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Merken   Drucken   23.01.2009, 12:40 Schriftgröße: AAA

Im Namen Gottes: Katholische Kirche rettet Uni Witten

Ein schwäbischer Anwalt sammelt 9 Mio. Euro von kirchlichen Trägern und steigt an der Uni Witten ein. Die Privathochschule steht vor einem Neuanfang, NRW-Minister Pinkwart sichert weitere Landesförderung in Millionenhöhe zu.
von Marion Schmidt (Hamburg)

Beim Boxen spricht man von einem "Lucky Punch", wenn ein schwer angeschlagener Boxer mit einem letzten Hieb einen aussichtslos erscheinenden Kampf doch noch für sich entscheidet. So einen Schlag hat die finanziell bereits angezählte Uni Witten/Herdecke jetzt gemacht - mit einem neuen Finanzierungskonzept und einer neuen Gesellschafterstruktur. Innerhalb von nur vier Wochen hat die akut von der Pleite bedrohte private Hochschule 16 Mio. Euro aufgetrieben.

Allein 9 Mio. Euro kommen von der katholischen Kirche. Der schwäbische Rechtsanwalt Artur Maccari, der in Kirchenkreisen aktiv ist, hat nach eigenen Angaben als "Bote" der Erzdiözese Rottenburg-Stuttgart das Geld eingesammelt. Es stammt nicht, wie Maccari gestern erklärte, von den Bistümern Essen, Paderborn und Rottenburg-Stuttgart. Die Summe wird vielmehr maßgeblich gestemmt von Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft. Die hätten, so Maccari zur FTD, "großes Interesse, die Uni zu erhalten". Das bestätigte unterdessen auch das Düsseldorfer Wissenschaftsministerium. "Fest steht - das Geld fließt", sagte ein Sprecher der FTD.

Land NRW wird Uni weiter fördern

Das neue Finanzierungskonzept, das der FTD vorliegt, musste die Uni am Donnerstagabend im nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium bei einem Treffen mit Gesellschaftern, potenziellen Partnern und Minister Andreas Pinkwart (FDP) vorlegen, um eine weitere Landesförderung von jährlich 4,5 Mio. Euro zu bekommen. Bei der nächtlichen Krisensitzung gelang der Uni der Durchbruch. Das Zukunftskonzept sei "verbindlich und schriftlich vereinbart worden", erklärten das Ministerium und die Uni heute Mittag in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Das Land wird die Uni weiter fördern, mit insgesamt 13,5 Mio. Euro in den nächsten zwei Jahren.

Die Privat-Universität Witten-Herdecke   Die Privat-Universität Witten-Herdecke

Das Papier sorgte bei dem Treffen am Donnerstag für reichlich Spannung. Größte Überraschung: Der Einstieg der katholischen Kirche. Auf das von Anwalt Maccari zusammengeführte Konsortium entfallen 18 Gesellschafteranteile und damit 25 Prozent an der Uni. Ebenfalls 18 Anteile erhält die Düsseldorfer Beraterfirma Droege International. Droege wird die vom Land NRW geforderte Bürgschaft in Höhe von 10. Mio. Euro übernehmen.

Die Alumni-Initiative, die zuletzt über 900 000 Euro von Absolventen und Freunden der Uni eingesammelt hatte, wird zusammen mit dem Kuratorium mit 15,3 Prozent an der Uni beteiligt. Die Software AG Stiftung, die sich bereits mit einer befristeten Bürgschaft und einem Stiftungslehrstuhl an der Uni engagiert, gibt noch mal 2 Mio. Euro und erhält dafür 7 Prozent oder 5 Anteile. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, die ‚Keimzelle’ der Medizinerausbildung, hatte sich Ende Dezember mit 1,9 Mio. Euro an der Uni beteiligt und bekommt dafür nun 4 Anteile. Der Unternehmer August Oetker, der dem Kuratorium vorsteht und der Uni langjährig verbunden ist, erhält 2 Anteile, ebenso das Wittener Institut für Familienunternehmen, das darüber jedoch erst im Februar entscheiden wird. Weitere 2 Anteile gehen an die Studierendengesellschaft, schließlich 1 Anteil für die Stiftung Studienfonds.

Mögliche Verteilung der Gesellschafteranteile an der Uni ...   Mögliche Verteilung der Gesellschafteranteile an der Uni Witten/Herdecke

Studierendenzahl soll steigen

Das neue Konzept, das, so heißt es aus Verhandlerkreisen, bei Minister Pinkwart durchaus Eindruck gemacht, sieht einen Finanzbedarf von mindestens 15 Mio. Euro bis 2011 vor. Um die Hochschule nachhaltig tragfähig zu machen, soll die Studierendenzahl bis 2012 von jetzt 1200 auf 1500 Studenten angehoben werden. Das Fächerspektrum soll so bestehen bleiben. Artur Maccari deutete gegenüber der FTD an, dass seine kirchlichen Geldgeber es gern sehen würden, wenn im Bereich des kulturell ausgerichteten Studium Fundamentale ein Lehrstuhl für kirchliche Ethik eingerichtet würde und auch einer für katholische Theologie. Ob das mit der Ausrichtung des Studium zusammenpasst, muss sich noch zeigen.

Mit dieser Lösung habe man "einen Ausverkauf der Ideale verhindert", heißt es aus der Uni und gewinnorientierte Partner wie die Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH) verhindern können. Der Unterhändler der SRH hatte sich in der nächtlichen Krisensitzung zurückgezogen.

  • FTD.de, 23.01.2009
    © 2009 Financial Times Deutschland
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