Berichte für die Flüchtlingsrückkehr
Kanton 1: Unsko-Sanski
Bosanski Petrovac (FBuH)
Bericht 
Bevölkerung 

2. Bevölkerung

2.1    Struktur

Die Opcina BOSANSKI PETROVAC ist heute größtenteils von Bosniaken besiedelt. Deren Zahl hat durch den Zuzug von Vertriebenen deutlich zugenommen. Nahezu alle bosnischen Serben haben den Verwaltungsbezirk im Verlaufe des Krieges verlassen oder wurden durch die neue Grenzziehung zu Bürgern der REPUBLIKA SRPSKA. Die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur nach den Angaben der Gemeindeverwaltung zeigt das folgende Schaubild. Allerdings muß hier auch die Verringerung des Territoriums um ca. 145qkm berücksichtigt werden.

Ethnie

1991

1998

davon Vertriebene

Bosniaken

3.288

6.963

5.014

Bosnische Serben

11.694

474

230

Bosnische Kroaten

46

17

14

Angehörige anderer Ethnien

593

1

1

G E S A M T

15.621

7.455

5.259

Die Opcina nahm während des Krieges etwa 5.000 bosniakische, und 230 bosnisch-serbische Flüchtlinge auf. Die Opcina hat des weiteren 179 Flüchtlinge aus dem KOSOVO aufgenommen1. Die Mehrzahl der bosniakischen Vertriebenen sieht mittlerweile keine Möglichkeit mehr, in ihre Heimatregionen zurückzukehren. Die Flüchtlinge haben sich darauf eingestellt, auf Dauer in BOSANSKI PETROVAC zu bleiben2.

Über die Anzahl der Menschen, die während des Krieges aus BOSANSKI PETROVAC flohen, liegen keine genauen Angaben vor. Die Mehrzahl der in der Tabelle genannten, fast 11.700 bosnischen Serben, die vor dem Krieg in der Opcina siedelten, lebten im Süden des damaligen Verwaltungsbezirkes. Dieser bildet heute die selbständige Opš tina BOSANSKI PETROVAC (RS). Aber auch im Norden von BOSANSKI PETROVAC befanden sich einige überwiegend serbisch besiedelte Dörfer. Sie wurden während des Krieges von ihren Besitzern verlassen. Insgesamt flohen mehrere tausend Menschen, viele von ihnen in die RS (vornehmlich nach BOSANSKI PETROVAC RS, DERVENTA und BANJA LUKA), aber auch in die Länder der EUROPÄISCHEN UNION.

 

2.2. Einstellungen und Voraussetzungen für die Aufnahme von Rückkehrern

Die Aufnahme von mehr als 5.000 Menschen seit 1995 hat dazu geführt, daß der zentrale Teil der Opcina mit BOSANSKI PETROVAC-Stadt dicht besiedelt ist. Demgegenüber sind die nördlichen Geländeabschnitte in der ZOS aufgrund der latenten Minengefahr und der Zerstörung der Häuser praktisch unbewohnbar.

Schon die hohe Bevölkerungsdichte in BOSANSKI PETROVAC begrenzt die Rückkehrmöglichkeiten für Flüchtlinge und Vertriebene. Besondere Beachtung verdient außerdem der Umstand, daß es zwischen den eingesessenen Bosniaken und den Rückkehrern immer wieder zu Spannungen und Konflikten kommt. Dies führen die Behörden auf einen unterschiedlichen sozialen Hintergrund der beiden Gruppen sowie auf Mentalitätsunterschiede zwischen den Bewohnern von BOSANSKI PETROVAC und den Kriegsflüchtlingen zurück, die aus unterschiedlichen und teilweise weit entfernten Gegenden von BuH stammen3.

Alle Rückkehrer müssen sich bei der Opcinabehörde melden. Nach Angaben der Gemeindeverwaltung ist für Flüchtlinge und Vertriebene der Nachweis einer Wohnung notwendig. Dies gilt nicht nur für Binnenflüchtlinge, die vor dem Krieg in anderen Teilen von BuH siedelten, sondern auch für Einwohner der Opcina BOSANSKI PETROVAC, die in ihre Heimat zurückkehren möchten4. Die eigene Erkundung zeigte, daß sich die Opcina gegen finanzielle Belastungen abzusichern sucht. Von Verwandten der Rückkehrer wird eine schriftliche Erklärung gefordert, daß für die Unterbringung der Antragsteller Sorge getragen wird. Darüber hinaus muß sich die Familie verpflichten, für alle Kosten aufzukommen, welche die Rückkehrer verursachen könnten5. Die Gemeindeverwaltung beruft sich dabei auf ein Gesetz vom 17. Juli 1998, das angeblich die Rückkehr von Kriegsflüchtlingen einschränkt.

Rückkehrer, die keinen unbewohnten Wohnraum in BOSANSKI PETROVAC nachweisen können, werden nicht in BOSANSKI PETROVAC aufgenommen. Die Gemeinde begründet dies mit ihrer Verpflichtung, nach den gültigen Gesetzen von BuH, Ersatzwohnraum für solche Einwohner zu stellen, deren Wohneinheiten von Rückkehrern beansprucht werden. Dieser Vorgabe kann die Opcina nicht genügen, weil zur Zeit kein Wohnraum zur Verfügung steht. Wohnraum wird vom lokalen Büro des Ministeriums für Flüchtlinge und Vertriebene vergeben. Die Behörde betreut nach Angaben der Opcinaverwaltung insgesamt 1.397 Wohneinheiten auf dem Gebiet der Opcina. Diese Objekte sind jedoch mittlerweile alle belegt. Untermietverträge sind lediglich im Falle der Aufnahme von Verwandten zulässig6.

Die Gemeindeverwaltung macht den Zuzug weiterer Rückkehrer von internationaler Hilfe für die Opcina abhängig. Dies gilt vor allem für Angehörige der bosnisch-serbischen Ethnie. Nachdem bislang aber weder Finanzmittel noch Pläne für ein derartiges Hilfsprojekt vorhanden sind, ist dieses Statement wohl eher in den Bereich der politischen Absichtserklärungen einzuordnen, als daß hier tatsächlich der Wille zum Ausdruck käme, bosnische Serben in BOSANSKI PETROVAC aufzunehmen. Ansprüche auf Eigentum können noch bis zum 04. April 1999 geltend gemacht werden7.

Die früher in der Opcina gelegenen Flüchtlingslager sind mittlerweile alle aufgelöst. Rückkehrer wurden jedoch während des Krieges auch in Bewahranstalten für alte und mittellose Menschen, sowie Schulen untergebracht. Dort leben sie teilweise bis heute unter schwierigen bis schlechten Bedingungen. Die Unterstützung, die das Ministerium für Flüchtlinge und Vertriebene gewährt, reicht nicht für den täglichen Bedarf8. Ausweichquartiere fehlen. Das einzige Hotel der Opcina, sowie das Kulturheim, das hierfür in Frage käme, sind durch Kriegsschäden nur mehr teilweise benutzbar.

Rückkehrer erhalten humanitäre Unterstützung durch das Rote Kreuz und werden medizinisch im Dom zdravlja der Opcina betreut. Bei der Versorgung mit Hilfsgütern gibt es nach Angaben der Vertreter des Roten Kreuzes Probleme. Die Mittel, die für die Bewältigung der Kriegsfolgen zur Verfügung gestellt worden seien, seien mittlerweile verbraucht. Betreut werden heute in erster Linie alte Menschen oder solche Familien, deren Ernährer dem Krieg zum Opfer fielen. In der Opcina ist angeblich die Ablösung des Roten Kreuzes durch eine Vertretung der moslemischen Hilfsorganisation Roter Halbmond geplant. Eine Zusammenarbeit zwischen Rotem Kreuz und Rotem Halbmond findet statt, ebenso gibt es Absprachen mit der Hilfsorganisation CARITAS9.

 

Zusammenfassung: Die Integration von beinahe 5.000 in BOSANSKI PETROVAC lebenden bosniakischen Kriegsflüchtlingen bereitet den Behörden nach wie vor Probleme. Arbeitsplätze und Wohnraum für zusätzliche Rückkehrer stehen nicht zur Verfügung. Die Gemeindeverwaltung handhabt vor diesem Hintergrund die Registrierung von Rückkehrern restriktiv und macht sie entweder vom Nachweis einer Wohnung oder von entsprechenden Bürgschaften bereits in der Opcina ansässiger Familienangehöriger abhängig. Für Rückkehrer, welche die Kantonsbehörden noch für das laufende Jahr angekündigt haben, wurde von der Gemeinde Baugrund zur Verfügung gestellt. Finanzmittel für die notwendigen Wohneinheiten fehlen jedoch. Trotz einer im Landesvergleich guten wirtschaftlichen Gesamtsituation ist insgesamt die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Menschen äußerst begrenzt. Abgelehnt wird die Aufnahme bosnischer Serben. Vermutlich teilt die Mehrheit der Bevölkerung den Standpunkt der Opcinaverwaltung.


1 Angaben der Opcinaverwaltung, September 1998
2
Gespräch mit dem Vorsitzenden des Opcinarates, September 1998
3
Gespräch Polizeistation BOSANSKI PETROVAC, September 1998.
4
RIC, Registrierung im UNNA-SANA Kanton/Kanton 1, 29.04.1998.
5
Ergebnis eigener Erkundung, September 1998.
6
Angaben der Opcinaverwaltung, September 1998
7
Dieser Termin wurde vom OHR für die gesamte FBuH festgelegt.
8
Ergebnis eigener Erkundung, September 1998.
9
Gespräch mit dem Sektretär des Roten Kreuzes, September 1998.