Archiv: Siemens im Schmiergeldsumpf (SWR)
Das Geschäft der Korruptionsermittler
Sendeanstalt und Sendedatum: Mittwoch, 17. Oktober 2007, 23.30 Uhr im Ersten
Bildunterschrift: Siemens Schmiergeldskandal: Büro von Siemens-Chef Kleinfeld unter die Lupe genommen ]
Als die Staatsanwaltschaft München in den frühen Morgenstunden des 15. November 2006 die Zentrale des Siemenskonzerns durchsuchen ließ, startete ein Skandal, der alle Dimensionen sprengte. Seither steht Siemens, einst ein Vorzeigeunternehmen mit Weltruhm, im Zentrum kriminalistischer Ermittlungen. Der frühere Vorstandschef Klaus Kleinfeld und der frühere Aufsichtsrat-Chef Heinrich von Pierer sowie mehrere Top-Manager verloren bereits ihre Posten. Offenbar wurden über Jahre hinweg mit Hilfe schwarzer Kassen und Tarnkonten im Ausland so genannte "Berater" mit hohen Millionenbeträgen "geschmiert", um lukrative Aufträge für den Konzern zu sichern.
Siemens selbst geht von Bestechungsgeldern in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro aus. Mittlerweile sollen aber Ermittler dubiose Zahlungen von weit über einer Milliarde Euro identifiziert haben.
Zwar hat die Staatsanwaltschaft München Anfang Oktober die Ermittlungen gegen den Siemens Konzern gegen Zahlung einer Geldbuße von 201 Millionen Euro überraschend eingestellt. Siemens hat diese Summe ohne Murren akzeptiert. Denn dadurch hat der Technologiekonzern fürs erste Ruhe vor den deutschen Ermittlern. Doch viel größeres Ungemach droht immer noch in den Vereinigten Staaten. Hier ermittelt seit geraumer Zeit die amerikanische Börsenaufsicht SEC. Und die kann wesentlich schärfere Sanktionen verhängen, Geldstrafen jenseits der Milliardengrenze – aber auch den Ausschluss des Konzerns bei der Vergabe von Staatsaufträgen.
Die Korruptionsaffäre um das deutsche Traditionsunternehmen bleibt daher weiterhin aktuell.
In der Dokumentation "Siemens im Schmiergeldsumpf" untersucht SWR-Chefreporter Thomas Leif das Korruptionssystem auf der Basis von bisher unveröffentlichten Dokumenten und den Analysen von Insidern. Im Blickfeld steht auch die Arbeit der zuständigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Deren Aufgabe ist es, die Geschäftsabläufe und Geldtransfers des Großkunden Siemens zu kontrollieren. Die Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die oft "bis an die rote Linie" der Legalität gehen müssen, analysiert der Hamburger Professor für Wirtschaftsrecht, Michael Adams.
Siemens ist kein Einzelfall. Nach einschlägigen Untersuchungen haben etwa zwei Drittel der deutschen Unternehmen Erfahrungen mit Korruptions-Vorgängen. Oft setzen die betroffenen Firmen auf die Hilfe von spezialisierten Firmen, die die Korruptions-Delikte intern ohne Beteiligung der Justiz ermitteln.
Ihr zentrales Anliegen: Das von Korruption betroffene Unternehmen soll aus den Schlagzeilen herausgehalten werden. Dieses Ziel hat sich auch Siemens gesetzt: Zu allen Vorwürfen schweigt der Konzern beharrlich.
Film von Thomas Leif
Dieser Text gibt den Fernsehbeitrag vom 17.10.2007 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.