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Gift im Wasser
Nitratbelastung und Wasserverschmutzung in Österreich
EU-Kritik: Österreich ist säumig im Gewässerschutz
Österreichs Trinkwasser ist stark mit Nitrat belastet. Jetzt droht
Österreich deswegen ein Rechtsstreit mit der EU.
Die Menschen in der EU sorgen sich um die Qualität ihres Trinkwassers.
Besonders die steigende Nitratbelastung war Anlass für die
Europäische Kommission, Maßnahmen zur Verbesserung der
Wasserqualität zu setzen.
Zuviel Dünger im Wasser
Nitrat ist ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen. Ist die
Konzentration mit Nährstoffen - wie z.B. Nitrat - zu hoch, "kippt" das
Wasser. Algen und Pflanzen wachsen übermäßig und das bringt
das Gewässer aus dem ökologischen Gleichgewicht
(Eutrophierung).
Mehr Infos zu Nitrat - Dünger und
Schadstoff
Die Nitratrichtlinie der EU
Die sogenannte EU-Nitratrichtlinie (91/676/EWG) wurde erlassen, um die
Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus der Intensiv-Landwirtschaft
zu schützen. Sie wurde am 12. Dezember 1991 von der Europäischen
Kommission verabschiedet.
Die EU-Mitgliedstaaten haben seither alle vier Jahre einen Bericht
vorzulegen.
Inhalt dieser Berichte:
- Regeln der "guten fachlichen Praxis" in der Landwirtschaft,
- ausgewiesene gefährdete Gebiete,
- Ergebnisse der Wasserüberwachung,
- eine Zusammenfassung von Aktionsprogrammen für gefährdete Gebiete.
Der aktuelle Bericht der EU-Kommission beurteilt die Belastung der Gewässer durch die Landwirtschaft in Österreich als zu hoch
Besonders in landwirtschaftlich stark genutzten Gebieten im Nordosten
Österreichs ist die Situation äußerst besorgniserregend: Die
bereits über dem Grenzwert liegenden Nitratwerte steigen weiter. Das
Burgenland ist mit 21,4% und Niederösterreich mit 20,1% sehr stark
belastet, in Wien sind sogar 60,1% der Messwerte über dem
Grenzwert!
Zwei Drittel der Stickstofffrachten stammen aus intensiver
landwirtschaftlicher Bodennutzung, des weiteren von Gülleausbringung,
aber auch durch undichte Senk- und Sickergruben, sowie undichter
Kanalisation.
- Die Nitratbelastung des Grundwassers im Nordosten Österreichs nimmt
zu.
- Im Oberflächenwasser (Flüsse, Seen) sind im Nordosten
Österreichs überwiegend Werte zwischen 10 und 25 mg Nitrat/l zu
finden. Es sind also bereits erhebliche Nitratmengen in Seen und andere
Gewässer abgeflossen. Demnach besteht bereits eine erhebliche
Eutrophierungsgefahr.
- Ein Vergleich der Daten des aktuellen Berichts mit den Erhebungen der Jahre 1992-1994 zeigt eine gleichbleibende Gewässerbelastung im Westen und eine Zunahme der Belastung im Nordosten Österreichs.
Das österreichische "Aktionsprogramm":
Österreich führt bundesweit ein Aktionsprogramm zum Gewässerschutz durch. Dazu gehören
- die verbindliche Anwendung der "guten fachlichen Praxis" in der
Landwirtschaft,
- Erstellung von Nährstoffbilanzen,
- Lagerung von Dung,
- Begrenzung der Menge des ausgebrachten organischen Stickstoffs (Nitrat) pro Hektar und Jahr).
Die Maßnahmen, die Österreich im Rahmen des Aktionsprogramms der Jahre 1999-2000 getroffen hat, entsprechen den Vorschriften der Nitratrichtlinie nur mäßig bis unzureichend. Dass die Nitratbelastung des Grundwassers nach wie vor unverändert hoch bzw. sogar steigend sind, liegt zum Teil an der zeitlichen Verzögerung, mit der Nitrate vom Boden ins Grundwasser gelangen können. Vor allem aber wurden im Rahmen des ersten Aktionsprogramms nur höchst unzureichende Maßnahmen ergriffen.
Österreich droht nun ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU
Führen einzelne EU-Mitgliedstaaten die vorgesehenen Schritte der
Richtlinie nicht ordnungsgemäß durch, werden rechtliche
Maßnahmen eingeleitet. Die EU-Kommission strebt dann ein
Vertragsverletzungsverfahren an.
Der erste Schritt ist eine mit Gründen versehene Stellungnahme, auf die
der Mitgliedstaat innerhalb von zwei Monaten antworten muss. Kommt es nicht
zu einer Einigung, wird Klage beim Europäischen Gerichtshof
eingereicht.
In Österreich ist der "Fall" derzeit noch offen. Österreich wurde
kritisiert; die Antwort erfolgte am 23. Dezember 2002 an die Europäische
Kommission. Diese entscheidet nun die weitere Vorgehensweise.
Die rechtliche Situation in Österreich
Schwellenwerte und Grenzwerte
Durch die Novellen der Trinkwasser-Nitrat-Verordnung (1996) und der
Grundwasserschwellenwert-Verordnung (1997) wurde der Nitrat-Schwellenwert
weiterhin bei 45 mg/l angesetzt. Nach den Plänen und rechtlichen
Verankerungen hätte er aber bereits Anfang der 90er-Jahre auf 30 mg/l
gesenkt werden müssen. Nach 1999 hätte der Schwellenwert weiter
reduziert werden müssen: auf 18 mg/l!
Der Schwellenwert gibt nachweisbare Verunreinigungen an. Er wird meist bei 60
Prozent des Grenzwertes der gesetzlich erlaubten Wasserverschmutzung
angesetzt. Bei Überschreitung des Schwellenwertes besteht Besorgnis,
dass das Grundwasser nicht mehr zur Trinkwassergewinnung geeignet ist.
Das Wassergüte-Monitoring
Seit 1991 wird die Wassergüte durch ein bundesweit einheitlich
geregeltes "Wassergüte-Monitoring" erhoben. Die Landeshauptleute
müssen gefährdete Grundwassergebiete ausweisen und
Maßnahmeverordnungen zu deren Verbesserung erlassen.
Nach den Grundwassermessdaten des Umweltbundesamtes wären im Jahr 2000
mehr als 4400 km² als gefährdete Gebiete auszuweisen gewesen.
Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden aber nur zwei Grundwassergebiete als
Sanierungsgebiete ausgewiesen.
Manipulationen "erlauben" die Verschmutzung unseres Trinkwassers
Messwerte aus Messstellen in ganz Österreich erlauben die Beurteilung
der Gewässergüte. Die Toleranz, ab der ein Messwert auf eine
Gefährdung der Wasserqualität hinweist, wurde deutlich erhöht.
Zusätzlich wurden die Kalkulationen für die Einteilung in die
Gebietsklassen wurde deutlich verändert, so dass weit weniger
Grundwassergebiete gefährdet erscheinen. Und das, ohne wie vorgesehen
dabei den Schwellenwert von 45 mg/l zu verändern.
Gefährdete Messstellen
Nach der alten Rechtslage galt eine Messstelle dann als gefährdet, wenn
25% der in Abständen von zwei Jahren erhobenen Messwerte über dem
Grundwasserschwellenwert von 45 mg/l liegen. Nach der neuen Rechtslage (seit
April 2002) gilt eine Messstelle erst dann als gefährdet, wenn der
Durchschnitt der Messwerte über dem Grundwasserschwellenwert von 45 mg/l
liegt.
Voraussichtliches Maßnahmengebiet - Beobachtungsgebiet
Damit in einem Gebiet Maßnahmen ergriffen werden müssen,
müssen 50% (vorher 25%) der Messstellen als gefährdet eingestuft
sein. Sind 30 - 50% der Messstellen gefährdet, so gilt dieses Gebiet als
Beobachtungsgebiet ohne konkrete Rechtsfolgen (früher galten Gebiete bei
Gefährdung von 25% der Messstellen bereits als Sanierungsgebiete).
Übrigens: Früher hieß das "Sanierungsgebiet", heute
"Maßnahmengebiet".
Für das Jahr 2000 waren nach der alten Rechtslage von den insgesamt ca.
12.000 km² umfassenden Grundwassergebieten 20 Gebiete mit einer
Gesamtausdehnung von 4.413 km² "gefährdete Gebiete". Nach nach der
neuen Rechtslage werden nur sechs Gebiete mit einer Ausdehnung von 2.014
km² als voraussichtliche Maßnahmengebiete bezeichnet. Als
Beobachtungsgebiete ohne Rechtsfolge zählen weitere sechs Gebiete mit
1.691 km² Gesamtfläche.
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