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Prachtbau: Früher Ruhmeshalle, heute Haus der Jugend am Geschwister-Scholl-Platz. (Archiv-Foto: Andreas Fischer) |
Ruhmeshalle: Drei deutsche Kaiser als Namensgeber
Heute heißt es Haus der Jugend. Bis 1958 trug der Prachtbau in Barmen den Namen Ruhmeshalle.
Wuppertal. Vertraut man Barmer Kunstfreunden, dann gab es zwei Kuba-Krisen: die berühmtere in den 60er Jahren in der Karibik, die andere vier Jahrzehnte später um die
Ku(nsthalle)
Ba(rmen). 2001 hatte die Verwaltung verkündet, den Ausstellungsbetrieb zu schließen. 200 000 Besucher im Jahr seien nicht genug, ein Gastronomiebetrieb solle an die Stelle rücken und dem Stadtteil mehr Zugkraft verleihen.
Der Kunst- und Museumsverein lief Sturm, ebenso die Bergische Kunstgenossenschaft, die das Haus mit der Kunsthalle teilt. Doch um welches Haus geht es eigentlich? Manch auswärtiger Besucher strandet mit genau dieser Frage am Wupperufer und begegnet ratlosen Gesichtern. Den Sesam öffnet ein Zauberwort: Haus der Jugend, nicht nur Residenz der Kunst, sondern auch Adresse des "Live Club Barmen" und der Stadtteilbibliothek.
Die Nutzung als Mehrzweckbau hat Tradition, der Name ist neueren Datums. Erst 1958 wurde das Gebäude zum Haus der Jugend, davor hieß es Ruhmeshalle zu Ehren der deutschen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III.
Als deren Nachfolger Wilhelm II. im Jubeljahr 1900 das bergische Städteduo beehrte, da wurde im Tal so manches Schmuckstück seiner Bestimmung übergeben: die Stadthalle auf dem Johannisberg, schon vor dem Kaiserbesuch vollendet, das Elberfelder Rathaus, die Schwebebahn und eben auch die Ruhmeshalle. Glanz und Gloria kündeten von einem Wohlstand, der heute traumhaft erscheint.
Eigentlich hatte Wilhelm nur einen Besuch bei den Krupps in der Villa Hügel geplant, nun kam das Gesuch aus dem Tal hinzu für die kaiserliche Gattin Auguste Viktoria willkommener Anlass, die damals weltberühmten sozialen und kirchlichen Einrichtungen Barmens und Elberfelds in Augenschein zu nehmen.
Was die Hoheiten überdies verkosten sollten, schmeckte nach Großmannssucht: "Frauen und Jungfrauen, die in den Händen Seerosen und Palmzweige tragen und in ihren Kostümen Erde und Wasser versinnbildlichen", der Gruß eines Riesenchors von 675 Sängern und ein Segelschiff mit 120 "Matrosinnen".
Als der Kaiser wegen Krankheit der Mutter seine Visite verschieben musste, fiel die ganze aufgeblasene Pracht ins Wasser. Der tatsächliche Besuch zwei Wochen später wurde eine Sparausgabe und entsprechend menschlicher. Die Ruhmeshalle aber, mit ihrer knapp 53 Meter langen Front, der gewaltigen Kuppel und den imposanten Säulen an der Freitreppe, posaunte die Sprache der Prahler hinaus, die seit 1897 die Entwürfe des Architekten Erdmann Hartig umgesetzt hatten.
In der Bombennacht zum 30. Mai 1943 brannte das Prachtstück aus, unversehrt blieben die Denkmäler von Kaiser Fritz und den beiden Wilhelms. Während der Aufräumarbeiten in den Nachkriegsjahren hieben ihnen Unbekannte den Kopf ab. Um weitere Übergriffe zu vermeiden, wurden die Eingänge der Ruhmeshalle fürs erste zugemauert.
Als das Gebäude in den 50ern einen neuen Kern erhielt, da wütete eine Ratsdebatte um die beiden Figurenfriese des Bildhauers Wilhelm Giesecke und das Giebelrelief von Josef Hammerschmidt. Der steinerne Toast auf den kaiserlichen Sieg gegen Frankreich erschien dann doch zu pathetisch.
Das Gerangel um die Fassade übertönte die Diskussion um eine sinnvolle Neugestaltung der Innenräume. An Treppen und Flure wurde viel Raum verschenkt, der Kern des Hauses verrät noch heute die Handschrift verwirrter Planer.
Nun wartet Wuppertal, nach manchen Umbauten und vielen kühnen Entwürfen, was im Rahmen des Stadterneuerungsprogramms 2006 mit dem angestrebten "Zentrum für junge Kunst und Kultur" ins Haus steht.
17.12.05
Von Manfred Görgens