Eine kleine Dokumentation eines Besuch der Pfalz im Rhein
2003-09-27
Ein "Jahrhundertsommer" lag fast hinter uns, die Pegel der großen
deutschen Ströme sanken auf Rekordmarken herab und am Rhein fielen
ausgedehnte Flächen, die sonst unter dem Wasserspiegel verborgen
blieben, trocken. Weil der Chronist dieses Naturphänomen selber in
Augenschein nehmen wollte, besuchte er eines der pittoreskesten Ziele
am romantischen Mittelrhein (Karte), die Burg
Pfalzgrafenstein bei Kaub, kurz die "Pfalz im Rhein". Nun gut, die
letzte Aufnahme zeugt von besseren (Wasser-)Zeiten, heute sieht es hier
dagegen so aus.
Ein kurzer historischer Abriss: Der Pfalzgrafenstein wurde im
Gegensatz zu den meisten anderen Burgen und Schlössern am Rhein
aus rein wirtschaftlichen Gründen errichtet: er diente als
Zollstation. Mitten im Rhein auf einer Insel liegend, wird diese
Funktion auch an der Lage deutlich. König Ludwig der Bayer erbaute
die Burg 1327, um Rheinzoll zu kassieren. Der Gründungsbau
beschränkte sich auf den sechsgeschossigen, fünfeckigen Turm
(siehe Grundriss, Innenturm). Dieser
Einzelturm hatte die Aufgabe, eine bessere und sicherere Eintreibung
der Rheinzölle zu gewährleisten. Dieser Turm wurde um
1338-1342 durch eine 12 m hohe, sechsseitige Ringmauer mit umlaufendem Wehrgang umgeben. Eine Kontrolle der
Schiffe und Sperre der Durchfahrt war durch die mittelalterliche
günstig gelegene rechtsrheinische Schiffsroute einfach. Sogar bis
zum Papst drang der Ärger, als die Weinschiffer seiner
Klöster und Prälaten Zoll bezahlen mußten. Man kann
sich heute kaum noch vorstellen, daß die Schiffe zwischen Mainz
und Köln an zwölf Zollstellen halten mußten. Durch
Feldmarschall Blücher erlangte die Pfalz nochmal nationale
Berühmtheit: 1813 zum Befehlshaber der Schlesischen Armee ernannt,
überquerte er in der
Neujahrsnacht 1813/1814 mit 50000 Soldaten auf einer provisorischen
Pontonbrücke hier den Rhein und trug damit dazu bei, dass die
Befreiungskriege erst mit der totalen Niederlage Napoleons endeten. An
die Rheinüberquerung erinnert jetzt noch eine Tafel
neben dem Eingangstor zur Burg. Die Pfalz im
Rhein gehört übrigens neben der Marksburg über Braubach
zu den einzigen unzerstörten mittelalterlichen Ritterburgen am
Rhein.
Traditionell war die rechte Rheinseite am Kauber Ufer die
Hauptschiffahrtsrinne. Erst 1972 wurden durch Sprengungen von
Felsriegeln (Reste sind bei Niedrigwasser
wieder zu sehen) die Hindernisse auf der linken Rheinseite soweit
beseitigt worden, dass die Lotsen arbeitslos wurden und das
Hauptfahrwasser verlagert wurde. Um auf der linken Rheinseite auch
immer zumindest eine Handbreit Wasser unter dem Rumpf zu haben, wurde
eine ca 800 m rheinaufwärts liegende Insel befestigt und durch einen Leitwerksdamm
mit dem Pfalzfelsen verbunden. Neben der Autofähre,
die hier die beiden Rheinufer verbindet, erlaubt eine kleinere Fähre den Besuch der Pfalz. Die Fähre
war übrigens bis 1989 als Patrouillenboot der NVA auf der Elbe im
Einsatz (Blick aufs Cockpit).
Den Verlockungen der Werbung kann man leider
nicht jederzeit nachgeben.
Immerhin ist trotz des niedrigen Wasserstands ein Anlegen weiterhin
möglich. Der Wasserstand betrug übrigens heute um 05:00
am Pegel Köln 86 cm, nur noch drei Zentimeter über dem
historischen Tiefststand von 1947. Damit liegt der Pegelwert mehr als
2,6 Meter unter dem Mittelwasser, dem statistischen 10
Jahres-Mittelwert aller Wasserstände. Frachtschiffe können
nur noch ein Drittel ihrer üblichen Last tragen und ragen entsprechend weit as dem Wasser heraus.Weite Geröllflächen sind jetzt
trockenen Fusses zu erkunden, jahrelang unsichtbare Utensilien (wie
hier ein Teekessel oder dort ein Fass) kommen zum Vorschein. Vom
strömenden Wasser abgetrennt, wuchern Algen
in Tümpeln oder bilden dort, wo das Wasser verdunstet ist,
vertrocknend malerische Formen und Muster (grau
und graugrün).
Herbstliches Laub auf der Insel erinnert
an die Endlichkeit allen Seins, also auch des Besuchs auf diesem
Rheinfelsen. Ein letzter Blick
zurück auf dieses Kleinod der Rheinromantik ...
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