Inhalt.
Hauptnavigation.
Weitere Inhalte.

Hinweis:
Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie wahrscheinlich einen alten Browser bzw. einen Browser, der aktuelle CSS (Cascading Style Sheets) nicht vollständig unterstützt. Laden Sie sich bitte einen aktuellen Browser, wie z. B.:
Microsoft Internet Explorer oder Mozilla Firefox

05.01.2008 | 21:30 Uhr
W wie Wissen

Hauptnavigation
  • aktuelle Seite: Information
    • aktuelle Sendung: W wie Wissen
 
Inhalt

Archiv: Mythos Tiertherapie

Sendedatum: Sonntag, 28. Oktober 2007

Bildunterschrift: ]
Ein freudiges Quietschen ertönt, wenn Fabian mit den Delfinen im Wasser schwimmt.

Behindertes Kind mit Betreuer  läßt sch von Delfin ziehen (Quelle: WDR)lupe Bildunterschrift: Der Umgang mit Delfinen macht behinderten Kindern viel Spaß. Aber nützt es auch was? ]
Fabian trägt einen Taucheranzug und wird von einem Therapeuten betreut. Zusammen lassen sie sich von einem Delfin durchs Wasser ziehen. Fabian hat das sogenannte Down-Syndrom.

Seit rund 25 Jahren gibt es sie schon - die DAT, die dolphin-assisted-therapy, auf deutsch wird sie einfach Delfin-Therapie genannt, obwohl Delfine bei einer Therapie nur unterstützende Funktion haben können - wie andere Tiere auch. Sie sollen einen so genannten Türöffner- oder Eisbrecher-Effekt haben.

Delfin schaut aus dem Wasserbecken (Quelle: WDR)lupe Bildunterschrift: Und fühlen sich Delfine in Gefangenschaft auch wohl? ]
Kinder sollen sich dadurch wohler fühlen, selbstbewusster und für therapeutische Maßnahmen empfänglicher werden. Bis vor wenigen Jahren gab es keine wissenschaftliche Untersuchung dazu, ob Delfin-Therapie überhaupt wirkt.

Bildunterschrift: ]
Im Jahr 1998 begann eine Studie der Universität Würzburg und dem Nürnberger Delphinarium, um genau das zu untersuchen: Wirkt die Delfin-Therapie? Über hundert Kinder mit unterschiedlichsten körperlichen und geistigen Handicaps haben daran teilgenommen. Rund die Hälfte von ihnen kam mit Delfinen zusammen. Die andere Hälfte war auf verschiedene Kontrollgruppen verteilt.

Ernüchternde Studien-Ergebnisse

Prof. Erwin Breitenbach im Delfinarium (Quelle: WDR) Bildunterschrift: Prof. Erwin Breitenbach von der Uni Würzburg arbeitet gerade am 2. Teil der Delfin-Therapie-Studie ]
Die Ergebnisse der Studie sind bei genauer Betrachtung ernüchternd: Vor allem die Eltern von betroffenen Kindern haben einen Fortschritt festgestellt, aber die behandelnden Therapeuten nicht. Für die Studienleiter ist das ein gutes Ergebnis, denn die Eltern müssten schließlich mit den Kindern umgehen und würden so einen anderen Blick auf ihre Kinder bekommen.

Das habe positive Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Beziehung. Kritiker finden die Wahrnehmung der Eltern als Ergebnis nicht ausreichend. Denn, so das Argument, Eltern seien keine unabhängigen Beobachter; die Therapeuten wären es zwar, aber die hätten schließlich keinen Effekt beobachtet.

Tierschützer sind gegen Delfin-Therapie

Dr. Karsten Brensing (Quelle: WDR) Bildunterschrift: Dr. Karsten Brensing von der Walschutzorganisation „Whale and Dolphin Conservation Society“ (WDCS) lehnt Delfine in Gefangenschaft ab. ]
Immer wieder müssen neue Wildfänge in ein Delphinarium gebracht werden, weil sich die Art nicht selbst erhält. Das Ergebnis reicht für Tierschützer auch nicht aus, um Delphine, die keine Nutztiere, sondern Wildtiere sind, in Gefangenschaft und in gechlortem Wasser zu halten. Denn dort müssen sie aus hygienischen Gründen sein, wenn Menschen mit ins Wasser kommen.

Außerdem gibt es nach Ansicht der Kritiker auch ein Risiko für Menschen, denn Wildtiere seien nicht an die Nähe zum Menschen gewöhnt. So gab es in der Vergangenheit mehrere dokumentierte Unfälle, wie zum Beispiel 2003 in Japan, als sich eine Schwimmerin durch einen Stoß eines Delfins mehrere Rippen brach.

Sind Haustiere besser geeignet?

Gans lugt neugierig von links in die Kamera, dahinter rechts eine Kuh (Quelle: WDR)lupe Bildunterschrift: Auch gewöhnliche Haustiere können therapeutisch einiges leisten. ]
Ein Teil der Studie befasste sich auch damit, ob Delphine besser als Türöffner für Kinder geeignet sind als Haus- und Nutztiere. Eine Gruppe von Kindern kam deswegen eine Woche lang mit Haus- und Nutztieren zusammen. Doch die Anzahl an Kindern, von denen am Ende genug Daten vorlagen, war zu klein, um ausgewertet zu werden. So steht bis jetzt immer noch nicht fest, ob ein Tier besser geeignet ist als ein anderes.

Tiere suchen sich ihre Kinder aus und umgekehrt

Ingrid Stephan Bildunterschrift: Ingrid Stephan vom Institut für soziales Lernen mit Tieren ]
Das Prinzip dieser Therapie mit Haus- und Nutztieren ist ähnlich wie die Delfin-Therapie. Jedes Kind hat unter der Aufsicht von Betreuerinnen oder Betreuern eine Woche lang Kontakt zu Tieren. Es kommen verschiedene Tiere zum Einsatz - zum Beispiel Hühner, Esel, Gänse, Kühe oder Ziegen.

Am Nachmittag gibt es für die Kinder und ihre Familienangehörigen die Möglichkeit, den Tieren frei zu begegnen. Auf diese Freiwilligkeit setzt die Gründerin des "Instituts für soziales Lernen mit Tieren" in der Wedemark. Denn, so Ingrid Stephan, nicht nur die Kinder suchten sich die Tiere nach ihren Neigungen aus, sondern auch die Tiere die Kinder.

Dauerhafte Bindung zwischen Kind und Tier

Mädchen auf Pony mit zwei Betreuerinnen (QUelle: WDR) Bildunterschrift: Ponyreiten macht Kindern ebenso Spaß. ]
Haus- und Nutztiere sind schon seit Jahrhunderten in Gesellschaft des Menschen, sie sind an seine Nähe gewöhnt und können artgerecht gehalten werden. Daneben hat diese tierfreundlichere Variante noch den Vorteil, dass Eltern ihrem Kind nach der Therapie ein Tier kaufen können. Die soziale Bindung zu einem Tier kann so dauerhaft aufgebaut werden.

Wirkung von Tiertherapien nicht geklärt

Zwergschweinchen streckt die Nase der Btreuerin (li.) und einem Mädchen (re.) entgegen (Quelle: WDR) Bildunterschrift: Die Pflege eines Haustieres, wie dieses Zwergschweinchen, soll das Selbstbewusstsein von Kindern fördern. ]
Die Delfin-Therapie-Studie konnte also nicht zeigen, ob die Therapie nun wirkt oder nicht. Auch wenn es in einzelnen Fällen positive Effekte gegeben haben mag, spricht die abgeschlossene Studie nicht dafür. Ebenso wenig konnte die Studie das Gegenteil belegen, nämlich dass die Delfin-Therapie nicht wirkt. Wer sein Kind bei der laufenden Studie an der Universität Würzburg anmelden will, muss die Therapiekosten von 2.500 Euro pro Woche selbst zahlen.

Auch für die Wirkung der Haus- und Nutztiertherapie fehlt noch der wissenschaftliche Beweis. Eine andere Studie soll das jetzt untersuchen. Es gibt bis jetzt aber auch keinen Beleg dafür, dass diese Variante der Tiertherapie schlechter wirkt als eine Delphin-Therapie. Wer die Haus- und Nutztiertherapie wählt, zahlt bis zu 1950 Euro die Woche. Mit Sponsorengeldern kann der Beitrag bis auf 750 Euro sinken.

Tanja Winkler

 

Dieser Text gibt den Fernsehbeitrag vom 28.10.2007 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

Externe Links