Datenbank: | Länder und Märkte |
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Titel: | Wechsel an der Poleposition |
Datum: | 28.12.2007 |
Land: | China |
Produktkategorie: | Artikel |
Ihr Ansprechpartner in der bfai: | Frau Menshausen, Ruf: 0221/2057-266 |
Köln (bfai) - China schickt sich an, 2008 Deutschland als Exportweltmeister abzulösen. Die Ausfuhrerfolge des Reichs der Mitte beruhen dabei nur unwesentlich auf Billigprodukten. Das Land ist schon heute größter Lieferant in den Branchen Elektrotechnik, Elektronik sowie Stahl und wird bald auch bei Maschinen und Chemischen Erzeugnissen an die Weltspitze vorzudringen. Einzig der Pkw-Sektor blieb bisher von Angriffen verschont. Auslandsinvestitionen sind allerdings maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt.
In einer historisch gesehen beispiellosen Aufholjagd ist es China seit Beginn der Öffnungspolitik gelungen, sich von einem der hintersten Exportränge in die Spitzengruppe zu katapultieren. Im Zeitraum von 1978 bis 2006 verzehnfachte sich der Anteil der Volksrepublik am Weltexport von 0,8 auf 8,0%.
1978 exportierte das Land gerade mal so viel wie Nigeria oder Libyen - im 2. Quartal des Jahres 2007 wurden die bislang weltweit an zweiter Stelle liegenden USA überrundet, und das führende Deutschland wird seinen Weltmeistertitel aller Voraussicht nach im Verlauf der zweiten Hälfte 2008 an China abgeben müssen.
Entwicklung des Weltexports ( in Mrd. US$)
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
Weltexport | 10.431 | 12.062 | 13.835 | 15.770 |
China | 762 | 969 | 1.230 | 1.500 |
Deutschland | 977 | 1.124 | 1.335 | 1.480 |
USA | 904 | 1.037 | 1.150 | 1.265 |
Quellen: 2005/2006: WTO; 2007: bfai-Hochrechnung auf Basis der ersten sieben (China: acht) Monate nach Angaben der jeweiligen statistischen Ämter; 2008: bfai-Prognose
Die Entwicklung zeigt, dass sich das Land quer durch alle Branchen an die Weltspitze setzen will. Während es 1990 nur in einer kleinen Untergruppe von Konsumgütern - nämlich Accessoires - sowie bei Spielzeugen an der Poleposition der Weltexporteure stand, hat sich das Bild bis heute völlig gewandelt.
Weltgrößter Lieferant von Konsumgütern ist die VR China schon seit Mitte der 90er Jahre. 2006 lieferte das Land 25,0% des Weltexports dieser Sparte in Höhe von etwa 550 Mrd. US$. Nach der Jahrtausendwende folgten schnell weitere Branchen. Ein gutes Beispiel sind Elektronische Erzeugnisse. China startete 1990 mit einem Anteil von nur 1,1% am gesamten Weltexport in diesem Segment. Größter Anbieter auf dem Weltmarkt war damals noch Japan mit einem Anteil von 23,7% vor den USA mit 18,3%. Im Jahr 2003 wurden beide Länder von China überholt, und 2006 stand das Reich der Mitte mit einem Anteil von 18,5% an der gesamten Weltausfuhr weiterhin unangefochten an der Spitze.
Weltexport von Elektronischen Erzeugnissen
1990 | 2006 | Anteilsveränderungen | |
Weltexport (in Mrd. US$) | 283 | 1.550 | in Prozentpunkten |
Anteile wichtiger Lieferländer am Weltexport | |||
.China | 1,1% | 18,5% | +17,4 |
.USA | 18,3% | 8,8% | -9,5 |
.Japan | 23,7% | 6,4% | -17,3 |
.Deutschland | 7,5% | 5,0% | -2,5 |
Quellen: UN; nationale Zollämter; bfai-Berechnungen; Weltexport 2006 geschätzt
Elektronische Erzeugnisse: SITC 75 + 76 + 776
Die rasante Entwicklung ging in erster Linie zu Lasten der bisherigen Großanbieter USA und Japan. Mit Anteilsverlusten in Höhe von 17,3 Prozentpunkten geriet vor allen Dingen Nippon unter die Räder - eine Negativentwicklung, die ihresgleichen sucht in der Weltwirtschaftsgeschichte. Deutschland hat sich hingegen angesichts der gravierenden Veränderungen einigermaßen gut geschlagen. Mit einem Rückgang von 2,5 Prozentpunkten hielten sich die Verluste in Grenzen.
Ähnlich, wenn auch nicht ganz so dynamisch entwickelte sich China zum Großexporteur von Elektrotechnik. Auch hier startete die Volksrepublik 1990 mit sehr geringen Anteilen an den Weltausfuhren dieser Branche von 0,6%. Aber schon 2004 wurden Japan und die USA überrundet und 2006 dann auch das bislang führende Deutschland auf die Plätze verwiesen.
Weltexport von Elektrotechnik
1990 | 2006 | Anteilsveränderungen | |
Weltexport (in Mrd. US$) | 129 | 557 | in Prozentpunkten |
Anteile wichtiger Lieferländer am Weltexport | |||
.China | 0,6% | 13,4% | +12,8 |
.Deutschland | 17,9% | 11,9% | -6,0 |
.USA | 13,6% | 9,6% | -4,0 |
.Japan | 14,2% | 8,2% | -6,0 |
Quellen: UN; nationale Zollämter; bfai-Berechnungen; Weltexport 2006 geschätzt
Elektrotechnik: SITC 75 minus 776
Im Segment Elektrotechnik hielten sich lediglich die Anteilsverluste der USA mit 4,0 Prozentpunkten in Grenzen, während Japan und Deutschland mit Rückgängen von jeweils 6,0 Punkten zu den großen Verlierern gehören. Dieser Prozess betraf im Übrigen alle westlichen Länder: auch Großbritannien, Frankreich und Italien mussten Federn lassen.
Unterdessen schickt sich das Reich der Mitte an, den nächsten Posten zu schleifen. Deutschland konnte seine führende Position im Stahlexport zwar 2006 noch knapp verteidigen, aber im ersten Halbjahr 2007 schon erhöhten die Chinesen ihre Ausfuhr in diesem Sektor im Vergleich zur Vorperiode um 125% auf 26,3 Mrd. US$, während die deutschen Lieferungen ins Ausland "nur" um 38% auf umgerechnet 20,7 Mrd. US$ gesteigert werden konnten.
Weltexport von Stahl
1990 | 2006 | Anteilsveränderungen | |
Weltexport (in Mrd. US$) | 103 | 375 | in Prozentpunkten |
Anteile wichtiger Lieferländer am Weltexport | |||
.Deutschland | 15,0% | 8,8% | -6,2 |
.China | 1,2% | 8,7% | +7,5 |
.Japan | 11,3% | 8,0% | -3,3 |
.Italien | 5,9% | 5,3% | -0,6 |
Quellen: UN; nationale Zollämter; bfai-Berechnungen; Weltexport 2006 geschätzt
SITC 67
Auch im Stahlsektor hat die VR China also innerhalb weniger Jahre alle Konkurrenten hinter sich gelassen, und wiederum waren vor allem westliche Industrienationen betroffen. Neben China gehören auch Russland, die Ukraine sowie Südkorea zu den Gewinnern.
Es gibt allerdings Branchen, die sich - zumindest bislang - des Ansturms chinesischer Produzenten einigermaßen erwehren konnten. Hierzu zählt beispielsweise der Maschinenbau, obwohl das Land auch hier zur Aufholjagd angesetzt hat.
1990 | 2006 | Anteilsveränderungen | |
Weltexport (in Mrd. US$) | 368 | 1.090 | in Prozentpunkten |
Anteile wichtiger Lieferländer am Weltexport | |||
.Deutschland | 19,7% | 16,8% | -2,9 |
.USA | 13,7% | 13,1% | -0,6 |
.Japan | 12,6% | 8,2% | -4,4 |
.Italien | 8,3% | 7,5% | -0,8 |
.China | 0,7% | 5,4% | +4,7 |
Quellen: UN; nationale Zollämter; bfai-Berechnungen; Weltexport 2006 geschätzt
Maschinen: SITC 71 + 72 + 73 + 74
Japan erweist sich als der große Verlierer in diesem Spiel, aber auch Deutschland hat in gewissem Umfang Marktanteile abgeben müssen, während sich die USA und das viertplatzierte Italien einigermaßen halten konnten.
Wie schnell China mittlerweile auch im Segment Maschinenbau voranschreitet, zeigt sich exemplarisch an zwei Drittmärkten. So wurde Deutschland als zweitgrößter Maschinenlieferant für Japan schon 2000 von den Chinesen überrundet und stellte 2006 nur noch 10,1% des japanischen Maschinenimports. Die Volksrepublik hält gegenwärtig 22,5% hält. Auf diesem wichtigen Überseemarkt haben deutsche Maschinenbauer seit 1990 Anteile in Höhe von 9,2 Prozentpunkten verloren (USA: -7,0 Punkte).
Weniger dramatisch, aber mit ähnlicher Tendenz, zeigt sich der US-Importmarkt. Während Deutschland als Maschinenlieferant zwischen 1990 und 2006 knapp 3,5 auf 13,0 Prozentpunkte einbüßen musste (Japan: -3,4), legte China im gleichen Zeitraum um 8,8 Punkte auf einen Anteil von 9,7% zu. In den ersten sechs Monaten 2007 stellten chinesische Unternehmen schon 11,7% der US-Maschineneinfuhren, während der deutsche Anteil stagnierte.
Insgesamt dürften die chinesischen Maschinenexporte 2007 um gut ein Drittel auf 80 Mrd. US$ steigen (Deutschland: +20% auf 220 Mrd. $), so dass sich das Reich der Mitte schon 2008 auf Rang vier befinden dürfte und Italien auf Platz fünf verweist. Der Abstand zur Weltspitze ist aber immer noch beträchtlich.
Noch größer ist die Kluft bei Chemischen Erzeugnissen. Trotz beeindruckender Erfolge war das Land 2006 erst auf Rang zehn der größten Exportnationen. Im Zeitraum 1990 bis 2006 konnte der Anteil - gemessen an den gesamten Ausfuhren der Branche - nur um 2,4 auf 3,7 Prozentpunkte gesteigert werden.
1990 | 2006 | Anteilsveränderungen | |
Weltexport (in Mrd. US$) | 288 | 1.210 | in Prozentpunkten |
Anteile wichtiger Lieferländer am Weltexport | |||
.Deutschland | 17,1% | 12,7% | -4,4 |
.USA | 13,4% | 11,2% | -2,2 |
.Belgien | 5,6% | 8,4% | +2,8 |
.Frankreich | 9,7% | 6,2% | -3,5 |
.China | 1,3% | 3,7% | +2,4 |
Quellen: UN; nationale Zollämter; bfai-Berechnungen; Weltexport 2006 geschätzt
Chemie: SITC 5
Dennoch muss auch in diesem Segment künftig stärker mit China gerechnet werden. So dürften nach bfai-Schätzungen die chinesischen Chemieexporte 2007 um ein gutes Drittel auf 60 Mrd. $ zulegen und mit diesem Ergebnis das Ausfuhrvolumen Japans knapp erreichen. 2008 könnte das Reich der Mitte dann schon in die Spitzengruppe vorstoßen und Belgien überrunden - weltweit Rang drei für die chinesischen Anbieter.
Es bleibt im Grunde bislang nur ein großes Segment, das im Weltexport eine exponierte Rolle spielt und in dem China noch weit hinten liegt: die Automobilbranche. Trotz beträchtlicher Anstrengungen gelang es den dortigen Produzenten bislang nicht, auch nur annähernd auf wichtigen Exportmärkten Fuß zu fassen.
1990 | 2006 | Anteilsveränderungen | |
Weltexport (in Mrd. US$) | 167 | 527 | in Prozentpunkten |
Anteile wichtiger Lieferländer am Weltexport | |||
.Deutschland | 24,6% | 22,4% | -2,2 |
.Japan | 24,9% | 17,9% | -7,0 |
.Kanada | 8,4% | 7,2% | -1,2 |
.USA | 6,6% | 6,7% | +0,1 |
.China | 0,0% | 0,3% | +0,3 |
Quellen: UN; nationale Zollämter; bfai-Berechnungen; Weltexport 2006 geschätzt
Pkw: SITC 781
Mehr als 40% der Weltausfuhr von Pkw entfallen weiterhin auf Deutschland und Japan, und auch Kanada und die USA haben sich als Lieferanten gut geschlagen. Der große Gewinner auf den Welt-Pkw-Märkten heißt daher ausnahmsweise nicht China, sondern es ist das kleine Südkorea, das in diesem Segment von der Globalisierung am Meisten profitiert hat.
Dessen Anteile am gesamten Weltexport erhöhten sich im Zeitraum 1990 bis 2006 um 4,7 Prozentpunkte auf 5,8% - Rang sechs in der Weltrangliste, während das Reich der Mitte zuletzt auf Platz 24 lag. In absoluten Zahlen steigerten die Koreaner ihre Pkw-Lieferungen ins Ausland seit 1990 von 1,1 Mrd. auf 30,6 Mrd. $, während China nur von 8 Mio. auf 1,5 Mrd. zulegen konnte. Beide sind damit noch weit entfernt vom Exportweltmeister Deutschland mit Branchenausfuhren in Höhe von 118 Mrd. $.
Der Erfolg chinesischer Exporteure auf den Weltmärkten hätte sich allerdings niemals ohne das Engagement ausländischer Investoren einstellen können. Einschließlich des 1. Quartals 2007 beliefen sich die kumulierten Zuflüsse auf mehr als 735 Mrd. $, und die mit diesen Geldern aufgebauten Firmen stellten schon 1995 gut 30% der gesamten chinesischen Ausfuhren. Bis 2000 erhöhte sich diese Quote auf knapp 50% und pendelt seither um Werte zwischen 55 und 58%.
Zuflüsse | Kumulierte Zuflüsse | Anteile am Export | |
1995 | 37,5 | 134,9 | 31,5 |
2000 | 40,7 | 348,3 | 47,9 |
2005 | 72,4 | 634,5 | 58,3 |
2006 | 69,5 | 704,0 | 58,2 |
1. Halbjahr 2007 | 31,9 | 735,9 | 56,9 |
Quelle: NBS, MofCom
(S.G.)