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22.04.2008
Die Kieferorthopädie trägt bedeutsam zum Gesamtumfang zahnmedizinischer Behandlungen bei. Entsprechende Indikationen würden heute jedoch nicht auf ausreichender wissenschaftlicher Basis gestellt, sondern vor allem nach subjektiver Einschätzung und Erfahrung des Behandlers, so die Autoren des Berichts. Damit können sie aber nicht ausreichend begründet werden: weder ethisch gegenüber dem Patienten, noch ökonomisch gegenüber dem Sozialversicherungssystem. Dazu gedachte Indizes wie der Index of Treatment Need (IOTN) besitzen in der Praxis keine Bedeutung.
Vorliegende Untersuchungen zur Wirksamkeit beziehen sich vor allem auf die Korrektur von Zahnfehlstellungen und auf die Zahngesundheit. Die Wissenschaft fordert heute jedoch eine Verallgemeinerung auf die Mundgesundheit. Dazu liegen allerdings keine Studien vor, auch nicht zur langfristigen Wirkung kieferorthopädischer Eingriffe. Darüber hinaus fehle eine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition von „Mundgesundheit“.
Die vorhandene Literatur ist laut Autoren unzureichend. Unbeantwortet lassen sie daher wichtige Fragen wie:
Immerhin thematisiert die wissenschaftliche Literatur das Risiko für Karies. Quantifiziert wird es jedoch nicht – vermutlich weil zahlreiche Faktoren eine Rolle spielen, insbesondere die Mitarbeit des Patienten.
Die Autoren sehen zwischen der Praxis kieferorthopädischer Maßnahmen und der Erforschung ihrer Wirksamkeit eine große Kluft: Intensiv geforscht werde zu Diagnostik und Weiterentwicklung von Geräten und Techniken. Wenig erfolge jedoch zu Interventionsbedarf, Nachhaltigkeit, Einflussfaktoren auf den Erfolg oder zur Quantifizierung von Nebenwirkungen wie Karies oder Wurzelresorption. Nötig seien qualitativ hochwertige Studien und koordinierte Forschungsvorhaben mit dem Ziel der Datensammlung.
Völlig offen lassen muss der Bericht auch die Frage, auf welcher Basis Indikationen für kieferorthopädische Maßnahmen zu stellen sind. Zwar existieren Indizes, die Therapiebedürftigkeit oder -priorität quantifizieren. Jüngere Forschungsarbeiten bezweifeln aber deren Aussagekraft und empirische Relevanz. Die Autoren fordern daher bisher fehlende Forschungen: zu Mundgesundheit und zu Evaluationsparametern, die zur besseren Absicherung einer Indikation erforderlich sind (z.B. mittel- bis langfristiger Zahnerhalt). Dies und eine bessere Abgrenzung zu nicht medizinisch gerechtfertigen Leistungen könne wesentlich zur Vertrauensbildung für Patienten oder Versicherungsgesellschaften beitragen.
Abschließend betonen die Autoren nochmals, für wie dringend sie neue Untersuchungen halten: Unbedingt zu klären sei, welche Indikationsstellungen für kieferorthopädische Interventionen als wissenschaftlich abgesichert gelten. Dabei spiele auch die angestrebte Studienqualität eine wichtige Rolle. Schließlich verdiene die Kieferorthopädie bei den wahrscheinlich zu Recht vermuteten Erfolgen eine hochqualitative wissenschaftliche Begleitung und Absicherung ihrer Vorgehensweise.
Mundgesundheit nach kieferorthopädischer Behandlung mit festsitzenden Apparaten
Wilhelm Frank, Karin Pfaller, Brigitte Konta
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