Die S-Bahn Berlin GmbH war auf der InnoTrans mit innovativen Projekten vertreten.
Eberhard Lorenz, Fachbereichsleiter Betrieb, hat den Fachbesuchern über den Stand eines Pilotprojektes der Sicherungstechnik berichtet. Ziel ist die Ablösung des letzten Relikts aus der Zeit der Elektrifizierung: Die mechanische Fahrsperre wird durch ein "EURO-Balisensystem" ersetzt.

Der Ausbau der Berliner S-Bahn in den letzten zehn Jahren hat auch bei der Sicherungstechnik für einen beispiellosen Technikschub gesorgt. Immer mehr Strecken werden durch elektronische Sicherungstechnik überwacht; inzwischen sind es über 40 % des S-Bahnnetzes. Es soll bis zum Ende des Jahrzehnts vollständig umgestellt sein. Weil Elektronische Stellwerke (ESTW) computergestützt arbeiten, sind umfassende Vernetzung und Datenaustausch möglich.

Der Rechner ist mit allen relevanten Fahrplandaten versorgt, das ermöglicht in der Regel vollautomatischen Betrieb. Jeder Zug ist mit seinem aktuellen Standort und seinem planmäßigen Ziel bekannt, an Abzweigstellen werden die Weichen selbstständig in die richtige Richtung gestellt. Der Fahrdienstleiter hat vor allem überwachende Aufgaben. Er kann das Entstehen von Unregelmäßigkeiten umfassender als bisher erkennen und den Folgen entgegenwirken. Dies hilft beispielsweise, die Unregelmäßigkeiten bei den in letzter Zeit verstärkt auftretenden Störungen auf dem Ring zu minimieren, wobei Stellwerksprobleme nicht mehr das Hauptproblem sind.

Tempoüberwachung an Signalen
Die Kernaufgabe der Sicherungstechnik, zu verhindern, dass zwei S-Bahnzüge miteinander kollidieren, wird zur Zeit noch mit älterer Technik bewerkstelligt. Überfährt ein Zug unerlaubt ein Halt zeigendes Signal, wird er durch eine Fahrsperreneinrichtung aus den 20er Jahren zwangsgebremst. Hinter jedem Signal ist ein so genannter Durchrutschweg angeordnet, dessen Länge auf das planmäßige Tempo bemessen ist. Die tatsächliche Geschwindigkeit der S-Bahnen kann jedoch nicht überwacht werden.

Am 10. Mai fuhr eine S-Bahn mit Tempo 60 statt erlaubter 40 auf den Bahnhof Hackescher Markt zu und auf einen dort haltenden Zug auf. Die Bahn wurde zwar zwangsgebremst, wegen des überhöhten Tempos reichte der Sicherheitsabstand jedoch nicht aus, sodass es noch zu einem Aufprall kam. Die Fahrsperre hatte im Rahmen ihrer Möglichkeiten einwandfrei funktioniert. Seit Mitte der 90er Jahre arbeiten Fachleute der Deutschen Bahn, der S-Bahn Berlin und der Industrie an der schon lange geplanten Ablösung der alten Fahrsperre. Sie soll durch ein so genanntes "EURO-Balisensystem" ersetzt werden, mit der man auch die europäischen Hochgeschwindigkeitsstrecken sicherungstechnisch harmonisieren will (ETCS).

Balisen übertragen Daten an die Züge
Balisen sind kleine Sender, die zwischen die Schienen auf die Gleisschwellen geschraubt werden und wie gelbe Kästen aussehen. An Signalen werden die erforderlichen Informationen an den Lampenstromkreisen abgegriffen und der Balise über eine spezielle Steuereinheit per Kabel übermittelt. Ob und wie schnell eine S-Bahn bis zum nächsten Signal fahren darf, wird in der Balise als so genanntes Telegramm abgelegt. Der nächste Zug, für den diese Informationen gelten, empfängt die Daten berührungslos über eine Antenne, die sich unter dem Wagenboden befindet. Auch an die Belastungen aus dem Bahnbetrieb haben die Konstrukteure gedacht. Die Balise selber benötigt nicht mal Strom; der Energieimpuls der Zugantenne genügt ihr, um die Signaldaten zu reflektieren.

Umfangreiche Elektronik im Triebfahrzeug komplettiert das System. Die Signalinformation gelangt von der Antenne zum Fahrzeugrechner. Andere Module ermitteln die zurück gelegte Fahrstrecke und Geschwindigkeit. So überwachen die Fahr-zeugkomponenten die laufende Einhaltung dieser Signalinformationen. Wird eine Temporeduzierung oder ein Haltsignal angekündigt, dann überprüft das System schon jetzt, ob der Bremsvorgang entsprechend der berechneten Bremskurve rechtzeitig stattfindet. Ansonsten wird der Zug zwangsgebremst. Weil die Anforderungen der S-Bahn völlig andere als die von europäischen InterCityzügen sind, finden entsprechende Versuche seit geraumer Zeit im Bereich des Bahnhofs Neukölln statt. Hier sind die Signale mit den Balisen ausgerüstet.

Einige Viertelzüge der Baureihe 485 haben die erforderlichen Fahrzeugkomponenten erhalten. Das EURO-Balisensystem hat sich in der Pilotierung als taugliches System erwiesen. In einer nächsten Etappe sind weitere technische und finanzielle Fragestellungen zu klären. Danach kann das S-Bahnnetz sukzessive auf das neue "Zugbeeinflussungssystem Berliner S-Bahn (ZBS)" umgestellt werden.

Pilotprojekt der S-Bahn-Sicherungstechnik geht in die nächste Etappe

Fahrplanauskunft







Erweiterte Suche
Sitemap Impressum