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Thema des Tages: Die Krise der Unis Zum Hauptartikel

KURIER-Kommentator Peter Rabl fordert den Bruch mit der Lebenslüge vom völlig freien Zugang zum Studieren.

Peter Rabl Peter Rabl DruckenSendenLeserbrief
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Die Parolen im Wiener Audimax werden zunehmend skurriler, die Unterstützung des studentischen Protestes wird schwächer, die Antworten der Politik werden immer schwammiger. Auf die teilweise sehr berechtigten Proteste an den Universitäten gibt es - neben deutlich mehr Geld - nur eine richtige Antwort, nämlich die realistische Analyse des universitären Systems und die entsprechenden klaren Regeln dafür.

So verdienstvoll die Öffnung der Universitäten in der Ära Bruno Kreiskys war, aber die heutigen Probleme an den Hochschulen haben dort ihre Wurzeln: Die für alle offene Massenuniversität hätte gleichzeitig entsprechend massenhaft mehr Geld und Personal gebraucht. Beides haben die Hochschulen nie auch nur annähernd bekommen. Im Gegenteil haben die Nulldefizitler Schüssel & Grasser die Mittel für die Uni auch noch reduziert.

Schon deshalb ist der absolut freie Zugang zu jedem gewünschtem Studium längst eine unserer Lebenslügen - ähnlich wie die Schimäre, es gebe in Österreich keine Zweiklassen-Medizin.

Es stimmt, dass der Staat so rasch wie möglich die Ausgaben für die Hochschulen deutlich erhöhen muss, damit sinnvolles Studieren überhaupt möglich ist. Der Verweis auf die Finanznöte ist inakzeptabel, solange die ÖBB doppelt so viel Staatsgeld erhalten wie die Unis und so lange etwa um viele Milliarden wirtschaftlich unsinnige Tunnels durch die Koralpe gebohrt werden.

Bildung oder Ausbildung

Im derzeit als Funktion der Universitäten viel diskutierten Gegensatzpaar Bildung oder Ausbildung bleibt die Politik eine klare Antwort schuldig. Nämlich die, dass es sich der Staat nie leisten können wird, dass jeder alles Beliebige sinnvoll studieren kann.

Am Ende geht es einerseits nicht vor allem um die Zahl der Studierenden, sondern um die Zahl der erfolgreichen Studienabsolventen. Am Ende geht es andererseits nicht nur für Studienabbrecher, sondern auch für junge Akademiker darum, ob sie später eine Chance auf einen Job in der Wirtschaft haben - oder sich mit berechtigtem Frust von Praktikum zu Praktikum hanteln oder sich hinter ein Taxi-Lenkrad klemmen.

Politik und Universitäten schulden den Studierenden eine realistische Planung, die - in vielen Bereichen schon jetzt existierende - Zugangsbeschränkungen beinhalten muss. Dass sich in etlichen Bereichen die Besten um einen raren Platz an Fachhochschulen rangeln und die vergleichbaren Fächer an der Universität nur zweite Wahl sind, ist ein dramatischer Hinweis auf die mangelnde Ausbildungskompetenz von völlig überlaufenen und überforderten Studienrichtungen.

Die Probleme in weiten Bereichen der Universitäten sind seit Jahren offensichtlich. Dass es eines Protestes der Studierenden bedurfte, sie in die breite öffentliche Diskussion zu bringen, ist ein politisches und gesellschaftliches Armutszeugnis. Die realistischen und ehrlichen Antworten der Politik sind überfällig.

Artikel vom 08.11.2009 08:59 | KURIER | Peter Rabl


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