25.05.2005
Schorndorfs Moschee festlich eingeweiht
(mk) - Am vergangenen Wochenende wurde die Moschee der islamischen Gemeinde im Hammerschlag eingeweiht. Die Schorndorfer Stadtkapelle spielte zuerst die türkische und dann die deutsche Nationalhymne. Dies war der ,Startschuss" für die Festlichkeiten. Zwei Tage lang feierten Türken und Deutsche, Christen und Muslime die Einweihung der neuen Moschee. Letztendlich haben sie eines gemeinsam, sie sind Einwohner von Schorndorf, dazu muss man in der Daimlerstadt nicht geboren sein.
Vor vier Jahren hatte man bereits mit einem großen Fest den Grundstein gelegt, inzwischen hat das Gotteshaus schon längst seine Bewährungsprobe mit Erfolg bestanden. Die hellen und großzügigen Räume, die die Architekten Mustafa Yazice, Saban Yazici und Michael Verheyen konzipiert haben, sind gleichzeitig auch das Gemeindezentrum der Schorndorfer Muslime.
Das Einweihungsfest besuchten hunderte von Gläubigen, denen die Freude ins Gesicht geschrieben stand. Ab der Bauknecht Straße kam man nur noch zu Fuß zur Moschee. Geparkt wurde hinunter bis zur Rems. Für Ramazan Aydinöz, den Vereinsvorsitzenden der islamischen Gemeinde Schorndorfs stand fest, dass dies ein besonders glücklicher Tag für alle sei. Mit der Moschee habe man nun einen Ort, an dem man mit Respekt miteinander umgehe und die jungen Leute ihre Religion und ihre Traditionen kennenlernen können. Er, so Aydinöz weiter, lege großen Wert auf die Offenheit und Transparenz dieses Hauses und dies nicht nur im architektonischen Sinne: "Wir wollen für die ganze Gesellschaft und alle Schorndorfer offen sein."
Die Begriffe Liebe und Toleranz standen bei fast allen Rednern im Mittelpunkt.
Mit den Worten: „Moscheen sind gesegnete Orte mit dem Auftrag zu versuchen, die Menschen von Schlechtigkeiten abzuhalten", begrüßt Imam Muhammet Azak die zahlreich erschienenen Besucher.
Die Grüße und Glückwünsche im Namen der Stadt Schorndorf zur glücklichen Vollendung des Bauwerks überbrachte Schorndorfs Oberbürgermeister Winfried Kübler: „In unserer Stadt leben Christen und Moslems schon seit vielen Jahrzehnten zusammen. Nicht immer ohne Spannungen, aber im Großen und Ganzen in einem recht ausgeprägten Einvernehmen." Die wirtschaftliche Entwicklung dieser aufstrebenden Region um Stuttgart habe einst dazu geführt, dass mit dem damit verbundenen Arbeitskräftebedarf viele Menschen, darunter auch zahlreiche Moslems, nach Baden-Württemberg gekommen sind. „Nun leben sie schon viele Jahre, zeitweise Jahrzehnte hier, mitten unter uns. Sie haben aber nicht nur ihre Arbeitskraft mitgebracht, sondern ihre Familien, ihre Sitten, Bräuche und auch ihre Religion. Dass sie diese auch in unserem Land in einem angemessenen Rahmen praktizieren dürfen, das gehört zu den elementaren Menschenrechten in Deutschland. Dieses Recht ist verbrieft in Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik. Dieser Passus entstand in einer Zeit, als die Schrecken der Nazi-Diktatur und die Folgen der Missachtung der Menschenrechte noch frisch im Gedächtnis der Menschen eingeprägt waren. Dieser Artikel gibt der freiheitlichen und rechtsstaatlichen Ordnung unseres Staates den Auftrag, die ungestörte Religionsausübung für jedermann zu gewährleisten."
In diesem Sinne haben auch die Stadtverwaltung und der Gemeinderat ihre Zustimmung zum Bau dieser Moschee gegeben. Schließlich leben in Schorndorf über 1.300 Angehörige des muslimischen Glaubens. Natürlich, so das Stadtoberhaupt weiter, könne man nicht die Augen davor verschließen, dass in vielen Teilen der Welt aufgrund religiöser Spannungen und Auseinandersetzungen Probleme bestehen, ja sogar Kriege geführt würden. „Es sind dies aber Eiferer, Fundamentalisten und Radikale, die für solche Ausschreitungen und den Terrorismus verantwortlich sind. Sollen deshalb aber alle vernünftig, tolerant und menschenfreundlich Denkenden resignieren? Wir setzen hier in Schorndorf die friedliche Koexistzenz solchen extremistischen Strömungen entgegen. Wir riskieren das friedliche Miteinander, eine Formulierung, die ich ganz bewusst wähle."
So manch einer der christlichen Mitbürger, die Vorbehalte, Zweifel oder Ängste geplagt hatten, konnte inzwischen, wenn auch nicht überzeugt, so doch beruhigt werden. Die Tatsache, so Kübler weiter, dass den christlichen Kirchen in islamischen Staaten kaum Entfaltungsmöglichkeiten geboten würden, werde immer wieder angesprochen. Dies sei aber hierzulande nicht anders gewesen, was ein Blick nur wenige Jahrhunderte zurück in so manche Stadtgeschichte beweisen würde. Kübler zitierte aus Band 3 der Geschichte der Stadt Stuttgart: "Im Herzogtum Württemberg blieb auch im 18. Jahrhundert der katholische Kultus streng verboten".
Dass natürlich angesichts der fundamentalistischen und radikalen Strömungen im Islam, die ja gerade in den letzten Jahren eskalierten, sicherlich der eine oder andere Mitbürger besorgt ist, solle nicht verschwiegen werden. Aber auch in dieser Hinsicht würde eine Verweigerungshaltung gegenüber unseren moslemischen Mitbürger nicht helfen, sondern eher das Gegenteil bewirken. „Das praktizierte Miteinander lässt auch gute Hoffnungen für die Zukunft zu."
Irme Schaber, Vertreterin des Schorndorfer Bündnisses gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, schenkte der islamischen Gemeinde ein Gästebuch, damit sich alle künftigen Gäste in dieses eintragen können. Neben den vielen Vertretern aus benachbarten islamischen Gemeinden, gehörten zu den prominenten Besuchern auch Volkshochschulchef Klaus Peter Sperr, Pfarrer Thomas Österle, Stadtpfarrer Steffen Kaupp, der Vorsitzende des Deutschen Sportbundes, Rainer Brechtken und mehrere Vertreter des Gemeinderats.