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Inspirationsquelle Idiotentest

Kim Fisher hat ein Problem mit der Straßenverkehrsordnung - und profitiert jetzt davon. Christian Schulz
Kim Fisher hat ein Problem mit der Straßenverkehrsordnung - und profitiert jetzt davon.

Kim Fisher hat ein witziges Buch geschrieben und benutzt 236 Knöllchen als Werbung dafür

Andreas Kurtz

Wenn es ihn nicht gäbe, würde das Wort Brieffreund in unserer von E-Mails und SMS bestimmten Zeit auf die Liste der bedrohten Arten gehören. Aber er schreibt regelmäßig. Allerdings zweifelt man jedes Mal daran, dass man es mit einem echten Freund zu tun hat, denn er verlangt Geld. Die Rede ist vom Polizeipräsidenten und seinen Knöllchenbriefen. Die Moderatorin, Sängerin und Schauspielerin Kim Fisher bekam innerhalb von zwei Jahren genau 236 dieser kostenpflichtigen Briefe, was ihr einen weiteren einhandelte: die Vorladung zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) – meist „Idiotentest“ genannt.
Das ist nun schon auch ein halbes Jahr her und deshalb müsste ihr Interesse normalerweise darin bestehen, dass diese Geschichte schnell in Vergessenheit gerät. Normalerweise. Aber kommenden Montag kommt im Goldmann-Verlag „Im Namen der Jungfrau“, das zweite Buch von Kim Fisher, heraus. Dessen eindeutig autobiografisch inspirierte Hauptperson Dodo muss ganz am Anfang zum Idiotentest. Wobei sie sich über die Einstiegsfrage des Psychologen („Sind sie gerade in einer Beziehung?“) sehr wundert. Und es seltsam findet, wie die Ärztin an ihrer Leber herumtastet, um herauszufinden, ob die auf intensiven Alkoholgenuss hinweist. Dabei weiß man doch spätestens seit Dr. Eckart von Hirschhausen: Die Leber wächst mit ihren Aufgaben.

Genau so hat Kim Fisher die MPU erlebt. Und bei allem Ärger und aller Aufregung – schließlich hätte die ja auch den Führerschein kosten können – muss sie für diese Erfahrung dankbar sein. „Nach dem Erfolg meines ersten Buches wollte der Verlag ein neues. Bis zur MPU wusste ich aber nicht, wie ich das anfangen sollte.“ Das war nun wirklich kein Problem mehr. Und ihren Führerschein durfte sie auch behalten.
Um nicht als völlig asoziales Wesen dazustehen, sind Kim Fisher im Zusammenhang mit ihren vielen Knöllchen bei aller Scherzerei über ihren Kleinstwagen („Mein Smart ist doch eher eine Schubkarre, die man irgendwo abstellt.“) einige Feststellungen wichtig: „Ich parke nicht in Einfahrten oder auf Behindertenparkplätzen. Ich habe die Strafzettel nur bekommen, weil ich den Parkscheinautomaten vor meinem Lieblingslokal nicht gefüttert habe.“

Dahinter steckte eine Idee: Ohne Parkschein kostet der Strafzettel 5 Euro, mit einem abgelaufenen 15. Was sie nicht eingerechnet hatte: „Das Eingeben der Überweisungen meiner Strafgelder im Online-Banking hat mich viel Zeit gekostet. Außerdem hat mir mein Papa mal ganz schlüssig erklärt, dass die Parkraumbewirtschaftung ja doch eigentlich Sinn macht.“ Ergebnis der erzieherischen Bemühungen: „Ich habe begriffen, dass es so nicht weitergehen konnte. Und jetzt bekomme ich nur noch zwei oder drei Knöllchen pro Monat.“
Und ein witziges Buch ist auch entstanden. Hauptperson Dodo, 32 Jahre alt und damit sieben Jahre jünger als ihre Schöpferin Kim Fisher, setzt in einem nicht ganz so lichten Moment eine dicke Lüge in die Welt. Und plötzlich glauben wirklich alle, sie sei noch Jungfrau. Obwohl das Buch noch gar nicht in den Läden steht, musste der Verlag wegen der vielen Vorbestellungen schon die zweite Auflage ordern. Hier befindet sich also offensichtlich eine ehemalige Serientäterin auf dem guten Weg der Resozialisierung.

Berliner Zeitung, 21.5.2008