Material für den Geschichtsunterricht am Städtischen Louise-Schroeder-Gymnasium in München

Geschichte Japans .

fruehgeschichichte Hochkulturen Antike Mittelalter Entdeckungen 1517-1648 1648-1789 1789-1849 1815-1890 Imperialismus 1. Weltkrieg 1918-1939 2. Weltkrieg Kalter Krieg nach 1990
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Kriegsschuldfrage Beurteilung
Arbeitsauftrag:

Untersuchen Sie folgende Texte von Historikern. Welche politischen Tendenzen werden durch die Aussage zur Kriegsschuldfrage erkennbar. An welchen Punkten sind Unterschiede fest zu machen? Welche Fakten sind umstritten? Wieso kommt es eigentlich zu diesem Streit, welche Bedeutung hat er? Ihre Ergebnisse bitte in den Klassenordner K12\Daten\Geschichte\K-schuldfrage

1961 Der Historiker Fritz Fischer (1961)
Bei der angespannten Weltlage des Jahres 1914, nicht zuletzt als Folge der deutschen Weltpolitik - die 1905/06, 1908/09 und 1911/12 bereits drei gefährliche Krisen ausgelöst hatte -, mußte jeder begrenzte (lokale) Krieg in Europa, an dem eine Großmacht unmittelbar beteiligt war, die Gefahr eines allgemeinen Krieges unvermeidbar nahe heranrücken. Da Deutschland den österreich-serbischen Krieg gewollt, gewünscht und gedeckt hat und, im Vertrauen auf die deutsche militärische Überlegenheit, es im Jahre 1914 bewußt auf einen Konflikt mit Rußland und Frankreich ankommen ließ, trägt die deutsche Reichsführung einen erheblichen Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch eines allgemeinen Krieges. Diese verringert sich auch nicht dadurch, daß Deutschland im letzten Augenblick versuchte, das Verhängnis aufzuhalten: denn die Einwirkung auf Wien geschah ausschließlich wegen der drohenden Intervention Englands, und auch dann wurde sie nur mit halben, verspäteten und sofort widerrufenen Schritten unternommen.
Aus: Fischer, F., Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/1918, Düsseldorf 1961, S. 97
 
1981 Der Historiker Wolfgang J. Mommsen (1981)
Die verantwortlichen Staatsmänner [...] wagten es gar nicht erst, den öffentlichen Erwartungen hinsichtlich der Aussichten einer Verwirklichung imperialistischer Ziele entgegenzuwirken, weil sie fürchteten, dass sie dann des Defätismus(4) [Miesmacherei] oder Pazifismus geziehen würden. Angesichts der Tatsache, dass sie keine ausreichende politische Basis im Reichstag besaßen und ihnen die Kontrolle über die traditionellen Machtträger innerhalb des Kaiserreiches, insbesondere des Offizierkorps, die Hofgesellschaft und die preußische Bürokratie, zunehmend entglitten war, verfügten sie auch gar nicht über die politischen Möglichkeiten, um der steigenden Flut nationalistischer Erwartungen wirksam entgegenzutreten. [...] Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht überraschend, dass sich die deutsche Regierung im Juli 1914 [...] eigentlich gegen die eigene Überzeugung für einen politischen Kurs entschied, der nach Bethmann Hollwegs Eingeständnis "einem Sprung ins Dunkle" gleichkam und den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unvermeidlich machte.

(4) hier: Mutlosigkeit, Hoffnungslosigkeit
Aus: Mommsen, W. J., Der autoritäre Nationalstaat, Frankfurt (Fischer) 1990, S. 211
1991 Der Historiker Thomas Nipperdey (1991)
Der Krieg, die deutsche Kriegsbereitschaft und die Krisenpolitik waren nicht eine Folge des deutschen Systems. [...] Auch in den parlamentarischen Ländern waren Kriegsbereitschaft und Kriegsentscheidung einerseits Sache der Exekutive, und überall spielten die Militärplanungen eine bedeutende und verhängnisvolle Rolle. [...] Zwei Dinge gelten für alle (und diese Gemeinsamkeit bewirkt ein Stück weit den Eindruck vom blinden Verhängnis): Alle glaubten sich in der Defensive, und alle waren kriegsbereit. Alle überschätzten die eigene existenzielle Bedrohung, alle unterschätzten den kommenden Krieg. [...]
Der Krieg kam, weil alle oder einige am Frieden verzweifelten, nicht weil alle oder einige zum Krieg unter allen Umständen entschlossen waren. Und wenn man die Spielräume, die Entscheidungsfreiheit der Handelnden bedenkt, so haben alle Anteil an der Zuspitzung der Krise, wenn auch unterschiedlich an dem Scheitern der Krisenbewältigung, an dem Ende des Friedens. Darum sprechen wir vom Ausbruch, nicht von der Entfesselung des Ersten Weltkrieges.
Aus: Nipperdey, Th., Deutsche Geschichte 1866 - 1918, Bd. II, München (Beck) 1992, S. 696f.
   
2002 Stefan Schuch

1999

Internetseite zur Weimarer Republik
http://home.t-online.de/home/d-nix/weimar/weim03/weim305.htm

Allein schuld ?
Der naheliegenden Frage zur Berechtigung derart harter Kriegsfolgen für die Verlierer Deutschland und Österreich wurde mit der Behauptung einer deutschen Alleinschuld am Ersten Weltkrieg begegnet. Der Wortlaut des Artikels 231:
"Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben."
Daß diese moralische Behauptung in so offenkundiger Verbindung mit materieller Bereicherung der Sieger auf Kosten der Verlierer stand, entzog dieser Moral in der deutschen öffentlichen Meinung jedoch ihre Grundlage. Dem Kriegsschuldvorwurf stehen zudem objektive Fakten entgegen.

Spannungsbogen
Hinter den Spannungen standen alte gesamteuropäische Streitigkeiten, deren Symptome einen Bogen spannen von der Ermordung des serbischen Königspaares 1903 durch rußlandorientierte Offiziere, bis zur österreichischen Annektion Bosniens 1908, der Marokko-Krise 1906-1911, ständigen Streitigkeiten über die Flottenrüstung zwischen Deutschland und England, hin zu insgesamt drei Balkankriegen unter fünf Staaten von 1912-1913. In diesem Raum war der Spannungsherd, da die nördliche Regionalmacht Österreich-Ungarn sowie die südliche Macht, das Osmanische Reich (Türkei), jeweils gerade im Zerfallsprozeß standen und die entsprechenden Aasvögel anlockten. In dieser kritischen Zeit hatte Kaiser Wilhelm seine politische Instinktlosigkeit während eines Interviews mit dem Daily Telegraph 1906 überzeugend demonstriert und Vorurteile gegen Deutschland gefördert.

Kriegsauslöser
Direkter Auslöser der Konfrontation war ein Mordanschlag auf den Habsburger Thronfolger Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajewo (Bild). Der Täter Gavrilo Princip gehörte zum Geheimbund "Schwarze Hand", der seine Anweisungen vom Obristen im serbischen Generalstab Dimitrjewitsch erhielt, vermutlich in Absprache mit dem russischen Gesandten Hartwig in Belgrad. Serbien verfolgte mit Terroranschlägen gegen den österreichischen Staat das Ziel einer Destabilisierung, um selbst führende Macht auf dem Balkan zu werden. Unterstützt wurde Serbien von Rußland, sowohl aus panslawischem Nationalismus als auch aus eigenen Interessen.

Motive
Deutschland und Österreich waren führende Kontinentalmächte, die alle eigenen Gebietsansprüche bereits durchgesetzt und aus einem Konflikt nichts zu gewinnen hatten.
Ganz anders bei ihren späteren Kriegsgegnern:
- Serbien hatte Gelüste auf Bosnien, das Österreich 1908 annektiert hatte;
- Rußland wünschte sich mit Serbien als Balkanmacht einen botmäßigen, von seiner eigenen Größe abhängigen Verbündeten, der auch Rußland mehr Einfluß in diesem Raum verschafft;
- Frankreich hatte noch Ansprüche gegen Deutschland aus seiner Kriegsniederlage 1870/71;
- England sah seinen Frieden im Zwist auf dem Kontinent, es fürchtete jede dominante Macht in Zentraleuropa, insbesondere die zunehmenden Marinerüstung und überseeische Kolonialaktivitäten Deutschlands.
Der bröckelnde Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn wurde durch ständige Gewaltakte zur Verteidigung seiner territorialen Integrität gegen den russisch-serbischen Expansionismus gezwungen und Kaiser Wilhelm war der Überzeugung: "unser eigenes Lebensinteresse erfordert die unversehrte Erhaltung Österreichs."

Urlaubsreif
Österreich stellte nach dem Attentat am 23. Juli 1914 ein Ultimatum an Serbien, worin Maßnahmen gegen die anti-österreichische Propaganda in Serbien verlangt wurden. Der deutsche Kaiser reagierte zurückhaltend auf die österreichischen Pläne für Repressalien, da "wir mit allen Mitteln dagegen arbeiten müssen, daß sich der österreichisch-serbische Streit zu einem internationalen Konflikt auswächst." Er befürwortete den Plan, durch einen Balkanbund den Störenfried Serbien diplomatisch zu isolieren. Selbst die taktierenden serbischen Winkelzüge auf das österreichische Ultimatum befand Wilhelm als befriedigend und als moralischen Erfolg, größer als man ihn erwarten konnte, jeder Kriegsgrund sei daher fortgefallen. Im Vertrauen darauf, daß Frankreich dies ebenso sieht und während eines ohnehin geplanten Staatsbesuchs Ende Juli mäßigend auf Rußland einwirkt, gingen Wilhelm und seine Armeeoberbefehlshaber im Krisensommer 1914 wie jedes Jahr in Urlaub, es wurden keine Anordnungen für einen Konfliktfall erlassen.

Sektlaune ?
Doch auf dem bewußten französisch-russischen Treffen vom 21. bis 23. Juli in St. Petersburg ging es nicht um Frieden, sondern um das Gegenteil: Man schwelgte in Sekt und Eroberungslaune. Die russische Großfürstin Anastasia verkündete:
"Der Krieg wird ausbrechen ... von Österreich wird nichts mehr übrigbleiben ... Frankreich wird sich Elsaß und Lothringen zurückholen ... unsere Armeen werden sich in Berlin vereinigen ... Deutschland wird vernichtet werden."
Der russische Außenminister Sasonow war es, der nach dem französischen Staatsbesuch am 24. Juli 1914 erstmals öffentlich aus der Balkankrise den Schluß zog: "Dies ist der europäische Krieg".
 

Bündnismechanik
Tatsächlich aber ging es doch lediglich um einen Machtkonflikt zwischen Österreich und Serbien, der zur Kriegserklärung Österreichs führte (28. Juli). Nur setzte sich damit ein Räderwerk der Bündnisse in Gang:
- Rußland, im Bündnis mit Serbien, Generalmobilmachung gegen Österreich (30. Juli),
- Deutschland, im Bündnis mit Österreich, erklärt Rußland den Krieg (1. August),
- Frankreich, im Bündnis mit Rußland, Generalmobilmachung gegen Deutschland (1. August),
- Deutschland erklärt Frankreich deshalb den Krieg (3. August),
- England, im Bündnis mit Frankreich erklärt somit Deutschland den Krieg (4. August).

Merkwürdige Logik
Die seit der Versailler Zeit herrschende Ansicht besagt, daß diese Bündnismechanik und damit der Erste Weltkrieg ganz einfach verhindert worden wären, wenn Kaiser Wilhelm als einziger aller Beteiligten seine Bündnispflicht mißachtet hätte. Dann - so die Spekulation - hätte Österreich den serbischen Mordanschlag auf seinen Thronfolger nicht rächen und alleine keinen Krieg führen können. Diese erstaunliche Logik ist aber auch auf die anderen Bündnisse anwendbar wobei
- das Bündnis mit Rußland Serbien zu Terroranschlägen gegen Österreich verleitete,
- das Bündnis mit Frankreich Rußland zum Krieg gegen Österreich verleitete,
- das Bündnis mit England Frankreich zum Krieg gegen Deutschland verleitete.
Daß Wilhelm Wort und Vertrag nicht brach, sondern das tat, was auch alle anderen taten, wird dennoch bis heute als Rechtfertigung für den Vorwurf seiner Alleinschuld am Krieg genannt.

Hineingeschlittert
Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg stellt der britische Premierminister Lloyd George (Bild rechts) unter Einbeziehung der eigenen Person fest:
"Keiner der führenden Männer jener Zeit hat den Krieg wirklich gewollt. Sie schlitterten gewissermaßen hinein, oder besser: sie taumelten und stolperten hinein, vielleicht aus Torheit."

Kriegsschuldlüge
Der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg (Bild) blickte auf die Weimarer Republik und die Kriegsschuldfrage zurück :
"Die Niederlage im Ersten Weltkrieg war ein Schock. Aber der eigentliche, der unüberwindliche Schock war die Unterschrift deutscher Politiker unter die Lüge, Deutschland sei alleinschuldig am Kriege gewesen. Diese Kriegsschuldlüge hat uns zutiefst erbittert".

 

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Georg Franz-Willing: Kriegsschuldfrage der beiden Weltkriege

Der Begriff "Kriegsschuld" entstand mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Die große Völkerkatastrophe führte dazu, daß die am Beginn beteiligten Großmächte und Staaten "Farbbücher" veröffentlichten, um dokumentarisch ihre Unschuld zu beweisen und die Schuld dem Gegner anzulasten. Die alliierte Propaganda, vornehmlich von England weltweit organisiert, verstand es, im Laufe des Krieges ihren Standpunkt, das heißt die "Unschuld" der Alliierten und die Alleinschuld der deutschen Mittelmächte erfolgreich in der ganzen Welt durchzusetzen. In der von ihnen geschaffenen "Friedensordnung" verankerten sie mit dem Kriegsschuldparagraphen des Versailler Diktats die Alleinschuld der Besiegten und vergifteten mit dieser Lüge die politische Atmosphäre der Nachkriegszeit. Die Besiegten wurden dadurch aus der Völkergemeinschaft ausgestoßen und zu Menschen und Nationen zweiter Klasse erniedrigt. Aus einem derart vergifteten politischen Klima konnte nur neues Unheil erwachsen. "Das eben ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortzeugend stets Böses muß gebären." (Schiller)

Daher war der Zweite Weltkrieg die zwangsläufige Folge der "Friedensordnung" der Sieger von 1918. Die Siegermächte des Weltkrieges, die USA, das Britische Weltreich, Frankreich und Italien, tragen mit den von ihnen den Besiegten aufgezwungenen "Friedensverträgen" von Versailles, St. Germain und Trianon die Verantwortung für die Entwicklung nach dem Kriege und für die Entstehung eines Zweiten Weltkrieges. Die USA sind die Hauptverantwortlichen für die Entwicklung zum Zweiten Weltkrieg.

Die zweigeteilte Weltherrschaft zwischen Amerika und der Sowjetunion, die Zerstörung Europas und der europäischen Ordnung waren das Werk der amerikanischen Politik. Natürlich wurde wieder den Besiegten die Alleinschuld angelastet. Das Deutsche Reich wurde zerstört, dem deutschen Volk damit seine staatliche Existenz genommen und ein Sklavendasein aufgezwungen. Es gibt daher bis heute keinen Friedensvertrag mit Deutschland. Die von den Besatzungsmächten eingerichteten Verwaltungsapparate "Bundesrepublik Deutschland" und "Deutsche Demokratische Republik" waren Werkzeuge der Weltmachtpolitik der Sieger der beiden Supermächte Amerika und Sowjetrußland.

Die besiegten Nationen, vor allem Deutschland und Japan, wurden durch Umerziehung und Vergangeneitsbewältigung einer totalen Gehirnwäsche unterworfen und gezwungen, durch Selbstbezichtigung das Geschichtsbild der Sieger zu übernehmen und sich dem geistigen Diktat zu unterwerfen. Die Siegermächte tragen mit dem totalen Sieg auch die totale Verantwortung für die Nachkriegsordnung.

 

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