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Der freundliche Herr und seine widerborstigen Gesänge
von Harald Pfeifer
Dieter Süverkrüp, exzellenter Jazzgitarrist aus Düsseldorf, kam über Chansons der Französischen Revolution zum Liedermachen. Scharfzüngig und zu brillantem Gitarrenspiel sang er "widerborstige" Lieder gegen Neonazis und Notstandsgesetze, Antikommunismus und Vietnamkrieg. Später arbeitete er vor allem als Musiker und Grafiker. Am 30. Mai wurde er 70 Jahre alt.
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Erster Erfolg als Sänger wider Willen
Er wird den 68ern zugeordnet, war aber zur Zeit der Revolten nicht Student und 24, sondern Grafiker und 34. In den 50er Jahren hatte er an der Werkkunstschule in Düsseldorf studiert und stand im Berufsleben. In der Freizeit spielte Dieter Süverkrüp in der Jazz-Band "Feetwarmers" die Gitarre so gut, dass er 1957 zum besten Amateurjazzgitarristen Deutschlands gewählt wurde. Das bedeutet, er fand sich in den Noten, Harmonien und Rhythmen mehr als nur zurecht. Daran wird es gelegen haben, dass sich der Lyriker und Gründer des Pläne-Verlags Gerd Semmer an ihn wandte, um eigens angefertigte Übertragungen von Liedern aus der Zeit der Französischen Revolution auszuprobieren. Süverkrüp sollte zunächst nur die Demo-Version einspielen. Die gefiel so gut, dass Süverkrüp auch den Gesangspart bei der endgültigen Aufnahme übertragen bekam. Aus diesem Material wurden gleich zwei Schallplatten gepresst.
 
Kooperation mit dem Dichter Gerd Semmer
Zwischen dem Lyriker Semmer und dem Musiker Süverkrüp entwickelte sich eine jahrelange fruchtbare Zusammenarbeit. Bis Mitte der 60er Jahre Süverkrüp begann, seine Texte selbst zu schreiben. So war er also schon ein versierter Liedermacher, als die zehn Jahre jüngeren Kollegen Hannes Wader, Reinhard Mey oder Schobert & Black voller Eifer auf die Bühne von Burg Waldeck stiegen. Und noch ein Unterscheid gab es: Deren Vorbild war der französische Chansonier George Brassens, Süverkrüp hingegen war durch die Zusammenarbeit mit Gerd Semmer mehr von Arbeiterliedern geprägt.
 
Kontroverse auf Burg Waldeck
Als dann die politisch heiße Phase der 68er begann, genoss die Kunst des Liedes denkbar geringe Achtung. Für den harten Kern brauchte der gemeinsame Kampf Streit und Diskussion, aber keine Lieder. Hanns Dieter Hüsch wurde von diesen der Streitsucht verfallen Genossen auf Burg Waldeck so heftig von der Bühne vertrieben, dass er für längere Zeit nur noch in Österreich auftrat. Eine Ausnahme machte er mit dem Mainzer Unterhaus. Dieter Süverkrüp wehrte sich auf seine Weise. Er bat die diskutierwütigen Genossen auf die Bühne, um sie, wie sie forderten, Programm machen zu lassen. Doch dort brachen sie jämmerlich ein. Ihr Atem hatte gerade mal für zehn Minuten gereicht und dazu waren die Reihen im Saal deutlich gelichtet.
 
Schnelle, kluge Moderationen
Später hat er mit seinen schnellen und klugen Moderationen keinem mehr eine Möglichkeit gelassen, sein Programm zu stören. Es war eine kulturfeindliche Zeit. Ironie des Schicksals: Die Liedermacher und ihr Publikum waren sich ohne Frage grundsätzlich einig, sie alle waren links. Nur eben wollten die einen ohne und die anderen mit Liedern für eine bessere Welt kämpfen. Für Süverkrüp, der sich den Künsten verpflichtet fühlte, war das eine komplizierte Situation. Seine Verse waren, dem Zeitgeschmack folgend, freilich oft betont kunstlos. Aber dann reimte er zum Steinerweichen. Kitsch war das nie.
 
Jazz, Filmmusik und Grafik
Mitte der 70er Jahre war die Liedermacherkarriere des Dieter Süverkrüp genau genommen schon am Ende. Das war die Zeit, in der bei der Liedermacherei aus der Überzeugung ein Geschäft wurde. Seine Ideale jedoch verfolgt er bis heute unbeugsam. Von seinen Überzeugungen ist er nicht abzubringen. In den 70er Jahren arbeitete er vor allem als Musiker und Komponist, u. a. zusammen mit Volker Kühn, Volker Kriegel, Wolfgang Dauner und Albert Mangelsdorff. Süverkrüp ist kein musikalisches Leichtgewicht. Das Fernsehen engagierte ihn oft als Musiker für Filme und Filmberichte, weil er es vermochte, ohne ein Notenblatt vorher geschrieben zu haben, die Schwingungen des Momentes mit der Gitarre auszudrücken. Doch zunehmend besann er sich auf seinen Grafikerberuf zurück.
 
Lieder für die "Sendung mit der Maus"
Seine vorerst letzte LP produzierte der Liedermacher 1980 mit dem Titel "So weit alles klar?". Danach tourte er mit "Floh de Cologne" oder den "Drei Tornados" und mit "Zupfgeigenhansel". Und doch war seine Liedermacherzeit längst zu Ende. Seine Kinderplatten aus den 70er Jahren öffneten ihm in den 80ern die Tür zum Team der "Sendung mit der Maus". In den 90ern wandte sich Dieter Süverkrüp wieder ganz der Grafik zu. Freilich nicht ohne liedhafte Rückfälle.
 
Rückfall mit Bellman-Balladen
1996 produzierte er mit Sohn Ben die CD "Süverkrüp singt Graßhoffs Bellman". Die bestechen neben seinen Liedern aus der Zeit der französischen und der deutschen bürgerlichen Revolution durch Ursprünglichkeit und seine authentischen Interpretationen. Und einen weiteren Rückfall gab es noch. 2003 ist Süverkrüp noch einmal mit den alten Liedern aufgetreten: "Ich wollte mal sehen, ob sie noch wirken", sagt er und lacht. Anlass war die Veröffentlichung seines Buches "Süverkrüps Liederjahre". Unter gleichem Titel erschien auch ein Schuber mit vier CDs bei Conträr Musik. So hat sein Zweitberuf einen würdigen Schlussstrich bekommen. Nun will er nur noch als Grafiker arbeiten. Aber ganz sicher ist er sich da wohl selber nicht.
 
zuletzt aktualisiert: 04. August 2005 | 16:08
 
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