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08.07.2008 16:02 
Finanzkrisen-Dinosaurier können noch schrecken
von Angela Göpfert
Mit einem Paukenschlag haben sich zwei Urgesteine der Finanzkrise, Freddie Mac und Fannie Mae, zurückgemeldet und die Kurse weltweit auf Talfahrt geschickt. Auch wenn Experten diese heftige Reaktion für überzogen halten: Die Krise am US-Immobilienmarkt ist noch längst nicht überstanden.
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Zwar hatten zuletzt vor allem der immer wieder neue Rekordhochs markierende Ölpreis und die dadurch angeheizten Inflationsrisiken die Aufmerksamkeit aller Akteure an den Finanzmärkten auf sich gezogen. Doch die Finanzmarktkrise wurde dadurch nur verdrängt, abgehakt war sie noch lange nicht. Dieses "Aufmerksamkeitsdefizit" rächt sich nun mit voller Wucht.

Voller Entsetzen starrten Anleger auf die purzelnden Kurse vor allem bei Finanztiteln, nachdem die Experten von Lehman Brothers auf drohende Kapitalerhöhungen bei den US-Hypothekenfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac in zweistelliger Milliardenhöhe hingewiesen hatten. Der Grund ist eine anstehende Änderung in der Rechnungslegung der Institute.

"Sehr extreme" Marktreaktion
"Die Lehman-Studie ist fantastisch um Headlines zu machen, aber auch um Schaden an den Märkten anzurichten. Der heftige Stimmungsumschwung an den Börsen gestern in New York und heute in Europa war allerdings sehr extrem und auch ein wenig überzogen", betont Unicredit-Anleihenstratege Kornelius Purps im Gespräch mit boerse.ARD.de.

Allerdings gibt es auch gute Gründe, warum das Dementi der Freddie-Mac-Sprecherin, es sei keine Kapitalerhöhung geplant, wenig glaubhaft klingt. Schließlich waren beide Institute zuletzt mehrfach auf Liquiditätsspritzen angewiesen. Zudem verschlechtert sich die Qualität der vergebenen Immobilienkredite kontinuierlich, und die Zahl der Kreditausfälle steigt weiterhin. Erst Ende Juni hatte deshalb die UBS ihre Gewinnschätzungen für Fannie Mae drastisch gekürzt: Die Schweizer Bank rechnet jetzt für das laufende Jahr mit einem Verlust von 3,75 Dollar je Aktie.

Überzogen hohe Risikoprämien?
Insofern kommt der neuerliche Ausbruch der Finanzkrise für aufmerksame Beobachter auch nicht gänzlich überraschend. Zumal sich wichtige Krisenindikatoren zuletzt wieder verschlimmert hatten: So hatten sich die Kosten der Versicherungen gegen Kreditausfälle, so genannte Credit Default Swaps (CDS), für Schuldner aus dem US-Finanzsektor seit Mitte April etwa verdoppelt.

Die CDS auf Fannie Mae oder Freddie Mac mit einer Laufzeit von fünf Jahren notierten zuletzt bei rund 75 Basispunkten oder 75.000 Dollar pro Jahr, um eine 10 Millionen Dollar teure Schuld abzusichern. Nach der Hiobsbotschaft von Montagabend kletterten sie gar bis auf 85 Basispunkte. Dabei scheinen diese Risikoprämien bei Weitem nicht überzogen. Denn schon ein Blick auf die Situation am US-Immobilienmarkt verrät, dass das Tal noch lange nicht durchschritten und von Bodenbildung und Trendwende somit noch lange nicht die Rede sein kann.

Abschwung noch bis 2009
Solange die Hauspreise weiter fallen, müssen immer mehr Häuser in den USA unter Wert zwangsversteigert werden, werden immer mehr Hypothekenschuldner zahlungsunfähig und können ihre Kredite nicht bedienen, was wiederum für weitere Abschreibungen sorgt. Die Präsidentin der regionalen US-Notenbank von San Francisco, Janet Yellen, hatte am Montagabend noch Öl in diese offene Wunde der Finanzmärkte gegossen mit ihrer Äußerung, der Rückgang der Immobilienpreise werde sich noch weit bis ins Jahr 2009 fortsetzen.

Dabei ist auch diese Einschätzung kaum als neu oder überraschend zu bezeichnen, sondern sie deckt sich mit der anderer Experten: So kommt etwa das Institut für Weltwirtschaft in seiner Frühjahrsprognose 2008 zu dem Schluss, "dass sich der Abschwung des Immobiliensektors wohl noch bis ins zweite Halbjahr 2009 fortsetzen wird".

Bild zum Artikel vergrößernDer S&P;/Case-Shiller Home Price Index ist seit Mitte 2006 im freien Fall

Hauspreisindex im freien Fall
Darauf deutet auch die Entwicklung des von der Ratingagentur Standard & Poor's ermittelten US-Hauspreisindex hin: Bis Mitte 2006 lagen die Zuwachsraten beim S&P/Case-Shiller Hauspreisindex bei bis zu 20 Prozent. Doch seither befindet er sich im freien Fall. Erst Ende Juni gab S&P bekannt, der zehn Städte umfassende Index habe im April bei minus 16,3 Prozent ein neues Rekordtief erreicht.

Hätte man diesem Indikator übrigens schon früher Beachtung geschenkt, so wäre der "Ausbruch" der US-Immobilienmarktkrise und die dadurch ausgelösten Einbrüche an den Börsen im Sommer 2007 für viele weit weniger überraschend dahergekommen.

Zu groß um zusammenzubrechen?
Trotz der verheerenden Situation am US-Immobilienmarkt, sind wiederum Spekulationen auf eine möglicherweise bevorstehende Pleite von Fannie Mae oder Freddie Mac gänzlich überzogen. Denn auch wenn die Institute keine explizite Staatsgarantie haben, wird es die US-Regierung sicherlich nicht zum Supergau kommen lassen - schon gar nicht im Wahljahr. Schließlich stehen die Hypothekenfinanzierer mit den goldigen Namen hinter rund 50 Prozent aller US-Hypothekenkredite. Die oft zitierte Formel "too big to fail" dürfte in diesem Fall also tatsächlich greifen.

Auch Purps ist überzeugt: "Dass die geplante Rechnungslegungsvorschrift ohne Ausnahme umgesetzt wird, ist bei dem Ausmaß und der Sonderstellung dieser Institute kaum vorstellbar. Die Regierung wird den Karren nicht selbst aktiv an die Wand fahren. Da werden im Endeffekt schon alle an einem Strang ziehen und die Lehman-Analyse mit einem Handstreich ad absurdum führen."


 


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