"Die telefonlose Schnur" - nur 10
cm!
Ein Contra dem
schnurlosen Telefon: 10 Zentimeter für ungestörte
Meditation & ausgeglichene Balance:
Endlich Ruhe
haben & Gutes tun !
Noch lange bevor die Handyklingeltöne zur
vielfältigsten Lärmbelästigung in der Öffentlichkeit
wurden, drang das schnurlose Telefon in unsere
Privatsphäre ein. Es galt plötzlich als schick, auch
draußen am Pool erreichbar zu sein, und ständig suchte
man im ganzen Haus sein Telefon. Der Anfang einer
verhängnisvollen Entwicklung!
Von der High Society fraß
sich der Virus der Verfügbarkeit sehr schnell durch
unsere Gesellschaft. Auch die Kreise der sozial
Schwachen blieben nicht verschont. Es war schon bald
schlimm, wenn es mal nicht klingelte. Schon fühlte sich
der drahtlose Ratlose wertlos.
Man wurde bedeutsam, wenn selbst in
privatesten Situationen das Mobilteil trillerte. Ich
kenne jede Menge Menschen, die gar nicht geboren wurden,
weil im entscheidenden Augenblick des Zeugungsversuchs
das Telefon bimmelte. Fonus interruptus -
wieder eine Wiedergeburt verhindert!
Zum Glück beobachten Trendforscher seit
geraumer Zeit eine Wende in der Werteskala der
Kommunikationsfetischisten.
Inzwischen ist es schon lange kein
Statussymbol mehr, immer und überall erreichbar zu sein.
Das kann ja jetzt jeder Clochard. Nun kommt es darauf
an, daß die Frau und der Mann von Welt es sich leisten
kann, einmal nicht erreichbar zu sein.
Schnurlos
verschwindet spurlos
Nur 10 cm mißt das Stück Schnur, das ich
dem Gewinner vom oben gezeigten Knäuel abschneide. Es
besteht aus naturbelassener Kokosfaser und ist
garantiert telefonfrei. Im Gegenteil: Die kaum meßbare
Leitfähigkeit des Materials garantiert, daß kein
Telefonat durchkommt - und mag es noch so wichtig
sein.
Ob Du die telefonlose Schnur nun
eingerahmt an die Wand hängst oder als Symbol für
Schweigen und Besinnlichkeit mit Dir trägst - sie wird
Dir eine Minute stiller Nachdenklichkeit schenken, die
mit Sicherheit in eine ausgeglichene Selbstzufriedenheit
mündet. Denn durch ihre Geschichte wird die Schnur zu
einem idealen Katalysator für westliche Frustströmungen.
Am Anfang wird es vielleicht noch
Entzugserscheinungen geben. Beim Klingeling in der
Nachbarhosentasche wirst Du instinktiv in die eigene
Tasche greifen und Deine telefonlose Schnur ans Ohr
drücken. Zur Entwöhnungsbeschleunigung ist diese
Kokosschnur daher überaus kratzig.
Die Geschichte der
Kokosschnur
... und die
humanitäre Falle dieser angeblichen
Spaßauktion
Du fährst im südindischen Kerala auf der
Nationalstraße NH-17 von Calicut nach Norden. Kaum 25
Kilometer sind es, bis Du zu der großen Brücke kommst,
auf der die NH-17 die Backwaterlagune von Quilandi
überquert. Unter den Luftwurzeln des gewaltigen
Banyan-Baumes auf der anderen Seite läßt Du
den Jeep stehen und gehst zu Fuß am Ufer der
palmengesäumten Lagune westwärts, bis der Weg schmal und
das Umland sumpfig wird. Keine Angst - es sind nur ein
paar Minuten. Dort befindet sich das Anwesen der
Kokosfarmer- und Seilerfamilie von Ammachi.
Die hier gezeigte Bilder stammen von
meinem Besuch bei Ammachi vor 6 Jahren. Ich wollte
unseren Kerala-Discovery-Farmgästen zeigen, wie
Kokosseile entstehen. Und Ammachi ist eine der letzten,
die aus freier Hand völlig gleichmäßige Kokosschnüre
spinnen können. Die meisten Seiler an den
Kerala-Backwaters sind heute auf die Hilfe einfacher
Coir-Spinnräder angewiesen.
Bei diesem Besuch konnten
wir Ammachi zu ihrer neuen Hütte gratulieren. Das Dach
war zwar wie früher mit Kokosblättern gedeckt, aber die
Wände aus geflochtenen Palmwedelmatten waren festen
Wänden aus selbstgemachten Feldbrandsteinen gewichen.
Die waren sauber mit Kuhdung verputzt, wie es üblich
ist. Ammachi, die hier mit Sohn, Enkeln und Urenkeln
unter einem Dach lebt, hatte sogar mehrere kleine Räume
abgeteilt. Ein bescheidener Wohlstand für diese
Menschen, die noch vor nicht allzu langer Zeit mit 4
Generationen in einem Großraum zusammenlebten.
Wir trafen glückliche Menschen, die an eine
bessere Zukunft glaubten (Die Enkel hatten bereits die
Schule besucht und Lesen und Schreiben gelernt) und
ebenso wie wir nicht damit rechneten, daß der Monsun
2004 ihnen alles, was sie aufgebaut hatten, wieder
nehmen sollte.
Vor vier Wochen ist
die Flut gekommen
Das Salzwasser der nahen Arabischen See
hat den Gemüsegarten zerstört und das Haus unbewohnbar
gemacht. Nur die widerstandsfähigen Kokospalmen sind der
Patriarchin und ihrer Familie geblieben. Aber der
bescheidene Verdienst mit Kopra, Seilen und
Mattenflechten ist nicht hoch genug, als daß Ammachi den
Wiederaufbau noch erleben könnte. Schließlich hat es
fast 50 Jahre gebraucht, bis die Mattenwände festem
Mauerwerk weichen konnten. Es sei denn, wir helfen.
Deshalb wird diese Spendenauktion auch in den
kommenden Wochen wiederholt. Die Restaurationsarbeit
kann erst beginnen, wenn der große Regen vorbei ist. In
Kerala wird das erfahrungsgemäß erst Ende Oktober der
Fall sein.
Jeder Cent des
Auktionserlöses
für die
Seilerfamilie
Hinter diesem Versprechen stehe ich mit
mehr als 1.500 positiven Punkten meines lupenreinen
eBay-Bewertungskontos. Und auch Dir wird es lieber sein,
für Einzelschicksale zu spenden, die man kennt. Die mehr
als 20 Millionen Flutopfer im Nordosten Indiens sind
eine unbegreifliche, anonyme Größe. So traurig es
klingen mag.
Im südlichen Kerala sind nur wenige Hundert
Menschen von den Monsunstürmen geschädigt worden. Leider
hat das Ausmaß der Katastrophe im nördlichen Assam und
Bihar die geschädigten Keraliten aus dem Bewußtsein der
Weltöffentlichkeit verdrängt. Nur zweimal habe ich trotz
intensiver Recherche in den letzten Wochen auch den
Namen Kerala in den Aufzählungen der betroffenen Gebiete
gefunden.
Für alle, die es fragwürdig finden, mit
dem albernen Spaß einer "telefonlosen Schnur" auf das
Elend der Menschen in der Dritten Welt aufmerksam
gemacht zu werden: Es ist erwiesen, daß viel mehr Surfer
bei eBay auf der Suche nach Kuriositäten sind als nach
Spendenaufrufen.
Sei also nicht verärgert, wenn Du mit
fröhlichem Schmunzeln in diesen Text eingestiegen bist
und ihn nun mit einem Knoten im Hals wieder verläßt.
Besser ein Knoten im Hals als im Geldsäckel!
Und bedenke den symbolischen Wert Deiner
Kokosschnur: Sie stammt aus der gleichen Hand, die Du
nun mit Deinem Beitrag ergreifst und ihr aus dem
finanziellen Loch heraushilfst.
Und wenn diese Aktion nicht genug
einbringt, werde ich mir wohl etwas Neues einfallen
lassen.
Wer übrigens überboten wird und trotzdem
helfen möchte, möge nach dem Spendenkonto fragen. Aber
es wird ja auch eine neue Auktion
folgen.