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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 978-3-411-10060-6
149,00 € [D]

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Syrien

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Syrien,

Fläche 185 180 km2
Einwohner (2006) 18,88 Mio.
Hauptstadt Damaskus
Verwaltungsgliederung Hauptstadtdistrikt und 13 Verwaltungsdistrikte
Amtsprache Arabisch
Nationalfeiertag 17. 4.
Währung 1 Syrisches Pfund (syr£) = 100 Piaster (PS)
Zeitzone MEZ +1 Stunde

amtlich arabisch Al-Djumhurijja al-Arabijja as-Surijja, deutsch Arabische Republik Syrien, Staat in Westasien, grenzt im Norden an die Türkei, im Osten und Südosten an Irak, im Süden an Jordanien, im Südwesten an Israel, im Westen an Libanon und das Mittelmeer.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Nach der Verfassung von 1973 (mehrfach, zuletzt 2000, revidiert) ist Syrien eine sozialistische Volksrepublik mit Präsidialsystem. Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Inhaber der Exekutivgewalt ist der mit weit gehenden Vollmachten ausgestattete Präsident (vom Parlament nominiert, auf 7 Jahre direkt gewählt). Er bestimmt die Richtlinien der Politik, hat das Recht auf Gesetzgebungsinitiative und -veto, ernennt und entlässt die Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten. Die Legislative liegt beim Volksrat (250 Abgeordnete, für 4 Jahre gewählt). – Einflussreichste Partei ist die syrische Baath-Partei. Sie dominiert die Nationale Progressive Front (NPF), eine Koalition, der außerdem die Arabische Sozialistische Union (ASU), die Arabische Sozialistische Unionistische Partei (ASUP), die Partei der Einheitssozialisten, die Bewegung Arabischer Sozialisten, die Demokratische Sozialistische Unionistische Partei und die Syrische Sozialnationalistische Partei (SSNP) angehören.

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Syrien umfasst einen 175 km langen Küstenabschnitt am Mittelmeer, dem eine rund 50 km breite Gebirgszone folgt. Diese fällt zum Syrischen Graben mit dem Orontes als Hauptfluss ab, steigt im Antilibanon und im Hermongebirge bis auf 2 814 m über dem Meeresspiegel an und dacht sich nach Osten ab. Östlich dieser Zone erstrecken sich zum Teil von Lavafeldern bedeckte Tafelländer mit Höhenzügen; im Süden der schildförmig ansteigende vulkanische Djebel Drus (bis 1 800 m über dem Meeresspiegel). Das Landesinnere ist heiß und trocken, wird von Wüstensteppe und Wüste eingenommen. Hauptfluss ist der Euphrat. Die Niederschläge ermöglichen nur in den westlichen Gebirgszügen Baumwuchs.

Bevölkerung:

Die Mehrheit der Bewohner sind syrische Araber (89 %), daneben leben Kurden (6 %), Armenier (rund 4 %; v. a. in großen Städten), Tscherkessen, Turkmenen u. a. Bevölkerungsgruppen im Land. Die Zahl der Nomaden geht immer mehr zurück (noch etwa 1 % der Bevölkerung). Das früher sehr hohe Bevölkerungswachstum ist inzwischen auf 2,3 % zurückgegangen. Über 80 % der Gesamtbevölkerung leben im westlichen Landesteil. Stadtbevölkerung: 54 %. – Rund 88 % der Bevölkerung sind Muslime (rund 75 % Sunniten [überwiegend der schafiitischen Rechtsschule], rund 12 % Alawiten [[[Nusairier|Nusairier]]], rund 1 % Schiiten [Ismailiten]), etwa 8 % Christen (besonders Griechisch-Orthodoxe, katholische Melchiten, Syrisch-Orthodoxe [[[Jakobiten|Jakobiten]]]). Kleine religiöse Minderheiten bilden die Drusen im Hauran und die Jesiden in Nordostsyrien; eine zahlenmäßig verschwindende jüdische Gemeinde (1949–92 Auswanderungsverbot für Juden). – Es besteht allgemeine Schulpflicht im Alter von 6 bis 15 Jahren. Die Alphabetisierungsrate wird auf (2004) 83 % (alle über 15 Jahre) beziehungsweise 95 % (15- bis 24-Jährige) geschätzt. Im Hochschulbereich gibt es acht Universitäten, u. a. eine in Damaskus (gegründet 1903 als medizinische Hochschule, seit 1923 Universität), Aleppo (1960), Latakia (1971) und Homs (1979).

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Die Landwirtschaft bildet trotz forcierter Industrialisierung in den letzten Jahren die wirtschaftliche Grundlage des Staates. Durch die Agrarreformen von 1958 und 1980 wurde die Besitzstruktur grundlegend verändert; privates und genossenschaftliches Eigentum sind vorherrschend. Hauptanbaugebiete sind die Ackerebenen im N und NO, der Küstenstreifen und das Euphratgebiet. Das wichtigste agrarische Exportprodukt ist Baumwolle (rund 5 % der Exporterträge), dessen Anbau dank künstlicher Bewässerung (Nutzung des Assadstausees bei Tabqa) möglich ist. Weitere Hauptanbaukulturen sind Weizen, Obst (v. a. Aprikosen und Feigen), Gemüse, Oliven und Zuckerrüben. Der gesamte zentrale Teil von Syrien kann nur durch die Weidewirtschaft der Nomaden genutzt werden. – Die bedeutendsten Bodenschätze sind Erdöl, Erdgas und Phosphat. Die 1966 im Nordosten entdeckten Erdölfelder (schweres, schwefelreiches Erdöl) werden seit 1968 ausgebeutet und verstärkt seit dem Ausbau der Erdölindustrie Mitte der 1980er-Jahre für den Export genutzt. Erdöl stellt über 60 % des Exportwertes. Das seit 1984 bei Deir ez-Zor im Osten geförderte leichte und schwefelarme Erdöl wird in den Raffinerien von Homs und Banias verarbeitet. Seit 1973 werden die Phosphatlager bei Palmyra abgebaut. Traditionelle Industriezweige sind die Nahrungsmittel- und Textilindustrie; des Weiteren chemische Industrie, Maschinen- und Fahrzeugbau sowie Zement- und Düngemittelproduktion. Das Kunsthandwerk hat eine lange Tradition. Die Industrie konzentriert sich v. a. in Aleppo, Damaskus, Hama und Homs.

Syrien hat ein 1 771 km langes Eisenbahnnetz, wichtigster Verkehrsträger ist aber das 43 381 km lange Straßennetz (davon 23 % asphaltiert). Haupthäfen sind Latakia, Banias und Tartus; internationaler Flughafen in Damaskus.

G E S C H I C H T E

Altertum und Mittelalter: Syrien (»Altsyrien«) als kulturgeografischer Begriff bezeichnet den Bereich zwischen Euphrat und Mittelmeer, das Gebiet südlich von Gaziantep (Türkei) bis zum Hauran, nicht identisch mit dem Territorium des modernen syrischen Staates. Das Gebiet Altsyriens wird mit dem südlich anschließenden Palästina zur historischen Landschaft »Syrien-Palästina« zusammengefasst; seit vorgeschichtlicher Zeit besiedelt, Teil des Fruchtbaren Halbmonds. Seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. lag es im Überschneidungsbereich der Interessen der altorientalischen Mächte. 539 v. Chr. von Persern, 333 v. Chr. von Alexander dem Großen unterworfen, danach setzte die Hellenisierung ein. 301 v. Chr. wurde Syrien zwischen Ptolemäern (Norden) und Seleukiden (Süden) geteilt. 64 v. Chr. richtete Pompeius die römische Provinz Syria (einschließlich Phönikien) ein, 194 n. Chr. folgte die Teilung in Syria Coele (Coilesyria) und Syria Phoenice (Phönikien). Ab 395 gehörte Syrien zum Oströmischen (Byzantinischen) Reich. Nach der Eroberung durch die muslimischen Araber (634–637/640) machten die Omaijadenkalifen 661 Damaskus zur Hauptstadt ihres Reiches. 970 nahmen die ägyptischen Fatimiden Damaskus ein, 1077 wurden sie von den Seldschuken verdrängt. Das syrische Küstenland und Teile Nordsyriens wurden nach 1097 von Kreuzfahrern erobert. Unter den Sengiden (bis 1181), Aijubiden (bis 1290) und Mamluken (bis 1516) ging von Syrien die islamische Offensive gegen die Kreuzfahrer aus. 16. bis Mitte 20. Jahrhundert: 1516/17–1918 Teil des Osmanischen Reiches. Im Sykes-Picot-Abkommen (1916) dem französischen Einflussgebiet zugesprochen; 1918 von britischen und arabischen Truppen (unter Feisal) besetzt; am 18. 3. 1920 Unabhängigkeitserklärung (Königreich Syrien) und Krönung Feisals I.; April 1920 Festlegung des französischen Völkerbundmandats für Syrien (Konferenz von San Remo). Nach dem Einmarsch französischer Truppen und der Abdankung Feisals I. (25. 7. 1920) 1922–46 französisches Mandatsgebiet; blieb (wechselnd) in mehrere politisch-administrative Untereinheiten aufgeteilt: Libanon (August 1920 zum Separatstaat erklärt), Staat der Nusairier, Staat von Aleppo, Staat von Damaskus, autonome Region der Drusen, Provinz (Sandschak) Alexandrette (1939 an die Türkei). Nach der Niederschlagung des Drusenaufstandes 1925/27 wurde Libanon selbstständig; 1936 syrisch-französischer Vertrag über Unabhängigkeit (von Frankreich nicht ratifiziert). Im Zweiten Weltkrieg wurde Syrien von Truppen Großbritanniens und des »freien« Frankreichs besetzt (Juni/Juli 1941); September 1941 Erklärung der (formellen) Unabhängigkeit (Republik Syrien); C. de Gaulle erklärte Syrien am 1. 1. 1944 erneut für unabhängig, doch räumten die britischen und französischen Truppen erst nach wachsenden Unruhen im April 1946 das Land (volle Unabhängigkeit). Nach 1945 bis heute: 1945 wurde Syrien Mitglied der UN und der Arabischen Liga. 1958 mit Ägypten Bildung der Vereinigten Arabischen Republik (VAR; September 1961 nach einem Putsch in Syrien aufgelöst). Nach einem Militärputsch am 8. 3. 1963 übernahm die Baath-Partei die Macht. Der 3. Israelisch-Arabische Krieg 1967 brachte den Verlust der Golanhöhen (Nahostkonflikt). Im November 1970 stürzte General H. al-Assad in einem unblutigen Putsch (»Korrekturschritt«) die herrschende marxistische Baath-Führungsgruppe; im März 1971 wurde al-Assad Staatspräsident (seitdem mehrfach wieder gewählt) und errichtete, gestützt auf die Baath-Partei, eine autokratische Herrschaft. Nach dem 4. Israelisch-Arabischen Krieg (1973) schloss Syrien 1974 ein Truppenentflechtungsabkommen für die Golanhöhen mit Israel. Die Ablehnung des 2. israelisch-ägyptischen Sinai-Abkommens (1975) führte zur Kontroverse mit Ägypten. Die Unterstützung der Palästinenser und das direkte Eingreifen syrischer Streitkräfte im libanesischen Bürgerkrieg (ab Juni 1976, zunächst zugunsten, seit 1982 zuungunsten der Christen) stärkte die Stellung Syriens in der arabischen Welt. Der Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel (1979; Camp David) führte zur Annäherung Syriens an Irak. Der irakisch-iranische Krieg 1980–88 (1. Golfkrieg), in dem Syrien im Gegensatz zu den anderen arabischen Staaten Iran unterstützte, verschärfte erneut die Spannungen zwischen Syrien und Irak (April 1982 Schließung der Grenze) sowie Jordanien (das auf irakischer Seite stand). Die Annexion der syrischen Golanhöhen durch Israel (Dezember 1981) und die israelische Invasion in Libanon (Juni 1982 bis Juli 1985) verstärkten die Aktivitäten Syriens in Libanon (u. a. 1983 Verhinderung eines israelisch-libanesischen Separatfriedens) und im arabischen Lager. Mit dem Abkommen von Taif (Oktober 1989) wurde Syrien offiziell zur Schutzmacht Libanons erklärt (Ausbau seines Machtbereichs durch Freundschaftsvertrag vom Mai 1991). Die Annäherung an Ägypten 1989/90, der Beitritt zur antiirakischen Allianz im 2. Golfkrieg 1991 sowie die Teilnahme an der im Oktober 1991 eingeleiteten ersten Nahostfriedenskonferenz förderten das Gewicht des sich als Regionalmacht verstehenden Syriens im Nahen und Mittleren Osten. Die 1993/94–96 und Ende 1999 forcierten israelischen Bemühungen um eine Friedensregelung mit Syrien scheiterten an der Forderung Syriens nach einem sofortigen und vollständigen Rückzug der israelischen Truppen von den besetzten Golanhöhen als unerlässliche Vorbedingung für Verhandlungen. Unter Druck der Türkei gab Syrien 1998 die Unterstützung der PKK auf.

Nach dem Tod Assads (10. 6. 2000) übernahm sein Sohn Baschar al-Assad die Führung der Baath-Partei und wurde am 10. 7. Staatspräsident. Er setzte die Politik seines Vaters fort, begann jedoch vorsichtig mit notwendigen inneren Reformen; eine tiefer gehende Liberalisierung blieb aus. 2001 reduzierte Syrien nach Protesten der libanesischen Regierung und breiter gesellschaftlicher Kreise seine Truppenpräsenz in Libanon. Nach jahrelangen Spannungen zwischen Syrien und der Türkei unterzeichneten beide Staaten 2002 ein Militärabkommen. Im März 2003 verurteilte Syrien den Krieg gegen Irak. Die am 2. 9. 2004 verabschiedete UN-Resolution 1559 (Forderung nach Wiederherstellung der vollständigen Souveränität Libanons) verstärkte den internationalen Druck auf Syrien; nach einem Bombenattentat auf den ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri am 14. 2. 2005 in Beirut geriet Syrien zudem in den Verdacht, als Besatzungsmacht in die Mordaktion involviert gewesen zu sein. Im März/April zog Syrien seine Truppen vollständig aus dem Libanon ab, doch verschärften sich seit Oktober 2005 die außenpolitischen Spannungen erneut, nachdem ein Bericht des von der UNO zur Klärung der Hintergründe des Mordes an al-Hariri eingesetzten Sonderermittlers u. a. die Verwicklung ranghoher syrischer Funktionäre in den Anschlag offenbart hatte. Ende Mai 2007 beschloss der UN‐Sicherheitsrat gegen den Protest Syriens die Einrichtung eines internationalen Tribunals zur Klärung der Hintergründe des Attentats auf R. al-Hariri.

Sekundärliteratur: A. Chenevière: Syrien. Wiege der Kultur (aus dem Französischen, 1996); Religionsgeschichte Syriens. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart, hg. v. P. W. Haider u. a. (1996); O. Wils: Ökonomische Liberalisierung in Syrien (1997); M. Fortin: Syrien. Wiege der Kultur, Ausstellungskatalog (Basel 1999); M. Brunswig: Syrien (2000); D. Commins: Historical dictionary of Syria (Lanham, Maryland, u. a. 2004).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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