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Die Abgeordneten im Landtag von Hannover haben sich am Dienstag für einen Abriss und Neubau des Plenarsaales ausgesprochen. 91 von 152 Parlamentariern votierten dafür. 39 Abgeordnete befürworteten stattdessen einen Umbau. Zwölf Abgeordnete lehnten beide Vorschläge ab, zehn enthielten sich, unter ihnen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Die Abstimmung fand namentlich statt. Der Fraktionszwang war für den Beschluss aufgehoben worden. Nun ist klar, dass es nicht bei einer einfachen Sanierung oder einem Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes bleiben wird. Bis 2012 soll der neue Plenarsaal mit einer größtenteils aus Glas bestehenden Fassade nach dem Entwurf des Kölner Architekten Eun Young Yi fertig gebaut sein.
Landtagspräsident Hermann Dinkla hatte zu Beginn der Landtagssitzung noch einmal auf das große Interesse der Öffentlichkeit an dem Thema hingewiesen: "Es geht um das bauliche Herzstück parlamentarischer Demokratie." Anschließend entwickelte sich im Landtag eine teils hitzig geführte Debatte.
Rund 150 Menschen hatten am Morgen vor dem Parlament gegen den Abriss des Gebäudes demonstriert. Auf Plakaten waren Forderungen wie "Denkmalschutz gilt für alle" und "Kein Tempel - Umbau statt Neubau" zu lesen. Organisator Jürgen Junghänel von der "Arbeitsgemeinschaft Bürgerbeteiligung Landtag" sagte: "Die heutige Entscheidung ist zu einer Frage der Demokratie geworden."
Offen ist, wie sich das Land Niedersachsen mit Eva Oesterlen, der Witwe des Architekten, einigen wird. "Wenn abgerissen wird, werden wir Klage einreichen", sagte ihr Rechtsanwalt am Dienstag. Die Freien Wähler (FW) in Niedersachsen wollen den Neubau notfalls mit einem Volksbegehren stoppen. Sie befürchten höhere Kosten als die bislang prognostizierten 45 Millionen Euro für das Projekt. FW-Landesvorstandsmitglied Torsten Jung forderte am Mittwoch, die Planung für die Umgestaltung des Parlamentsgebäudes zu verschieben und nach günstigeren Lösungen zu suchen. Auch der ehemalige Landtagspräsident Horst Milde (SPD) kritisierte die Pläne scharf: "Mit dem Bagger wird ein Stück Geschichte zerstört", sagte er der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Mittwochausgabe).
Ministerpräsident Wulff sagte nach der Sitzung, er sei froh, dass das Parlament eine große Mehrheit für einen Entwurf gefunden habe. "Ich hatte ein wenig Sorge, dass es nur eine relative Mehrheit geben würde, weil auch sehr gerungen wurde um die verschiedenen Modelle." Dass es jetzt eine klare absolute Mehrheit gebe, "macht sicher die Sache leichter". Die Entscheidung sollten auch die Unterlegenen mittragen, weil sie "nach guter Debatte getroffen wurde", so Wulff.
Dinkla zeigte sich von der klaren Mehrheit für den Abriss des Oesterlen-Anbaus überrascht. "Ich habe mit einem knapperen Ergebnis gerechnet", sagte der Landtagspräsident. Es sei deutlich geworden, dass es richtig war, die Diskussion im Landtag zu führen. "Die Debatte war gekennzeichnet von gegenseitigem Respekt, jedenfalls bis auf kleine Ausnahmen." Er selbst hatte für den Abriss des Plenargebäudes gestimmt.
Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) begrüßte die Entscheidung der Parlamentarier. "Es ist gut, dass nach den heftigen Debatten in dieser Frage nun eine vergleichsweise breite Mehrheit zustande gekommen ist", sagte Weil. Für Hannover biete der Neubau die Chance, den Charakter als Landeshauptstadt noch stärker zu betonen.
Um die Zukunft des niedersächsischen Landtags gab es jahrelange Debatten, am Dienstag wurde im Parlament abgestimmt.
Die Fraktionschefs von CDU und SPD hatten in ihren Reden vor der Abstimmung betont, beide Parteien seien sich einig, dass die schwerwiegenden baulichen Mängel des Plenarsaales nicht mehr hinnehmbar seien. Unter anderem fehle es an Tageslicht, es gebe technische Mängel in der Belüftung, der Abwasseranlage und der Akustik. Innerhalb der Fraktionen waren die Ansichten über die notwendigen Maßnahmen allerdings extrem unterschiedlich. Wegen der Bedeutung der Entscheidung war der Fraktionszwang aufgehoben worden, damit die Abgeordneten frei nach ihrem Gewissen für eine der Varianten abstimmen konnten.
Mit der Abstimmung ist die jahrelange Diskussion um die Zukunft des Oesterlen-Baus aber keineswegs beendet. Denn das Votum der Parlamentarier fließt nur als eine wichtige Komponente in die Gesamtentscheidung ein - genau wie das Ergebnis des Architektenwettbewerbs. In den nächsten Wochen muss jetzt das staatliche Baumanagement unter Aufsicht des Finanzministeriums mit den drei preisgekrönten Architekten über Details verhandeln. Erst wenn dort noch offene Fragen wie die Leistungsfähigkeit des Büros oder die Kosten geklärt sind, wird endgültig entschieden. So sieht es das geltende EU-Recht vor.
Ein Kommentar von Dorothee Gerwald, NDR Info.
David McAllister, CDU-Fraktionsvorsitzender
Länge: 21:27 Minuten
Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender
Länge: 06:51 Minuten
Wolfgang Jüttner, SPD-Fraktionsvorsitzender
Länge: 08:10 Minuten
Enno Hagenah, Landtagsabgeordneter der Grünen
Länge: 08:18 Minuten
Manfred Sohn, Fraktionsvorsitzender der Linken
Länge: 09:26 Minuten
Der Ausgang der Abstimmung ist ungewiss. (Meldung vom 16.03.2010)
Landtagspräsident Dinkla wünscht sich eine namentliche Abstimmung ohne Fraktionszwang. (Meldung vom 05.03.2010)
Die Entscheidung über die Zukunft des maroden Gebäudes soll noch im März fallen. (Meldung vom 04.03.2010)
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