Martin Luther

Merkwürdige Prophezeiungen des ehrwürdigen, von Gott erleuchteten Mannes Doctoris Martini Luther, die zukünftige Verachtung und Verfälschung des göttlichen Worts, das Pabstthum, den Einfall der Türken in Deutschland, die Zukunft Christi, den jüngsten Tag und die Herrlichkeit des ewigen Lebens betreffend.

Mit einer Einleitung herausgegeben von einem Freunde göttlicher Wahrheit Leipzig, 1829 Rein'sche Buchhandlung

Erstes Kapitel

In wiefern Luther auf Prophezeihungen hielt

Tischreden, Leipz. Ausgabe v.J. 1700

p. 502

1. In geistlichen Sachen suche noch begehre ich keine Offenbarung noch Träume, ich habe ein klar Wort, dabei allein bleibe ich, wie auch St. Paulus vermahnet und lehret, daß wir uns davon sollen halten und hängen, wenn auch gleich ein Engel vom Himmel anders lehrte. In weltlichen und äußerlichen Sachen kann ich Propheten wohl zulassen, die da reden und weissagen von künftigen Dingen, wie es gehen würde, und von Gottes Zorn etc. Aber in geistlichen Sachen, was die Seligkeit anbetrifft, da bleibe ich allein bei der Krippen, glaub' an Jesum Christum, geboren von der Jungfrau, gelitten, gecreutziget und gestorben etc. für mich. Davon lasse man sich nicht weisen. Und da wir auf diesem Artikel fest bestehen und bleiben, so werden wir können vertreiben alle Geister, und mit ihnen von den andern Artikeln allzumal mit Segen und Sieg disputiren, und ihnen Mannes genug seyn. - Ebendaselbst p. 18

2. Ueber das vierte Kapitel Hoseä.

Es sind viel Zeichen, aus welchen kluge, gelehrte Leute viel zukünftige Dinge ersehen und urtheilen können. Denn auch die Wunderzeichen, so hin und wieder gescheehen, bedeuten nichts guts, und die Händel reichen fein gemach alle dahin, daß eine gewisse Verwirrung und Veränderung der Stände zuletzt daraus erfolgen muß, aber doch das gewisseste Zeichen der vorhandenen Trübsal ist das wilde, schändliche und ruchlose Leben der Leute, und mit dem Urtheil stimmen auch überein der Propheten Weisagungen. Denn wer wollte nicht merken, was der Prophet Hosea an seinem Volke straft? Dieweil wir aber zu unsern Zeiten dergleichen und fast mehr und größere Laster für Augen sehen, wer wollte zweifeln, daß uns Gott gleicher Weise werde heimsuchen?

3. In der Glossa auf das vermeinte kaiserliche Edikt.

Sanct Johannes Huß hat von mir geweissaget, da er aus dem Gefängniß in Böhmerland schrieb: Sie werden jetzt eine Gans braten (denn Huß heißt eine Gans), aber über hundert Jahr werden sie einen Schwan singen hören, den sollen sie leiden. Da soll's auch bleiben, ob Gott will.

4. Luther nennet sich selber einen Propheten.

In der Predigt, daß man Kinder zur Schule halten solle.

Ich bitte Gott um ein gnädiges Stündlein, daß er mich von hinnen nehme, und nicht sehen lasse den Jammer, so über Deutschland gehen muß. Denn ich halt, wenn zehn Mose stünden und für uns beteten; so würden sie nichts ausrichten. So fühle ichs auch, wenn ich für mein liebes Deutschland beten will, daß mir das Gebet zurücke prallt, und will nicht hinauf dringen, wie es sonst thut, wenn ich für andre Sache bitte, denn es will werden, daß Gott wird Loth erlösen, und Sodomam versenken. Gott gebe, daß ich lügen müsse, und in diesem Stücke ein falscher Prophet sein, welches geschehen würde, so wir uns besserten, und unseres Herrn Wort, und sein theures Blut und Sterben anders ehreten, denn bisher geschehen, und dem jungen Volke zu den göttlichen Aemtern (wie gesagt ist) hälfen und erzögen. Wohlan ihr, lieben Deutschen, ich hab' es euch genug gesag, ihr habt euren Propheten gehört, Gott gebe uns, daß wir seinem Worte folgen, zu Lob und Dank unserm lieben Herrn, für sein theures Blut, für uns so mildiglich dargestreckt, und behüte uns für dem greulichen Laster der Undankbarkeit und Vergessung seiner Wohlthaten.

5. In der Warnung an seine lieben Deutschen

Weil ich der Deutschen Prophet bin (den stolzen, hoffärtigen Namen muß ich mir hinfort selbst zumessen, meinen Papisten und Esln zur Lust und Gefallen), so will mir gleichwohl als einem treuen Lehrer gebühren, meine lieben Deutschen zu warnen.

6. Ueber das funfzehnte Capitel der ersten Epistel an die Corinthier

Diese Gnade habe ich unter andern in meinem Leben gehabt, dafür ich auch Gott dem Herrn danke, daß ich gesehen und oft erfahren habe, daß meine Prophezeiung und Weissagung allzeit wahr gewesen sein.

7. In der Kirchenpostille über das Evangelium des 26. Sonntags nach Trinitatis

Ich weissage von Herzen ungern, denn ich oft erfahren, daß es allzu wahr worden.

Zweites Capitel.

Von zukünftiger Verachtung und Verfälschung des göttlichen Worts.

Tischreden, p.11 ff.

1.

Anno 1536, am 2. Decembris redete Doctor Martinus Luther vom zukünftigen Hunger des Worts Gottes, und von großem Trübsal und Jammer, so darauf folgen würde, deßgleichen vom Anfang der Welt nicht gewesen wäre, nach dem Spruch Christi, Matth. 24. Und wie jetzunder allbereit solch Trübsal anginge, und vorhanden wäre, nämlich Unterdrückung und Verfälschung durch die Tyrannen und Schwärmer, da die Rottengeister sonderlich die Gewissen also marterten, ängstigten und Irre machten, daß sie nicht wüßten wo aus, oder welche Lehre recht wäre. Und sprach Doctor Martin Luther: es könnte uns kein größer Schade widerfahren, denn wenn uns Gottes Wort entzogen und verfälscht wird, daß man's nicht reine hat. Er lasse uns lieber zuvor sterben, oder uns durch den Türken umbringen, oder sonst seliglich mit Gnaden sterben.

Er klagte auch damals, daß, wo man Gottes Wort rein hätte, da wären die Leute sicher und nachlässig, und achteten dasselbe nicht groß, sondern meineten, es werde immer also bleiben, wacheten und beteten wider den Teufel nicht, der ihnen das Wort von den Herzen wegreißen will, und sprach, es gehet hiemit zu als mit Wandersleuten, wenn die auf rechten Wegen und auf einer Landstraßen wandeln, so sind sie sicher und unbekümmert, kommen sie aber auf Holzwege oder Beiwege, so sind sie sorgfältig, welchen Weg sie gehen wollen, und wo sie hie oder dort hinaus wandern mögen. Also sind die Christen bei der reinen Lehre des Evangelii auch sicher, schläferig und nachlässig, stehen nicht in Gottes Furcht, und wehren sich nicht mit dem Gebet wider den Teufel, aber die da Irrthum annehmen, die sind doch bemühet, ja emsig und fleißig, wie sie dieselbigen erhalten und verteidigen.

2.

Doctor Martin Luther vermahnete sein Weib, daß sie fleißig Gottes Wort lesen und hören sollte, und sonderlich den Psalter fleißig lesen; sie aber sprach, daß sie es genug höre, und täglich viel lese, und könnte auch viel davon reden, wollt Gott, sie thät auch darnach. Da seufzete der Doctor und sprach: Also hebt sich der Ueberdruß zu Gottes Wort an, daß wir uns viel lassen dünken, und wollen alles gar wissen, und erfahren doch das Widerspiel, ja, daß wir eben so viel darvon verstehen als eine Gans, und wollen gleichwohl ungestraft seyn; dieß ist der Vortrab des künftigen Uebels und Ueberdrusses des göttlichen Worts, darauf werden eitel neue Bücher kommen, und die heilige Schrift wird veracht, und wieder in einen Winkel oder unter die Bank geworfen werden.

3.

Sonst sagte einmal Doctor Martin Luther auf eine andere Zeit von Verachtung des göttlichen Worts, daß wenn Gottes Wort an einen Ort käme, so wäre von Stund an auch die Verachtung desselben da, dieß wäre gewiß. Und solches sähe man auch an den Jüden; Gott sandte ihnen die Propheten, Esaiam, Jeremiam, Amos und andere, zuletzt sandte er ihnen Christum seinen Sohn, ja den h. Geist auf den Pfingsttag, da sich die Apostel theileten, und gingen in die ganze Welt. Diese alle schrien zugleich: Thut Buße! aber da wollt' nichts helfen, sie mußten alle herhalten, und wurden alle Propheten getödtet, Christus gekreuziget, und die Apostel verjagt, aber bald liegt drauf Jerusalem im Dreck, und solche Zerstörung währet noch bis auf den heutigen Tag. Also wird es dem teutschen Lande auch gehen, das Gottes Wort jetzt auch veracht, ich halte, es werde eine große Finsterniß folgen nach diesem Licht des Evangelii, also daß man auch das Evangelium nicht wird öffentlich auf der Cantzel mehr hören, und darnach werde bald der jüngste Tag drauf folgen.

4.

Die Philosophen und Gelehrten bei den Heiden haben unzählich viel und mancherlei Speculationes, Gedanken und Meinungen von Gott, von der Seele, vomm ewigen Leben gehabt, sie sind aber alle zweifelhaftig und ungewiß gewesen ohne Gottes Wort. Nun weil uns Gott sein liebes Wort rein und unverfälscht gegeben hat, so verachten wir's nach dem Sprichwort: Malum, malum dicit omnis possessor, wenn man ein Ding hat, wie gut es auch ist, so wird man's überdrüssig, und achtet seiner nicht. Wenn nun das Wort wird wegkommen, so werden wir Narrenwerk suchen, und mit selberwählter Andacht und Superstition menschlicher Gedanken und Dünkel umgehen, müssen also mit unserm Schaden klug werden.

5.

Doctor Luther sagte einmal, daß Gottes Sache in der Welt so böse wäre, daß er ihr nicht mehr rathen könne; denn bei uns, mit welchen Gott aufs allerbarmherzigste, und mit allen Gnaden handelte, da bliebe doch nichts unverderbet und unverfälscht. Welches wir denn auch erfahren, weil uns Gottes Wort offenbaret ist, dasselbige ist uns von ihm zur Seligkeit gegeben, aber es wird von uns veracht, gemeistert, verfälscht, verspottet und verfolgt. Darum wird es eben also gehen und geschehen, wie vor Zeiten, daß alle, so jetzt der Welt Gottes Gnade, Heil und Seligkeit predigen, die werden müssen in die Wälder und Wüstungen weichen, um der Leute großen und greulichen Undankbarkeit willen, welche allezeit verderbet und umgekehret hat, alles was gut ist. Deutschland muß auch darum noch herhalten, denn die Sünde schreiet stets gen Himmel, und läßt Gott nicht ruhen, daß er muß darum zürnen und sagen: Ich habe euch meinen lieben Sohn, meinen höchsten und liebsten Schatz geschenket, wollt gern mit euch reden, euch lehren und unterweisen zum ewigen Leben, so hab' ich niemand, der mir will zuhören, darum muß ich die Strafe gehen lassen, wie der Herr Joh. 3 selber zeugt: das ist das Gericht, daß das Licht in die Welt kommen ist, und die Menschen liebten die Finsterniß mehr denn das Licht, denn ihre Werke waren böß. Als wollt er sagen: ich will der andern Sünden aller gern geschweigen, aber das ist das Gerichte, das der Welt den Hals bricht, nemlich, daß ich mein Wort gesandt habe, und sie nichts darnach fragen, das verdreust mich am allermeisten. Wollten sie nun mein Wort nicht hören, so höre man den Türken mit seinem Alkoran, die Rottengeister und alle Teufel, die alle Irrthum predigen, denn weil es die höchste und größte Sünde ist; so gehöret auch die größte und schärfste Strafe drauf.

6.

Wenn Gott redet, zürnet, eifert, strafet, übergiebt uns den Feinden, schickt über uns Pestilenz, Hunger, Schwerd und andere Plagen, so ist's ein gewiß Zeichen, daß er uns wohl will und günstig ist. Wenn er aber spricht: ich will dich nicht mehr strafen, sondern schweigen, und meinen Eifer von dir nehmen, dich in deinem Sinnichen lassen hingehen, und machen, wie dich's gelüstet, so ist's ein Zeichen, daß er sich von uns gewandt hat. Aber die Welt und unsere Vernunft kehrets stracks um, und hält daß Widerspiel für wahr, daß Gott die lieb habe, denen er wohl thue, und denen feind sei, die er strafe. Es kann kein größrer Zorn Gottes kommen, denn seines Worts beraubt sein, wir sollen lieber alle Plagen, als Türken und Pestilenz wünschen, denn daß wir sollten Gottes Worts beraubet sein, oder dasselbe, unrein und verfälscht haben.

7.

Weil diese Leute, so zu unsrer Zeit noch leben, und Gottes Wort fleißig lehren, noch vorhanden sind, und die auch noch am Leben sind, die mich, Philippum, Pomeranum, und andere fromme, treue und rechtschaffene Lehrer gesehen und gehöret haben, da möcht' es wohl stehen, wenn aber dieselben hinweg sind, und diese Zeit fürüber ist, da wird ein Fall geschehen. Wie wir denn deß ein Exempel haben im Buche Josua und der Richter, denn im Buche der Richter am 2. Cap. wird gesagt: Da Josua gestorben war, und alle die zu der Zeit gelebt hatten, kam nach ihnen ein ander Geschlecht auf, das den Herrn nicht kennete, noch die Werke, die er an Israel gethan hatte, und folgeten andern Göttern nach. Also auch nach der Apostel Zeit erhub sich bald ein Fall, da sie und ihre Jünger abgingen, ja da die Apostel noch lebten, wie St. Paulus klaget, da geschah in der Kirche ein großer Fall bei den Galatern, Corinthern und in Asia, wie wirs leider auch an Münzer, den Sacramentirern, Wiedertäufern, Antinomern und dergleichen erfahren haben.

Wir wollen wills Gott, sprach D. Mart. Luther, Fleiß thun, daß nach uns eine rechtschaffene Kirche und Schule unsern Nachkommen gelassen werde, auf daß sie wissen, wie man rechtschaffen und christlich lehren und regieren soll. Wiewohl die große Undankbarkeit, Verachtung Gotts Worts, und Muthwille der Welt mich schrecket, daß ich besorge, dieß Licht werde nicht lange stehen und leuchten, denn Gottes Wort hat allezeit seinen gewissen Lauf gehabt. Als zur Zeit der Erzväter, blieb es eine Zeit lang, und ging fein von statten, als da Adam, Noah, Loth, Mose, Josua und Samuel lebeten, darnach unter den Königen Juda, als David, Salomon, Josia, Josaphat und Ezechias. Aber allezeit ist der Baal darzwischen kommen, und das Licht des göttlichen Worts verdunkelt worden, da hat man denn genug zu thun gehabt, daß man den Baal hat aus der Leute Herzen reißen können.

8.

Doctor M. Luther saß betrübt und beweinte den jetzigen jämmerlichen Zustand der armen Kirchen, die so in mancherlei Fahr jetzt stünde, von wegen der Tyrannen und falschen Lehrer, Secten und Rotten, dadurch diese vergangene Jahre der Satan das Evangelium, die Taufe, und das Nachtmahl des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi angefochten hat; ich hoffe aber (sprach er) die zween Irrthümer sollen nun schier versauset sein. Ich fürchte mich aber noch für zweien Secten, als für dem Epicurismo und Enthusiasmo, die zwo Secten werden noch regieren. Denn die ganze Welt geht in der äusersten höchsten Sicherheit, auf daß aller vermessentlichste daher, als wollten sie ewig hier leben, und als wär kein Gott noch ander Leben nach diesem. Darum weil Gott wohl gesehen hat, daß wir mit unsern Gedanken und Speculationen in göttlichen Sachen irren, so hat er sich uns in seinem Wort offenbaret, und durch seinen eingebornen Sohn, so der Mutter im Schooß liegt am Zitzen, mit uns geredet, und ernstlich befohlen, da er sagt: diesen sollt ihr hören, der wirds euch alles lehren. Aber wir wollen leider ihn nicht hören, und verachten oder meistern das mündliche Wort, wollen nicht unten bei der Krippen und Windeln Christum suchen, sondern oben anfahen. Ach, wenn Gott durch einen Esel redet, so ists sein Wort: wie vielmehr, da ers thut durch seinen Sohn, und seine Apostel und gesandte Diener? Darum rühmet St. Paulus die Thessalonicher: Ihr habt (spricht er) unser Wort als Gottes Wort angenommen, wie es denn auch in Wahrheit ist. Wenn wir das könnten glauben, daß Gott mit uns redete, so würden wir das Wort in größern Ehren, lieb und werth halten. Aber man kann das reden, loquitur, nicht erhalten. Denn das enthusiastische Wrum? Wie? wie man nemlich Gott mit eigenen Gedanken sucht, richtet alles Unglück an. Warum der einige Gott dreifaltig sei, eine Person, Gott und Mensch? warum seine Mutter eine Jungfrau sei? warum er sich des erbarme, jenes nicht? Es ist die Erbsünde, so den Adam im Paradieß in alles Unglück bracht hat, und ist uns in die Haut und Inwendiges gekrochen, muß auch durch Christum wiederum herausgebracht werden. Das Wie ist uns zu Wehe geworden. Denn da Adam wollte stolzieren, und mit dem Wie umgehen, da ward ein Wehe daraus. Ist doch kein Hauswirth so schlimm im Hause, der seinem Knecht gestatte, zu fragen, in seinen heimlichen Sachen, wie und warum er solches thue; sondern der Knecht soll zufrieden sein an seines Herrn Befehl, denselben soll er ausrichten, und nicht fragen warum. Also will Gott auch, daß wir ihn sollen fürchten, und mit zitterndem und zerschlagenem Herzen und Geist thun, was und wie er es befohlen hat, und weiter nicht fragen, forschen und grübeln, nach der Ursache, warum er's haben will. Er will, das wir arme Narren und Sünder sind, Er aber klug und gerecht. Dagegen aber suchen wir unsere Ehre und Ruhm und seine Schande.

9.

In dem Sermon über das Evangelium Matth. am 8 Cap. vom Hauptmann zu Capernaum

Nun, was machts doch, daß die Jüden so wenig glauben, und sich sogar nicht daran kehren? Nichts anders, denn das feindseligste Laster, das da heißet Ueberdruß. Denn sie warens also gewohnt, von ihren Vätern her, den großen und vielen Wunderzeichen, und so überschüttet mit Gottes Wort, daß es ihnen nicht neu war. Aber diesem Hauptmann ist es alles neu, denn er bisher gelebt hatte als ein roher Heide, der nichts von Gott wußte, und froh wird, daß er auch etwas von Gott und seinem Wort erfähret wie gerne höret und lernet ers, und kommen da zusammen, beide ein guter Koch, und ein hungeriger Magen, ein guter, frischer Trunk, und eine durstige Zunge. Die Juden aber sinds so satt, voll und trunken, daß sie göcken und übergehen. Gleichwie wir jetzt sehen, daß es den Unsern auch gehet, und wohl haben zu fürchten, daß wir nicht auch in dasselbige Urtheil fallen. Andere Leute, die außer uns sind, und solches nicht haben, schreien Ach und Wehe darnach, schnappen gierig darnach, und lesen mit Freuden die Bröcklein auf, die wir hinwegwerfen, und ist ihnen eitel Zucker. Wir, die wirs so reichlich und vollauf haben, sind längst satt und überdrossen, daß keiner mehr den andern erkennet für einen Christen.

Aber ich warne, daß sich Jedermann hüte, denn wir sehen, daß wirs eben wie die Juden überdrüssig werden, und so satt sind, daß uns das Mehl, wie der Maus, bitter schmecket. Aber wir werden auch sehen, daß es nicht ohne Strafe abgehet. Denn Christus dräuet uns hiermit eben so wohl als den Juden: Ich sage für wahr, ihr seyds satt und überdrüssig, und mögets nicht mehr. Aber ich will Leute finden, die hungrig und durstig sind, und es gar gerne annehmen werden. Denn ich besorge, daß auch der Teufel bei uns das Evangelium austreiben will; nicht alleine mit dem Schwerdt, oder Gewalt, wie der Pabst mit seinem Haufen, sondern auch mit Ueberdruß.Darum, wer ihm will sagen oder rathen lassen, der sehe zu, daß er erfunden werde bei diesem Hauptmanne oder Centurio, und nicht unter den Kindern des Reichs, die da meinen, sie haben es gewiß, und könne ihnen nicht fehlen. Aber es ist gar bald geschehen, daß dich der Teufel von dem Evangelio führet. Wo das geschieht, bist du schon aus dem Reiche hinaus in die Finsterniß gefallen, und kennst weder deinen Gott, deinen Prediger, noch deinen Bruder und Nächsten mehr. Gleichwie die Jüden, so da Christum sahen und hörten, und bei sich hatten, und doch nicht sahen noch kannten. Wohlan, ich habe das Meinige gethan, und oft genug treulich gewarnet. Gott gebe seine Gnade dazu. Amen.

10

Daß die Trägheit und der Ueberfluß unserer Lehre den größten Schaden thun werden

Ueber die 15 Psalmender Lieder im höhern Chore

Ich habe euch gerne und mit geneigtem Willen wollen wider die Trägheit und den Ueberdruß vermahnen. Denn so unsere Lehre sollte etwas Schadens zu gewarten haben, würde es von dem Gebrechen her entstehen. Die Ketzer undSecten, ob sie schon fast schaden; so schaffen se doch das damit, daß sie uns zu fleiigerer Erkenntniß göttlicher Schriften treiben. Aber dieses Gift des göttlichen wortes entstehet in uns selber, und je wenger wir es wahrnehmen, viel größern schaden und Nachtheil das bringet. Alsdann hat aber der Teufel schon gewonnen, und gewißlich gesieget, so wir anfahen zu schnarchen, sicher und satt sind.

11.

Daß wir Gottes Wort der großen Undankbarkeit halber verlieren werden.

Ueber den 123. Psalm

Wir sollen bitten, daß der Herr das Predigtamt, welches sich ansehen lässet, als wollte es über einen Haufen fallen, erhalten wolle. Und obgleich das Wort allhier zu Wittenberg, zu Nürnberg, und an andern Orten einen Fall nehmen möchte, von wegen der Undankbarkeit, so wird es doch nicht allenthalben zu Grunde gehen.

12.

Daß wir Gottes Wort darum verlieren werden, daß wir nicht darnach thun und leben.

Ueber das 6. Capitel d. 1.B. Mosis

So wird es zuletzt wiederum gehen, weil man das Evangelium nicht hören noch annehmen will, sondern aufs allerärgste handelt und lästert, und niemand darnach thun will, wird er es wieder hinwegnehmen, und die Welt mit größerer Blindheit strafen, denn zuvor je, so lange, bis er endlich alles vertilgt. Sollt nicht billig einmal Gott mit Blitz und Donner drein schlagen, daß wir so übel danken für solche Gnade und Wohlthat,die wir so überschwenglich, größer und reichlicher haben, denn andere.

13.

Was Gottes Wort aus Deutschland wieder vertreiben werde

Prophezeiung D. M. Luthers, mit seiner eigenen Hand lateinisch geschrieben, und zum ersten zu Jena gedruckt.

Die wahre christliche Religion wird wieder von uns genomnen werden. Erstlich, von wegen unsrer undankbarkeit, damt der Wohlthaten gottes, die wir durchs Evangelium empfangen haben, bald vergessen ist.

Zum andern, durch die große Sicherheit, die jetzt allenthalben bei männiglich regieret, also, daß keine wahre Gottesfurcht mehr ist, und sich niemand mehr durch das Wort will strafen lassen.

Zum dritten, durch der Weltweisen Klugheit, so die Kirche nach ihren Köpfen regieren, das Creutz vom Evangelio scheiden, mit Sünden viel Nutzen schaffen und wider Gott Friede und Einigkeit erhalten wollen.

14.

Daß uns Gott mit falschen Lehrern strafen werde, von wegen der Verachtung seines Wortes

Wider die himmlischen Propheten

Und ich habs verkündiget, und meine Prophezeihung wrd wahr werden (hab ich Sorge), daß Gott unsere Undankbarkeit wird heimsuchen, und die Wahrheit lassen niederschlagen, wie Daniel sagt, weil wir sie verfolgen, und nicht annehmen, daß wir eitel Irrthum und falsche Geister und Propheten weder haben müssen, welcher nun eines Theils drei jahre fürhanden gewesen; durch seine Gnade sind sie bsher verhindert, wären sonst längst eingerissen Ob er's weiter wird aufhalten, weiß ich nicht, weil niemand sorget, niemand dafür betet, und allzumal sicher sind, als schliefe der Teufel, der doch wie ein grimmiger Lwe umhergehet. Wiewohl ich hoffe, es solle bei meinem Leben nicht Noth haben. Darauf ch auch, so lange ich lebe, wehren will, wie mir Gott verleihet; es helfe, wem es helfen kann.

15.

Ueber das vierte Capitel zu den Galatern

Es nimmt St. Paulum groß Wunder, nachdem sie durchs Evangelium nun recht erkannt hatten, daß sie sich gleichwohl durch falsche apostel so bald und liiederlich zurücke führen lassen, auf die schwachen und dürftigen Satzungen. Wie mich's warlich auch groß Wunder würde nehmen, so unsere Kirchen (welche von Gottes Gnaden in der reinen, heilsamen Lehre fein angerichtet ist) sich ließe etwan durch einen Schwärmer, durch etliche Prediger also verkehren und abwenden, daß sie mich fortan für ihren Prediger und Lehrer nicht mehr halten noch erkennen wollte; welches doch mit der Zeit, wie ich besorge, geschehen wird, wo nicht bei unserm Leben, zum wenigsten doch, wenn wir davon sind. Wie wol bereit schon auf der Bahn sind, die da lauren, bis sie ihre Zeit ersehen, die werden denn auftreten, und ein jeglicher der beste Meister sein wollen, und, unter dem Schein der Wahrheit, eitel verkehrte Irrthümer lehren, und werden also in Kurzem verstören und umkehren, was wir so viele Jahre her mit großer Mühe, Arbeit, Angst und Anfechtung, erbauet und aufgerichtet haben. Denn unsere Feinde übermachens, verfolgen und lästern die liebe Wahrheit ohne Maß und Aufhören. So sind die Unsern undankbar, verdrossen, und der heilsamen Lehre überdrüßig, wollen Ohrenkrauer haben, die da sagen, was sie gerne hören, die werden sie auch bekommen. Darzu werden wir's nicht besser haben, denn es die lieben Apostel selbst gehabt, welche bei ihrem Leben für Augen haben sehen müssen, daß die Kirchen, oder Gemeinen durch ihr Amt mit viel Mühe und Arbeit angerichtet, so jämmerlich zerstöret und verkehret worden, daß ihnen wohl für Leid das Herze hätte brechen mögen. Darum ists kein Wunder, ob wir gleich solchen Jammer in Gemeinen, da die Rotten regieren, auch sehen müssen. Es wird aber dabei nicht bleiben, denn wenn wir, so jetzt lehren und schreiben, davon sind, werden die lieben Frindchen, die falschen Brüderlein kommen, und die Gemeinen, so durch unser Amt angerichtet, unter sich bringen mit ihrem Gifte beschmeißen und zerstören. Doch wird gleichwol Christus bleiben und regieren bis ans Ende der Welt, wiewohl es wunderlich und seltsam zugehen wird, wie es bisher im Pabstthum gangen ist.

16.

Ueber das funfzehnte Capitel der ersten Epistel an die Corinthier.

Also wird es auch gehen nach uns, daß allenthalben solche Prediger und Trunkenbolde heraus werden speien unter den armen Pöbel. Meinst du, daß es diese alles gewußßt haben, oder du sie recht verstanden habest? Du muß noch vielmehr lernen. Damit kann ein solcher Prediger einen ganzen Haufen in Abgrund führen. Wer nun will dafür sicher sein und recht fahren, der nehme diese Vermahnung an zur Warnung, daß er auch bleibe und festhalte an diesem Wort, das St. Paulus geprediget hat, und nicht ansehe, was andere dagegen aufwerfen, pb soe wpjö ojres domgs grpém Scjeom imd R+hmen machen. Denn hie hörst du, was dieß Evangelium St. Pauli für Frucht bei ihnen geschaffet hat, und noch immerdar schaffet, nemlich, daß alle dadurch Christen und selig worden sind, und noch werden müssen. Weil wir denn solches durchs Evangelium haben, was wollen wir denn weiter suchen, oder uns irre machen lassen, und auf andere Dinge weisen und führen? Denn was uns anders weiset, das muß gewißlich nicht so gut, sondern falsch und lauter Verführung sein, weils solches fürgiebt, das wir zuvor durchs Evangelium haben, und damit dasselbige alles verläugnet, oder ja verachtet.

17.

D. Luther von seinem Bekänntniß im Abendmahl

Weil ich sehe, daß des Rottens und Irrens je länger je mehr wird, und kein Aufhörens ist des Tobens und Wüthens des Satans, damit nicht hinfort bei meinem Leben oder nach meinem Tode, derer etliche zukünftig sich mit mir behelfen, und meine Schriften, ihren Irrtum zu stärken, fälschlich führen möchten, wie die Sacraments und Taufschwärmer anfingen zu thun; so will ich mit dieser Schrift für Gott und aller Welt meinen Glauben von Stück zu Stück bekennen, darauf ich gedenke zu bleiben bis in den Tod, darinne (deß mir Gott helfe) von dieser Welt zu scheiden, und für unsers Herrn Christi Richtstuhl zu kommen. Und ob jemand nach meinem Tode würde sagen, wo der Luther jetzt lebte, würde er diesen oder jenen Artikel anders lehren und halten, denn er hat ihn nicht genugsam bedacht, - dawider sage ich jetzt als denn, und denn als jetzt, daß ich von Gottes Gnaden alle diese Artikel habe aufs fleißigste bedacht, durch die Schrift und wieder herdurch oftmals gezogen, und so gewiß dieselbigen wolt verfechten, als ich jetzt habe das Sacrament des Altars verfochten.

18.

In der Vermahnung an die Rathsherren aller Städte Deutschlands, daß sie christliche Schulen anrichten.

Laßt uns unsern vorigen Jammer ansehen, und die Finsterniß, darinne wir gewest sind. Ich acht, daß Deutschland noch nie so viel von Gottes Wort gehöret hat, als jetzt. Man spürt ja nichts in den Historien davon. Lassen wir's dann so hingehen ohne Dank und Ehre, so ists zu besorgen, wir werden noch greulichere Finsterniß und Plage leiden. Lieben Deutschen kauft, weil der Markt für der Thüre ist, brauchet Gottes Gnaden und Wort, weil es da ist. Denn das sollt ihr wissen: Gottes Wort und Gnade ist ein fahrender Platzregen, der nicht wieder kömmt, wo er einmal gewesen ist. Er ist bei den Juden gewest, aber hin ist hin, sie haben nun nichts. Pauolus brachte ihn in Griechenland, hin ist auch hin, nun haben sie den Türken. Rom und Latinisch Land hat ihn auch gehabt, hin ist hin, sie haben nun den Pabst. Und ihr Deutschen dürft nicht denken, daß ihr ihn ewig haben werdet. Denn der Undank und Verachtung wird ihn nicht lassen bleiben; darum greifet zu und halt zu, wer greifen und halten kann. Faule Hände müssen ein böses Jahr haben.

19.

In der Vorrede über den Psalter

Darum laß uns auch nur fürsehen, daß wir Gott danken für solche unaussprechliche Güter, und mit Fleiß und Ernst dieselbigen annehmen, brauchen und üben, Gott zu Lob und Ehre, auf daß wir nicht mit unser Undankbarkeit etwas Aergeres verdienen. Denn vorhin zur Zeit der Finsterniß, welch' ein Schatz hätte es sollen geachtet seyn, wer einen Psalm hätte mögen recht verstehen, und im verständlichen Deutsch lesen, oder hören, und habens doch nicht gehabt. Nun aber sind selig die Augen, die da sehen, das wir sehen, und Ohren, die da hören, das wir hören. Und besorge doch, ja leider sehen wirs, daß uns gehet wie den Juden in der Wüsten, die da sprachen vom Himmelbrodt: unsere Seelen ekelt für der geringen Speise, aber wir sollen auch wissen, daß daselbst dabei stehet, wie sie geplaget und gestorben sind, daß uns nicht auch also gehe.