Gesprächsanalyse und kindliche Interaktionsentwicklung

[Vorlesung   SS 04      -    Di 12-14]

 

Helga Kotthoff

 

In der Vorlesung führe ich in Methoden und Themen der Gesprächsanalyse ein. Die Gesprächsanalyse widmet sich der gesprochenen Sprache, die mit ihren Besonderheiten transkribiert wird. Transkripte bilden die Grundlage der Analyse, in der es darum geht, wie Mitglieder von Gesellschaften interaktiv im Alltag miteinander Sinn herstellen und ihr Handeln in Ausrichtung an einander koordinieren.

Auch Spracherwerb vollzieht sich in Interaktionen. Grammatik erwirbt das Kind, weil es im sozialen Austausch immer mehr das Bedürfnis hat, Relationen auszudrücken (Subjekt-Handlung, Subjekt-Objekt, Zugehörigkeit, Vorhandensein-Nichtvorhandensein, Art des Bewirkens, Richtung usw.). Heute ist weitgehend klar, dass man sich sogar zur Herleitung kindlicher Grammatiken nicht nur auf die Sprachäußerungen des Kindes verlassen sollte, sondern den gesamten Handlungskontext hinzuziehen muss. Denn gerade die Kombination aller Elemente in strukturierten Situationen (sprachliches und nichtsprachliches) führt zur Kommunikationsfähigkeit.

Ich gehe auf Gattungen des Mündlichen und auf Besonderheiten der Grammatik gesprochener Sprache ein. Ich analysiere verschiedene Aktivitäten der Alltagskommunikation, wie z.B. Erzählen, die Verhandlung von Dissens, Auffordern/Bitten und Erklären. Ich zeige zuerst anhand der Aktivitäten von Erwachsenen, welche Strukturen diesen innewohnen und dann die Besonderheiten der Ausführung von Kindern verschiedenen Alters. Auch Besonderheiten der Erwachsene(r)-Kind-Interaktion werden behandelt. Wie laufen hier Strukturierung und Typisierung von Kommunikation?

Zu den verschiedenen Unterthemen wird jeweils Literatur angegeben. Am Schluss der Vorlesung möchte ich klarmachen, was es für das Kind bedeutet, sich neben der Welt des Mündlichen auch das Reich der Schrift zu erobern.

Das Thema der Vorlesung kann als Prüfungsthema im Staatsexamen gewählt werden.

 

Zur Orientierung empfohlene Literatur:

 

Andresen, Helga (2002): Interaktion, Sprache und Spiel: zur Funktion des Rollenspiels für die Sprachentwicklung im Vorschulalter. Tübingen: Narr.

Auer, Peter (1999): Sprachliche Interaktion. Tübingen: Niemeyer.

Bamberg, Michael (1997)(Ed.): Narrative Development. London.

Becker, Tabea (2001): Kinder lernen erzählen. Hohengehren: Schneider.

Bruner, Jerome (1987): Wie das Kind sprechen lernt. Bern. (Übersetzung von "Child's Talk")

Butzkamm, Wolfgang und Jürgen (1999): Kindliche Sprachentwicklung und die Sprachlichkeit des Menschen. Tübingen und Basel: Francke.

Deppermann, Arnulf (1999): Gespräche analysieren. Opladen: Leske&Budrich.

Feilke, Helmuth, Kappest, Klaus-Peter und Clemens Knobloch (2001): Grammatikalisierung, Spracherwerb und Schriftlichkeit. Tübingen: Niemeyer.

Gebauer, Gunter (1997): Kinderspiele als Aufführungen von Geschlechtsunterschieden. In: Dölling, I./Krais, B. (eds.): Ein alltägliches Spiel. Geschlechterkonstruktion in der sozialen Praxis. Frankfurt, 259-285.

Klein, Wolfgang (1983): Wie Kinder miteinander streiten. Zum sprachlichen Verhalten von Grundschulkindern in Konfliktsituationen. In. Dietrich Boueke/Wolfgang Klein (Hrsg.): Untersuchungen zur Dialogfähigkeit von Kindern. Tübingen.

Kotthoff, Helga (1994): Geschlechtertypisierung in der kindlichen Kommunikationsentwicklung. In: Bracht, U. et al.  (Hrsg.): Jahrbuch der Pädagogik. Frankfurt/Bern/New York.

Kotthoff, Helga (2003): Witz komm raus! Komik und Humor bei Kindern – ein Überblick. TelevIZIon 16, 1. München, 4-11.

Kyratzis, Amy (2002): Constituting the emotions: A longitudinal study of emotion talk in a preschool friendship group of boys. In: Baron, Bettina/Kotthoff, Helga (eds.): Gender in Interaction. Perspectives on Femininity and Masculinity in Ethnography and Discourse. Amsterdam: Benjamins, 51-75.

Linell, Per (1998): Approaching Dialogue. Amsterdam: Benjamins.

Martens, Karin (1979) (Hrsg.): Kindliche Kommunikation. Theoretische Perspektiven, empirische Analysen, methodische Grundlagen. Frankfurt.

Meng, Katharina/Kraft, Barbara./Nitsche, U. (1991) (eds.): Kommunikation im Kindergarten. Berlin.

Schwitalla, Johannes (1997, 2003): Gesprochenes Deutsch. Berlin: Erich Schmidt.

 

 

 

 

                                           Themen der Vorlesung:

1. Was ist Gesprächsanalyse?  Besonderheiten der gesprochenen Sprache

2. Einführung in die gesprächsanalytische Transkription

3. Vom ersten Tag an befindet sich das Kind in Interaktion. Wie strukturieren Erwachsene den Kontakt mit dem Kind?

4. Kognitionsentwicklung

5. Interaktion beim Spielen

6. Erzählen und Erzählentwicklung

7. Weiteres zum Erzählen

8. Grammatik in der Interaktion

9. Geschlechterprägungen in der Kommunikation

10. Scherzkommunikation

11. Dissens/Widerspruch/Streit

12. Etwas erklären

13. Schuleintritt: Formelle und informelle Interaktion - Die Welt wird Schrift

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Was ist Gesprächsanalyse?

Besonderheiten der gesprochenen Sprache

 

 

Zur Einführung aus "Sprachliche Interaktion" von Peter Auer (Tübingen 1999) die Kapitel zu Harold Garfinkel, Harvey Sacks, Erving Goffman, John Gumperz und Dell Hymes.

 

Die Gesprächsanalyse interessiert sich entsprechend ihrer dialogischen Ausrichtung nicht nur für den Einzelakt, sondern für Sequenzen. Sie geht nicht davon aus, dass ein einzelner Akt seine Bedeutung einfach setzt, sondern eher davon, dass damit ein Bedeutungsangebot gemacht wird, dessen tatsächliche Bedeutung aber erst durch die Reaktion der Hörerin definiert wird.

 

Kommunikation unter Anwesenden kreiert eine gemeinsame Situation.

Sender und Empfänger orientieren sich aneinander; ihre Äußerungen sind aufeinander zugeschnitten (recipient design). In den Feinheiten der Formatierung (z.B. einer Erklärung) zeigt sich die Orientierung am Gegenüber (Ko-Produktion).

 

 

Ordnungseinheiten der Interaktion:

Turns,

Sprechhandlungen,

Sätze,

Aktivitätstypen,

Gattungen,

Stile,

Rahmungen/Kontextualisierungen,

Situationen.

 

 

Redezüge (turns) ergeben sich aus dem Sprecherwechsel.

 

1   A:  gehste noch mit aufn kAffee?

2   B:  dU::: m::::  okay. aber nur=n schneller Espresso.

 

 

A und B  (Aufnahme C. Winterhalter-Klatt)

 

1   A:  (?   ?) warum ich angerufen hab.

2   B:  °°jaa°°

3   A:  ehm ding, ich wollt noch was dich fragen. (-) wegen

4       ehm (-) der halloweenparty. schau mal, die gehn jetzt

5       da doch nich hin.

6   B:  °warum nich?°

7   A:  ja ich weiß auch nich. (-) sie ich hab ihr auch noch gesagt,

8       dass es achtzehn euro kostet ja, und da hat sie gesagt, oh

9       das ist aber teuer,und sie so, ja aber wir gehen dann

10      wahrscheinlich doch nicht hin wenn's so teuer isch.

11  B:  °hast se jetzt schon bestellt?°

12  A:  ja:: (-)  aber vielleicht kann ma se ja doch wieder

13      zurück (?   ?) also ich weiß nicht. mir isses egal.

14      wenn du wenn du noch hin willsch, könn wir ruhig hin

15      (-) aber wenn du=es (-) dann voll scheiße findsch dann

16      is es ja auch blöd.

17  B:  °ich glaub schon dass es voll scheiße is, oder?°

18  A:  ja wenn wir nur zu zweit sind, isch dann scho e wenig

19      blöd (.) am END gehts uns doch nich mehr zurück (-)

20  B:  [ah ha

21  A:  [dann bin ich schuld

22  B:  ah ja

23  A:  aber ich ich frag jetzt mal aber eigentlich müsst=s

24      scho:n ge:hn. ich wei:ß nich.  [a:ch (..)

25  B:                         [ °° (?schon scheiße.?)°°

24  A:  voll schei:ße.

25  B:  °ha ja:°

 

 

Besonderheiten der gesprochenen Sprache (siehe dazu Schwitalla):

[Schwitalla, Johannes (1997, 2003): Gesprochenes Deutsch. Berlin: Erich Schmidt.]

 

Elisionen (Lautweglassungen)

Apokope des unbetonten e    hab, wollt

Apokope des t nach Frikativ   nich

Synkope einer Endsilbe mit einem Schwa     gehn

Verkürzung und Assimilation der Endsilbe   ham

Abschwächung des Vokals u zu e und Zusammenziehung   haste, biste, willste

Wiederholungen

Satzabbrüche

Zögerungspartikeln

etc.

 

Sprechhandlungen können nur im Kontext zugeordnet werden. Je nach Kontext kann "was für eine Leistung" eine Kritik oder ein Kompliment sein. Es findet nur im Kontext eine Funktionszuordnung statt.

 

Sätze sind im Mündlichen schwer zu bestimmen.

Kombination aus Sinneinheit, prosodischer und syntaktischer Einheit (das, was um ein Verb herum gruppiert ist??).

 

 

Betrachten Sie die folgende Äußerung. Ist das ein Satz?

 

Datum 1    III D-D-2-F-H   (Kotthoff, Sprechstundengespräche)

 

1 F: mhm (1.0) ('h) ja::: also ich mUss sagn,

2    mir, mir widerstrebt dEs=em,

3    (-) so lange hier zu unterschrEIben,

4    oder irgendwas hier zu unternEhmen,

5    so lange ich nich wEIß,

6    irgendwas über die HINtergründe mEhr weiß.

 

 

 

Aktivitätstypen sind zusammenhängende Sprechhandlungen (Wissen darlegen, erklären, belehren, sich beschweren, etwas verweigern, um etwas bitten)

 

Für Gattungen können verfestigte Muster identifiziert werden. Witze, Vorträge, Klatsch oder Trinksprüche sind Beispiele. Die meisten Gattungen sind sehr flexibel formattiert (Erzählen z.B.). Sie haben viele Subtypen.

 

Stile betreffen die Art und Weise der Ausführung (salopp, (in)formell, (un)höflich, forsch, zögerlich, professoral, kindlich ...)

 

Aktivitätstypen und Gattungen werden in der Interaktion gerahmt. Manchmal steht die Rahmung (dazu Goffman) institutionell fest (Klage vor Gericht vs. Klage gegenüber Bekannten). Rahmung hat mit Ernst vs. Spaß zu tun, Pathos vs. Nüchternheit, Symmetrie vs. Asymmetrie.  (Dazu Goffman in Auer 1999)

Auch Beziehungen werden gerahmt, z.B. als Freundschaftsbeziehung, Lehrer(in)-Schüler(in)-Beziehung. Rahmung und Stil hängen eng zusammen.

 

Die Situation ist gekennzeichnet durch die anwesenden Personen, den Ort, deren Handlungen, mögliche Ziele ... Die Situation wird in der Interaktion kreiert  (Kontextualisierung, siehe dazu Gumperz in Auer)

 

Ethnomethodologie (dazu Garfinkel in Auer): Das Studium von Ethnomethoden (systematischen Verhaltensweisen, die Mitglieder einer Kultur anwenden, um ihr Handeln gegenseitig verständlich zu machen und es zu koordinieren, auch relevante Identitäten zu kommunizieren.

 

Einige allg. Fragen, die Linguistik und Gesprächsanalyse verbinden:

 

Wie hängen Sagen und Meinen zusammen?

Wie bildet sich Grammatik in der Interaktion?

Wie ist das Zusammenspiel von Wortbedeutung, Satzbedeutung, Äußerungsbedeutung?

 

Mit der sozialen Seite des Sprechens beschäftigt sich die Soziolinguistik, die sich wiederum auf bestimmte Bereiche konzentriert, z.B.: Phonetik, Syntax, Text- und Gesprächsanalyse.

 

Die Gesprächsanalyse interessiert sich ganz allgemein für Typen, Muster und Abläufe von Gesprächen, z.B. dafür, wie überhaupt der Sprecherwechsel funktioniert, wie Gesprächsphasen und Themen gestaltet werden, Themenverläufe, die Organisation von Verabschiedung, Erzählungen, Streitgespräche etc.

 

Es gibt in der Gesprächsanalyse verschiedene Vergleichsperspektiven: Gruppenvergleich (z.B. Altersgruppen, Berufsgruppenvergleich), Kulturvergleich, Regionenvergleich, Vergleiche von Geschlechtergruppen, Vergleiche des Sprachverhaltens von Personen in bestimmten Positionen.

Man kann soziale Typizität beschreiben. Was ist typisch für Gruppe A oder Person A? Was markiert Unterschiede zu B und C?

Wenn ich mich für eine bestimmte Kommunikationskultur interessiere, brauche ich Aufnahmen von der Gruppe in verschiedenen Situationen mit verschiedenen Aktivitäten.

Ethnografie tritt auf den Plan.

Es ist für viele fragestellungen sinnvoll, Ethnografie und Gesprächsanalyse zu verbinden.

 

2. Einführung in die gesprächsanalytische Transkription

 

 

Weiterführende Literatur:

 

U.a. zur Transkription:

Arnulf Deppermann (1999): Gespräche analysieren. Opladen: Leske und Budrich.

 

Allgemein:

Per Linell (1998): Approaching Dialogue. Amsterdam: Benjamins.

Deborah Schiffrin (1994): Approaches to Discourse. London: Blackwell.

 

 

 

Eine einfache Transkriptionsweise:

 

- Volle Kleinschreibung

- Großbuchstaben werden für den Satzakzent reserviert

- Zeilenzählung

- Pro Zeile eine Phrase      

 

(-)                  kurze Pause

(- -)                längere Pause (weniger als

                     eine halbe Sekunde)

(1.0)                Pausen von einer Sekunde und länger

(?was soll das?)     unsicheres Textverständnis

(?            ?)     unverständliche Stelle

..[....              der Text in den untereinanderstehenden

..[....              Klammern überlappt sich

 

..[[...              Mehrfachüberlappung

                     verschiedener Sprecher/innen

=                    ununterbrochenes Sprechen

hahaha               lautes Lachen

hehehe               schwaches Lachen

hohoho               dunkles Lachen, den Vokalen der Umgebung angepasst

('h)                 hörbares Einatmen

(h)                  hörbares Ausatmen

:                    Lautlängung

?                    steigende Intonation

,                    kontinuierliche bis leicht

                     steigende Intonation

.                    fallende Intonation

;                    leicht fallende Intonation

°blabla°             leiser gesprochen als Umgebung

°°bla°°              sehr leise

COME ON              Emphaseintonation (lauter und höher)

sO nich              der Großbuchstabe markiert den Satzakzent

-                    Wortabbruch

 

 

3. Vom ersten Tag an befindet sich das Kind in Interaktion. Wie strukturieren Erwachsene den Kontakt mit dem Kind?

 

 

Stichworte zu Jerome Bruner: Wie das Kind sprechen lernt. (Child's Talk)

Center for Cognitive Studies, Harvard:

 

Bruner ist einer der führenden Vertreter interaktionistischer Erklärungsmodelle des Spracherwerbs.

Eine wichtige Idee: Kinder lernen mit dem Sprechen die Kultur.

Seine Grundidee ist der von Lew Wygotski ähnlich: Die im Menschen ablaufenden mentalen Prozesse haben eine gesellschaftliche und kulturelle Basis im Handeln.

Der primäre interaktionale, handelnde und mentale Austauschprozess wird später intramental.

 

Der Mensch hat eine biol. Verfassung, die auf Kultur angelegt ist. Seine sozialen Fähigkeiten, aus denen mentale Fähigkeiten wachsen, haben eine biol. Verankerung, die aber vom gesellschaftlich-kulturellen Kontext geprägt wird. Es gibt eine genetische Ausstattung, die  Sprechen ermöglicht (beim frühen Chomsky LAD), aber wie diese ausgeübt wird, hängt von der Kultur ab, in der sich der Mensch bewegt, in der er die Welt bewältigen will.

Will die Kultur/Natur-Dichotomie überwinden. Kein Entweder/Oder.

 

Leitfragen:

Wie arrangiert die Sprachgemeinschaft die Gesprächssituation mit kleinen Kindern?

Wie lernen Kinder, eigene Absichten deutlich zu machen?

Wie lernen sie, diejenigen von anderen zu verstehen?

Wie wird die Kommunikationsabsicht nach und nach in immer wirkungsvollere sprachliche Verfahren umgewandelt?

Wie entsteht durch Sprache eine zunehmende Situationsentlastung?

 

Wichtigstes Hilfsmittel? Formate, strukturierte Situationen.

Wie sehen diese aus?

 

Nachahmung ist keine überzeugende Erklärung dafür, wie das Kind lernt, denn es spricht anders als die Erwachsenen. Es ist auch unwahrscheinlich, dass es die Grammatik um ihrer selbst Willen lernt. Ihre Beherrschung ist immer instrumentell, eine um-zu-Sache.

 

Wie lernt das Kind, etwas zu meinen?

Es will innerhalb eines Kontexts etwas erreichen.

Zentrales Kriterium des Erfolgs ist somit die Wirksamkeit/Effektivität, nicht irgendeine abstrakte Richtigkeit. Das Kind arbeitet sich vor zu Mittel-Zweck-Strukturen. Handlungskoordination (S. 18): Hanus Papusek: 6 Wochen alte Kinder erzeugen Lichteffekte durch Kopfdrehen. Freude über erfolgreiche Vorhersage.

 

1. Aussage zu Fertigkeiten des vorsprachlichen Kindes: Mittel-Zweck-Bereitschaft: Seine Kognition begleitet zielgerichtetes Handeln.

Piaget: Das Kind testet systematisch alles, was in seine Reichweite kommt: Draufhauen, in die Hand nehmen, probiert Bewegungen durch, in den Mund nehmen. Erst kommt Berührung, dann Betrachtung. Das Kind hat eine hohe Bereitschaft für Ordnung und für Abstraktion.

Syntax, Semantik und Pragmatik sind offenkundig nicht unabhängig voneinander, Pragmatik ist der Syntax vorgelagert.

 

2. Aussage: Transaktionalität: Kind ist außerordentlich sozial und kommunikativ.

Der Spracherwerb beginnt, bevor das Kind lexiko-grammatische Äußerungen von sich gibt.

Er beginnt, wenn Mutter und Kind vorhersagbare Situationen schaffen, in denen das Kind agieren kann, in denen Strukturierung und Typisierung der Fall sind.

 

3. Aussage (S. 21): Das Kind ist permanent dabei, Ordnung herzustellen. Nur Geordnetes ergibt Systematik und somit Orientierung.

Heute ist weitgehend klar, dass man sich zur Herleitung von Grammatiken kindlicher Sprachen nicht nur auf die tatsächlichen Sprachäußerungen des Kindes verlassen sollte, sondern den gesamten Handlungskontext hinzuziehen sollte. Denn gerade die Kombination aller Elemente in strukturierten Situationen (sprachliches und nichtsprachliches) führt zur Kommunikationsfähigkeit.

 

4. Aussage: Abstraktion. Kindliche Wahrnehmung ist kein Durcheinander. Nicht erst Sprache macht das Kind mit einem abstrakten Regelsystem bekannt, sondern schon vorher unterscheidet es zwischen Zuständen und Prozessen, zwischen punktuellen und wiederkehrenden Handlungen, zwischen ursächlichen und nichtursächlichen Vorgängen. Die Sprache dient dann dazu, Unterscheidungen, die es schon machen kann, zu unterstützen, auszubauen und auf andere Bereiche zu übertragen. Verknüpfung von Welterfahrung und Sprache.

 

Charles Fillmore: Bedeutungen sind auf Szenen bezogen. Dies bedingt die Übernahme einer Perspektive. In der Szene spielt der Mensch eine Rolle. Satz-Entscheidungen sind Perspektivenentscheidungen (Subjekt-Objekt, Aktiv-Passiv...).

 

Roger Brown: mehr als drei Viertel aller sprachlichen Äußerungen des Kindes im Zwei-Wort-Stadium kommen lediglich mit einem halben Dutzend semantischer Relationen aus:  Aktor-Handlung, Handlung-Objekt, Aktor-Objekt, Besitz, Vorhandensein, Veränderung, Zustoßen...

Um Handlungen herum gruppierte Argumente stellen die Grundstrukturen von Sprache dar. Proto-semantische Handlungskonzepte.

 

Katherine Nelson (funktionale Kernhypothese): Das Wissen ist vom Standpunkt des Kindes aus funktional organisiert. Zentrale Größe des Erwerbs sind Skripts für Ereignisstrukturen. Das Kind siedelt Aktoren, Objekte, Ursachen und auch zeitliche Abläufe innerhalb eines Skripts an. Syntagmatische Formate schon im Ein-Wort-Stadium. Kommunikative Absichten werden innerhalb eines Skripts realisiert.

Kinder lernen Sprechakte im Kontext verstehen:

 

Roger Browns Studie zu den 2 Warum-Fragen einer Mutter:

Warum spielst Du nicht ein wenig mit dem Ball? (Aufforderung)

Warum spielst Du mit dem Ball? (Frage)

Das zweijährige Kind Adam hat immer adäquat reagiert, hat also die Handlung immer erschlossen.

Entziffert das Kind Absichten? Es scheint so.

Es bringt Äußerungen wohl immer mit Kontexteinschätzung zusammen.

Die Sprechakte müssen zwischenmenschlichen Beziehungen im Kontext genügen. Primär ist der wechselseitige Umgang mit Sprechakten, nicht der Satz. Der Erwachsene ist ein williger Sprechpartner, der die Absicht des Kindes zu verstehen trachtet. 

 

Der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sieht es so, dass unsere Kommunikation in Sprachspielen abläuft, in strukturierten Zusammenhängen, in denen wir alle Rollen übernehmen und Absichten übermitteln.

 

Mehr zu:

Bruner, Jerome (1987): Wie das Kind sprechen lernt. Zu Kapitel 4 und 5.

 

Stichworte aus "Die Entwicklung des Bedeutens"

Steuerung gemeinsamer Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand.

Sprachliche Aufmerksamkeitssteuerung überlagert allmählich die nichtsprachliche.

Einrichtung von Routine-Kontexten durch Erwachsene.

Eigene Bedeutungsakte in Bezug setzen, Perspektivenvertauschung.

Stimmliche Äußerungen werden zum Platzhalter von Zeigegesten.

Relativierung von Piagets These vom kindlichen Egozentrismus.

Kind entwickelt Handlungsschemata.

Bücher lesen: Beschreibung von Handlungen, Buch-Lese-Format.

Allmähliches Ansteigen der mütterlichen Ansprüche an das Kind.

Das Kind versucht, die Absicht der Mutter zu verstehen.

Mutter/Vater stellt ein interaktionales Gerüst zur Verfügung, in dem das Kind sich eingeben und entwickeln kann.

 

Die Entwicklung des Bittens

Grundsituation: Das Kind will etwas.

Sein Schreien ändert sich.

Zuerst reines Zeigen auf den Gegenstand, dann kombiniert mit verbalem Bitten.

Anfangs nur Bitten um Gegenstände im Gesichtskreis.

Einladung an Erwachsene (etwas zu tun).

Bitten um Hilfe

Die Geste des Bittens wird stilisiert und immer mehr versprachlicht.

Höflichkeitsentwicklung (ich will, ich möchte...)

 

 

4. Kognitionsentwicklung

 

 

aus: Butzkamm, Wolfgang und Jürgen (1999): Kindliche Sprachentwicklung und die Sprachlichkeit des Menschen. Tübingen und Basel: Francke. S. 101 ff.

 

 

Jean Piagets Erschließung des kindlichen Denkens

Unser Wissen über die Vorstellungswelt des Kindes und die Entwicklung seines Denkens wurde lange Zeit von dem genialen Genfer Psychologen Jean Piaget geprägt. Er konnte auf überzeugende Weise demonstrieren, wie sehr kindliche Denkvorgänge von denen Erwachsener abweichen. Piaget, geboren 1896, einer der größten Psychologen des 20. Jahrhunderts ist ein Biologe, der Antworten auf ein philosophisches Problem suchte und deshalb Entwicklungspsychologe wurde. Und das mit Leidenschaft: Bis zu seinem Tod als 84-Jähriger war der freundliche, weißhaarige alte Mann an den Ufern des Genfer Sees dabei zu beobachten, wie er sich mit Kindern darüber unterhielt, woher wohl der Wind käme und was er täte, wenn er nicht wehte.3

Fehlende Konstanzbegriffe und Konkretismus

Ein fünfmonatiges Kind spielt intensiv mit einem Teddybär. In einem pas­senden Augenblick nimmt der Erwachsene den Teddy und deckt ihn mit einem Tuch ab. Das Kind bekommt alles mit, macht aber danach keine Anstalten, das Tuch zu lüften und sich das Spielzeug wiederzuholen. Es ist, als ob das Spielzeug jetzt nicht mehr existierte. Erst das acht oder neun Monate alte Kind versucht, das Tuch wegzuziehen oder in die Richtung des Schrankes zu schauen, unter dem der Ball verschwunden ist, und beginnt nach ihm zu suchen. Erst dann kann man einen Gegenstand verstecken und dabei die Rollen tauschen, Vorbedingung des Benennens ist das »Vorhervorhandensein« des noch Unbenannten im Kopf des Kindes.4 Denn erst wenn es den Fortbestand (die Permanenz) des Gegenstandes verstanden hat, beginnt es auch, ihn zu benennen.

Bei einer anderen Versuchsreihe soll das Kind zwei Maße - entweder Menge, Länge, Gewicht oder Anzahl - einschätzen. Sind sie gleich oder verschieden? Auch hier geht es um Fortbestand und Beständigkeit (Konstanz) eines Gegenstandes oder Stoffes, auch dann, wenn äußerlich Veränderungen an ihm vorgenommen werden. Nehmen wir zwei Beispiele. Zuerst zeigt der Experimentator dem Kind zwei Glasröhrchen mit Wasser oder zwei Stäbchen. Es sind zwei gleich große Glasbehälter, und sie sind gleich hoch mit Wasser gefüllt. Die beiden Stäbchen sind gleich lang und liegen so parallel nebeneinander, dass die Kanten übereinstimmen. Das Kind wird jetzt gefragt, ob die Röhrchen gleich viel Wasser enthielten bzw. die Stäbe gleich lang seien. Das Kind bejaht. »Jetzt schau dir genau an, was ich tue«, sagt der Erwachsene und gießt vor den Augen des Kindes nun ein Röhrchen in ein schmaleres, so dass der Wasserspiegel steigt. Oder er verrückt die beiden Stäbchen so, dass sie immer noch parallel liegen, aber ein Stäbchen über das andere hinausragt. Daraufhin stellt er die Ausgangsfrage noch einmal: »Ist in den beiden Röhrchen gleich viel Wasser?« »Sind die beiden Stäbchen gleich lang oder ist eins länger als das andere?« Und dann passiert das Überraschende; „Kinder bis zum Alter von sieben Jahren meinen gewöhnlich; in dem einen Glas sei jetzt mehr Wasser oder das eine Stäbchen sei jetzt länger.

Warum lässt sich das Kind auf eine Weise hereinlegen, die schon Achtjährige belächeln? Was haben diese dazugelernt? Liegt hier ein Denkfehler vor? Können sie sich nur auf eine Dimension konzentrieren? Können sie nicht beide zugleich - Höhe des einen, Breite des anderen Glases - in ihre Überlegung einbeziehen?

Der fünfeinhalb jährige Bubi z.B. will nicht wahrhaben, dass eine Mark so viel wie hundert Pfennige sei, jedenfalls sind ihm zehn einzelne Kupferpfennige immer noch lieber als »so ein weißer Pfennig.«5 Man kann dies »kindlichen Konkretismus« nennen. Die anschauliche Überzahl übt einen starken Sog aus.

Fehlende Oberbegriffe

Aufschlussreich ist eine weitere Testreihe Piagets, auch wenn wiederum die künstliche Absicht des Wissenschaftlers durchscheint:6 Vor dem Kind liegen vier rote und zwei weiße Blumen. Die Frage lautet jetzt: »Haben wir hier mehr rote Blumen oder mehr Blumen«? Oder auch: »Haben wir hier mehr Rosen oder mehr Blumen?« Und die meisten Fünfjährigen meinen dann, es seien mehr rote Blumen oder mehr Rosen. Sie vergleichen also die roten mit den weißen Blumen und nicht, wie es die Frage meint, die Unterklasse »rote Blumen« oder »Rosen« mit der Oberklasse »Blumen überhaupt«. Sie rücken die Frage so zurecht, dass sie in der Alltagswelt sinnvoll ist.

 

Was kann also der Erwachsene, was das Kind noch nicht kann? Unbestreitbar ist, dass das Kind zunächst das anschauliche Nebeneinander benennt und sich das begriffliche Übereinander noch denkerisch erarbeiten muss. Was gehört alles zum Spielzeug, d.h. zu welchen Begriffen bildet es den Oberbegriff, und unter welchen Oberbegriff kann man nun seinerseits Spielzeug subsumieren?

Eine weitere Erklärung wäre, dass das Kind noch nicht auf die Sprache selbst hört, auf Sprache als ein separates System, das sich von der Situation ablösen, ja mit ihr auch in einem gewissen Widerstreit liegen kann. Normalerweise ist ja das ganze Bemühen der kindlichen Gesprächspartner darauf angelegt, Situation und Sprache so gut wie nur möglich aufeinander abzustimmen. Und genau das ist es ja, was es dem Kind überhaupt ermöglicht, in die Sprache hineinzuwachsen.

Das Kind lebt noch ganz im Fluss der Dinge, dem sich die Sprache unterordnet. Erst allmählich beginnt es, der Sprache selbst mehr Gehör zu schenken - und lernt dabei nie aus. Später gilt es, die Sprache großer Schriftsteller zu analysieren, die Schummelwörter und Beschönigungen von Politikern (oder von Ehepartnern ...) zu durchschauen, ja überhaupt Schein und Sein zu trennen. Wir lernen schließlich auch, unsere Sprache listig zu ganz eigenen Zwecken zu verwenden - ähnlich dem Experimentator, der vorgibt zu spielen. Wenn Sprache, wie es heißt, erfunden wurde, Um unsere wahren Gedanken zu verhüllen, so gilt das noch nicht für das Kleinkind.

Sprache muss sich erst durchsetzen

Das Kleinkind steht nicht im Bann der Sprache , sondern der Situation. Der Sprache misstrauen - und das heißt ja immer: seinen Mitmenschen misstrauen - wird erst sinnvoll, wenn die Sprache schon Macht über das Denken gewonnen hat. Zuvor muss man lernen, sich vom Augenschein zu lösen. Der russische Neuropsychologe Alexander Lurija hat ähnlich wie Piaget in einer Reihe von Experimenten dargelegt, wie Kinder sich anfangs von der Situation vor Augen verführen lassen und nur allmählich lernen, genau auf die sprachlich gestellten Aufgaben zu achten. Ein Beispiel:

Wir sagten zweieinhalb- bis dreieinhalbjährigen Kindern: »Wenn ich die Faust zeige, dann hebst du einen Finger« oder »Wenn ich einen Finger hebe, dann zeigst du die Faust«. Den jüngsten Kindern fiel es bereits schwer, diese Instruktionen zu wiederholen; oft vereinfachten sie sie. Drei- bis Dreieinhalbjährige wiederholten die Aufgabe zwar richtig, konnten sie aber nicht ausführen. Zeigte der Versuchsleiter die Faust, ahmten sie ihn nach, statt den Finger zu heben, und umgekehrt, wobei sie die Diskrepanz zwischen der Instruktion und ihrem Handeln gar nicht bemerkten. Nur bei den älteren Kindern offenbarten sich bisweilen Anzeichen eines Konflikts. Als Reaktion auf die Faust des Versuchsleiters
hoben sie richtig den Finger; doch dann wurden sie unsicher und zeigten die Faust.

Die »knabenbringende Weihnachtszeit«: Kindliche Umdeutungen

Wie wenig die Kinder anfangs auf die Sprache selbst achten, sieht man daran, dass sie die Wörter so deuten, wie sie sie schon kennen, und im Zweifelsfall nicht nachfragen. Offensichtliche Ungereimtheiten fallen ihnen in dieser Zeit nicht auf; sie geben sich mit einem ungefähren, sehr globalen Verstehen zufrieden. Das trifft besonders auf Verse und Lieder zu, d.h. auf Texte, die gewöhnlich nicht im Gespräch abgeklärt werden:

Gisa singt »Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt«. »Was sind denn Rösslein?« wird sie gefragt. »Weiß nicht, Rosen.« Im gleichen Lied biegt sie das unverstandene »egget« zu »ackert« um. Solche kindlichen Zurechtdeutungen sind besonders bei Kirchenliedern bekannt: Aus »Tochter Zion« wird »Doktor Zion«; aus der »gnadenbringenden« wird sehr sinnvoll die »knabenbringende« Weihnachtszeit; oder: »Alle Menschen groß und klein, sollen dir befohlen sein« wird zu »sollen hier beim Fohlen sein«.

Alle Jahre wieder

kommt das Christuskind ...

kehrt mit seinem Segen

ein in jedes Haus ...

Gisa singt: Kehrt mit seinem Segel

Man könnte Beispiele solcher »Kindesetymologien« mühelos multiplizieren. (Etymologie = die Lehre von der Herkunft der Wörter, ihrer angeblich »wahren« Bedeutung). Meist steckt doch ein wenig Sinn dahinter, etwa wenn Bubi Papas Botanisiertrommel »Sammelsiertrommel« nennt oder aus einer Laterne eine »Lampeterne« macht. Im Gespräch können solche Fehl-schlüsse korrigiert werden:

Im Fernsehen wird die Wetterkarte gezeigt.

Gisa (3;8): Wie heißt der? (der Meteorologe)

Vater:         Dr. Erwin Brandtner.

Gisa:            Kommt aus Brand (Stadtteil von Aachen).

Vater:         Glaubst du das wirklich?

 

 

Moralentscheidungen: Welches Kind war böser?

Das an der Anschauung klebende Denken wirkt sich bis in soziale und moralische Entscheidungen aus. Man schildere 4- bis 5-jährigen Kindern folgende zwei Episoden (nach Piaget):10

Eine Mutter möchte mit ihrem Kind in den Zoo. Es muss aber noch gespült und abgetrocknet werden. Nun bittet die Mutter das Kind um Mithilfe beim Abtrocknen. In der ersten Geschichte geht das Kind willig darauf ein. Da aber die Tassen so unglücklich auf dem Abtropfbrett gestapelt sind, fallen drei Tassen herunter und zerschellen am Boden.

In der zweiten Geschichte verweigert das Kind die Mithilfe. Als die Mutter darauf besteht, nimmt das Kind eine Tasse und schleudert sie auf den Küchenboden, so dass diese zerspringt.

Interessant die Antworten auf die Frage: »Welches Kind war nun böser?« Vier- bis Fünfjährige beziehen sich auf den sichtbaren Schaden: Drei Tassen kaputt ist schlimmer als nur eine. Erst mit sechs bis sieben Jahren ist klar, dass die absichtsvolle Zerstörung das eigentlich Schlimme ist. Den Schaden kann man sehen, die Absicht muss unterstellt oder erschlossen werden. Zwar kann man aufgeschlossenen Vorschulkindern im Einzelfall die Bedeutung der Absicht erklären. Es scheint dann, als hätten sie den Unterschied zwischen mutwilliger Zerstörung und bloßem Ungeschick verstanden. Aber schon bei leichten Veränderungen der Geschichte - man nehme iriur Teller statt Tassen - springen sie wieder zurück in ihr gewohntes Denkschema. Normalerweise gelingt ihnen  erst im  siebten Lebensjahr ein Sprung ins nächst höhere Denkschema.

Die Ichbezogenheit bei Kindern

Sagt die eine Laborratte zur anderen: »Weißt du, ich habe meine Psychologen gut dressiert. Jedesmal, wenn ich das Labyrinth fehlerlos durchlaufe, kriege ich ein Stück Käse.« Der Psychologenwitz illustriert, wie sehr es auf die jeweilige Perspektive ankommt.

Die dreijährige Jenny hält sich z.B. beim Versteckspiel die Augen zu und meint, nun könnten die anderen sie nicht sehen. Dies ist die von Piaget betonte kindliche Ichbezogenheit. Das Kind sei in hohem Maße »egozentrisch«; es müsse lernen, zu »dezentrieren«, sprich die Perspektiven zu wechseln, sich in andere Personen hineinzuversetzen und eine Situation auch aus ihrer Sicht zu sehen. Wer sich gut verstecken will, muss sich die Sichtweise der Suchenden zu Eigen machen. Er muss in seine Überlegungen mit einbeziehen, was der andere vielleicht schon weiß und sich denkt. Ein Versteck kann noch so gute Tarnung bieten; es taugt nichts, wenn der Suchende es vorher schon selbst benutzt hat. Dieser Rollentausch im Kopf funktioniert bei Dreijährigen noch nicht.

Jedes Kind fühlt sich als Mitte der Welt und drückt dies auch unbefangen in seinem Sprachverhalten aus. Piaget hatte einen Monat lang alle Äußerungen von Kindern eines Kinderheims notieren lassen, die sie beim Zusammensein mit anderen Kindern taten. Es stellte sich heraus, dass Dreijährige dabei noch viel monologisieren und nebeneinander her reden. Sie sind durchaus angeregt von der Anwesenheit der anderen, tauschen sich aber viel weniger wirklich miteinander aus, als es etwa Siebenjährige tun. Dreijährige brauchen also noch einige Zeit, bis sie mehr aufeinander hören und auf den anderen eingehen, sich miteinander verständigen und absprechen.

Weil die Egozentrik sich auch sprachlich ausdrückt, kann sie auch im Gespräch abgebaut werden, etwa wenn ein Kind lernt, dass auch andere ein »Zuhause« haben:

Mutter :       War die Oma zuhause?

Jenny (3;6): Nein, beim Opa.

Mutter:        Dann war se doch auch zuhause, bei sich zuhause.

Schelmereien der folgenden Art zeigen, wie Bubi (4;4) den Standpunkt des anderen einnehmen kann:

So nimmt er beispielsweise die Mutter bei der Hand und sagt: »Komm mal seh'n, wie ich garnich aufgeräumt hab'!« Kommt dann die Mutter mit und findet nun das Zimmer tadellos in Ordnung und alle Spielsachen des Knaben auf ihren Plätzen, da hüpft der Junge glücklich über die gelungene Überraschung von einem Bein aufs andre.11

Bubi kennt das Gefühl des Überraschtseins und versucht, es planvoll bei anderen hervorzurufen.

Jenny, gerade vier, ruft bei ihrer Tante an.

Tante (hebt den Hörer ab): Butzkamm. Jenny (nach einer Pause):    Ich.

Auch Verwandtschaftsbezeichnungen setzen den Perspektivenwechsel voraus und werden nur allmählich gemeistert:

Gisa (4):   Bist du auch eine Mutter?

Oma:        Ja, und das ist mein großes Kind.    .  

Gisa:         Ist doch mein Papa!

Oma:        Natürlich, aber auch mein Kind. Dein Papa war doch auch mal ganz klein.

Otto ist schon neun Jahre alt, als er seine Patentante von ihren Kindern sprechen hört. »Aber du hast doch gar keine Kinder.« »Doch, Klara und Elise.« Die kannte er natürlich, aber nur als Erwachsene.12

 

 

 

5. Interaktion beim Spielen

 

 

Weiterführende Literatur dazu:

 

Andresen, Helga (2002): Sprache und Spiel. Tübingen: Narr.

Auwärter, Manfred/Kirsch, Edit (1982): Die Generierung fiktionaler Realität im kindlichen Handpuppenspiel. In: Soeffner, H.-G. (Hrsg.): Beiträge zu einer empirischen Sprachsoziologie. Tübingen, 91-114.

Biege, Angela/Bose, Ines (1996): Du bist die Fraukäuferin, aber ich bin die Keller – nein, die Kellner. Zur Gesprächskompetenz von Kindern. In: Siegurd Lemke/Susanne Thiel (Hrsg.): Sprechen-Reden-Mitteilen. Prozesse allgemeiner und spezifischer Sprechkultur. Basel, 165-187.

Bose, Ines (1998): Sprechausdruck und Kontextualisierung in Rollenspielen von Vorschulkindern. In: Krech, E.M./Stock, E. (Eds.): Hallesche Schriften zur Sprechwissenschaft und Phonetik. Bd. 3. Halle.

Bruner, Jerome ( 1983): Child's Talk. New York. (Deutsch: Wie das Kind sprechen lernt. Bern.)

Cook-Gumperz, Jenny (1991): Geschlechtstypisches Sprechen und geschlechtstypische Lebensformen: "Kleine Mädchen spielen Frauen." In: Susanne Günthner/Helga Kotthoff (Hrsg.): Von fremden Stimmen. Weibliches und männliches Sprechen im Kulturvergleich. Frankfurt: Suhrkamp, 309-333.

Wygotski, Lew S: (1973): Das Spiel und seine Rolle für die psychische Entwicklung des Menschen. Ästhetik und Kommunikation 11, April.

 

 

 

Kinderspiele haben viele Dimensionen für den Erwerb von Sprache und Kultur.

Heute soll es besonders um 2 Dimensionen von gemeinsamen Kinderspielen gehen. Wir wollen sie als Herstellung von Scripts betrachten, von typischen Szenen, in denen Kinder agieren und in bestimmten Identitäten handeln und sprechen. Diese Identitäten ordnen sie sich gegenseitig zu. Das ist oft konfliktträchtig. Die sprechen in den Rollen, die sie übernehmen, aber auch noch als die Kinder, die sie sind. Sie unterscheiden dann zwei Realitätsebenen und oft sogar mehr.

Die Spiel-Scripts werden ausagiert. Mit ihren verschiedenen Protagonisten und der Abfolge der Handlungen haben sie Ähnlichkeit mit Erzählungen. Man kann sie als Vorläufer von Erzählungen betrachten. Die mündliche Erzählung ist allerdings auf das Agieren nicht mehr angewiesen. Hier wird der Kontext nur noch sprachlich hergestellt. Die Erzählerin gestaltet die Protagonisten, nicht mehr diese sich selbst.

Im Spiel erzeugen die Kinder zusammen eine fiktionale Szene. Sie können dies aber nur, weil sie bereits Scripts für bestimmte Szenen ausgebildet haben, weil sie erkannt haben, was typisch ist, wie ein typisches Mutter-Verhalten aussieht, typisches Polizistenverhalten, typisches Kind-Verhalten usw. Natürlich liegen sie manchmal mehr oder weniger stark daneben.

 

Darum geht es auch im Aufsatz von Wygotski (ab S. 20)

Spiel – eine symbolische Aktion nach Regeln.

Sully: Schwestern-Szene. Hand-in-Hand-Gehen als symbolische Gleichartigkeit. 

Die Bedeutung emanzipiert sich im Spiel vom Gegenstand.

Spielszene aus Wieden

 

Vor allem Wygotski hat gezeigt, dass die Sprachsozialisation über die Einbettung von sprachlichen Äußerungen in Handlungssituationen verläuft. Etwa mit drei Jahren beginnt sich die Einheit zwischen Wahrnehmung, Handlung und Affekt aufzulösen. Das Kind kann Personen, Handlungen, Orte, Zeiten und Gegenstände umdeuten. Die große Zeit der Fiktionsspiele beginnt. Dabei denken und handeln der Kinder stark erfahrungsbezogen. Und Erfahrung gerinnt in Formaten. Das Kind hat bereits ein Wissen über typische Formatstrukturen, in der Forschung zur Künstlichen Intelligenz Skripts genannt, aufgebaut.

 

Es ist erstaunlich, wie früh Kinder kompetent darin sind, mittels ihres Sprachverhaltens und des analogen Einsetzens von Gegenständen kohärente Szenen miteinander zu erzeugen.

Dabei staunen Sprachforscher/innen immer wieder über das implizite Stilwissen, das vierjährige Kindergartenkinder schon gekonnt zum Einsatz bringen, um eine Szene herzustellen. Dieses Stilwissen, das auch ein Beziehungswissen ist,  hilft ihnen, bestimmte Rollen in Ausrichtung aneinander hervorzubringen und damit sehr spezifische Skripts zu erzeugen.

In der Komplexität der erzeugten Interaktionsszenen liegen altersspezifische Unterschiede. 

 

In einer von den Studentinnen Gieseler, Egi und Braun. aufgezeichneten Spielszene aus einem Kindergarten in Wieden bei Freiburg sieht man, wie die Kinder sich gegenseitig durch Wechsel der Varietäten, hier vom Alemannischen ins Hochdeutsche, anzeigen, dass sie sich in der Fiktion befinden.

Die Szene dreht sich um Süßigkeiten, Leckerli.

Es dreht sich schon vorher um die Frage, wie man die Leckerli ins Spiel einbeziehen könnte. Unter bemerkenswerter Verwendung des Konjunktivs geht es den Vierjährigen in der kurzen Szene, die ich vorspiele, darum, mögliche Kontexte für den Einsatz der Leckerli zu entwerfen.

Statt weiterhin im Dialekt abzuklären, was mit den Leckerli gespielt werden könnte, tritt Rebecca plötzlich durch den Varietätenwechsel aus der Alltagsrealität heraus in den Rahmen der Fiktion. Ab Zeile 7 spricht sie plötzlich Hochdeutsch. Statt explizite Metakommunikation darüber zu betreiben, was gemacht soll, betreibt sie nun implizite Metakommunikation. Ihre Rolle als kritische Mutter entsteht erst schrittweise. Die anderen Kinder spielen, dass sie sich um die Leckerli streiten. Die Regieanweisungen, die sich die Kinder geben, sind immer im Dialekt.

Vor allem Rebecca spricht als empörte Mutter Hochdeutsch.

 

Szene "Leckerli" aus dem Kindergarten in Wieden (2002)

 

Rebecca , Theresa, Christian, Sven, Florian (etwa 4 Jahre alt)

 

 1   S:   gell, aber ihr könntet selli It esse.

 2   T:   sell dät uns jo überhaupt it schmEcke,

 3        do müsste mer jo chOtze,

 4   Ch:  theresa dät immer mol eis probIEre.

 5        (? dE fernseh ?)

 6   R:   jetzt dÄtsch mol eis °probiere°.

 7        proábIEr doch mal, das ist nich schlimm.

 8        (- -) ja,

 9   Ch: und dann dät=s pfuideufel schmecke.

10   T:   hi::::::  ((will ein Leckerli haben))

11   S:   áGI:B GI:B ((alle wollen Leckerli))

12   ?:   áHIE:R HIE:R

13   R:   boah.

14   T:   ein Extra portiOn,

15        (?                  ?)

16   R:   jetzt muss ich mal nAchsehn. (schaut hinters Bett)

17   S:   weg[(-)weg(-)weg(-)

18   R:      [wOher hast du diese dInger he:r?

               <  ((empört))                  >

19   Ch: auf dem tIsch stehn sie.

20   R:   a hA::. dU hast sie mal wieder gekauft.

21                                      <((affektiert, empört))                 >

22   Ch:  [nein

23   T:   [nein

24   Ch: er hat sie hier allEIn gekauft.

25   T:   i hab (-) i hät se [kauft.

26   R:                      [er hat doch gar kein gEld.

                              < ((affektiert))          >

27   Ch: DOCH

28   T:   i dät [se KAUft ha

29   Ch:       [aber vo

30       na:i, tere:, de, de

31        du:,(-) theresa, hät=m sven geld gä.  

32   R:   also DAS find ich NICHT schön

          < ((steht mit den Händen an den Hüften))

33                                      dass du unserem hUnd (?die   ?) gibst.

34                                      ((sehr affektiert))                  >

35   ?:   HAHA da ist aber (?    ?)

36        schaust du (?   ?) mal?

37   Ch: gE::::ld.

38   R:   hA::::lt, jetzt lAss mich doch mal AUsreden.

          (?     ?)

39        (?     ?)

40   A:   °aua°

41   S:   du BISCH it vo unsere familie.

42   R:   ach KUMM doch sie WÄR eins.

43   S:   [ok dann wär se a kind. sonst nit.

44   ?    [okay

45   R:   [jo okay. 

 

In Zeile 18 fragt sie Christian empört, woher er "diese Dinger" habe. Rebecca inszeniert für sich die Rolle einer Mutter, die Christian und Sven, die sie dadurch zu ihrem Kind macht, dafür kritisiert, dem Hund schon wieder Leckerli gekauft zu haben.

Es kristallisiert sich dann heraus, dass die Kinder die Regieführung, also wer was machen soll, im Alemannischen aushandeln. Wer Hochdeutsch spricht, übernimmt eine Rolle in der Familie, als deren Mutter Rebecca bereits agiert. Hochdeutsch wird zum Rahmungsindikator.

Es wird gespielt, dass die Kinder dem Hund verbotenerweise schon wieder Leckerli gekauft haben. Die Mutter will herausfinden, wer diese Missetat beging. Es kommen Sätze vor wie "jetzt lass mich doch mal ausreden" in Z. 38, die typisch sind für Auseinandersetzungen. Wechsel in die Standardsprache können der Anzeige von Autorität dienen. Möglicherweise spielte das für Rebeccas Varietätenwechsel eine Rolle. Die Alltagsvarietät aller Kinder ist das Alemannische. Ihre Hochdeutschkompetenz beziehen sie weitgehend aus den Medien.

Die Szene endet damit, dass neu ausgehandelt werden muss, wer zu Familie gehören darf.

Kindliche Spielrollen sind austauschbar und oft sehr kurzlebig (Andresen 2002, 157)

 

Kinder imitieren prosodisch Rollenverhalten, das sie in ihrer Umgebung beobachten und zeigen dabei ein enormes Beobachtungsvermögen für typische Sprechstile und auch die Fähigkeit, dies in Interaktion miteinander gezielt zu nutzen (Cook-Gumperz 1991, 1995).

 

Mit dem Aufkommen von Fiktionsspielen sind Kinder in der Lage, sich aus dem Hier und Jetzt zu lösen, gemeinsam Fiktionen und damit Deutungsrahmen herzustellen und sprachlich auszugestalten.

 

 

Clemens Knobloch (1998): Wie man "den Konjunktiv" erwirbt

Siegener Papiere zur Aneignung sprachlicher Strukturformen 2.

Als Artikel in:.Feilke, Helmuth, Kappest, Klaus-Peter und Clemens Knobloch (2001): Grammatikalisierung, Spracherwerb und Schriftlichkeit. Tübingen: Niemeyer.

 

 

Er intersssiert sich für das kollektive Symbol- und Fiktionsspiel im Vorschulalter als ein lern- und generalisierungsrelevanter pragmatischer Kontext für den Erwerb bzw. die Festigung von Modalisierung. Im Fiktionsspiel haben hätte/würde/wäre-Formen Hochkonjunktur und er argumentiert, dass das Spiel eine Konstellation hergibt, in der das Kind gut Modalisierung recodieren kann.

 

Im Spiel lernt das Kind nach Wygotski, in der produzierten und nicht in der sichtbaren Situation zu handeln. Das Spiel schärft die Unterscheidung von Gesichtsfeld und Bedeutungsfeld. Das Kind handelt im Bezug auf ein repräsentiertes inneres Schema – und dieses muss es mit anderen teilen, d.h. aushandeln:

Das wäre jetzt wohl unser Haus und du wärst die Mutter.

 

Batesons Begriff des "framing" wird bedeutsam.

Unterscheidung von Kampf und gespieltem Kampf (schon in der Tierwelt).

Das Spiel ist der Wendepunkt in der Repräsentationsfähigkeit des Kindes.

Es hilft bei der Ablösung von der gegebenen Situation. Die erzeugte Situation wird immer prägnanter. Darin liegt auch ein wichtiger Bezug zum Erzählen. Das Erzählen setzt ja auch voraus, dass etwas repräsentiert werden kann, das nicht zu sehen ist.

 

3 Bezugssystemen im Spiel:

a) der Ebene der Alltagsrealität

b) der Ebene der Instruktion, der Regie

c) der Fiktionsebene

 

Das Spiel steht zwischen der Situationsgebundenheit und dem von der realen Situation losgelösten Denken. In ihm operiert das Kind zum ersten Mal mit dem Eigenwert von Sprache.

 

Kinder entwickeln ein Vokabular für das Ebenenmanagment, dazu gehört z.B. "in echt" oder "angel, angel" oder "aua, du hast mir in echt wehgetan." Sie unterstreichen damit, was sie darstellen.

Wer solche Szenen beobachtet kann nicht umhin zu bewundern, wie gut Kinder zwischen den Ebenen umschalten können. Sie praktizieren Kontextualisierung, somit etwas, das auch für das Sprachverhalten von Erwachsenen entscheidend ist: z.B. für den Unterschied Komik – ernsthafter Diskurs, lokale Emotion – Wechsel in der Kontextualisierung.

 

Knoblochs Interesse liegt auf der Instruktionsebene, der Regieebene. Hier fällt die Modalisierung auf.

Er sagt, einem Grammatiker müsste das Managment dieser Ebene "schmuddelig" vorkommen.

 

Vier Gebiete sind beteiligt:

 

- Stilmerkmale (Register, Formeln, Routinen, Anredeformen etc.)

- morphosyntaktische Merkmale (spezielle Modus- und Tempusformen)

- prosodische Merkmale (Stimmlage, Artikulation)

- Transformation referentieller Bezugssysteme (Bezeichnung von Objekten,

  Personen im Feld)

 

Der Konjunktiv ist stark präsent, hat aber kein Monopol. Wir haben es bei der Erzeugung der Spielwelt mit Mehrfachcodierung zu tun. Konjunktiv II ist eine Option innerhalb der Dimension des Modalisierens. Daneben spielen die Modalverben eine große Rolle.

 

Je älter die Kinder, desto eher generieren sie die Spielfiktion aus den Präsuppositionen des Sprechens und Handelns, also implizit (sie sagen nicht mehr: Du wärst jetzt X, sondern sie behandeln das Kind einfach so). Die Requisiten werden auch abstrakter.

 

Knobloch sieht das Spiel als einen Kontext dar, in dem systematisch Codierungsbedürfnisse auftauchen, die in das grammatische Subsystem der epistemischen Modalisierung hineinreichen.

 

Es findet Re-Analyse, Re-Codierung statt: Etwas bereits Gekonntes gerät in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die spieltypische Modalisierung der laufenden Bezüge bildet eine Art von Scharnier zwischen den beiden nunmehr getrennt adressierten Ebenen von lokaler Referenz und interner Repräsentation.  Bedeutung löst sich damit aus der festen Verklammerung mit den Gegenständen.

 

Er präsentiert Spracherwerbsdokumente aus dem 3. und dem 7. Lebensjahr. 

 

Systematisches Auftauchen von Modalverben:

Jonathan soll krank sein.

Ich will der Arzt sein.

Du darfst der Hund sein.

 

 

Wir haben gesehen, dass Griffins Regel der Konservierung der Illusion gilt. Es gab viele Äußerungen, die einen Bezug hatten zur Alltagsrealität, dominant aber auf der Fiktionsebene lagen. Kinder machen Äußerungen, die ein implizites Potential zur Umdeutung der Spielsituation beinhalten. Griffin nennt das "implicit pretend rule", Regel des impliziten So-Tun-Als-Ob; dieses sollen möglichst kohärent zum Spiel passen

 

 

 

 

 

 

 

Aus: Andresen, Helga (2002): Interaktion Sprache & Spiel – Zur Funktion des Rollenspiels für die Sprachentwicklung im Vorschulalter. Tübingen, Narr.

            S. 111 ff

 

                                                           

                                                           

 

 

 

 

 

 

 

Auwärter, Manfred/Kirsch, Edit (1982): Die Generierung fiktionaler Realität im kindlichen Handpuppenspiel. In: Soeffner, H.-G. (Hrsg.): Beiträge zu einer empirischen Sprachsoziologie. Tübingen, 91-114.

 

Am Anfang stellen Erwachsene Kindern den Kontext her.

Wie stellen Kinder miteinander Kontexte her?

Kontextualisierung und geteilte Interpretationsrahmen

Rückgriff auf Scripts, Scenarios, Rahmen :  Restaurant, Ticket-Kaufen.  

Beim Spielen bietet der Raum Stützen.

Kinder treten immer wieder aus der unmittelbaren Realität heraus und bauen eine Fiktion auf, eine Szene, z.B. Krankenhaus.

Analyse der Szene Puppenhaus mit Handpuppen: Mutter, Vater, 2 Söhne, Krankenschwester, Lehrer.

Schwimmbad-Szene

 

Phasen der Handlungsherstellung:

1. Definition des Rahmens

2. Handlung im Schwimmbad

3. Änderung der Namen

4. Handlung Geburtstag

5. Umdefinition der Räume

 

Rolle mit den Rollenattributen

Äußerungen in der Rollenidentität?

Fiktionenaufbau

Präsuppositionen (Voraussetzungen, die nicht explizit gemacht werden=)