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Die Hartungsche Säule: Vorbild für drei Jahrzehnte

01.Februar 2004

Von 1880 bis 1914 wurden die Hartungschen Säulen im Berliner Eisenbahnbrückenbau verwendet. Ein kleiner geschichtlicher Rückblick...


Erste eiserne Brücken bereits 1870

In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts entwickelte sich Berlin zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in Europa. Es entstanden Fernbahn, Stadt- und Ringbahn sowie diverse Vorortbahnen. Berlin verfügte damals über das umfangreichste Stadt- und Vorortbahnsystem Europas.

Die ersten Bahnstrecken Berlins waren noch auf dem Niveau der Straßen angelegt. Mit dem Anwachsen des Straßenverkehrs entstanden jedoch immer mehr Gefahrenquellen. Die Forderung wurde laut, alle öffentlichen Wege zu über- bzw. zu unterführen.
Beim Bau der Ringbahnstrecke wurde man dieser Forderung weitgehend gerecht.
Erstmals im Berliner Eisenbahnbau entstand hier eine ganze Reihe eiserner Brücken. Im Jahre 1870 waren die Brückenbauten vollendet.

Die Säulen der ersten Brücken auf der Ringbahn waren noch sehr schlicht gestaltet. Die einzigen Verzierungen waren filigrane Geländer. Diese schlichte, „ingenieurmäßige“ Bauweise war allerdings damals nicht sehr beliebt.
Innerhalb der Bevölkerung war die Ablehnung nüchterner Eisenkonstruktionen sehr groß.

Die Brücken der Ringbahn galten daher allgemein als misslungen.

 

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Beim Bau der Stadtbahntrasse war die architektonische Gestaltung der Brücken dann aber ein wichtiges Thema. Die Trasse führt durch gutbürgerliche Wohngebiete , hier durfte man die Gestaltung der bis zu sechs Meter hohen Brücken nicht vernachlässigen! Die Brücken mussten architektonisch aufgewertet werden, sie sollten „Stil“ bekommen.

Zierleisten, reich gestaltete Geländer, zierliche Konsolen und Bemalungen waren Ausdruck der gestalterischen Bemühungen der Architekten. Als Vorbilder dienten oft Formen und Elemente aus der Antike. Mit Hilfe der Gießtechnik gelang es auch, die Säulen ohne großen Aufwand repräsentativer zu gestalten. Gusseiserne Säulen wurden daher sehr beliebt.

Der berühmteste Vertreter dieser Art von Säulen wurde die nach ihrem Architekten benannte Hartungsche Säule.

„Modell II“ setzt sich durch

Die Hartungsche Säule war 1880 als „Modell II“ aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangen. In den folgenden Jahrzehnten fand sie die größte Verbreitung in Berlin.

Diese Säule hatte zwei entscheidende Vorzüge: Zum einen ließ sie sich leicht variieren und konnte so durch leichte Abwandlungen unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. Zum anderen war sie am preiswertesten herzustellen: Eine Säule schlug mit 269 Mark zu Buche, ganze 84 Mark billiger als das Konkurrenzmodel I.

 
Bandelwerk des Schaftringes in der Mitte der kanelierten Säule

Bandelwerk des Schaftringes in der Mitte der kanelierten Säule

 
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Das Erscheinungsbild der Säule prägt ein kapitelartiger Kopfteil, ein basisähnlicher Fußteil sowie ein kanelierter Schaft. Der Schaft hat drei Schaftringe, die oben und unten mit Knospen und in der Mitte mit einem Bandelwerk verziert sind.

Um den großen Belastungen standhalten zu können, wurde die Säule mit kugelförmigen Gelenken in Kopf- und Fußteil ausgestattet. Auf diese Weise konnten starke Biegebeanspruchungen vermieden und dem Überbau die nötige Bewegungsfreiheit gegeben werden.

Eine Ära geht zu Ende

Die Beliebtheit gusseisernen Säulen ließ um die Jahrhundertwende immer mehr nach. Im Jahre 1902 sah man sie in zeitgenössischen Konstruktionslehren als nicht mehr zeitgemäß an. Der Grund hierfür war ihr ungünstiges Verhalten bei Hitzeeinwirkung. Dennoch wurden die Hartungschen Säulen unverändert noch bis 1914 beim Bau zahlreicher Berliner Brückenbauten verwendet.

Quelle und Literaturtip:
Larissa Sabottka
DIE EISERNEN BRÜCKEN DER BERLINER S-BAHN
Bestandsdokumentation und Bestandsanalyse
Herausgegeben vom Landesdenkmalamt Berlin
Gebr. Mann Verlag Berlin
ISBN:3786124639
88,- Euro


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