WIESBADEN, 17.08.06 (dpa) -
Polizeiliche Ermittler haben am Donnerstag Durchsuchungen in Niedersachsen und Thüringen bei einem deutschen Arzt durchgeführt, der im Verdacht steht, in den spanischen Doping- Skandal um den Mediziner Eufemiano Fuentes verwickelt zu sein. Die Durchsuchungen hätten zum Auffinden umfangreicher Beweismittel geführt, heißt es in einer Mitteilung des Bundeskriminalamtes. Die Staatsanwaltschaft Göttingen leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Arzt wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz ein.
Am
Donnerstag wurden in Niedersachsen und Thüringen zeitgleich das
Wohnhaus sowie der Arbeitsplatz eines deutschen Arztes von Kräften
des Bundeskriminalamtes (BKA), der zuständigen Staatsanwaltschaft Göttingen
und externen Sachverständigen durchsucht. Dabei wurden umfangreiche
Beweismittel gefunden, deren Auswertung noch andauert.
Wie das BKA in einer
Presseerklärung mitteilte, leitete die Staatsanwaltschaft Göttingen
am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren gegen den beschuldigten
deutschen Arzt wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz ein und
beauftragte das BKA mit den Ermittlungen. Der Beschuldigte steht im
Verdacht, Arzneimittel, die dem Arzneimittelgesetz unterliegen, zu
Dopingzwecken im Sport in den Verkehr gebracht zu haben (Vergehen,
strafbar gem. § 95 Abs. 1 Nr. 2a Arzneimittelgesetz).
Das Verfahren ist auf Grund von Erkenntnissen des
Bundeskriminalamtes und spanischer Behörden im Zusammenhang mit
dortigen Ermittlungen gegen den in Spanien ansässigen Arzt und
mutmaßlichen Lieferanten von Dopingmitteln, Eufemiano Fuentes,
eingeleitet worden. Im Rahmen dieser Ermittlungen war der Verdacht
aufgekommen, dass es sich bei einem der Zulieferer der Dopingmittel
an Fuentes um den Beschuldigten handeln könnte.
«Um 8.30 Uhr begannen die Ermittlungen des BKA im Privatbereich
unseres Mitarbeiters», bestätigte die Verwaltungsleiterin der
der betroffenen Helios-
Klinik Bleicherode
der dpa. «Wir unterstützen diese Ermittlungen,
die natürlich ergebnisoffen sind. Hier steht ein Vorwurf im Raum. Ob
er zutrifft, ist Sache der ermittelnden Behörden», sagte sie. Der
betroffene Arzt lehnte ein Statement zu den gegen ihn erhobenen
Vorwürfen ab.
Nach Recherchen der ARD ist der Arzt als deutscher Komplize des
Dopingnetzwerks von Fuentes identifiziert worden. Er soll den
bisherigen Ermittlungen zufolge jener Mann sein, der Medikamente für
Dopingzwecke illegal aus Deutschland für die Spanier beschafft hat.
Zu den Adressaten in Spanien soll die Ehefrau von Fuentes, Christina
Perez, gehört haben. Die ehemalige Leichtathletin, die in ihrer
Karriere einen positiven Dopingtest aufwies, soll als Anlaufstelle in
Spanien für den Dopingring ihres Ehemannes gedient haben.
Medikamente, die der Beschuldigte nach Spanien verschickt haben
soll, wurden bei Manolo Saiz, dem Direktor des Profiradteams Liberty
Seguros, sichergestellt. Dabei handelte es sich unter anderem um das
Präparat Synacthen aus deutscher Produktion, das neben anderen
Effekten die Eigenproduktion von Kortison im Körper stimuliert.
Synacthen war bei Razzien im Kofferraum von Saiz gefunden worden. Die
Polizei in Spanien vermutet, dass auch in Deutschland ein Ärztering
zahlreiche Sportler mit Dopingsubstanzen versorgt.
Der Klinik-Konzern Helios hat sich derweil bestürzt
über die Ermittlungen im Rad-Doping-Skandal gezeigt. Der Sprecher der
Kliniken, Region Thüringen/Hessen, Johann Peter Prinz, sagte am
Donnerstag dem MDR 1 Radio Thüringen, die Ermittlungen gegen einen
Klinik-Mitarbeiter seien «ein Imageschaden» für den Konzern. Ob die Klinik
Konsequenzen ziehen und sich von dem Arzt trennen müsse, sei noch
offen. «Für eine solche Entscheidung ist es noch zu früh», sagte
Prinz. Der Konzern wolle abwarten, was die Ermittlungen erbrächten.
Prinz teilte als Sprecher des Klinik-
Konzerns Helios am Abend in einer Erklärung mit: «Die laufenden
Ermittlungen betreffen den Privatbereich eines Mitarbeiters unserer
Klinik. Sie stehen in keinerlei Beziehung zu den medizinischen oder
sonstigen Leistungen unseres Hauses. Der Mitarbeiter ist derzeit
beurlaubt. Nach unmittelbar von uns eingeleiteten Untersuchungen gibt
es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die medizinische Infrastruktur
unseres Hauses genutzt wurde.»
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