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Ein Flugzeugträger, mehr als 10.000 Soldaten und hundert Millionen Dollar Soforthilfe: US-Präsident Obama reagiert mit einer enormen Mobilmachung auf das Erdbeben in Haiti. Doch das Verhältnis zwischen den USA und Haiti war nicht immer einfach und auch heute verfolgen die Vereinigten Staaten in dem Karibikstaat eigene Interessen.
Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkstudio Washington
[Bildunterschrift: US-Präsident Obama kündigt 100 Millionen Dollar Soforthilfe an und schickt Militär nach Haiti. ]
Obamas Botschaft war klar, Haiti sei ab sofort sein Top-Thema. Und das gelte auch für seine Außenministerin und seinen Verteidigungsminsters - erklärte der US-Präsident. Bereits am Vorabend hatte Außenministerin Hillary Clinton ihre Asienreise abgesagt und Verteidigungsminister Gates seinen Australienbesuch.
Die Haiti-Katastrophe sei einer jener Momente, die förmlich nach amerikanischer Führungsstärke riefen, meint Obama. Zum einen aus humanitärem Engagement, aber auch, um zu zeigen, dass er am Ende seines ersten Jahres im Weißen Haus das Krisenmanagement perfekt beherrscht. So organisieren der Präsident und seine Regierung einen der größten Hilfseinsätze in der US-Geschichte.
[Bildunterschrift: Tausende US-Soldaten sollen in Haiti helfen, die ersten trafen auf dem Flughafen von Port-au-Prince ein. ]
US-Marines sichern bereits den Flughafen in Port-au-Prince. Und weitere rund 2000 US-Soldaten sind auf dem Weg nach Haiti. Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger George W. Bush, der auf die Hurricane-Katastrophe Katrina in New Orleans höchst zögerlich und ratlos reagierte, demonstriert Obama Führungsstärke, also gerade jene Eigenschaft, die die Republikaner an ihm vermissen. Nur in einem Punkt nimmt sich Obama an seinem Vorgänger ein Beispiel: Er ernannte George W. Bush gemeinsam mit dessen Amtsvorgänger Clinton zum Krisenkoordinator für Haiti. So hatte es Bush im Fall von Katrina auch mit seinen Amtsvorgängern gemacht.
Sein Haiti-Engagement ziele vor allem auf die rund 45.000 Amerikaner, die zur Zeit in Haiti leben erklärt der US-Präsident. Darüberhinaus haben die USA traditionell ein großes Interesse an dem nahen Nachbarn Haiti, dessen Hauptstadt Port-au-Prince nur zwei Flugstunden von Florida entfernt ist. "Little Haiti" wird der Großraum Miami wegen seiner mehreren hunderttausend Immigranten aus dem armen Land genannt. Die Obama-Regierung will neue Flüchtlingsströme aus dem Erdbebengebiet Richtung USA auf jeden Fall verhindern. Die USA versuchten seit langem, Haitianer fernzuhalten, kritisiert Bill Quickley vom US-Zentrum für Verfassungsrecht in der Radiosendung "DemocracyNow".
Amerikas Verhältnis zu Haiti sei seit jeher problematisch, so Quickley. Verhasst war der Nachbar bereits bei Amerikas weißen Sklavenhaltern, als 1804 afrikanische Sklaven in Haiti den ersten freien schwarzen Staat gründeten. Später unterstützten oder stürzten US-Präsidenten nach Belieben die verschiedenen Diktatoren in Port-au-Prince. Hauptsache, die Amerika-Gegner Kuba, Venezuela und Kolumbien gewinnen in Haiti nicht allzuviel Einfluß, heißt das Motto vieler Rechtskonservativer in den USA, die Haiti immer noch als eine Art Hinterhof betrachten.
[Bildunterschrift: Auch Venezuelas Präsident Chavez kündigte Hilfe für Haiti an. ]
Die Kubaner haben schon 400 Ärzte mit zwei Feldlazaretten nach Haiti geschickt. Und Venezuelas Präsident Chavez ist auch schon mit Hilfsbrigaden im Katastrophengebiet, registrieren aufmerksam einige US-Medien. "Unsere lateinamerikanischen Gegner sind schneller hilfsbereit als wir" heißt die Botschaft zwischen den Zeilen. Der politische Hilfswettkampf um Haiti hat begonnen.
Und der Interpretationswettkampf ist ebenfalls in vollem Gang. So weiß der Amerikas Haiti-Experte Brian Concannon genau, wer an Haitis Katastrophe eigentlich schuld ist. "Wir Amerikaner sind Haitis Krise", behauptet Concannon. Im Klartext: Washingtons diverse Regierungen, die mit einer falschen Entwicklungspolitik Haitis Landbevölkerung auf die Hügel der Hauptstadt gelockt hätten, wo sich ein Erdbeben besonders verheerend auswirke.
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