Sicherung von Frieden und
Stabilität nicht mehr ausreichen, muss das Völkerrecht behutsam weiterentwickelt werden. Wenn dabei der
Souveränitätsbegriff an Ordnungskraft verliert, wird die Legitimation durch völkerrechtlich geregelte
Entscheidungsverfahren noch wichtiger." - Ende des Zitats. [Beschluss des CDU-Bundesvorstandes vom 28. April 2003
"Die außenpolitischen Interessen Deutschlands: Stabilität durch Partnerschaft und Vertrauen"]
Dies ist ein klares Bekenntnis, alles daran zu setzen, multilaterales Vorgehen zu legitimieren. In diesem Sinne wird,
auch wenn uns das heute noch schwer vorstellbar erscheint, die UNO als der Ort der Entscheidungen an Bedeutung zunehmen.
Die ESS setzt sich aber nicht nur eine Stärkung der UNO zum Ziel. Mit ihr wird vor allem auch anerkannt, dass neue
europäische Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen nicht als Alternative oder gar als Gegengewicht zu den USA
definiert werden.
Deshalb muss eine EU-Verteidigungskomponente unmittelbar mit den NATO-Strukturen verzahnt sein. Reibungsverluste müssen
vermieden werden. Das heißt: kein eigenständiges militärisches Hauptquartier aufbauen, um Unabhängigkeit unter Beweis zu
stellen, sondern so bald wie möglich den vollen europäischen Beitrag zur NATO-Response-Force bereitstellen. Schon heute
kann die europäische Säule der atlantischen Allianz ihren Nutzen durch die Übernahme eigenständiger Aufgaben unter
Beweis stellen, wie es zum Beispiel in Mazedonien bereits der Fall ist.
Noch wirkungsvoller für die Stärkung des transatlantischen Zusammenhalts ist die Bewährung der NATO in konkreten
Handlungsfeldern. Das Engagement der Allianz in Afghanistan ist dabei ein ermutigendes Beispiel.
Wenn wir unseren Interessen und Werten dienen wollen, müssen wir viertens Außenpolitik als Weltinnenpolitik
verstehen. Weltinnenpolitik umfasst weit mehr als Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Globalisierung ist dabei das
Schlüsselwort. Ob es der Klimaschutz ist, die Welthandelsordnung, die immer weiter fortschreitende Digitalisierung, die
Bekämpfung des Hungers, weltweite Naturkatastrophen, Artenschutz, die Eindämmung der Kinderarbeit und vieles mehr - im
Ergebnis geht es nur um eins: darum, dass wir eine faire Teilhabe aller am sozialen, wirtschaftlichen,
wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Fortschritt ermöglichen. Die Globalisierung hat Risiken, wie wir alle
wissen, aber sie hat auch unendlich viele Chancen. Ihre Alternative ist Isolation, und das ist keine Alternative im 21.
Jahrhundert.
Meine Damen und Herren, was bedeutet all das für uns in Deutschland? Welche wertegeleiteten Interessen haben wir und was
müssen wir tun, um diesen gerecht zu werden?
- Deutschland ist das größte Land in der EU. Man erwartet von uns Engagement, Verlässlichkeit und Führung. Ein
"deutscher Weg" ist immer der falsche Weg. Das Setzen auf unterschiedliche Partner von Fall zu Fall zerstört die
transatlantischen Beziehungen und die europäische Integration gleichermaßen. Es läuft deutschen Interessen zutiefst
zuwider.
-
Die Fähigkeiten der Bundeswehr müssen an der Analyse der Bedrohungen und an den Bündnisverpflichtungen ausgerichtet
werden. US-Präsident Bush hat vor ziemlich genau einem Jahr vor dem japanischen Parlament gesagt, er sei davon
überzeugt, dass das 21. Jahrhundert das "pazifische Jahrhundert" sein werde. Und er wies darauf hin, dass Amerika eine
"pazifische Nation" sei. Es wird also klar, dass die Amerikaner sich nicht zwangsläufig auf Europa konzentrieren. Es ist
deshalb auch unser Interesse, dass Europa als wichtiger Partner wahrgenommen wird. Und warum erwähne ich das an dieser
Stelle? Weil uns das auf unterschiedliche Kräfte auch innerhalb Europas hinweist. Frankreich und Großbritannien verfügen
über starke eigene sicherheitspolitische Fähigkeiten, Deutschland nicht. Deutschland muss daher seinen Verteidigungsetat
in Richtung des Durchschnitts der europäischen Nato-Staaten anpassen. Eine dauerhafte Diskrepanz der
Verteidigungsinvestitionen vergrößert ansonsten die technologische Lücke zu unseren Bündnispartnern weiter in
unverantwortlicher Weise. Deutschland muss zudem angemessene Kräfte für weltweite Einsätze im Rahmen von
NATO-Response-Force und EU-Eingreiftruppe bereithalten. Um handlungsfähig zu sein, müssen wir durch ein
Parlamentsbeteiligungsgesetz sicherstellen, dass diese auch schnell abrufbar sind.
Auslandseinsätze der Bundeswehr werden zunehmen. Die Verteidigung unserer Interessen und unserer Sicherheit muss im 21.
Jahrhundert weltweit erfolgen. In diesem Zusammenhang findet in Deutschland zurzeit eine intensive politische und
öffentliche Debatte über die Wehrpflicht statt. Würde sich der Auftrag der Bundeswehr auf Auslandseinsätze allein
beschränken, würde das das Festhalten an der Wehrpflicht nicht mehr rechtfertigen. Unsere Streitkräfte haben aber neben
den weltweiten Einsätzen noch eine weitere Aufgabe: die Verteidigung unseres Landes, den Heimatschutz. Meine Partei wird
gerade mit Blick auf diese doppelte Aufgabe, mit Blick auf eine funktionierende Heimatverteidigung auch in Zukunft für
die Beibehaltung der Wehrpflicht in Deutschland werben. Deutschland braucht eine umfassende Sicherheitsstrategie - hier
stehen wir erst am Anfang unserer Bemühungen.
- Schließlich wird Deutschland als größtes Land Europas seinen außen- und sicherheitspolitischen Beitrag für eine
Weltinnenpolitik im umfassenden Sinne nur dann wirkungsvoll leisten können, wenn unsere Wirtschaftskraft insgesamt
deutlich stärker wird. Wir brauchen wirtschaftliches Wachstum aus eigener Kraft, das Deutschland und Europa voranbringt
und nicht hemmt. Ich möchte, dass Deutschland im Rahmen der europäischen Integration und bei der Neugestaltung der
transatlantischen Beziehungen wieder als Motor der Entwicklung angesehen wird und nicht als Bremsklotz oder
Schlusslicht.
Meine Damen und Herren, in Deutschland gibt es in diesem Jahr viele regionale Wahlen in Ländern und Kommunen. Nicht
wenige fürchten, dass diese Wahlen und die mit ihnen verbundenen Wahlkämpfe dazu führen, dass das Jahr 2004 für weitere
wirtschaftliche und soziale Reformen ein verlorenes Jahr sein wird. Ich bin nicht so pessimistisch. Ich bin es deshalb
nicht, weil es schon die Menschen sein werden, die uns Politikern das nicht durchgehen lassen werden, ob wir nun in der
Regierung oder in der Opposition sind.
Aber auch außenpolitisch und im transatlantischen Verhältnis sollten wir alles daran setzen, dass 2004 kein verlorenes
Jahr wird - trotz der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni, trotz des Rückschlages bei der Verabschiedung eines
europäischen Verfassungsvertrages, trotz der Wahlen in Russland in wenigen Wochen und in den USA im November. Es darf
kein verlorenes Jahr werden, die Probleme und Herausforderungen dulden keinen Aufschub - Israel und Palästina, Irak,
Iran, Nordkorea, die Zukunft Afrikas und vieles, vieles mehr. Wenn wir uns vornehmen, unsere Werte und Interessen
tatsächlich ernst zu nehmen und für sie einzutreten und das auch noch geschlossen, dann wird der Westen nicht nur nicht
scheitern, dann können sich Verwerfungen wie die im Irak-Konflikt im transatlantischen Verhältnis auch so nicht
wiederholen. Dann haben wir vielmehr sogar einen kleinen, bescheidenen Beitrag für mehr Frieden und Freiheit für unsere
neue Weltordnung geleistet.
Das erfordert aber den Mut, sich den Herausforderungen zu stellen und nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Wir haben
alle Chancen, beim nächsten großen Konflikt als "der Westen" eine bessere Figur zu machen. Ob es gelingt, die Chancen zu
nutzen, wird die Geschichte zeigen.
Es gilt das gesprochene Wort! |
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