BLAESHEIM, 29.06.06 (dpa) -
Jan Ullrich versuchte einen kleinen Scherz, um
die etwas angespannte Situation zu lockern. «Bin ich Weltmeister
geworden», fragte er am Mittwoch Fernseh-Reporter, Journalisten und
Fotografen, die seine Ankunft im T-Mobile-Team-Hotel im beschaulichen
Blaesheim im Elsaß in großer Zahl abgewartet hatten und Neues zum
mutmaßlichen Dopingfall hören wollten. Seine Freundin und zukünftige
Ehefrau Sara, eine große Sonnenbrille vor den Augen, war längst im
Drei-Sterne-Hotel «Au Boeuf» verschwunden, als sich Ullrich zu
einigen Sätzen aufraffte.
«Ich habe mit den Spekulationen einer spanischen Tageszeitung
nichts zu tun. Ich habe einen Anwalt eingeschaltet», sagte der 32-
jährige T-Mobile-Kapitän, der von «El País» in Zusammenhang mit der
spanischen Doping-Affäre um die Mediziner Eufemiano Fuentes und
Merino Batres gebracht worden war. Einen DNA-Test zu erbringen, der
leicht beweisen könnte, dass die ihm von der Zeitung zugeschriebenen
Blutbeutel aus einer Madrider Praxis nicht von ihm stammen, schloss
er nicht aus: «Darüber werde ich mit meinem Anwalt sprechen - wenn
dann frühestens nach der Tour. Ich bin ja nirgends angeklagt.» Eine
offensive Aufklärungs-Politik in eigener Sache sieht anders aus.
"Für keinen die Hand ins Feuer legen"
«Im Vorjahr der Sturz durch die Heckscheibe kurz vor dem Start -
jetzt das. Ich würde mir mal einen Tour-Auftakt ohne
Unvorhergesehenes wünschen», sagte Kommunikationsleiter Christian
Frommert, der seinen Job bei T-Mobile 2005 antrat. Für den von ihm
vertretenen Sponsor stellte der Ex-Journalist noch ein Mal klar: «Ich
kann für keinen meine Hand ins Feuer legen. Ullrich und Pevenage
haben uns versichert, die Anschuldigen aus El País sind unbegründet
und wir haben keinen Anlass zum Zweifel. Sollte sich die Beweislage
ändern, werden wir entsprechend handeln.» Vertragsinhalte bei allen
Teams ist die sofortige Kündigung bei nachgewiesenem Doping.
Er habe in seiner «Karriere noch nie betrogen», betonte Ullrich,
der in der Vergangenheit mehrmals eine «lebenslange Sperre» für
überführte Doper forderte. Er werde sich ab sofort zu dem Fall nicht
mehr äußern und wolle sich jetzt «auf meinen Höhepunkt Tour de France
konzentrieren. Das bin ich meinem Team und meinen Fans schuldig.»
Nach dem Rücktritt des Seriensiegers Lance Armstrong scheint die
Chance auf seinen zweiten Toursieg nach 1997 in diesem Jahr groß.
"Man schämt sich manchmal"
Ullrichs ehemaliger Team-Kollege Erik Zabel, der jetzt für die
deutsch-italienische Konkurrenz Milram arbeitet, sprach in der ARD
von einem «Flächenbrand, der nicht mehr zu löschen» sein könnte.
Zabel: «Man schämt sich manchmal, dass man diesen Sport betreibt.»
Der frühere Ullrich-Helfer Jörg Jaksche fuhr am Donnerstag krank nach
Hause. Seine Diagnose: «Schwerer Magen- Darm-Infekt.» Der Name des
Ansbacher Profis aus dem «Astana-Würth»-Team hatte auch zu
Mutmaßungen über eine Verstrickung in den Doping-Skandal gedient.
«Ich kann nur noch ein Mal versichern: Ich habe damit nichts zu tun»,
sagte Jaksche bei seiner Abreise aus Straßburg.
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