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Klimawandel und Natur
  Natur und Klimawandel
Veränderungen beim Klima und die möglichen Auswirkungen auf Schleswig-Holsteins Umwelt

Schleswig-Holstein - Land zwischen den Meeren vor allem vom klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels betroffen. Schleswig-Holstein - als Land zwischen den Meeren vor allem vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen.
Verändertes Klima?
Ungewöhnlich milde Winter ohne Schnee und Eis werden mittlerweile von vielen als Hinweise auf den Klimawandel gedeutet. Aber auch häufiger auftretende, extreme Wetterereignisse wie stärker werdende Stürme, reichhaltigere Niederschläge oder auch lang anhaltende Trockenzeiten kennzeichnen zunehmend das Wettergeschehen der letzten Jahre in unserem Land.

Für Nord- und Ostsee werden u.a. bedingt durch das Abschmelzen des polaren Eises und der Gletscher drastische Änderungen erwartet: Die Küste der beliebten Ferieninsel Sylt im Wattenmeer muss bereits heute mit teuren Sandvorspülungen stabilisiert werden, soll die Insel dauerhaft erhalten werden. "Die Zukunft der Meere - zu hoch, zu warm, zu sauer" lautet die Prognose des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen WBGU, der sich im Jahr 2006 im Rahmen eines Sondergutachtens mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Meere beschäftigt hat. Für Schleswig-Holstein mit seiner rd. 1.200 km langen Küstenlinie stellt der Anstieg des Meeresspiegels eine besondere wirtschaftliche und ökologische Herausforderung dar.

Auswirkungen auf die Natur?
Doch welche Auswirkungen haben milde Winter wie der jetzige auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt? Leiden Tier- und Pflanzenarten in Schleswig-Holstein bereits jetzt unter dem zu warmen, feuchten Winter? Gibt es bei uns aber auch Profiteure dieser Entwicklung?

 
 
Wespenspinne Profitiert vom Klimawandel - mediterrane Wespenspinne
Reaktionen bereits erkennbar
Tatsächlich können wir bei einigen Arten Reaktionen auf die Klimaveränderung beobachtet:
  • Zugvögel wie die Mönchgrasmücke, vor allem aber Teilzieher wie Star oder Rotkehlchen bleiben vermehrt im Land und fliegen nicht nach Süden. Auffallend ist die große Zahl an Kiebitzen, Goldregenpfeifern und Nonnengänsen, die statt das Land zu verlassen in Winter an der Westküste in den Naturschutzkögen ausharren.
  • Zugvögel wie unsere Weißstörche kehren früher aus dem Überwinterungsgebiet zurück. Statt nach Afrika zu ziehen, suchen einige bereits auf den Müllkippen und in den Reisfeldern Spaniens nach Nahrung.
  • Vogelarten wie die Schellente, aber auch einige Standvögel wie Kleiber und Meisen, besetzen ihre Reviere zeitig und beginnen mit der Eiablage immer früher.
  • Überwinternde Insekten wie Nachtfalter und manche Marienkäferarten werden zwischenzeitig bei entsprechender Witterung frühzeitig aktiv.
  • Eigentlich mediterrane Arten wie die Wespenspinne, ursprünglich nur im Mittelmeerraum und in klimatisch bevorzugten Regionen wie dem Oberrheingraben beheimatet, sind wie manche südliche Libellen- und Käferarten längst in Schleswig-Holstein angekommen.
  • Miesmuscheln, wichtige Nahrungsquelle für Austernfischer und Tauchenten, können sich im Wattenmeer nicht mehr erfolgreich fortpflanzen und drohen, auszusterben. Dafür breitet sich die eingeführte Pazifische Auster, der man eine dauerhafte Ansiedlung wegen der harten Winter bei uns nicht zugetraut hat, immer weiter aus - mit bislang kaum abschätzbaren Folgen für das sensible Ökosystem Wattenmeer.
  • Höhere und häufigere Sommerhochwasser bedrohen die Brutplätze der Küstenvögel etwa auf der vom NABU betreuten Vogelinsel Trischen im Dithmarscher Wattenmeer. Ein Abwandern ist aber für sie kaum möglich, da für die Kolonien beutegreifer- und sturmflutsichere Lebensräume in Küstennähe fehlen.
  • Möglicherweise sind die verstärkten Probleme von Badegästen mit Cercarien (Badedermatitis) an manchen Seen auch klimabedingt. Die nach Norden gerichtete Ausbreitung der für den Menschen gefährlichen Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis, übertragen von Zecken, geht ebenfalls einher mit dem Klimawandel.
 
 
Kranich Kraniche halten länger an den mitteleuropäischen Rastplätzen aus
Negativ oder positiv?
Ob der Klimawandel in der Summe in Schleswig-Holstein langfristig generell negative oder positive Auswirkungen auf Lebensräume, Flora und Fauna hat, ist letztlich noch ungewiss. Ob und wie einzelne Arten davon betroffen sind, lässt sich derzeit erst in Ansätzen abschätzen. Dazu notwendige, detaillierte Untersuchungen und ein darauf abgestimmtes Monitoring fehlen noch. Ob weitere Arten nach Schleswig-Holstein einwandern können, hängt ganz wesentlich von der Qualität des Schutzgebietssystems als Trittstein für die Wanderung ab.

Wie wirkt der Klimawandel?
Für die Beurteilung von zentraler Bedeutung sind zunächst die direkt wirkenden Veränderungen. Folgende klimatische Rahmenbedingungen werden von den Klimaforschern für unser Land für die Zukunft prognostiziert und wirken in Schleswig-Holstein in der Folge auf die Natur:
  • Zunehmende, längere Sommertrockenheit
  • Länger anhaltende Überstauungen des Bodens nach Starkregenereignissen, bedingt durch höhere Niederschlagsmengen
  • Ausbleiben von Eis, Schnee und Frost, d.h. mildere Winter.
 
 
Buchenhochwald Buchenhochwald
Sommertrockenheit
Von trockenen, warmen Sommern profitieren Arten, die wie die Wespenspinne oder einige Libellen- und Käferarten ursprünglich aus dem Süden kommen und wanderfähig sind. Ihnen sagt das Klima zu. Sie können hier dauerhaft heimisch werden, vorausgesetzt, sie finden passende Lebensräume vor. Die Trockenheit im Sommer verhindert bei manchen Insektenarten die sommerliche Larvalentwicklung: Eine zu geringe Feuchtigkeit lässt manche Larven bzw. Raupen absterben, die Entwicklungsstadien anderer Arten finden sich jedoch mit solchen Bedingungen gut ab. Manche heimische Vogelart, deren Erfolg beim Brutgeschäft stark vom Wetter abhängig ist, kann von einer Erwärmung dann profitieren, wenn gleichzeitig die Nahrungsbasis für die eigenen Jungvögel erhalten bleibt oder sich sogar verbessert. Ob der auch für Schleswig-Holstein typische, charakteristische Buchenhochwald langfristig bei uns erhalten bleibt, ist wegen des vergleichsweise hohen Wasserbedarfs der Rotbuche fraglich. Die Fichte, als nichtheimischer Brotbaum der Forstwirtschaft bei uns angepflanzt, wird wegen der klimatischen Begünstigung des Borkenkäfers und der großen Vorschädigung wohl nicht bestehen können. Dafür finden Kiefern bessere Voraussetzungen vor. Da die forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes sehr langfristig agieren muss, sind bereits heute bei Neupflanzungen Anpassungen bei der Artenwahl notwendig.

 
 
Erdkroete Erdkröte
Vermehrte Niederschläge
Eier, Puppen, Raupen und Larven vieler Insekten, aber auch erwachsene Tiere können im Winter bei lang andauernden, hohen Wasserständen im Boden abgetötet werden. Sie ersticken, da der notwendige Sauerstoff für sie nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Durch die hohe Feuchtigkeit steigt zudem die Gefahr der Verpilzung deutlich an.

Schwindender Vorteil kälteangepasster Arten
An Kälte angepasste Arten ertragen deshalb die unwirtliche Temperatur besser, weil ihr Enzymstoffwechsel nur unter diesen Bedingungen optimal funktioniert. Diese Arten werden aufgrund der Konkurrenz bei milder Witterung von ökologisch unspezifischen Arten verdrängt, deren Stoffwechsel sonst an diesem Standort der Kälte nicht standhalten kann. Dieser Aspekt hat eine besonders hohe Relevanz für den Naturschutz, da hiervon typische in Schleswig-Holstein verbreitete Spezialisten betroffen sein könnten, die bei uns am Rande ihres Verbreitungsgebietes leben. Dazu zählen Insektenarten wie die Hochmoor-Mosaikjungfer Aeshna subarctica, die Wasserkäferarten "Nordischer Tauchschwimmer" Agabus fuscipennis und die Art Hydroporus morio, die überwiegend ein nordisch-sibirisches Verbreitungsbild aufweisen und bei uns vor allem in Hochmooren oder Moorwäldern zu Hause sind. Der extrem seltene, kältetolerante Laufkäfer Miscodera arctica ist bei uns ein Bewohner flechtenreicher, atlantischer Heiden. Ob er in Schleswig-Holstein überlebt, ist fraglich.

 
 
Schwalbenschwanz Arten wie der Schwalbenschwanz könnten vom Klimawandel profitieren. Ihnen fehlt in der ausgeräumten Landschaft heute jedoch weitgehend der Lebensraum.
Gerät die Natur aus dem Takt?
Die Entwicklung vieler Insekten verläuft synchron, erwachsene Tiere schlüpfen zur selben Zeit, so dass eine erfolgreiche Partnersuche gewährleistet ist. Zu warmes Wetter im Winter veranlasst jedoch manche Individuen, verfrüht zu schlüpfen. Die Partnersuche bleibt etwa bei einem erneuten Wintereinbruch dann erfolglos. Bei manchen Insekten schlüpfen die Männchen zeitversetzt vor den Weibchen. Auch hier kann bei einer Wetterverschlechterung der Schlupf der Weibchen unvollständig sein oder gar ausbleiben.

Nicht bestätigt haben sich bislang Befürchtungen, dass Amphibien bei milder Witterung im Winter verfrüht zur Laichwanderung aufbrechen. Zwar wird das Verlassen des Winterquartiers durch die Witterung beeinflusst, jedoch nur innerhalb eines gewissen zeitlichen Rahmens im Frühjahr. Fledermäuse scheinen mehr ihrer inneren Uhr zu folgen, auch wenn einzelne Arten im Winter Quartierwechsel vollziehen können.

Bereits seit längerem diskutiert werden Auswirkungen auf die Vogelwelt: Standvögel brüten früher und besetzen so wichtige Ressourcen wie Nistplätze, während Zugvögel zu spät am Brutplatz eintreffen und dann benachteiligt sind. Entsprechend sinken seit Jahren die Bestände von ziehenden Singvögeln, während viele Standvögel positive Bestandstrends zeigen. Strenge Zugvögel wie der Mauersegler, Vogel des Jahres 2003, verlassen den Brutplatz bereits zu Zeiten, wenn bei uns noch Sommer ist. Sie kommen umgekehrt zu bislang kaum veränderten Terminen wieder ins Brutgebiet zurück.

 
 
Miesmuschel Miesmuscheln - klimabedingt vom Aussterben bedroht
Große Wissensdefizite
Es bleibt jedoch festzustellen, dass das Wissen über klimabedingte Änderung in der Natur oftmals unzureichend ist. Langfristige Beobachtungen und praxisbezogene Forschungsprojekte gibt es dazu in Schleswig-Holstein nicht. So bleibt die Beurteilung und Einordnung von beobachteten Phänomenen meist eher spekulativ.

Aufgrund dieser Situation fordert der NABU ein Monitoring und Gefährdungsanalysen nach wissenschaftlichen Kriterien bei bestandsgefährdeten Arten, von denen eine „Klima-Sensibilität“ angenommen wird. Davon betroffen ist auch das EU Schutzgebietssystem "Natura 2000".

Beitrag überarbeitet am 10. Februar 2007.
 

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