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Marke aufgesaugt und weggewischt

Warum der Bär von Charmin umziehen musste, Bounty jetzt Plenty heißt und Tempo vor der Zerreißprobe steht.

Charmin-Bär Der Charmin-Bär hat eine eingeschworene Fan-Gemeinde DruckenSendenLeserbrief
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Im Supermarkt-Regal für Hygienepapier ist der Bär los: Die populäre Luxus-Toilettenpapier-Marke Charmin heißt jetzt plötzlich Zewa, Tempo gibt es neuerdings auch von der Rolle und das saugstarke Bounty-Küchenpapier hat sich in Plenty umgetauft. Nur der Name ändere sich, sonst bleibe alles gleich, wird den Konsumenten in Werbespots versichert. Aber was steckt wirklich dahinter?

Der wahre Grund sind Kosteneinsparungen durch Markenkonzentration und Entfall von Lizenzgebühren. Vor zwei Jahren verkaufte Procter & Gamble seine Hygienepapier-Sparte samt den Lizenzen für die Top-Marken Tempo, Bounty und Charmin just an den europäischen Marktführer Svenska Cellulosa Aktiebolaget (SCA), bekannt durch seine Konkurrenz-Marken Zewa, Cosy und feh.

SCA wollte für Charmin und Bounty nicht länger hohe Lizenzgebühren bezahlen und entschied sich für einen Markentransfer. Nur die 80-jährige Taschentuch-Marke Tempo wurde nicht zu feh, sondern sogar auf WC-Papier ausgedehnt.

Klopapier, Zewa Charmin heißt jetzt ZewaMit der größten Werbekampagne in der Firmengeschichte wollen die Schweden nun die Käufer von Bounty und Charmin hin zu Zewa und Plenty ziehen. "Wir haben unser Markenportfolio im Bereich 'persönliche Hygiene' fokussiert und neu aufgestellt", erklärt Thomas Günther, regionaler Marketing-Direktor bei SCA. Charmin habe man zwar vom Markt genommen, aber die Verbraucher müssten mit Zewa Moll deluxe nicht auf die bewährte Charmin-Qualität verzichten. Der besonders bei Kindern beliebte Charmin-Bär durfte freilich nicht gleich sterben, sondern zog offiziell um und darf zumindest virtuell auf seiner Internet-Seite charmin.at vorerst weiterleben.


Kundenproteste

Womit die Marketing-Strategen nicht gerechnet haben: Charmin hat eine eingeschworene Fan-Gemeinde, die sich nicht nur über den "Abschuss" ihres Bären sondern vor allem über angebliche Qualitätseinbußen beschwert. In der "Bären-Community" auf charmin.at gibt es fast ausschließlich kritische Einträge: "Das Zewa-Papier ist nicht mehr so weich, es kratzt, ist nicht nicht mehr so saugfähig...", zeigt sich eine Kundin enttäuscht. Eine andere Kundin ruft gar zur Gründung eines "Pro Charmin de Luxe Clubs" auf.

Markenexperte Markus Webhofer vom Institut of Brand Logic zeigt sich von den Protesten wenig überrascht: "Das Risiko eines Markentransfers ist enorm, im schlimmsten Fall kann das Vertrauen der Konsumenten gegen Null fahren." Skeptisch bewertet er die Ausdehnung von Tempo auf WC-Papier: "Ich glaube, das wird ein Flop." Zu sehr sei die Marke mit der Funktionalität verknüpft. Nivea habe Jahre gebraucht, um von der Hand- zur Hautcreme zu werden.

Artikel vom 05.08.2009 16:59 | KURIER | Anita Staudacher

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