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20.07.2008    10:54 Uhr Drucken  |  Versenden  |  Kontakt
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Götz George als "Schimanski"

Ruhrort-Blues

Götz George und "Schimanski" überragen alle "Tatorte". Kommende Woche wird der Schauspieler 70. Auch Schimanski ist älter geworden: den neuen Fall im alten Milieu löst er mit Bedacht und dem richtigen Instinkt.
Von Christopher Keil

Götz George als Schimanski
vergrößern Götz George als Schimanski im aktuellen Tatort "Schicht im Schacht".
Foto: dpa
 

In den fünf Begegnungen seit 2001 wurde deutlich, dass Götz George, der nun in der kommenden Woche 70 Jahre alt wird, ein humorvoller und geselliger Mensch ist, der die Menschen allerdings fürchtet. Er braucht deshalb vertraute Rituale wie die Begrüßung oder das intensive Gespräch über seinen Film - es gibt ja immer einen neuen Film, ein neues Stück seit 1949.

Oder das Lob für sein blendendes Aussehen, das Interesse für seinen Berg auf Sardinien. Oder die Erinnerung an seinen Schimanski. Er mag: Fleiss, Redlichkeit, Ehrlichkeit. Er sagt: "Ich bin gnadenlos ehrlich." Manchmal sind das andere auch, was zu Komplikationen führen kann. Und wenn schon.

Beim bisher vorletzten Treffen 2005 in Berlin, es war Herbst, bekam George gerade einen Preis für Schimanski, tatsächlich noch einen mehr. Damals sagte er: "Das ist bekloppt. Da kriegste so'n Preis in dem Moment, in dem der Schimanski vielleicht in den Orkus fährt."

Das hat für Aufregung gesorgt, das sollte beim WDR, wo Schimanski entsteht, für Aufregung sorgen, und so gab und gibt es George weiter als Schimanski und auf einem Tatort-Sendeplatz - obwohl Schimanski seit 1992 nicht mehr als Tatort geführt wird.


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Bildstrecke Schimmi, altes Haus! Rahmen
Götz George Götz George als Schimanski Götz George als Schimanski Götz George als Schimanski Götz George
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Man kann an dieser Lex George ganz gut das Prinzip George erkennen. Es besteht darin, dass Götz George für sich und seine Arbeit eine herausgestellte Aufmerksamkeit erwartet, dass er sie fordert und meistens auch bekommt. Er bekommt sie, weil er seit einem halben Jahrhundert mit seinen Dramen und seinen Erfolgen (u. a. Der Totmacher, Schtonk) wahrscheinlich der deutsche Schauspieler ist.

Der Duisburger Tatort wurde bereits nach der ersten Episode 1981 nur noch Schimanski genannt. Schimanski war ein seewölfiger Bulle mit Herz und Faust, ein kriminalistischer Stahlkocher aus dem Ruhrgebiet. Er kommerzialisierte den Tatort, er machte Schlagzeilen. Es gab plötzlich eine Schimanski-Jacke, Citroën wurde als Automarke cool, weil Schimanski Citroën fuhr, und Schimanski lutschte ständig Paroli, gefüllte Hustenbonbons, die so waren wie die Figur: außen hart, innen weich.

Damals war das revolutionär. Deshalb bekam Götz George 1997 die Reihe Schimanski. Extrawurst, nennen das die einen, und viele in der ARD diskutierten, ob das gehe, dass ein Krimi, der nicht Tatort heißt, wie ein Tatort behandelt, gesetzt wird?

Es ging, es geht gut.


Man sollte sich vielleicht einmal vorstellen, ob es eine ARD-Reihe "Lindholm" geben könnte. Zu Lindholm fällt nicht jedem schnell etwas ein, aber zu Furtwängler natürlich sofort: Maria Furtwängler, blond, schön, schlau, Medizinstudium, Mutter zweier Kinder, Ehefrau Hubert Burdas, gesellschaftlich allerbestens beleumundet durch jedes deutsche People-Magazin. Die Reihe müsste also "Furtwängler" heißen.


Maria Furtwängler hat als Hannoveraner Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm beeindruckende Quoten, acht, neun, zehn Millionen schauen ihr zu. Sie wirkt im Fernsehfilm lebensecht, Filmrolle und gesellschaftliche Rolle mischen sich. Früher stand die Rolle allein. Für Götz George ist sie immer noch alles.

Am Sonntag ist die 15. Folge Schimanski zu sehen, und sie kehrt an den Anfang zurück, nach Duisburg-Ruhrort. "Duisburg-Ruhrort" hieß der erste Tatort mit Götz George als Horst Schimanski im Juni 1981. Jetzt heißt es "Schicht im Schacht", und George lässt Schimanski das Alter sehr spüren.

Nicht mehr körperlich, sondern mit der Ruhe seiner Erfahrungen, mit dem richtigen Blick und dem Instinkt das Alten löst der nicht mehr aktiv im Dienst stehende Schimanski den Fall. Melancholie trübt den Ruhrort, der ein sterbender Fleck Erde ist, und wahrscheinlich gefällt George daran, dass man aus der Stimmung ableiten könnte, es wäre sein letzter Auftritt.

Doch das ist nicht beschlossen. Beschlossen ist mit dem WDR, dass zunächst immer die Qualität des Drehbuchs über die Fortsetzung entscheidet.

Hommage an einen Großen seines Fachs


Am kommenden Mittwoch, zum 70. Geburtstag, wird die ARD einen halbstündigen Film des WDR von Marika Ullrich zeigen (Nicht reden, machen). Marika Ullrich ist die Lebensgefährtin von Götz George, und mit ihr, seiner großen Vertrauten, auf der anderen Seite der Kamera gelingt es George einmal spielerisch, persönlich vor ein Publikum zu treten.

Es ist ein charmanter, ein unterhaltender Rückblick, der nichts ausspart - nicht den mächtigen Vater Heinrich George, auch nicht die Winnetou-Jahre, über die Götz George sagt, dass er mit ihnen seine Kindheit nachholen konnte. Und schon gar nicht versuchte Marika Ullrich, den Mann, den sie ja nur aus der Nähe kennt, völlig anders erscheinen zu lassen, als er ist. Was man nicht sieht, sagen Freunde, die das, was sie sagen, sagen dürfen, und so spricht der urkomische Helmut Dietl, der erst erklärt, dass er eitel ist, über Georges Eitelkeit.

In der schönsten Einstellung, eigentlich eine Billy-Wilder-Einstellung, sieht man George auf Sardinien, wo er sich ein Haus mit Meerblick baute. Er streichelt ein Pferd. "Pferde können zuhören", sagt er, "das ist bei mir ganz wichtig." Es darf gelacht werden, und wenn man Götz George richtig einschätzt, würde es ihn amüsieren.

Schimanski - Schicht im Schacht, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.


(SZ vom 19./20.7.2008/mst)

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Leserkommentare (2)



23.07.2008 08:46:54

timsss: Lindholm wer?

Der Vergleich mit Lindholm ist ausgezeichnet. Die kennt nämlich keiner. Die vielen Menschen sehen sich Frau Furtwängler an. Ein berühmter Name + Präsentation in den Burda Blättchen sorgen für eine große Bekanntheit und Yellow-Press Neugierde der Menschen. Das ist die Ausgangsbasis für das dicke Fundament der beindruckenden Lindholm-Quote. Und jetzt zurück zu Schimanski. Die Figur Schimanski ist allein durch die Schauspielerische Leistung von Götz George sehr bekannt und geschätzt.


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