Bildungszentrum
Stadt Nürnberg

 

BZ - Materialien, Band 1, Gabi Müller-Ballin
Die Nürnberger Prozesse
1945 - 1949
Vorgeschichte - Verlauf - Ergebnisse - Dokumente

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Einführung
Am 20.11.1945 begann im Nürnberger Justizpalast in der Fürther-Straße 110 im Saal 600 der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher. 21 ehemals führende Vertreter des "1000-jährigen Reiches" saßen auf der Anklagebank.

Auch gegen sechs Gruppen und Organisationen - das Reichskabinett, das Führerkorps der NSDAP, SS und SD, SA und Gestapo, Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht - wurde Anklage erhoben. Sie lautete auf Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen diedie Menschlichkeit. Nach 9 Monaten wurde am 1.10.1946 das Urteil verlesen: 12 mal die Todesstrafe (Bormann in Abwesenheit), 3 mal lebenslänglich, 4 Zeitstrafen zwischen 10 und 20 Jahren, 3 Freisprüche. Im Anschluß an den internationalen Hauptkriegsverbrecherprozeß fanden die 12 Nürnberger Nachfolgeprozesse statt. Mit dem letzten Urteil am 11. April 1949 waren die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse zu Ende. Sie wurden zu einer umfassenden Darstellung des nationalsozialistischen Regimes. Anläßlich des 50. Jahrestages des Beginns der Nürnberger Prozesse bietet das Bildungszentrum, die Volkshochschule der Stadt Nürnberg, interessierten Laien eine Zusammenstellung wichtiger Inhalte der Prozesse. Den roten Faden bildet dabei die zeitliche Abfolge der Ereignisse: von den ersten Schritten seit 1940 über die Entstehung der Anklageschrift bis zur Eröffnung des Hauptkriegsverbrecherprozesses. Daran schließen sich Auszüge aus den Beweisvorträgen der amerikanischen, britischen, französischen und sowjetischen Anklagebehörde an. Es folgt eine kurze Darstellung der Argumente der Verteidigung und ein Überblick über das Urteil. Exemplarisch werden die Schuldsprüche einschließlich Begründung durch das Gericht für vier der einundzwanzig angeklagten Einzelpersonen im Wortlaut zitiert. Den Abschluß bildet eine Übersicht über die Nürnberger Nachfolgeprozesse.

Der Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß stellte schon allein in organisatorischer Sicht alles bisher Dagewesene in den Schatten. An 218 Tagen wurde verhandelt. Das Sitzungsprotokoll umfaßt 4 Millionen Wörter und füllte 16 000 Seiten. Von der Anklage wurden 2360 Beweisdokumente vorgelegt, von der Verteidigung 2700. Das Gericht hörte 240 Zeugen und prüfte 300 000 eidesstattliche Erklärungen. Der Prozeß wurde in vier Sprachen geführt: englisch, französisch, russisch und deutsch.

Die vorliegende Zusammenstellung kann nur eine grobe Skizze sein. Es werden eine Reihe wichtiger Aspekte angesprochen, andere jedoch, die in der zeitgeschichtlichen Forschung und in der politischen Diskussion nach 1949 bis heute eine wichtige Rolle spielen, konnten - schon aus Platzgründen - nicht berücksichtigt werden.

Nürnberg, Juni 1995

Gabi Müller-Ballin

INHALT

Einführung
Stationen auf dem Weg nach Nürnberg

Zur Vorgeschichte des Hauptkriegsverbrecherprozesses

- Die Erklärung von St. James
- UNWCC und Moskauer Konferenz
- Robert Jackson wird Chef der Anklagebehörde
- Das Londoner Abkommen
Die Anklage
- Anklagevertretung
- Anklageschrift
- Anklagepunkt 1: Verschwörung
- Anklagepunkt 2: Verbrechen gegen den Frieden
- Anklagepunkt 3: Kriegsverbrechen
- Anklagepunkt 4: Verbrechen gegen die Menschlichkeit
- Die Angeklagten
- Reaktionen der Angeklagten auf die Anklageschrift

Die Prozeßeröffnung

Aus den Beweisvorträgen der Anklagebehörde
- Das Hoßbach-Protokoll
- KZ-Filme als Beweismaterial
- Die Schmundt-Notizen
- "Zwangsarbeit - wirtschaftliche Ausplünderung -
Verbrechen gegen die menschlichen Lebensgrundlagen"
- Zeugin Madame Vaillant-Couturier
- Oradour-sur-Glane
- Zeuge der Anklage:
Generalfeldmarschall Friedrich Paulus
- "Das Verpflegen von Kriegsgefangenen
ist eine mißverstandene Menschlichkeit"
- "Technik der Entvölkerung"
- "12 Gebote für das Verhalten der Deutschen
im Ostraum und die Behandlung der Russen"
- Lidice und andere
- Jüdische Babys in Auschwitz

Die Verteidigung
- Die Zuständigkeit des Gerichts wird in Frage gestellt
- Das "tu quoque" Argument
- Zeuge der Verteidigung:
Rudolf Höß, Kommandant von Auschwitz

Die Schlußplädoyers der Verteidigung und der Anklagebehörde
Die angeklagten Organisationen
Schlußworte der Angeklagten

Die Nürnberger "Prozeß-Gemeinde"

Die Presse in Nürnberg

Das Urteil
- Die Richter
- Die Urteilsverkündung
- Zu den grundsätzlichen Rechtsfragen des Verfahrens
- Zum Begriff der Verschwörung
- Schuld oder Unschuld der einzelnen Angeklagten
- Tabelle der Strafausspüche
- Die Vollstreckung des Urteils

Zur Bedeutung von "Nürnberg"

Die Nürnberger Nachfolgeprozesse
- Ärzte und Juristen
- SS und Polizei
- Industrielle und Bankiers
- Militärische Führer
- Minister und hohe Regierungsbeamte
- Tabelle der Strafaussprüche
Zeittafel
Anmerkungen und Literaturnachweis

Dokumente im Wortlaut

Stationen auf dem Weg nach Nürnberg

Zur Vorgeschichte des Hauptkriegsverbrecherprozesses

Bereits 1940 erhoben die britische, tschechische, französische und polnische Regierung offizielle Proteste gegen die Verbrechen, die von den Deutschen während der Besetzung in Polen und der Tschechoslowakei begangen wurden. Im Oktober 1941 verdammte Franklin D. Roosevelt öffentlich " die Hinrichtung ganzer Reihen unschuldiger Geiseln" durch die Deutschen. Winston Churchill, der englische Premierminister, schloß sich diesem Schritt des amerikanischen Präsidenten an. Die Sowjetunion sandte im November 1941 und im Januar 1942 diplomatische Noten aus, in denen die deutsche Regierung der "systematischen und bewußten verbrecherischen Verletzung des Völkerrechts", die durch Brutalitäten und Gewalttaten gegen russische Kriegsgefangene, durch Plünderungen und Zerstörungen sowie durch Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung begangen worden sei, beschuldigt wurde.

Die Erklärung von St. James

Im Januar 1942 wurde in einer Konferenz in London der erste Schritt zur Formulierung eines Programms für die Behandlung von Kriegsverbrechern unternommen. An dieser Konferenz nahmen Repräsentanten folgender von den Deutschen besetzten Länder teil: Belgien, Tschechoslowakei, Frankreich, Griechenland, Holland, Jugoslawien, Luxemburg, Norwegen und Polen . In der Erklärung von St. James vom 13.1.1942 bezeichneten die Konferenzteilnehmer "als eines ihrer wichtigsten Kriegsziele die Bestrafung der für die Verbrechen Verantwortlichen, und zwar im Wege der Rechtsprechung, gleichgültig, ob die Betreffenden alleinschuldig oder mitverantwortlich für diese Verbrechen waren". (1) Die Unterzeichnermächte verlangten ferner, "daß im Geiste internationaler Solidarität a) die Schuldigen oder Verantwortlichen ohne Ansehen der Nationalität gesucht und vor Gericht gestellt und abgeurteilt würden, b) daß die verkündeten Urteile vollstreckt würden"(2). In der Anerkennung der Erklärung von St. James durch die Vereingten Staaten von Nordamerika, Großbritannien und die Sowjetunion wurde die Ansicht bekräftigt, daß über die Kriegsverbrechen in Gerichtsverfahren verhandelt werden sollte.

UNWCC und Moskauer Konferenz

Im Oktober 1942 trat die von 17 Nationen - Australien, Belgien, Kanada, China, Frankreich, Griechenland, Holland, Indien, Jugoslawien, Luxemburg, Neuseeland, Norwegen, Polen, Südafrika, Tschechoslowakei, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika - gebildete "Kriegsverbrechenskommission der Vereinigten Nationen" erstmals zusammen. Die UNWCC (United Nations War Crimes Commission) wurde eine wichtige Zentralstelle für Kriegsverbrecher-Angelegenheiten. Sie empfing und registrierte Anzeigen, die von den Mitgliedsstaaten eingereicht wurden und veröffentlichte Listen von Personen, die der Kriegsverbrechen verdächtig waren.

Anläßlich der Moskauer Konferenz wurde am 1. November 1943 die "Erklärung über deutsche Grausamkeiten im besetzten Europa" von Großbritannien, der Sowjetunion und den USA veröffentlicht. Ihrzufolge sollten Kriegsverbrecher an das Land, in dem sie die Verbrechen verübt hatten, ausgeliefert, und nach dem dort geltenden Recht verurteilt werden. Die Hauptkriegsverbrecher, deren Taten nicht mehr geographisch lokalisiert werden können, weil sie in mehreren Ländern Verbrechen begingen, sollten nach einer gemeinsamen Entscheidung der Regierungen der Alliierten bestraft werden. Das war die Basis für die späteren Übereinkommen, auf Grund deren die Nürnberger und andere internationale Prozesse (Tokio) abgehalten wurden.

Robert Jackson wird Chef der Anklagebehörde

Als der Krieg in Europa sich seinem Ende näherte, stellte die Behandlung der Kriegsverbrecher eine der wichtigsten Aufgaben für die Gestaltung des Friedens dar. Während der Konferenz in San Francisco , Anfang Mai 1945, führten diplomatische Vertreter der vier Alliierten Besprechungen über die Errichtung eines Internationalen Militärgerichts zur Aburteilung der europäischen Hauptkriegsverbrecher durch. In den USA wurde der Richter am Obersten Bundesgericht, Robert H. Jackson am 2. Mai von Präsident Truman beauftragt, verbindliche Verhandlungen über die in Aussicht genommenen Verfahren zu führen. Gleichzeitig wurde er zum Chef der Anklagebehörde bestellt. Richter Jackson sammelte zunächst einen Stab von Mitarbeitern um sich und überreichte am 6. Juni 1945 nach einer Reihe von Besprechungen im besetzten Deutschland, in Frankreich und in England einen vorläufigen Bericht an Präsident Truman. In diesem Bericht, der die öffentliche Aufmerksamkeit in weitem Umfang auf sich zog und Anlaß zu vielen Debatten zwischen Juristen und Vertretern der öffentlichen Meinung bot, wurden die grundsätzlichen Rechtsbegriffe und der Plan der Nürnberger Prozesse entwickelt.Sinn und Zweck der Strafverfolgung sei es, so Jackson, "eine gut dokumentierte historische Darstellung dessen zu erarbeiten, was nach unserer Überzeugung ein großangelegter, konzentrierter Plan war, die Aggressionen und Barbareien anzuzetteln und zu verüben, die die Welt schockiert haben ...Wir müssen unglaubliche Ereignisse durch glaubwürdige Beweise festhalten." (3)

Das Londoner Abkommen

Bald nach der Veröffentlichung des Jackson-Berichtes kamen die Vertreter der vier Alliierten in London zusammen. Die Konferenz wurde am 26.6.1945 eröffnet und erarbeitete in den folgenden Wochen ein "Abkommen über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse" sowie eine "Verfassung der Internationalen Militärgerichte". Trotz ernster Meinungsverschiedenheiten zwischen den vier Delegationen, u.a. bezüglich der Definition der zur Verhandlung anstehenden Verbrechen, des Gerichtsortes, der voraussichtlichen Dauer der Verfahren, kam es am 8.8.45 nach insgesamt 15 Sitzungen zur Unterzeichnung des "Londoner Abkommens", dem sich im folgenden 19 weitere Nationen anschlossen. Das Londoner Abkommen basierte im allgemeinen auf den Vorschlägen des Jackson-Berichts und regelte die Zusammensetzung, die Zuständigkeit und das Verfahren des Internationalen Militärgerichtshofs. Berlin wurde Dauersitz des Tribunals und Nürnberg als Verhandlungsort für den ersten Prozeß ausgewählt. Die Signatarmächte bestimmten sodann die Mitglieder des Tribunals und die Hauptankläger. Letztere erhoben in Berlin am 18. Oktober 1945 die Anklage gegen 24 Einzelpersonen und sechs "Gruppen oder Organisationen".

Mit der Unterzeichnung des Londoner Statuts stand auch der Gang des Prozesses selbst fest, denn Artikel 24 bestimmte folgenden Verlauf:

a.	Die Anklage wird vorgelesen.
b.	Der Gerichtshof fragt jeden Angeklagten, ob er sich schuldig bekennt oder nicht.
c.	Die Anklagebehörde gibt eine einleitende Erklärung ab.
d.	Der Gerichtshof fragt die Anklagebehörde und die Verteidigung, ob und
        welche Beweismittel sie dem Gericht anzubieten wünschen, und entscheidet
        über die Zulässigkeit jedes Beweismittels.
e.	Die Zeugen der Anklagebehörde werden vernommen. Nach ihnen die der Verteidigung.
        Danach wird der vom Gericht als zulässig erachtete Gegenbeweis seitens der
        Anklagebehörde oder Verteidigung erhoben.
f.	Der Gerichtshof kann jederzeit Fragen an Zeugen oder Angeklagte richten.
g.	Anklagebehörde und Verteidiger sollen jeden Zeugen und Angeklagten,
        der Zeugnis ablegt, verhören und sind befugt, sie im Kreuzverhör zu vernehmen.
h.	Sodann hat die Verteidigung das Wort.
i.	Nach ihr erhält die Anklagebehörde das Wort.
j.	Der Angeklagte hat das letzte Wort
k.	Der Gerichtshof verkündet Urteil und Strafe.(4)

	

Die Anklage

Anklagevertreter vor Gericht waren jeweils als Hauptankläger

- für die USA: Justice Robert H. Jackson

- für Großbritannien: S.M. Generalstaatsanwalt Sir Hartley Shawcross, K.C., .M.P.

- für Frankreich: Francois de Menthon, Auguste Champetier de Ribes

- für die UdSSR: General R.A. Rudenko

Die Anklageschrift

Kernpunkt des Londoner Statuts war Artikel 6, der die Zuständigkeit des Internationalen Militärgerichtshofes regelte.

"Die folgenden Handlungen, oder jede einzelne von ihnen, stellen Verbrechen dar, für deren Aburteilung der Gerichtshof zuständig ist. Der Täter solcher Verbrechen ist persönlich verantwortlich:

  • Verbrechen gegen den Frieden: nämlich Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Führung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung internationaler Verträge, Vereinbarungen oder Zusicherungen oder Teilnahme an einem gemeinsamen Plan oder einer Verschwörung zur Ausführung einer der vorgenannten Handlungen;
  • Kriegsverbrechen: nämlich Verletzungen der Kriegsgesetze und der Kriegsgebräuche. Solche Verletzungen umfassen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein, Ermordung, Mißhandlung oder Verschleppung der entweder aus einem besetzten Gebiet stammenden oder dort befindlichen Zivilbevölkerung zur Sklavenarbeit oder zu irgendeinem anderen Zweck, Ermordung oder Mißhandlung von Kriegsgefangenen oder Personen auf hoher See, Tötung von Geiseln, Raub öffentlichen oder privaten Eigentums, mutwillige Zerstörung von Städten, Märkten und Dörfern oder jede durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigte Verwüstung;
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit: nämlich Ermordung, Ausrottung, Versklavung, Verschleppung oder andere an der Zivilbevölkerung vor Beginn oder während des Krieges begangene unmenschliche Handlungen; oder Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen in Ausführung eines Verbrechens oder in Verbindung mit einem Verbrechen, für das der Gerichtshof zuständig ist, unabhängig davon, ob die Handlung gegen das Recht des Landes , in dem sie begangen wurde, verstieß oder nicht. Anführer, Organisatoren, Anstifter und Teilnehmer, die an der Fassung oder Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung zur Begehung eines der vorgenannten Verbrechen teilgenommen haben, sind für alle Handlungen verantwortlich, die von irgendwelchen Personen in Ausführung eines solchen Planes begangen worden sind."(5)

In der 25.000 Wörter umfassenden Anklageschrift, die auf dem eben zitierten Artikel 6 beruhte, wurde aus a) Verbrechen gegen den Frieden zwei Anklagepunkte, nämlich Anklagepunkt 1 Verschwörung und Anklagepunkt 2 Verbrechen gegen den Frieden.

Worum ging es der Anklagevertretung im einzelnen? Nachfolgend zentrale Ausschnitte aus der Anklageschrift, die die vier Anklagepunkte näher beschreiben und erläutern.

Anklagepunkt 1: Verschwörung

Dieser Anklagepunkt bezieht sich auf die Teilnahme als Führer, Organisatoren, Anstifter und Mittäter an der Ausarbeitung oder Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung, die darauf zielte oder mit sich brachte die Begehung von Verbrechen gegen den Frieden, gegen das Kriegsrecht und gegen die Humanität. Mit allen Mitteln, gesetzlichen und ungesetzlichen, wobei die Verschwörer auch Drohung, Gewalt und Angriffskriege erwogen, wollten sie erreichen: den Versailler Vertrag und seine Beschränkungen der militärischen Rüstungen zu vernichten sowie sich die 1918 verlorenen Gebiete und noch weitere anzueignen. Als ihre Ziele immer ungeheuerlicher wurden, planten sie ihre Angriffskriege unter Verletzung internationaler Verträge und Vereinbarungen. Um andere Personen für die Teilnahme zu gewinnen und sich ein Höchstmaß an Kontrolle über das deutsche Volk zu sichern, wurden unter anderem folgende Grundsätze aufgestellt und ausgenutzt: die Lehre vom "deutschen Blut" und von der "Herrenrasse", von der sie das Recht ableiteten, andere Rassen und Völker zu unterjochen und auszurotten; das "Führerprinzip" mit unbegrenzter Macht der Führerschaft und bedingungslosem Gehorsam der anderen; die Lehre, daß Krieg eine edle und notwendige Beschäftigung für die Deutschen sei.

Die Verschwörer zielten darauf ab, durch Terror und mit dem gewalttätigen Heer der SA die deutsche Regierung zu untergraben und zu stürzen. Sie setzten, nachdem Hitler Reichskanzler geworden war, die freiheitlichen Artikel der Weimarer Verfassung außer Kraft und verboten alle anderen Parteien. Sie festigten ihre Macht durch Gleichschaltung, militärische Erziehung der Jugend, Konzentrationslager, Mord, Zerstörung der Gewerkschaften, Kampf gegen die Kirchen und pazifistischen Vereinigungen, wobei sie Organisationen wie die SS, die Gestapo und andere einsetzten. Zur Verwirklichung ihrer Herrenvolklehre erhoben sie die unbarmherzige Verfolgung und Ausrottung der Juden zum Programm. Von den 9.600.000 Juden, die in Europa unter ihrer Herrschaft lebten, sind nach vorsichtiger Schätzung 5.700.000 verschwunden.

Anklagepunkt 2: Verbrechen gegen den Frieden

Die meisten Angeklagten wirkten dabei mit, die deutsche Wirtschaft zur Ausrüstung der Militärmaschine umzustellen. Bis März 1935 betrieben sie eine geheime Aufrüstung . Sie verließen die Abrüstungskonferenz und den Völkerbund, verkündeten die allgemeine Wehrpflicht und besetzten die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes. Sie verleibten sich Österreich und die Tschechoslowakei ein und begannen schließlich den Angriffskrieg gegen Polen, obwohl sie wußten, daß sie damit auch mit Frankreich und Großbritannien in Krieg geraten würden. Sodann überfielen sie Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Jugoslawien und Griechenland. Sie marschierten in die Sowjetunion ein und arbeiteten mit Italien und Japan bei dem Angriffskrieg gegen die Vereinigten Staaten zusammen.

Insgesamt wurden von ihnen dabei 36 internationale Verträge und Abmachungen 64 mal verletzt oder gebrochen; sie sind im Anhang C der Anklageschrift aufgeführt. Dazu gehören unter anderem die Haager Konvention zur friedlichen Regelung von internationalen Streitfragen von 1899 und 1907; die Haager Konvention V über die Respektierung der Rechte und Pflichten neutraler Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges von 1907; der Garantievertrag von Locarno zwischen Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Italien von 1925; zahlreiche Schieds- und Schlichtungsverträge Deutschlands mit benachbarten Ländern; der Pariser Briand-Kellog-Pakt zur Verdammung des Krieges als eines Instruments der nationalen Politik von 1928; eine Reihe von Zusicherungen, Erklärungen und Nichtangriffsverträgen Deutschlands; und die Verletzung des Münchner Abkommens von 1938.

Anklagepunkt 3: Kriegsverbrechen

Abschnitt A dieses Anklagepunktes behandelt die Ermordung und Mißhandlung der Bevölkerung von besetzten Gebieten, wobei Erschießen, Erhängen, Vergasen, Aushungern, übermäßiges Zusammenpferchen, planmäßige Unterernährung, systematische Überarbeitung, unzureichende Hygiene, Prügel, Folter und Experimente hervorgehoben werden. Hinzu kommen Massenmorde an Gruppen bestimmter Rasse oder Nationalität, Verhaftung und Freiheitsentzug ohne Gerichtsverfahren sowie unmenschliche Haft in Konzentrationslagern. Die nachfolgenden Einzelheiten sind nur Beispiele aus der Fülle des Materials: In Frankreich kam es zu Massenverhaftungen, denen Martern folgten wie Eintauchen in kaltes Wasser, Erstickung, Ausrenken von Gliedern und Benutzung von Folterwerkzeugen wie des eisernen Helms und elektrischen Stroms. In Nizza wurden im Juli 1944 die Gefolterten zur Schau gestellt. Von 228.000 Franzosen, die in Konzentrationslager gebracht wurden, gab es nur 28.000 Überlebende. In Oradour-sur-Glane wurde die gesamte Ortsbevölkerung erschossen oder lebendig in der Kirche verbrannt. Unzählige Morde und Grausamkeiten wurden in Italien, Griechenland, Jugoslawien und in den nördlichen und östlichen Gebieten begangen. In Polen und in der Sowjetunion gehen die Zahlen in die Millionen. Etwa 1.500.000 Menschen wurden in Majdanek, ungefähr 4.000.000 in Auschwitz umgebracht. Im Lager von Ganow, wo 200.000 Menschen ermordet wurden, kam es zu ausgeklügelten Grausamkeiten wie Bauchaufschlitzen und Erfrierenlassen in Wasserfässern. Massenerschießungen fanden unter Musikbegleitung statt. Im Gebiet von Smolensk wurden mehr als 135.000 Menschen ermordet, im Gebiet von Leningrad 172.000, im Gebiet von Stalingrad 40.000. In Stalingrad selbst wurden nach der Vertreibung der Deutschen über tausend verstümmelte Leichen von Ortsbewohnern gefunden, die Foltermerkmale aufwiesen, darunter 139 Frauen, denen die Arme in schmerzhafter Weise nach hinten gebogen und mit Draht zusammengeschnürt waren; einigen waren die Brüste abgeschnitten worden, auf den Leichen der Männer war der fünfzackige Judenstern mit einem Eisen eingebrannt oder mit einem Messer ausgeschnitten, einigen war der Bauch aufgeschlitzt. In der Krim wurden 144.000 Menschen auf Lastkähne getrieben, aufs Meer gefahren und ertränkt. In Babi Jar bei Kiew wurden über 100.000 Männer, Frauen und Kinder und Greise ermordet, in Kiew selbst 195.000, im Gebiet Rowno über 100.000, im Gebiet von Odessa 200.000, in Charkow etwa 195.000 erschossen, zu Tode gefoltert oder vergast. In Dnjepropetrowk wurden 11.000 Frauen, Greise und Kinder erschossen oder lebendig in eine Schlucht geworfen. Mit den Erwachsenen rotteten die Nazis unbarmherzig auch die Kinder aus. Sie töteten sie in Kinderheimen und Krankenhäusern, begruben sie bei lebendigem Leibe, warfen sie ins Feuer, erstachen sie mit Bajonetten, vergifteten sie, führten Experimente an ihnen aus, zapften ihnen Blut zum Gebrauch in der deutschen Armee ab und warfen sie ins Konzentrationslager, wo sie durch Hunger, Folter und Seuchen ums Leben kamen. Im Lager Janow in Lemberg töteten die Deutschen 8.000 Kinder in zwei Monaten.

Abschnitt B des dritten Anklagepunktes befaßt sich mit der Deportation von Millionen Menschen aus den besetzten Gebieten zur Sklavenarbeit und für andere Zwecke, wobei viele wegen der schrecklichen Verhältnisse schon auf den Transporten starben. Als Beispiele werden unter anderen Belgien angegeben, von wo 190.000 Menschen nach Deutschland verschleppt wurden, die Sowjetunion mit 4.978.000 und die Tschechoslowakei mit 750.000 Deportierten.

Abschnitt C gilt Mord und Mißhandlung an Kriegsgefangenen, wobei ebenfalls wieder viele Beispiele aufgeführt werden, zu denen unmenschliche Märsche, Prügel, Hunger, Vergasungen, Foltern, Fesselungen und Erschießungen gehören.

Abschnitt D stellt fest, daß die Angeklagten im Laufe ihrer Angriffskriege in den von den deutschen Streitkräften besetzten Ländern dazu übergingen, in weitem Maße Geiseln aus der Zivilbevölkerung herauszugreifen und zu töten, besonders in Frankreich, Holland und Belgien. In Krajlevo, Jugoslawien wurden einmal 5.000 Geiseln erschossen.

Abschnitt E betrifft die Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums. Dazu gehörte es, den Lebensstandard in den besetzten Gebieten durch Abtransport von Nahrungsmitteln herabzusetzen und Hungersnöte hervorzurufen, Rohstoffe und Maschinen fortzuschaffen, Geschäftsunternehmungen und industrielle Anlagen zu beschlagnahmen sowie Eigentümer zu zwingen, ihren Besitz "freiwillig" abzutreten. Ferner wurden der Wert der Landeswährungen herabgesetzt, hohe Besatzungssteuern auferlegt, Ländereien für deutsche Siedlungszwecke enteignet, ganze Industriestädte zerstört, Kulturstätten und wissenschaftliche Institute vernichtet, Museen und Galerien geplündert. Frankreich wurden dabei Werte in Höhe von 1.337 Milliarden Francs entzogen. Die Sowjetunion nennt ebenfalls enorme Zerstörungen und Ausbeutungen, darunter 1.710 Städte und 70.000 Dörfer, die von den Deutschen zerstört oder schwer beschädigt wurden, was 25 Millionen Menschen obdachlos machte. Ferner hebt die Sowjetunion hervor, daß die Deutschen Gut und Museum Leo Tolstois zerstörten, das Grab des großen Schriftstellers entweihten und ebenso das Tschaikowskij-Museum in Klin vernichteten. Der Gesamtbetrag der der Sowjetunion zugefügten Schäden wird mit 679 Milliarden Rubel angegeben. Die der Tschechoslowakei entzogenen Werte beliefen sich auf 200 Milliarden Kronen.

Abschnitt F behandelt die Eintreibung von finanziellen Kollektivstrafen. Die Gesamtsumme der Bußen zum Beispiel, die allein französischen Gemeinden auferlegt wurden, beläuft sich auf 1.157.179.484 Francs.

Abschnitt G betrifft die frevelhafte Zerstörung von großen und kleinen Städten und Dörfern sowie Verwüstungen ohne militärisch begründete Notwendigkeit. In Norwegen wurde ein Teil der Lofoten zerstört, ebenso die Stadt Telerag. In Frankreich fielen außer Oradour-sur-Glane zahlreiche andere Orte willkürlicher Zerstörung zum Opfer, die Stadt Saint-Die wurde niedergebrannt, der Hafenbezirk von Marseille in die Luft gesprengt, Kurorte wurden in Trümmer gelegt. In Holland wurden Häfen, Schleusen, Deiche und Brücken zerstört und ungeheuere Verwüstungen durch Überflutungen angerichtet. Griechenland und Jugoslawien werden mit vielen sinnlos zerstörten Ortschaften erwähnt, so zum Beispiel das Dorf Skela in Jugoslawien, das durch Feuer dem Erdboden gleichgemacht wurde, wobei die Deutschen alle Einwohner töteten. Das gleiche Schicksal erlitten Lidice und seine Bewohner in der Tschechoslowakei.

Abschnitt H ist der zwangsweisen Rekrutierung von Zivilarbeitern gewidmet, wobei viele Parallelen zu Abschnitt B bestehen. Für Frankreich werden 936.813 Personen genannt, die gezwungen wurden, in Deutschland zu arbeiten.

Abschnitt I trägt die Überschrift "Zwang für Zivilbewohner besetzter Gebiete, einer feindlichen Macht den Treueid zu leisten", womit hauptsächlich die Bewohner von Lothringen und dem Elsaß gemeint sind.

Abschnitt J behandelt die Germanisierung besetzter Gebiete . Auch in diesem Abschnitt werden ausschließlich Beispiele aus Frankreich angeführt, wie zum Beispiel die Ansiedlung von 80.000 Deutschen aus dem Saargebiet und Westfalen in Lothringen, wobei 2.000 französische Bauernhöfe Deutschen übertragen wurden, oder die zwangsweise Germanisierung aller französischen Vor- und Familiennamen im Departement Moselle.

Für alle im Anklagepunkt 3 genannten Taten werden die Bestimmungen, Verträge und Konventionen genannt, die dadurch verletzt wurden.

Anklagepunkt 4: Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Dieser Anklagepunkt ist eine Erweiterung des Anklagepunktes 3 und umfaßt folgende zwei Titel: "Ermordung, Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Handlungen gegen Zivilbevölkerungen vor oder während des Krieges" sowie "Verfolgung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen. Neben Judenausrottungen werden in diesem Punkt auch Verbrechen an einzelnen Persönlichkeiten aufgeführt, wie die Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß, des Sozialdemokraten Breitscheid und des Kommunisten Thälmann. (6)

Teil 1 und 2 der Anklageschrift , die Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden betreffend, wurden in erster Linie von den Engländern und Amerikanern verfasst. Für Robert Jackson bestand der Kern der ganzen Klage darin,daß Verbrechen gegen den Frieden zum anerkannten Bestandteil des Völkerrechts erklärt wurden. Die Briten setzten sich gleichfalls für dieses Ziel ein. Die Anklagepunkte "Kriegsverbrechen" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" stützten sich hauptsächlich auf das Beweismaterial über spezifische Grausamkeiten, das von den Sowjets, Franzosen oder den von Deutschen besetzt gewesenen Ländern vorgelegt worden war.


Die Angeklagten

Angeklagt waren 24 Einzelpersonen und 6 Gruppen und Organisationen. Die einzelnen Personen waren (mit Funktionsangaben):

Hermann Göring

Göring war in der Zeit von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichsführer der SA, General der SS, Mitglied und Präsident des Reichstags, Preußischer Innenminister, Präsident der Preußischen Polizei und Chef der Preußischen Geheimen Staatspolizei, Präsident des Preußischen Staatsrates, Treuhänder des Vierjahresplans, Reichsluftfahrtminister, Präsident des Ministerrates für die Reichsverteidigung, Oberhaupt des Hermann-Göring-Konzerns und designierter Nachfolger Hitlers: Anklagepunkte: 1,2,3,4.

Rudolf Hess

Heß war in der Zeit von 1921 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Stellvertreter des Führers, Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Mitglied des Reichstags, Mitglied des Ministerrates für die Reichsverteidigung, designierter Nachfolger des "Führers" nach dem Angeklagten Göring, General der SS und General der SA. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Joachim von Ribbentrop

Ribbentrop war in der Zeit von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Außenpolitischer Berater Hitlers, Vertreter der NSDAP in auswärtigen Angelegenheiten, Botschafter in London, Organisator und Leiter der Dienststelle Ribbentrop, Reichsminister für auswärtige Angelegenheiten, Mitglied des politischen Stabes des "Führers" im Hauptquartier und General der SS. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Robert Ley

Ley war von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichsleiter, Organisationsleiter der NSDAP, Reichstagsmitglied, Führer der Deutschen Arbeitsfront, General der SA und Mitorganisator des "Zentralaufsichtsamtes für die Wohlfahrt der Fremdarbeiter". Anklagepunkte: 1,3,4

Wilhelm Keitel

Keitel war von 1938 bis 1945: Chef des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht, Mitglied des Ministerrates für die Reichsverteidigung und Feldmarschall. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Ernst Kaltenbrunner

Kaltenbrunner war in den Jahren von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Mitglied des Reichstags, General der Polizei, Staatssekretär für Sicherheit in Österreich und Chef der Polizei, Polizeipräsident von Wien, Nieder- und Oberösterreich, Leiter des Reichssicherheitshauptamtes und Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Anklagepunkte: 1,3,4

Alfred Rosenberg

Rosenberg war in den Jahren 1920 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichstagsmitglied, Reichsleiter der NSDAP für Weltanschauung und Außenpolitik, Herausgeber der nationalsozialistischen Zeitung "Völkischer Beobachter" und der "NS-Monatshefte", Leiter des außenpolitischen Amtes der NSDAP, Sonderbeauftragter für die gesamte geistige und weltanschauliche Schulung der NSDAP, Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Organisator des "Einsatzstabes Rosenberg", General der SS und der SA. Anklagepunkte: 1, 2,3,4

Hans Frank

Frank war in der Zeit von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Reichstagsmitglied, Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz, Präsident der Internationalen Rechtskammer und der Akademie für deutsches Recht, Chef der Zivilverwaltung von Lodz, Oberster Verwaltungschef der Militärbezirke von Westpreußen, Posen, Lodz und Krakau und Generalgouverneur der besetzten polnischen Gebiete. Anklagepunkte: 1,3,4

Wilhelm Frick

Frick war von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichsleiter, General der SS, Reichstagsmitglied, Reichsinnenminister, Preußischer Minister des Inneren, Reichswahlleiter, Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung, Leiter des Zentralbüros für die Einverleibung des Sudetenlandes, Memel, Danzig, der einverleibten Ostgebiete, Eupen, Malmedy und Moresnet, Leiter des Zentralbüros für das Protektorat Böhmen und Mähren, Generalgouverneur für Unter-Steiermark, Ober-Kärnten, Norwegen, Elsaß-Lothringen und für alle anderen besetzten Gebiete, und Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Julius Streicher

Streicher war von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, General in der SA, Gauleiter von Franken, Hauptschriftleiter des antisemitischen Hetzblattes "Der Stürmer". Anklagepunkte: 1,4

Walther Funk

Funk war in den Jahren von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Hitlers Wirtschaftsberater, Reichstagsmitglied, Pressechef der Reichsregierung, Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Reichswirtschaftsminister, Preußischer Wirtschaftsminister, Präsident der Deutschen Reichsbank, Wirtschaftsbevollmächtigter und Mitglied des Ministerrates für die Reichsverteidigung. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Hjalmar Schacht

Schacht war in den Jahren von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Reichswirtschaftsminister, Reichsminister ohne Geschäftsbereich und Präsident der Deutschen Reichsbank. Anklagepunkte: 1,2

Karl Dönitz

Dönitz war von 1932 bis 1945: Befehlshaber der U-Boot-Flottille Weddingen, Befehlshaber der U-Boot-Waffe, Vizeadmiral, Großadmiral und oberster Befehlshaber der deutschen Kriegsmarine, Hitlers Ratgeber und dessen Nachfolger als Haupt der deutschen Regierung. Anklagepunkte: 1,2,3

Erich Raeder

Raeder war von 1928 bis 1945: Oberster Befehlshaber der deutschen Kriegsmarine, Generaladmiral, Großadmiral und Admiralinspekteur der deutschen Kriegsmarine. Anklagepunkte 1,2,3

Baldur von Schirach

Schirach war von 1924 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Reichsjugendführer beim Stab der Obersten SA-Führung, Reichsleiter in der NSDAP für Jugenderziehung, Leiter der Hitler-Jugend, Reichsverteidigungskommissar, Reichsstatthalter und Gauleiter von Wien. Anklagepunkte: 1,4

Fritz Sauckel

Sauckel war in den Jahren 1921 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Gauleiter und Reichsstatthalter von Thüringen, Mitglied des Reichstags, Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz innerhalb des Vierjahresplanes, zusammen mit dem Angeklagten Ley Leiter der "Reichsdienststelle für die Fürsorge der Fremdarbeiter", General der SS und General der SA. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Alfred Jodl

Jodl war von 1932 bis 1945: Oberstleutnant in der Operationsabteilung der Wehrmacht, Oberst, Chef der Operationsabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalmajor, Chef des Wehrmachtführungsstabes und Generalleutnant. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Martin Bormann

Bormann war in der Zeit von 1925 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichstagsmitglied, Mitglied des Stabes der Obersten Leitung der SA, Gründer und Leiter der Hilfskasse der NSDAP, Stabsleiter des "Führer"-Stellvertreters Heß, Leiter des Parteigerichts, Sekretär des "Führers", Mitglied des Ministerrats für die Reichsverteidigung, Organisator und Leiter des Volkssturms, General der SS und General der SA, Anklagepunkte: 1,3,4

Franz von Papen

Papen war in den Jahren zwischen 1932 und 1945: Mitglied der NSDAP, Mitglied des Reichstags, Reichskanzler, Vizekanzler, Spezial-Bevollmächtigter für die Saar, Unterhändler für das Konkordat mit dem Vatikan, Botschafter in Wien und Botschafter in der Türkei. Anklagepunkte: 1,2

Arthur Seyß-Inquart

Seyß-Inquart war von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Staatsrat in Österreich, Innenminister und Minister für Sicherheit in Österreich, Bundeskanzler von Österreich, Mitglied des Reichstags, Reichsminister ohne Portefeuille, Chef der Zivilverwaltung in Südpolen, stellvertretender Generalgouverneur der besetzten polnischen Gebiete und Reichskommissar für die besetzten Niederlande. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Albert Speer

Speer war in den Jahren von 1932 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Reichsleiter, Mitglied des Reichstags, Reichsminister für Bewaffnung und Munition, Leiter der "Organisation Todt", Generalbevollmächtigter für Bewaffnung in der Reichsstelle für den Vierjahresplan und Vorsitzender des Rüstungsrates. Anklagepunkte: 1,2,3,4

Konstantin Freiherr von Neurath

Neurath war zwischen 1932 und 1945: Mitglied der NSDAP, General der SS, Mitglied des Reichstags, Reichsminister, Reichsaußenminister, Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. Anklagepunkte:1,2,3,4

Hans Fritzsche

Fritzsche war von 1933 bis 1945: Mitglied der NSDAP, Hauptschriftleiter des offiziellen deutschen Nachrichtenbüros, Chef des Rundfunksystems und der Presseabteilung des Reichsministers für Propaganda; Ministerialdirektor im Reichspropagandaministerium, Chef der Rundfunkabteilung der Propagandaabteilung der Nazi-Partei und Bevollmächtigter für die politische Organisation des Großdeutschen Rundfunks. Anklagepunkte: 1,3,4

Gustav Krupp von Bohlen und Halbach

Krupp war zwischen 1932 und 1945: Leiter der Friedrich-Krupp-AG, Mitglied des Generalwirtschaftsrates, Präsident der Reichsvereinigung der Deutschen Industrie, Leiter der Gruppe für Kohle, Eisen und Metallprodukte unter dem Reichswirtschaftsministerium. Anklagepunkte: 1,2,3,4 (7)

Im Anhang A der Anklageschrift wurden unter dem Namen eines jeden Angeklagten die Tatbestände konkretisiert, auf die die Anklagevertretung sich bei der Feststellung der persönlichen Verantwortung jedes einzelnen stützte.

Neben den einzelnen Angeklagten umfaßte die Anklageschrift sechs "Gruppen und Organisationen": die SS, SA, den "Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht", das "Reichskabinett", das "Führerkorps" der NSDAP und "Gestapo und SD", gegen die Erklärungen ihrer verbrecherischen Betätigung gerichtet werden sollten.

Im Rückblich erscheint es, so Telford Taylor, Mitglied der amerikanischen Anklagebehörde und später Hauptankläger bei den Nürnberger Nachfolgeprozessen, als überaus bemerkenswert, daß vier große Nationen mit unterschiedlichen Rechtstraditionen und politischen Einstellungen in der Lage waren, sich auf ein Dokument zu einigen,das eine brauchbare Basis für die gemeinsame Anklage bot.(8)

Reaktionen der Angeklagten auf die Anklageschrift

Wie nahmen die Gefangenen das furchtbare Dokument auf? Der amerikanische Gerichtspsychologe Gustave M. Gilbert hat die Angeklagten in ihren Zellen beobachtet, mit ihnen gesprochen und ein genaues Tagebuch darüber geführt. Er bittet die Gefangenen, ihre Stellungnahme zu der Anklageschrift mit ein paar Worten an den Rand des Dokuments zu schreiben. Diese Bemerkungen spiegeln nach Ansicht des Psychologen die Charaktere am deutlichsten wider.

Hans Fritzsche: "Es ist die schrecklichste Anklage aller Zeiten. Nur eines ist noch schrecklicher: die Anklage, die das deutsche Volk gegen den Mißbrauch seines Idealismus erheben wird."

Franz v. Papen: " Die Anklage hat mich entsetzt, und zwar wegen 1. der Unverantwortlichkeit, mit der Deutschland in diesen Krieg und die weltweite Katastrophe geworfen wurde, 2. der Anhäufung von Verbrechen, die einige Angehörige meines Volkes begangen haben. Das letztere ist psychologisch unerklärlich. Ich glaube, daß Heidentum und die Jahre der totalitären Herrschaft die Hauptschuld tragen. Durch beides wurde Hitler im Laufe der Jahre ein pathologischer Lügner."

Hjalmar Schacht: "Ich verstehe überhaupt nicht, warum ich angeklagt bin."

Frank: "Ich erwarte den Prozeß als ein gottgewolltes Weltgericht, das berufen ist, die furchtbare Zeit der Leiden unter Adolf Hitler zu prüfen und zum Abschluß zu bringen."

Kaltenbrunner: " Ich fühle mich nicht schuldig an irgendwelchen Kriegsverbrechen, ich habe nur meine Pflicht als Sicherheitsorgan getan und weigere mich, als Ersatz für Himmler zu dienen."

Dönitz: "Keiner dieser Anklagepunkte betrifft mich letzten Endes. Typischer amerikanischer Humor."

Keitel: "Für einen Soldaten sind Befehle Befehle."

Ribbentrop: " Die Anklage richtet sich gegen die verkehrten Leute."

Speer: "Der Prozess ist notwendig. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung für so schreckliche Verbrechen - auch unter einem autoritären System."

Heß: "Ich kann mich nicht erinnern."

Göring läßt einen Geistesblitz los: "Der Sieger wird immer der Richter und der Besiegte stets der Angeklagte sein!" (9)

Es gab nur einen, der unter der Wucht der Anklageschrift zusammenbrach: Dr. Robert Ley, einst mächtiger Führer der Deutschen Arbeitsfront und als Antisemit höchstens noch von Streicher übertroffen. Ley erhängte sich am 25.10.1945 in seiner Zelle.

Leys Platz auf der Anklagebank war allerdings nicht der einzige, der leer blieb. Zwei weitere Männer blieben dem Gericht fern. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und Martin Bormann. Mit Krupp wollte die Anklagebehörde symbolisch die deutsche Rüstungsindustrie erfassen. Die Anklageschrift warf dem Industriellen vor:"... daß er die Machtergreifung der Nazi-Verschwörer förderte und ihre Kontrolle über Deutschland stärkte und festigte; er förderte die Vorbereitung für den Krieg. Er nahm teil an den militärischen und wirtschaftlichen Plänen und Vorbereitungen der Nazi-Verschwörer für Angriffskriege; er genehmigte und leitete Kiegsverbrechen und Verbrechen gegen die Humanität, besonders Ausbeutung und Mißbrauch von Menschen für Arbeit in der Führung von Angriffskriegen, und nahm an diesen Verbrechen teil". (10) Gustav Krupp war jedoch nicht verhandlungsfähig. Anträge der Anklagevertretung, gegen ihn in Abwesenheit zu verhandeln oder an seine Stelle Sohn Alfried zu setzen, wurden von den Richtern abgewiesen. Krupps Platz auf der Anklagebank blieb leer. Leer blieb auch der Platz des Angeklagten Martin Bormann, Hitlers Privatsekretär. Gegen ihn wurde in Abwesenheit verhandelt.

Die Prozeßeröffnung

Der Prozeß wurde am 20.11.1945 mit dem Verlesen der Anklageschrift durch Lordrichter Geoffrey Lawrence, dem Vorsitzenden des Internationalen Militärgerichtshofes in Nürnberg eröffnet. Nach dem die Anklageschrift im vollen Wortlaut vorgetragen worden war, wurden die Angeklagten aufgefordert, sich für "schuldig oder nicht schuldig" zu erklären. Alle Angeklagten mit Ausnahme des abwesenden Bormann erklärten sich für "nicht schuldig". Darauf folgte Robert Jacksons Eröffnungsrede für die Anklagebehörde. Diese Rede wurde weithin gerühmt, häufig abgedruckt und wird oft zitiert. Hier ein kurzer Auszug:

" ...Die Untaten, die wir zu verurteilen und zu bestrafen suchen, waren so ausgeklügelt, so böse und von so verwüstender Wirkung, daß die menschliche Zivilisation es nicht dulden kann, sie unbeachtet zu lassen, sie würde sonst eine Wiederholung solchen Unheils nicht überleben. Daß vier große Nationen, erfüllt von ihrem Siege und schmerzlich gepeinigt von dem geschehenen Unrecht, nicht Rache üben, sondern ihre gefangenen Feinde freiwillig dem Richterspruch des Gesetzes übergeben, ist eines der bedeutsamsten Zugeständnisse, das die Macht jemals der Vernunft eingeräumt hat." Wenig später stellte sich Jackson offen der Frage der "Siegerjustiz":" Bevor ich auf die Einzelheiten des Tatbestandes eingehe, müssen noch einige allgemeine Überlegungen freimütig erwogen werden, die das Ansehen des Prozesses in der Meinung der Welt beinflussen könnten. Ankläger und Angeklagte sind in einer sichtlich ungleichen Lage zueinander. Das könnte unsere Arbeit herabsetzen, wenn wir nicht bereit wären, selbst in unbedeutenden Dingen gerecht und gemäßigt zu sein. Leider bedingt die Art der hier verhandelten Verbrechen, daß in Anklage und Urteil siegreiche Nationen über geschlagene Feinde zu Gericht sitzen. Die von diesen Männern verübten Angriffe, die eine ganze Welt umfaßten, haben nur wenige wirklich Neutrale hinterlassen. ... Wir dürfen niemals vergessen, daß nach dem gleichen Maß, mit dem wir die Angeklagten heute messen, auch wir morgen von der Geschichte gemessen werden. Diesen Angeklagten einen vergifteten Becher reichen, bedeutet, ihn an unsere eigenen Lippen zu bringen. Wir müssen an unsere Aufgabe mit so viel innerer Überlegenheit und geistiger Unbestechlichkeit herantreten, daß dieser Prozeß einmal der Nachwelt als die Erfüllung menschlichen Sehnens nach Gerechtigkeit erscheinen möge." (11) Und an anderer Stelle: "Die Gefahr, die wir im Angesicht des sittlichen Urteils der Welt zu gewärtigen haben, besteht darin, daß die Welt diese Verhandlungen als politischen Prozeß betrachtet, den der Sieger dazu benutzt, sich an den Besiegten zu rächen. "...wir müssen allen Deutschen klar machen, daß das Übel, für das ihre geschlagenen Führer vor Gericht stehen, nicht die Tatsache ist, daß sie den Krieg verloren haben, sondern daß sie ihn begonnen haben."

Einen Großteil seiner Rede widmete Jackson anschließend einem Überblick über das Beweismaterial, auf das sich der Vorwurf der Verschwörung zur Einleitung und Durchführung eines Angriffskrieges stützte.

Aus den Beweisvorträgen der Anklagebehörde:

Das Hoßbach-Protokoll

In den nächsten Sitzungstagen wurde dazu eine Fülle von Beweisdokumenten zitiert. Eines der Schlüsseldokumente in diesem Zusammenhang ist das "Hoßbach-Protokoll" vom 5. November 1937. Was geschah an diesem Tag? An diesem Tag, noch fast ein Jahr vor dem Anschluß Österreichs, fast zwei Jahre vor Kriegsbeginn, enthüllte Hitler die ganze Reichweite seiner Pläne. Während das deutsche Volk und die Welt noch immer mit Friedensbeteuerungen beschwichtigt wurden, fand in Berlin eine geheime Sitzung statt. Die Teilnehmer, die sich um Hitler versammelten, waren Reichskriegsminister Werner von Blomberg, Generaloberst Werner von Fritsch als Oberbefehlshaber des Heeres, Generaladmiral Erich Raeder als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Generaloberst Hermann Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichsaußenminister Constantin von Neurath und der persönliche Adjutant Hitlers, Oberst Friedrich Hoßbach. Hoßbach fertigte über den Inhalt dieser Sitzung ein Protokoll an. Es überdauerte den Krieg, wurde von den alliierten Truppen gefunden und lag nun auf dem Tisch der Anklagevertretung in Nürnberg. "Das Schriftstück", sagte der amerikanische Ankläger Aldermann, "zerstört jeden nur möglichen Zweifel an den wohlüberlegten Plänen der Nazis bezüglich ihrer Verbrechen gegen den Frieden. Dieses Schriftstück ist von so ungeheurer Bedeutung, daß ich mich verpflichtet fühle, es in seinem vollen Wortlaut vorzulesen." Das Hoßbach-Protokoll ist eines der wichtigsten Beweisdokumente im ganzen Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß. Es zeigt fünf Dinge mit aller Deutlichkeit: 1. Hitlers Aufrüstung war nicht, wie er immer wieder betonte, eine Frage von nationaler Würde und Gleichberechtigung, sondern die erste Stufe seiner Angriffsabsichten. 2. Seit jener Besprechung vom 5. November 1937 wußten Wehrmachtsführung und Auswärtiges Amt, wußten die Angeklagten Göring, Keitel, Raeder und von Neurath,daß Hitler den "unabänderlichen Entschluß" gefaßt hatte, spätestens 1943/45 Gewalt anzuwenden und Krieg zu führen. 3. Hitler ist entschlossen, auch seine Gesinnungsfreunde Mussolini und Franco zu verkaufen. Es geht ihm nicht um seine Blutsverwandten, Österreicher und Sudetendeutsche, sondern um Rohstoffe und Menschenmaterial für neue Divisionen. 4. Alle Beteuerungen Hitlers gegenüber dem deutschen Volk und gegenüber der Welt sind bewußte Täuschungen: "Wir haben keine territorialen Forderungen in Europa", "Wir wollen nur den Frieden", "Wir wissen, daß Spannungen in Europa nicht durch Krieg gelöst werden können." 5. Hitler, der von seinem Propagandaminister Goebbels als "der größte Feldherr aller Zeiten" gepriesen worden ist, hat die militärische Lage vollkommen falsch eingeschätzt. Mit den Vereinigten Staaten von Amerika hat er überhaupt nicht gerechnet. (12) (Das Protokoll ist im vollen Wortlaut im Anhang abgedruckt)

KZ-Filme als Beweismaterial

Dann folgten im Gerichtssaal Filme über die Konzentrationslager Buchenwald, Bergen-Belsen und Dachau. Sie wurden in dem Zustand gezeigt, in dem amerikanische und britische Truppen sie vorgefunden hatten. Selbst für jene, die wie Telford Taylor schon eine frühere Besichtigung mitgemacht hatten, waren diese Bilder kaum zu ertragen. Der furchtbare Zustand der Lebenden und die Berge nackter Leichen, die von Bulldozern in ein gewaltiges Massengrab geschoben wurden, boten einen erschütternden Anblick.

Die Schmundt-Notizen

Nach der amerikanischen Anklagevertretung, für die ungefähr 50 Personen vor Gericht auftraten, erhielt die britische Anklagevertretung das Wort. Ihr Vorsitzender, Kronanwalt Sir Hartley Shawcross schilderte unter Anklagepunkt 2 "Verbrechen gegen den Frieden" die Besetzung von Polen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Holland, Luxemburg, Griechenland, Jugoslawien und der Sowjetunion. Die britische Präsentation des Beweismaterials beanspruchte knapp 4 Tage und belastete Ribbentrop, Keitel, Rosenberg, Raeder und Jodl schwer. Zu den Beweisdokumenten gehörte eine Zusammenstellung und Auslegung der von den Nazis verletzten zwischenstaatlichen Nichtangriffspakte. Ferner befaßte sich Shawcross mit der Planung und Ausführung der tatsächlichen Angriffe gegen einzelne Länder: Neben dem schon zitierten Hoßbach-Protokoll berief er sich auf die sogenannten "Schmundt-Notizen", die bereits von den Amerikanern in den Prozeß eingeführt worden waren und die ein weiteres Schlüsseldokument im Nürnberger Verfahren waren. Es handelte sich um das Protokoll einer Konferenz, die am 23.5.1939 im Arbeitszimmer des "Führers" in der neuen Reichskanzlei stattfand. Hitlers Adjudant Schmundt (Nachfolger von Hoßbach) hat die Aufzeichnungen angefertigt. Von den Angeklagten waren anwesend: Göring, Raeder und Keitel. Letzterer hat die Echtheit des Dokuments bestätigt. Entscheidend ist das Datum: der 23. Mai 1939. Zwei Monate nach Hitlers Einmarsch in Prag, zwei Monate nach Beendigung des spanischen Geheimkrieges der Legion Condor, und nicht viel mehr als drei Monate vor Beginn des 2. Weltkrieges fiel die Entscheidung über das Leben von Millionen Menschen. "Es heißt, die Umstände den Forderungen anzupassen", erklärte Hitler den Teilnehmern der Berliner Geheimkonferenz. "Ohne Einbruch in fremde Staaten oder Angreifen fremden Eigentums ist dies nicht möglich. Die zurückliegende Zeit ist wohl ausgenützt worden. Alle Schritte waren folgerichtig auf das Ziel ausgerichtet. Nationalpolitische Einigung der Deutschen ist erfolgt. Weitere Erfolge können ohne Bluteinsatz nicht mehr errungen werden". Dann entwickelt Hitler seine Pläne: "Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um die Arrondierung des Lebensraumes im Osten und Sicherstellung der Ernährung. In Europa ist keine andere Möglichkeit zu sehen. Zwingt uns das Schicksal zur Auseinandersetzung mit dem Westen, ist es gut, einen größeren Ostraum zu besitzen. Es entfällt also die Frage, Polen zu schonen, und bleibt der Entschluß, bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen...". (13)Gleichsam als Resümee zu Anklagepunkt 1 und 2 wurde am 11.12. ein Dokumentarfilm über den Nationalsozialismus in den Jahren von 1921 bis 1944 im Gerichtssaal vorgeführt.

"Zwangsarbeit - wirtschaftliche Ausplünderung - Verbrechen gegen die menschlichen Lebensgrundlagen"

Nach der Weihnachtspause eröffnete der französische Hauptankläger Francis de Menthon am 17.1.1946 die französische Klage. Er warf den Angeklagten hauptsächlich und in erster Linie Kriegsverbrechen vor und wandte sich nun den Beweisen für die Begehung derartiger Verbrechen in den besetzten westeuropäischen Ländern zu. (Es gab eine Arbeitsteilung: Rudenko, der sowjet. Hauptankläger konzentrierte sich auf die osteuropäischen Länder). De Menthon teilte die den Angeklagten zu Last gelegten Kriegsverbrechen in 3 Hauptkategorien ein: "die Zwangsarbeit, die wirtschaftliche Ausplünderung und die Verbrechen gegen die menschlichen Lebensgrundlagen". (14) Sauckel, der "in Verbindung" mit Göring und Speer handelte, trug laut Anklage die schwerste Last der Schuld für das Zwangsarbeitsprogramm. (Sauckels Programm ist im Anhang abgedruckt). Unter "wirtschaftlicher Plünderung" verstand de Menthon "sowohl die Wegnahme von Gütern aller Art wie die Ausbeutung der nationalen Reichtümer an Ort und Stelle zugunsten des deutschen Krieges". Im Zusammenhang mit den "Verbrechen gegen physische Personen" behandelte de Menthon die "Exekutionen von Geiseln, die Verbrechen der Polizei, die Deportationen, die Verbrechen gegen Kriegsgefangene sowie die Terroraktionen gegen die Widerstandsbewegung und die Massaker an der Zivilbevölkerung". (15) In seinem Resümee hielt de Menthon fest: " .. der Krieg war von langer Hand vorbereitet und geplant, und bis zum letzten Tag wäre es ein leichtes gewesen, ihn zu vermeiden, ohne auch nur im geringsten etwas von den berechtigten Interessen des deutschen Volkes zu opfern. Und die Greueltaten sind im Laufe des Krieges nicht unter dem Einfluß einer wilden Leidenschaft oder eines kriegerischen Zornes oder aus einem Gefühl der Rache begangen worden, sondern aus kalter Berechnung, in bewußter Anwendung von Methoden und einer schon früh vorhandenen Lehre." (16) Nach de Menthons Eröffnungsrede begann der stellvertretende französische Hauptankläger Edgar Faure mit der Präsentation des Beweismaterials. Beweismaterial bezüglich der "Arbeitspflicht" und der "Ausplünderung der Wirtschaft" wurde für die Länder Dänemark, Norwegen, Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich vorgelegt. Allein die Zahlen waren niederschmetternd. Über 150.000 Belgier, 430.000 Holländer und 2,6 Millionen Franzosen waren gezwungen worden, "für die Kriegsanstrengungen des nationalsozialistischen Deutschlands zu arbeiten". (17) .Über 875.000 französische Arbeiter waren nach Deutschland deportiert und fast eine Million Kriegsgefangene zur Unterstützung militärischer Zwecke herangezogen worden. In der Beweisführung über die "Ausplünderung der Wirtschaft" stellten die Franzosen dar, wie Fabriken, Maschinen und andere Produktionsgüter beschlagnahmt und nach Deutschland geschafft wurden. Noch schädlicher aber wirkte sich die Beschlagnahme von Lebensmitteln sowie von Holz und anderen Brennstoffen aus. Im Laufe des Krieges gingen die französischen Lebensmittelrationen auf 1.800 bis 1.300 oder weniger Kalorien pro Tag zurück, ein Niveau, das sogar nach Ansicht der deutschen Regierung "eine Aushungerung bedeutet, die langsam zum Tode führt". Im nächsten Schritt präsentierte die französische Anklagevertretung Beweismaterialien über die deutschen Konzentrationslager und über die Tötung von Geiseln. Allein in Frankreich wurden fast 30.000 Geiseln umgebracht. In den Niederlanden waren es insgesamt 3.000 und auch in den anderen westeuropäischen Ländern verhielt es sich ähnlich. Viele Tausende wurden eingesperrt oder in Konzentrationslager deportiert. 40.000 Franzosen starben in französischen Gefängnissen unter deutscher Kontrolle. Dubost legte Beweise für viele Einzelfälle vor, bei denen es vor der Tötung zu unaussprechlichen Folterungen gekommen war. (18)

Die Zeugin Madame Vaillant-Couturier

Eine der Zeuginnen, die die französische Anklagevertretung aufrief, war Madame Vaillant- Couturier. Sie war eine mehrfach ausgezeichnete Abgeordnete der Konstituierenden Versammlung von Frankreich. Als Mitglied der Resistance war sie von den Deutschen Anfang 1942 in Paris verhaftet worden und hatte fast ein Jahr in deutschem Gewahrsam verbracht. Im März 1943 war sie dann mit einem Konvoi von 230 Französinnen nach Auschwitz gebracht und hier sowie im Lager Ravensbrück bis Kriegsende festgehalten worden. In Auschwitz waren die Französinnen unter derart entsetzlichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen worden, daß nur 49 dieses eine Jahr überlebten. Madame Vaillant-Couturier beschrieb nun vor dem Internationalen Militärgerichtshof das Selektionsverfahren für diejenigen, die in die Gaskammern von Auschwitz geschickt wurden. Auch beschrieb sie die mit den Häftlingen veranstalteten medizinischen Experimente. Bei beiden Tätigkeiten tauchte der Name von Dr. Josef Mengele zum erstenmal im Prozeßprotokoll auf. (19)

Oradour-sur Glane

Nach dieser Zeugenvernehmung folgten Beweisdokumente für Kriegsverbrechen gegen Kriegsgefangene und Zivilisten. Darunter befindet sich ein amtlicher Bericht des französischen Generals Bridoux über das Massaker von Oradour-sur-Glane. Charles Dubost verlaß ihn im Gerichtssaal: "Am Samstag, den 10. Juni (1944) , brach eine Abteilung SS, die wahrscheinlich der in der Gegend anwesenden Division "Das Reich" angehörte, in den vorher gänzlich umstellten Ort ein und befahl der Bevölkerung, sich auf dem Marktplatz zu versammeln. Die Männer wurden aufgefordert, sich in vier oder fünf Gruppen aufzustellen, von denen alsdann jede in eine Scheune eingesperrt wurde. Die Frauen und Kinder wurden in die Kirche geführt und dort eingeschlossen. Bald darauf krachten MG-Salven, und das ganze Dorf sowie die umliegenden Bauernhöfe wurden in Brand gesteckt. Die Häuser wurden eines nach dem anderen angezündet. Während dieser Zeit lebten die Frauen und Kinder, welche den Lärm der Feuersbrunst und der MG-Salven hörten, in höchster Angst. Um 17.00 Uhr drangen deutsche Soldaten in die Kirche ein und stellten auf der Kommunionbank ein Erstickungsgerät auf, das aus einer Art Kiste bestand, aus der brennende Zündschnüre hervorragten. In kurzer Zeit wurde die Luft nicht mehr atembar; jemandem gelang es jedoch, die Sakristeitür aufzureißen, wodurch es möglich wurde, die von der Erstickung betroffenen Frauen und Kinder wieder zu beleben. Die deutschen Soldaten begannen dann durch die Kirchenfenster zu schießen, sie drangen in die Kirche ein, um die letzten Überlebenden durch Maschinenpistolenschüsse zu erledigen, und schütteten einen leicht entzündbaren Stoff auf den Boden. Eine einzige Frau konnte sich retten. Sie war an einem Kirchenfenster emporgeklettert, um zu fliehen, als die Rufe einer Mutter, die dieser Frau ihr Kind anvertrauen wollte, die Aufmerksamkeit eines Postens auf sie lenkte. Er gab Feuer und verletzte sie schwer. Sie konnte ihr Leben nur dadurch retten, daß sie sich totstellte. Gegen 18.00 Uhr hielten die deutschen Soldaten die in der Nähe vorbeifahrende Lokalbahn an und ließen die nach Oradour fahrenden Reisenden aussteigen. Sie streckten sie durch Maschinenpistolen nieder und warfen die Leichen in die Feuersbrunst." Als nach dem Massaker wieder Menschen den eingeäscherten Ort betraten, bot sich ihnen ein grauenvolles Bild: " In der teilweise eingestürzten Kirche befanden sich noch verkohlte, von Kinderleichen stammende menschliche Überreste. Gebeine waren mit der Asche des Holzgetäfels vermengt. Ein Zeuge konnte am Eingang der Kirche den Leichnam einer Mutter sehen, die ihr Kind in den Armen hielt, sowie vor dem Altar die Leiche eines knienden Kindeleins und bei dem Beichtstuhl die zweier Kinder, die sich noch umschlungen hielten." Dieser Bericht stammte keineswegs von der französischen Regierung des ersten Nachkriegsjahres. Er wurde vielmehr von Bridoux im Auftrag der Vichy-Regierung abgefaßt und dem deutschen Oberbefehlshaber West übergeben. (20) Oradour war nur eine Begebenheit unter vielen hundert. Tagelang wurden im Nürnberger Gerichtssaal die Namen von Städten und Dörfern aufgezählt, die das gleiche und oft ein noch schlimmers Schicksal hatten. Stunde um Stunde der Verhandlung war angefüllt mit den Zeugnissen vom Leid von tausend, zehntausend, hunderttausend namenlosen Menschen. Die Franzosen beendeten ihren Klagevortrag mit Beweisen hinsichtlich der "Germanisierung.der besetzten Gebiete" (Elsaß und Lothringen) und bezüglich der "Verfolgung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen".

Zeuge der Anklage: Generalfeldmarschall Friedrich Paulus

Nach den Franzosen hielt als letzter der vier Anklagevertreter am 8.2.1946 Roman Rudenko, Hauptankläger für die Sowjetunion, seine Eröffnungsrede. Der Gerichtssaal war zum erstenmal seit Wochen wieder voll besetzt. Die Pressevertreter waren vollzählig anwesend. Rudenko schilderte noch einmal die Eroberung der Tschechoslowakei, Polens, Jugoslawiens und der Sowjetunion. Für große Aufregung sorgte der sowjetische Hauptankläger als er Generalfeldmarschall Friedrich Paulus in den Zeugenstand rief. Paulus hatte im September 1940 den Auftrag erhalten, den Operationsplan für den Angriff auf die Sowjetunion durch eine deutsche Armee von etwa 130 bis 140 Divisionen auszuarbeiten, mit dem Ziel, die in Westrußland befindlichen Teile der sowjetischen Streitkräfte zu vernichten und eine Linie zu erreichen, die von Archangelsk entlang der Wolga bis zum Kaspischen Meer verlief. Paulus arbeitete einen derartigen Plan aus und übernahm in der Folge noch zahlreiche weitere ähnliche Aufgaben. Über diese Tätigkeiten sollte er in Nürnberg aussagen. Sensationell war sein Erscheinen im Zeugenstand aber vor allem aus folgendem Grund: Ende 1941 hatte Paulus den Oberbefehl über die Sechste Armee erhalten, die zu dieser Zeit gerade in Südrußland kämpfte. Es kam zur berühmten Schlacht von Stalingrad, in deren Verlauf die Sechste Armee eingekesselt wurde. Hitler befahl Paulus, bis zum letzten Mann auszuhalten, und beförderte ihn zum Generalfeldmarschall. Aber zur tiefsten Empörung von Hitler ergab sich Paulus schließlich mit den Überresten seiner Truppe den sowjetischen Streitkräften. In der Gefangenschaft bildete Paulus' Untergebener General Walther von Seydlitz-Kurzbach eine Gruppe, die sich "Nationalkomitee Freies Deutschland" nannte, und die aus emigrierten deutschen Kommunisten sowie aus einer großen Zahl deutscher Kriegsgefangener in der Sowjetunion bestand. Paulus selbst schwor öffentlich dem Hitler-Regime ab. Die angeklagten Militärs sahen der Aussage von Paulus neugierig, angespannt und feindselig entgegen. Paulus selbst gab nichts sensationell neues von sich. Aus Aldermanns Dokumenten und Erklärungen war bereits unstrittig hervorgegangen, daß der deutsche Überfall auf die Sowjetunion vorsätzlich erfolgt war, und keinesfalls als Verteidigungsreaktion auf sowjetische Initiativen. Paulus Zeugenaussage lieferte nun das "Fleisch zu den dokumentarischen Knochen" (21). Nachfolgend ein kurzer Auszug aus Rudenkos Verhör von Paulus:Rudenko: "Unter welchen Umständen wurde der bewaffnete Überfall auf die UdSSR durchgeführt?" Paulus: " Der Angriff auf die Sowjetunion erfolgte, wie ich ausgeführt habe, nach einem von langer Hand vorbereiteten und sorgsam getarnten Plan. Ein großes Täuschungsunternehmen, das von Norwegen und von der französischen Küste organisiert wurde, sollte die Absicht einer Landung in England im Juni 1941 vortäuschen und die Aufmerksamkeit vom Osten ablenken." Rudenko: "Wie würden Sie die Ziele bezeichnen, die Deutschland mit dem Überfall auf die Sowjetunion verfolgte?" Paulus: "Die Zielsetzung Wolga-Archangelsk, die weit über die deutsche Kraft ging, charakterisiert an sich schon die Maßlosigkeit der Eroberungspolitik Hitlers und der nationalsozialistischen Staatsführung. Strategisch hätte das Erreichen dieser Ziele die Zerschlagung der Streitkräfte der Sowjetunion bedeutet. Wie sehr es Hitler auf die Gewinnung wirtschaftlicher Ziele in diesem Krieg ankam, dafür kann ich ein Beispiel anführen, das ich persönlich erlebt habe. Am 1. Juni 1942, gelegentlich einer Oberbefehlshaber-Besprechung im Bereich der Heeresgruppe Süd in Poltawa, erklärte Hitler: "Wenn ich das Öl von Maikop und Grozny nicht bekomme, dann muß ich diesen Krieg liquidieren." Zusammenfassend möchte ich sagen: Die gesamte Zielsetzung bedeutete die Eroberung zwecks Kolonisierung der russischen Gebiete, unter deren Ausnutzung und Ausbeutung und mit deren Hilfsmitteln der Krieg im Westen zu Ende geführt werden sollte, mit dem Ziele der endgültigen Aufrichtung der Herrschaft über Europa." ... Rudenko:" Wer von den Angeklagten war aktiver Teilnehmer an der Entwicklung des Angriffskrieges gegen die Sowjetunion?" Paulus: "Von den Angeklagten, soweit sie in meinem Blickfeld lagen, die ersten militärischen Berater Hitlers. Das ist der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Keitel, der Chef des Wehrmachtsführungsstabes, Jodl, und Göring in seiner Eigenschaft als Reichsmarschall, als Oberbefehlshaber der Luftwaffe und als Bevollmächtigter auf dem rüstungswirtschaftlichen Gebiet." (22)

"Das Verpflegen von Kriegsgefangenen ist eine mißverstandene Menschlichkeit"

Die anschließend von der sowjetischen Anklagevertretung vorgelegten Dokumente über Verbrechen an sowjetischen Kriegsgefangenen berichteten von entsetzlichen Vorfällen. General Kurt von Oesterreich, der Kommandant der Kriegsgefangenen des Danziger Wehrkreises, bestätigte in seiner eidesstattlichen Versicherung, er habe den Befehl bekommen, daß "Kriegsgefangenenlager ... einfach unter freiem Himmel durch Absperrung mit Stacheldrahtzäunen errichtet werden müßten", und daß es keine Barackenlager für die russischen Gefangenen gegeben habe. In diesen ungeschützten Internierungslagern verhungerten und erfroren Millionen sowjetischer Gefangener. In Generalfeldmarschall von Reichenaus Befehl über das "Verhalten der Truppe im Ostraum" hieß es: "Das Verpflegen von ... Kriegsgefangenen ist eine ... mißverstandene Menschlichkeit." Tausende von Gefangenen wurden in Sachsenhausen, Majdanek und anderen Konzentrationslagern umgebracht. Gefangene deutsche Soldaten sagten aus, daß die Generäle Walter Model und Walther Nehring, beides Kommandeure von Panzerdivisionen, den Befehl erteilt hätten, daß keine Gefangenen gemacht werden sollten - vermutlich um das Vordringen ihrer Truppen zu beschleunigen. Besonders abscheulich waren die von den Deutschen errichteten Großlazarette für Gefangene, in denen infolge von vorsätzlicher Überfüllung, Schmutz, Infektionskrankheiten und Hunger täglich Hunderte von "Patienten" starben. (23)

"Technik der Entvölkerung"

Zum Beweismaterial, das der sowjetische Hauptankläger Roman Rudenko dem Gericht vorlegte, gehörten auch die Erinnerungen des ehemaligen nationalsozialistischen Senatspräsidenten von Danzig, Hermann Rauschning. Dieser berichtete, was Adolf Hitler einmal zu ihm sagte, und Rudenko las die ungeheuerliche Stelle im Gerichtssaal vor: ""Wir müssen eine Technik der Entvölkerung schaffen. Wenn Sie mich fragen, was ich unter Entvölkerung verstehe, so werde ich ihnen sagen, daß ich die Vernichtung ganzer rassischer Einheiten im Auge habe, und dies werde ich tun, ich sehe darin, grob ausgedrückt, meine Aufgabe. Die Natur ist grausam, daher dürfen auch wir grausam sein. Wenn ich die Blüte des deutschen Volkes ohne jedes Bedauern über das Vergießen kostbaren deutschen Blutes in die Hölle des Krieges schicken kann, so habe ich natürlich das Recht, Millionen von Menschen niederer Rasse zu vernichten, die sich wie Ungeziefer vermehren." (24)

"12 Gebote für das Verhalten der Deutschen im Ostraum und die Behandlung der Russen"

Im weiteren Verlauf legte Oberjustizrat Smirnow Beweismaterial für deutsche Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete der UdSSR, Jugoslawiens, Polens und der Tschechoslowakei vor. Dieses Beweismaterial basierte auf eidesstattlichen Aussagen von Augenzeugen deutscher Greueltaten, die der "Außerordentlichen Staatlichen Kommission der Sowjetunion" vorgelegt worden waren. Wenn man an den Charakter und an die große Zahl der Dokumente dachte, die zuvor von den amerikanischen und französischen Anwälten vorgelegt worden waren, dann konnte es scheinbar gar nichts Schlimmeres mehr geben; aber tatsächlich verblaßten diese früheren Präsentationen im Vergleich zu dem, was Smirnow aufbot. Es stellte sich heraus, warum dies so war: Den Naziführern war es durch Befehle, Einschüchterungen und die Vorführung von Beispielen gelungen, ihre Gefolgsleute davon zu überzeugen, daß Slawen tatsächlich "Untermenschen" seien und daß sie - abgesehen von denen, die einer nützlichen Sklavenarbeit zugeführt werden könnten - auf derartig bestialische Weise umgebracht werden sollten, daß im ganzen Land nur noch Angst und Schrecken regierten. Dazu war eine entsprechende Indoktrinierung und Ausbildung erforderlich, wie Smirnow erläuterte: "Es ist selbstverständlich, daß es nicht genügte, chemische Rezepte für "Zyklon A" (ein Giftgas) auszuarbeiten, Gaskammern und Krematoriumsöfen zu konstruieren oder Spezialverfahren der Massenerschießung in allen Einzelheiten festzulegen, um Millionen unschuldiger und hilfloser Menschen zu vernichten, sondern man mußte zu diesem Zwecke viele Tausende von Befehlsvollstreckern ausbilden, die diese Politik nicht "ihrer Form, sondern ihrem Geiste nach", wie sich Himmler einst ausdrückte, ausführten. Man mußte Menschen ohne Herz und Gewissen, mit perversen Neigungen, solche die mit den Grundsätzen der Moral und des Rechts bewußt gebrochen hatten, erziehen." (25) Als Beleg dafür legte Smirnow ein Dokument vor, das den Titel trug "12 Gebote für das Verhalten der Deutschen im Osten und die Behandlung der Russen", unterzeichnet von Herbert Backe, dem ehemaligen Ernährungsminister, der seine Leser ermahnte: " Ihr müßt Euch bewußt sein, daß Ihr Repräsentanten Großdeutschlands und Bannerträger der nationalsozialistischen Revolution und des neuen Europa für Jahrhunderte seid. Ihr müßt daher auch die härtesten und rücksichtslosesten Maßnahmen, die aus Staatsnotwendigkeiten gefordert werden, mit Würde durchführen. Charaktermängel des Einzelnen werden grundsätzlich zu seiner Abberufung führen." (26) Anschließend veranschaulichte Smirnow die Ergebnisse derartiger Anweisungen durch eine lange Abfolge von Augenzeugenbeschreibungen, die teils von Gefangenen, teils von deutschen Soldaten oder Zivilisten stammten. Beispielsweise sagte ein Gefangener aus, der Leichen verbrennen mußte: " Um das Janovskylager herum war ein Stacheldraht angebracht ... Dahin brachte man Menschen, die dort vor Kälte und Hunger umkamen, da sie sich von dort nicht retten konnten ... Ein Mensch wurde am Hals, an den Händen oder Füßen aufgehängt, dann wurden die Hunde auf ihn gehetzt und rissen ihn in Stücke. Der Mensch wurde als Zielwand bei Schießübungen verwendet. Mit diesen Dingen beschäftigten sich am meisten die Gestapoleute Heine, Müller, Blum, der Chef des Lagers, Willhaus, und andere, an deren Namen ich mich nicht erinnere. ... Die Menschen wurden an den Beinen angefaßt und auseinandergerissen; Kinder im Alter von einem Monat bis zu drei Jahren wurden in Fässern, die mit Wasser gefüllt waren ertränkt. ... Die Frauen wurden an den Haaren aufgehängt, dabei wurden sie ausgezogen, hin und her geschaukelt, und so hingen sie, bis sie starben."

Lidice und andere

Vier Tage lang erklangen im Gerichtssaal Berichte von unvorstellbaren und zahllosen Tötungen in allen von den Deutschen besetzten Gebieten in der Sowjetunion, Polen, Jugoslawien und der Tschechoslowakei. Als sich Smirnow mit der Tschechoslowakei befaßte, berichtete er von der Vernichtung von Lidice, einem Dorf in der Nähe von Prag , einer Greueltat, die damals überall in Europa und den USA bekannt war. Viele Sowjetdörfer, so Smirnow, hätten dasselbe Schicksal wie Lidice erlitten. Er nannte die Zahlen der Toten in mehreren Städten.Waren diese Zahlen überzogen? Waren die Greueltaten erfunden oder übertrieben? Abgesehen vielleicht von Göring ist keiner der Richter, Verteidiger oder sonstigen Beobachter zu der Schlußfolgerung gelangt, daß man der sowjetischen Beweisführung im Grunde nicht trauen könne. Aber selbst Göring mußte gegenüber Dr. Gilbert zugeben, daß "es genügt, wenn nur 5 Prozent all dieser Greuelgeschichten wahr sind". (27) Am 19. Februar wandte sich Smirnow den Massenhinrichtungen in Auschwitz, Majdanek, Chelmno, Treblinka, Sobibor und Belsec zu. Die Glaubwürdigkeit der Beweisführung wurde durch sichergestellte deutsche Fotografien erhöht. Die abgelichteten Szenen stimmten mit dem Inhalt der Beweisdokumente überein. Smirnow schloß diesen Teil der sowjetischen Anklage mit einem Dokumentarfilm über "Die Grausamkeiten der deutsch-faschistischen Eindringlinge" ab. Ausgenommen von Göring, für den dieser Film kein Beweis war, stellten die anderen Angeklagten die Glaubwürdigkeit des Films nicht in Frage. Daran anschließend wurden die Naziplünderungen und die Zerstörung von Eigentum geschildert.

Jüdische Babys in Auschwitz

Am 25. Februar präsentierte Smirnow das Beweismaterial für den Anklagepunkt "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Diese Verbrechen unterschieden sich kaum von den Kriegsverbrechen gegen militärische und zivile Opfer. Als Unterscheidungsmerkmal wurde angegeben, daß sie sich gegen bestimmte nationale oder religiöse Gruppen richteten. Beim Beweismaterial über die Judenverfolgung stützte sich Smirnow weitgehend auf die von den Amerikanern sichergestellten Dokumente über die Einsatzgruppen sowie auf Berichte der sowjetischen und polnischen Regierungen über die Todeslager. Severina Schmaglewskaja, eine Frau die in Auschwitz gewesen war, sagte aus: Neugeborene Babys jüdischer Mütter wurden sofort umgebracht, und bei ihrer Ankunft zur Vernichtung bestimmte Kinder wurden oft in die Verbrennungsöfen geworfen, ohne daß man sie vorher in den Gaskammern erstickte. Andere Kinder wurden mit unbekanntem Ziel weggebracht. "Im Namen aller Frauen, die im Konzentrationslager zu Müttern geworden sind", sagte die Zeugin, "möchte ich heute die Deutschen fragen: "Wo sind diese Kinder?" Dr. Gilbert sah, wie einige Angeklagte und ihre Anwälte den Kopf senkten oder sich auf die Lippen bissen. Dr. Kranzbühler, der Anwalt von Dönitz, fragte seinen Klienten: "Hat denn niemand irgend etwas von diesen Dingen gewußt?" Dönitz schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln. "Natürlich, jemand wußte davon", sagte Jodl ruhig. Der Angeklagte Jodl hatte selbstverständlich recht. Wenn niemand von "diesen Dingen" gewußt hätte, dann wären sie auch nicht passiert. (28)

Die Verteidigung

Am 4.3.1946 kamen die Verteidiger der Angeklagten an die Reihe. In aller Form wurde ihre Seite des Verfahrens vor dem Internationalen Militärgerichtshof eröffnet. Gemäß Artikel 16 und 23 des Londoner Statuts wurden die Verteidiger entweder von den in Haft befindlichen Angeklagten selbst gewählt oder auf deren Verlangen vom Gerichtshof ernannt. In Abwesenheit des Angeklagten Bormann ernannte der Gerichtshof für ihn einen Verteidiger und bestimmte auch Verteidiger zur Vertretung der angeklagten Gruppen und Organisationen. Das Generalsekretariat des Tribunals hatte seit Anfang November 1945 Dokumente und Zeugen, die die Verteidigung haben wollte, ausfindig gemacht und beschafft. Insgesamt legte die Verteidigung dem Gerichtshof 2.700 Dokumente vor.

Die Zuständigkeit des Gerichts wird in Frage gestellt

Gleich zu Prozeßbeginn legten alle Verteidiger eine gemeinsame Petition vor, die die juristischen Grundlagen des Prozesses in Frage stellten. Insbesondere ging es um die Strafbarkeit "der Entfesselung des ungerechten Krieges". Die Verteidigung machte geltend, daß "soweit es sich um Verbrechen gegen den Frieden handelt, ... der gegenwärtige Prozeß keine gesetzliche Grundlage im internationalen Recht (hat), sondern ein Verfahren (ist), das auf einem neuen Strafrecht basiert, einem Strafrecht, das erst nach der Tat geschaffen wurde". (29) Der Vorsitzende Richter des Internationalen Militärgerichtshofs, Sir Geoffrey Lawrence lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, im Kellog-Briand-Pakt von 1928 hätten sich 15 Staaten, darunter auch Deutschland, dafür ausgesprochen, den Krieg als "Werkzeug nationaler Politik" zu ächten und zwischenstaatliche Konflikte nur "durch friedliche Mittel" beizulegen. Allerdings waren zur Einhaltung dieses Paktes keine Zwangsmittel vorgesehen.

Das "tu quoque" Argument

Mehrfach versuchte die Verteidigung in Nürnberg vom "tu quoque" Argument ( d.h. gleiches Maß für gleichen Tatbestand; der Feind habe sich genauso verhalten) Gebrauch zu machen. Die Richter reagierten darauf mit dem Hinweis, daß das Londoner Statut die Zuständigkeit des Gerichts darauf beschränke, über deutsche Kriegsverbrechen zu urteilen, nicht aber über völkerrechtswidrige Handlungen der Siegermächte.Die Reihenfolge der Verteidigung entsprach der Anklageschrift. Als erster war Görings Verteidiger an der Reihe . Während die Verteidigung Görings 12 Tage in Anspruch nahm, dauerte die der übrigen 20 Angeklagten etwa 4 Tage pro Angeklagter. Insgesamt vergingen darüber 78 Prozeßtage. Außer Heß betraten alle Angeklagten den Zeugenstand. Die Mehrzahl von ihnen gab zu, daß grauenhafte Verbrechen begangen worden waren, behauptete aber, daß sie persönlich in gutem Glauben gehandelt hätten. Die Generale hatten nur Befehle befolgt; die Admirale hatten nichts anderes als andere Admirale getan; die Politiker hatten nur für das Vaterland gearbeitet, und die Finanzleute hatten sich nur mit Geschäften befaßt. (30) Die Fülle der Beweisanträge der Verteidiger richtete sich kaum gegen das der Anklage zugrundeliegende Tatgeschehen. Den Beweisdokumenten der Anklagevertretung wurde nicht widersprochen. Ebensowenig wurde die Prozeßführung angegriffen. Sie wurde als sachlich, korrekt und fair bewertet. Vielmehr wurde immer wieder die Zuständigkeit des Gerichts generell in Frage gestellt.

Zeuge der Verteidigung: Rudolf Höß, Kommandant von Auschwitz

Ein Zeuge, der unverständlicherweise von der Verteidigung und nicht von der Anklagevertretung aufgerufen wurde, war Rudolf Höß, von 1940-43 Lagerkommandant von Auschwitz. Wie kein anderer verbreitete er lähmendes Entsetzen im Gerichtssaal. Hier berichtete ein Massenmörder aus erster Hand. Unter anderem sagte Höß aus: "Im Sommer 1941 wurde ich zum persönlichen Befehlsempfang zum Reichsführer SS, Himmler, nach Berlin befohlen. Dieser sagte mir dem Sinne nach, ich kann das nicht mehr wörtlich wiederholen, der Führer habe die Endlösung der Judenfrage befohlen, wir, die SS, haben diesen Befehl durchzuführen. Wenn jetzt zu diesem Zeitpunkt dies nicht durchgeführt wird, so wird später das jüdische Volk das deutsche vernichten. Er habe Auschwitz deswegen gewählt, weil es bahntechnisch am günstigsten liegt und auch das ausgedehnte Gelände für Absperrmaßnahmen Raum bietet." (31) Höß sprach so ruhig und gefühllos als handelte es sich um ganz selbstverständliche Dinge und nicht darum, Hunderttausende von Menschen in den Tod zu schicken. Höß versuchte Dr. Gilbert seine Sicht der Dinge zu erklären: "Verstehen Sie nicht, wir SS-Leute sollten nicht über diese Dinge nachdenken; es kam uns nie in den Sinn. Und außerdem war es gewissermaßen eine Selbstverständlichkeit geworden, daß die Juden an allem Schuld hatten. ... Es stand nicht nur in den Zeitungen wie dem "Stürmer", sondern wir hörten es überall. Selbst bei unserer militärischen und ideologischen Ausbildung wurde als selbstverständlich vorausgesetzt, daß wir Deutschland vor den Juden zu schützen hätten. ... Wir waren alle darauf gedrillt, Befehle auszuführen, ohne darüber nachzudenken. Der Gedanke, einen Befehl nicht auszuführen, kam einfach niemandem." (32) Höß Aussage war für die Angeklagten und ihre Verteidiger niederschmetternd.

Die Schlußplädoyers der Verteidigung und der Anklage

Fast der ganze Juli 1946 verging über den Schlußplädoyers der Verteidigung (16 Prozeßtage) und der Anklagebehörde (3 Tage). Inhaltlich kam nichts mehr neues zu Tage. Die Verteidiger bestritten erneut die Rechtsgültigkeit der in der Londoner Charta aufgeführten "Verbrechen gegen den Frieden". Gegen die ersten sieben Angeklagten - Göring, Heß, Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Rosenberg und Frank - lag so vernichtendes Beweismaterial vor, daß eine Verurteilung und schwere Strafen zu erwarten waren. Bei den restlichen sei der Ausgang, so Telford Taylor, ungewiss gewesen. Die Verteidiger von Streicher, Funk und Schacht forderten denn auch jeweils Freispruch für ihre Mandanten.Robert Jackson, der am 26.7.1946 das Schlußplädoyer für die amerikanische Anklagevertretung hielt, sagte :"Wenn wir nur die Erzählungen der vorderen Reihe der Angeklagten zusammenstellen, so bekommen wir folgendes lächerliche Gesamtbild von Hitlers Regierung; sie setzte sich zusammen aus: Einem Mann Nummer 2, der nichts von den Ausschreitungen der von ihm selbst eingerichteten Gestapo wußte, und nie etwas vermutete von dem Ausrottungsprogramm gegen die Juden, obwohl er der Unterzeichner von über 20 Erlassen war, die die Verfolgung dieser Rasse ins Werk setzten. Einen Mann Nummer 3, der nur ein unschuldiger Mittelsmann war, der Hitlers Befehle weitergab, ohne sie überhaupt zu lesen, wie ein Briefträger oder ein Botenjunge. Einem Außenminister, der von auswärtigen Angelegenheiten wenig und von der auswärtigen Politik gar nichts wußte. Einem Feldmarschall, der der Wehrmacht Befehle erteilte, jedoch keine Ahnung hatte, zu welchen praktischen Ergebnissen diese führen würden. Einem Chef des Sicherheitswesens, der unter dem Eindruck war, daß die polizeiliche Tätigkeit seiner Gestapo und seines SD im wesentlichen derjenigen der Verkehrspolizei gleichkam. Einem Parteiphilosophen, der an historischen Forschungen interessiert war und keinerlei Vorstellung von den Gewalttaten hatte, zu denen im 20. Jahrhundert seine Philosophie anspornte. Einem Generalgouverneur von Polen, der regierte, aber nicht herrschte. Einem Gauleiter von Franken, der sich damit beschäftigte, unflätige Schriften über die Juden herauszugeben, der jedoch keine Ahnung hatte, daß sie irgend jemand jemals lesen würde. Einem Innenminister, der nicht wußte, was im Innern seines eigenen Amtes vor sich ging, noch viel weniger etwas wußte von seinem eigenen Ressort und nichts von den Zuständen im Innern Deutschlands. Einem Reichsbankpräsidenten, der nicht wußte, was in den Stahlkammern seiner Bank hinterlegt und was aus ihnen herausgeschafft wurde. Und einem Bevollmächtigten für die Kriegswirtschaft, der geheim die ganze Wirtschaft für Rüstungszwecke leitete, jedoch keine Ahnung hatte, daß dies irgend etwas mit Krieg zu tun hätte. ... Angesichts dieses Hintergrundes verlangen diese Angeklagten heute von diesem Gerichtshof, sie für nichtschuldig zu erklären an der Planung, Ausführung oder Verschwörung zur Begehung dieser langen Liste von Verbrechen und Unrecht. ... Wenn Sie von diesen Männern sagen sollten, daß sie nicht schuldig seien, so wäre es ebenso wahr zu sagen, daß es keinen Krieg gegeben habe, daß niemand erschlagen und kein Verbrechen begangen worden sei." (33) Auf Jacksons Plädoyer folgte das Plädoyer des britischen Hauptanklägers, der in seiner Rede unmißverständlich zu verstehen gab, daß jeder der Angeklagten ein Mörder sei. Die französische und die sowjetische Anklage forderte ausdrücklich die Todesstrafe für alle Angeklagten. Shawcross, der Brite, betonte wiederholt die Legitimität einer solchen Entscheidung, hoffte aber, daß unterschiedliche Urteile gefällt würden. Jackson gab keine klare Empfehlung ab.

Die angeklagten Gruppen und Organisationen

Am 30. Juli 1946 begann der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg das Beweismaterial gegen die nach Artikel 9 der Londoner Charta angeklagten Gruppen und Organisationen anzuhören und entgegenzunehmen. Angeklagt waren das Reichskabinett, das Führerkorps der NSDAP, SS und SD, SA, Gestapo und Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht. Diese Art der Anklage ( auf Gruppen und Organisationen bezogen) war etwas ganz neues, und ging auf einen Vorschlag des amerikanischen Obersten Murray Bernays aus dem Jahre 1944 zurück. (34) In den vergangenen Monaten waren beim Gericht eine Unmenge von Briefen, eidesstattlichen Versicherungen und Anträgen zugunsten der Organisationen eingegangn. Allein die SS Angehörigen schickten 136 000 Affidavits (eidesstattliche Versicherungen). Vom Gericht bevollmächtigte Untersuchungsrichter vernahmen 101 Zeugen, aus denen dann diejenigen ausgewählt wurden, die vor dem Gerichtshof aussagen sollten. Im Hinblick auf das Führerkorps der NSDAP machte die Verteidigung geltend, daß die meisten der Politischen Leiter, rund 600 000 Parteimitglieder, nichts von den Verbrechen der Partei gewußt hätten oder nicht in sie verwickelt gewesen waren. (35) Aus dem Beweismaterial gegen SS, SD und Gestapo ging klar hervor, daß viele Tausende ihrer Mitglieder von grauenvollen Kriegsverbrechen gewußt hatten und darin verstrickt gewesen waren. Die Verteidigung bestritt jedoch, daß dies pauschal für alle Angehörigen dieser Gruppen galt. Hinsichtlich des Generalstabs und des Oberkommandos der Wehrmacht konzentrierte sich die Verteidigung darauf, daß dieses keine einheitlichen Gruppen gewesen waren und deshalb die Anklage als solche nicht gerechtfertigt sei. Das gleiche Argument wurde in Bezug auf das Reichskabinett angeführt. Die SA, die Sturmabteilung der NSDAP, habe nach dem "Röhm-Putsch" von 1934 an Prestige und Bedeutung verloren. Nachdem die Schlußplädoyers der Verteidiger der angeklagten Gruppen und Organisationen am 28. August 1946 abgeschlossen waren, kamen die Anklagevertreter mit ihren Schlußplädoyers an die Reihe. Tom Dodd, der das Plädoyer für die amerikanische Seite hielt, hob die Bedeutung der Klage gegen die Organisationen vor: "Dadurch, daß diese Organisationen für verbrecherisch erklärt werden, wird dieser Gerichtshof nicht nur an das deutsche Volk, sondern an die Völker der ganzen Welt eine Warnung aussprechen. Die Menschheit soll wissen: Verbrechen bleiben nicht straflos, weil sie im Namen einer politischen Partei oder eines Staates begangen worden sind, über Verbrechen wird nicht hinweggesehen, weil sie zu umfangreich sind; Verbrecher werden nicht straflos davonkommen, weil ihrer zu viele sind." (36).

Die Schlußworte der Angeklagten

Das letzte Wort hatten die Angeklagten. So bestimmte es das Statut des Internationalen Militärgerichtshofs. Am 31. August erhalten deshalb alle 21 Angeklagten im Gerichtssaal noch einmal Gelegenheit, ans Mikrophon zu treten und in eigener Sache zu sprechen. Fast fünfzig Druckseiten des Gerichtsprotokolls nehmen diese Schlußworte ein. (37) Damit war die Beweisaufnahme im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß beendet. Der Gerichtshof vertagte sich bis zur Urteilsverkündung.

Die Nürnberger "Prozeß-Gemeinde"

Die Nürnberger "Prozeß-Gemeinde" war sehr heterogen. Sie war von der einheimischen Bevölkerung getrennt. Da Nürnberg in der amerikanischen Besatzungszone lag, war die amerikanische Militärregierung für die nötige Infrastruktur verantwortlich. Sie beseitigte die Kriegsschäden am Prozeßgebäude, hatte die Angeklagten und die Zeugen nach Nürnberg gebracht und stellte das Wachpersonal im Gefängnis und im Gerichtssaal zur Verfügung. Ihr oblag die Ausstattung der Prozeßmitarbeiter und der Pressevertreter mit den notwendigen Vervielfältigungs-, Aufzeichnungs- und Telefongeräten und -einrichtungen. Aus ihren Reihen kam ein Großteil des Verwaltungs- und Büropersonals. Sie beschaffte und verteilte Nahrung und Getränke, Heizmaterial und sonstige Dienstleistungen für die Gemeinde. Sie unterhielt einen PX-Laden und stellte den Wagenpark und die Fahrer zur Verfügung. Ferner oblag ihr die Bereitstellung der Unterkünfte. Die Mitglieder der französischen und der englischen Delegation wohnten vor allem in Zirndorf. Die US-Quartiere lagen schon wegen der Größe der Delegation - sie war um ein Vielfaches größer als die der anderen Nationen - über ganz Nürnberg verstreut. Robert Jackson und seine engsten Mitarbeiter waren in Dambach untergebracht. Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens war das Grand Hotel am Nürnberger Hauptbahnhof. Während die sowjetische, englische und französische Delegation in sich homogen waren, gehörten zur amerikanischen auch Nichtamerikaner, z.B. Deutsche wie Robert Kempner. Das internationale Spektrum der Prozeß-Gemeinde wurde noch verstärkt durch kleine Delegationen aus den ehemals von den Nationalsozialisten besetzten Ländern Polen, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Dänemark, Norwegen, Niederlande und Griechenland. Die ersten drei arbeiteten eng mit der sowjetischen, die anderen mit der britischen Delegation zusammen. Sie fungierten als Beobachter und als Quelle für zusätzliches Beweismaterial.(38)

Die Presse in Nürnberg

Die Pressevertreter, die über den Nürnberger Prozeß berichteten waren südwestlich von Nürnberg , in Stein, in der Faber-Castellschen Bleistiftfabrik untergebracht. Die Reporter und Kommentatoren kamen aus über zwanzig Nationen: rund achtzig aus den USA, fünfzig aus England, vierzig aus Frankreich, fünfunddreißig aus der Sowjetunion, zwanzig aus Polen und ein Dutzend aus der Tschechoslowakei. Im Gerichtssaal waren 240 Plätze für die Presse reserviert und in einem großen Presseraum konnte das Verfahren auch über Lautsprecher verfolgt werden. Im Justizpalast waren die Nachrichtenagenturen RCA, Mackey, press Wireless und Tass untergebracht, und Fernschreiber wurden zur Nachrichtenübermittlung nach London und Paris installiert. Das Pressekorps behielt natürlich im Laufe des Prozesses nicht seine anfängliche Stärke bei. Sobald sich immer deutlicher herausstellte, daß die Verhandlungen noch mindestens mehrere Monate weitergehen würden, reisten viele Reporter ab. Wenn es aber etwas besonders Berichtenswertes gab, war der Andrang wieder groß. Das war der Fall bei den Eröffnungsreden der Ankläger, bei der Zeugenvernehmung von General Paulus, bei den Schlußworten der Angeklagten.(39)

Das Urteil

In völliger Abgeschiedenheit arbeiteten die Richter der vier Nationen am Urteil und seiner Begründung. Selbst die Telefonleitungen zu den Beratungszimmern waren für diese Wochen abgeschaltet. Sicherheitsoffiziere überwachten die Zugänge, durchsuchten die Papierkörbe, beseitigten jede Spur, aus der ein Außenstehender vorzeitige Schlüsse auf den Ausgang der Beratung ziehen konnte. Während die Briten, Franzosen und Sowjets selbständig arbeiteten, hatten sich die amerikanischen Richter qualifizierte Juristen aus den USA als Berater kommen lassen.

Die Richter

Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg setzte sich aus je zwei Vertretern der vier alliierten Mächte zusammen: Für Großbritannien waren das Lordrichter Geoffrey Lawrence (Vorsitzender) und sein Stellvertreter Richter Birkett. Für die USA: Francis Biddle und als Stellvertreter Richter John J. Parker. Für Frankreich: Professor Donnedieu de Vabres, als Stellvertreter Appelationsgerichtsrat R. Falco. Für die Sowjetunion: Generalmajor I.T. Nikitchenko, als Stellvertreter Oberstleutnant A.F. Wolchkow.Gestützt auf die Aufzeichnungen des amerikanischen Richters Francis A. Biddle und seines englischen Kollegen Sir Norman Birkett hat der amerikanische Historiker Bradley F. Smith in seinem 1977 erschienenen Buch "Der Jahrhundert-Prozeß" die Legende zerstört, das Gericht sei in allen wesentlichen Punkten den Vorstellungen der Anklage gefolgt. Bevor es zu den Urteilssprüchen kam , konnten alle acht Richter in zwei Beratungsperioden ihre Meinung äußern. In der abschließenden Beratung zählten nur die Stimmen der vier ordentlichen Mitglieder des Gerichts. Für eine Verurteilung war eine Mehrheit von drei Stimmen erforderlich. Die Richter verhandelten die Urteile in der Reihenfolge der Anklageschrift; nur die Fälle ,die sich als schwer zu entscheiden erwiesen hatten, wurden für zuletzt aufgespart. Das waren einmal die möglichen Freisprüche (Papen, Schacht und Fritzsche), zum anderen die strittigen Fälle Schirach, Bormann, Raeder, Dönitz, Speer und von Neurath. Der französische Vertreter Donnedieu de Vabres formulierte fast immer das mildeste Urteil, wollte aber keine Freisprüche. Nikitschenko forderte für alle die Todesstrafe. (40)

Die Urteilsverkündung

Am 30.September und 1.Oktober 1946 fand im vollbesetzten Saal 600 die Urteilsverkündung statt. Am Anfang erklärten die Richter über ihre Zuständigkeit, die von der Verteidigung immer wieder bestritten wurde und über die die Meinungen der Völkerrechtler bis heute auseinandergehen: "Dem Gerichtshof ist die Vollmacht verliehen worden, alle Personen abzuurteilen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach den im Statut festgelegten Begriffsbestimmungen begangen haben". Die Täter solcher Verbrechen waren persönlich verantwortlich. Ferner wurde die Zuständigkeit aus der "bedingungslosen Kapitulation Deutschlands" hergeleitet.Der Hauptteil des Urteils - es umfaßt insgesamt 197 Seiten im Gerichtsprotokoll - bezog sich auf Punkt 1 der Anklage: Verschwörung zur Planung und Führung von Angriffskriegen. Es wurde die Geschichte der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, die Konsolidierung ihrer Macht im "Dritten Reich" und die Vorbereitungen für die deutschen Eroberungen durch Waffengewalt geschildert. Das Urteil folgte in seiner Darstellung den Eroberungszügen, stützte sich dabei auf erbeutete deutsche diplomatische und militärische Dokumente und kam zu dem Resultat, daß "einige der Angeklagten Angriffskriege gegen 12 Nationen geplant hatten und durchführten und daher dieses Verbrechens schuldig zu erachten seien". (41). Der Gerichtshof bezeichnete das Beweismaterial zu Teil 3 und 4 der Anklage - Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit - im Hinblick auf die Grausamkeiten als "überwältigend in seinen Ausmaßen und seinen Einzelheiten". Die Richter erklärten die Grausamkeiten als "das Ergebnis von kalten und verbrecherischen Überlegungen", die unter den "Begriff des totalen Krieges" fielen. (42)

Zu den grundsätzlichen Rechtsfragen des Verfahrens

Anschließend behandelte der Gerichtshof die grundsätzlichen Rechtsfragen des Verfahrens. Unter anderem ging es um den Antrag der Verteidigung , den Anklagepunkt des Angriffskrieges fallen zu lassen, weil "zur Zeit, als die angeblichen verbrecherischen Handlungen begangen wurden, keine souveräne Macht Angriffskriege als Verbrechen ansah" und "daß kein Verbrechen ohne ein bereits vorher in Kraft befindliches Strafgesetz bestraft werden kann", nulla poena sine lege. Dieser Einwand wurde vom Gericht mit der Begründung abgelehnt, daß Angriffskriege mindestens seit dem Abkommen von Paris im Jahre 1928, dem Kellog-Briand-Pakt, als Verbrechen im Sinne des Völkerrechts anzusehen seien. (43) Außerdem wies das Gericht den Einwand der Verteidigung, daß sich Völkerrecht nur mit den Handlungen souveräner Staaten befasse und keine Bestrafung von Einzelpersonen vorsehe, zurück. "Verbrechen gegen das Völkerrecht", sagt das Urteil, "werden von Personen begangen, nicht von abstrakten Einheiten, und nur durch Bestrafung von Einzelpersonen ... kann ... internationales Recht durchgesetzt werden." Ferner wies das Urteil das Vorbringen der Verteidigung zurück, daß die Angeklagten unter Hitlers Befehlsgewalt gehandelt hätten und daher nicht für ihre Handlungen verantwortlich seien: "Daß ein Soldat den Befehl erhalten hat, unter Verletzung des Völkerrechts zu töten oder zu martern, ist niemals als ein Entschuldigungsgrund für solche brutalen Handlungen anerkannt worden, wenn auch ... der Befehl als mildender Umstand bei der Bestrafung berücksichtigt werden kann. Der wirkliche Prüfstein ... ist nicht das Bestehen eines solchen Befehls, sondern die Frage, ob eine den Sittengesetzen entsprechende Wahl tatsächlich möglich war". (44)

Zum Begriff der Verschwörung

Den Begriff der Verschwörung, der der Kernpunkt der amerikanischen Anklage war, ließ das Gericht nur in einem eng umgrenzten Rahmen gelten, ein Gesichtspunkt, der besonders bei der Entscheidung über die Schuld oder Unschuld der einzelnen Angeklagten wichtig wurde. Die Verschwörung müßte mit ihrem verbrecherischen Zweck klar ersichtlich sein. Sie dürfe nicht zu weit vom Zeitpunkt der Entscheidung und Handlung entfernt sein." Das Gericht entschied jedoch, daß "das Beweismaterial den gemeinsamen Plan einzelner Angeklagter erwiesen habe" und wies das Argument der Verteidigung zurück, daß "ein gemeinsamer Plan in einer totalen Diktatur nicht bestehen könne". Es erklärte: "Hitler konnte keinen Angriffskrieg allein führen. Er benötigte die Mitarbeit von Staatsmännern, militärischen Führern, Diplomaten und Geschäftsleuten. Wenn diese seine Ziele kannten und ihre Mitarbeit zur Verfügung stellten, machten sie sich zu Teilnehmern an dem von ihm ins Leben gerufenen Plan. Wenn sie wußten, was sie taten, so können sie nicht als unschuldig erachtet werden, weil Hitler sie benutzte." (45)Greueltaten, die vor dem Kriege von den Nationalsozialisten begangen wurden, wie furchtbar sie auch sein mochten - die Verfolgung der Juden, der Zigeuner und anderer - wurden nach der Sprache des Londoner Statuts als außerhalb der juristischen Zuständigkeit des Internationalen Militärgerichtshofes erklärt und deshalb nicht geahndet.Das Führerkorps der NSDAP, SS, SD und Gestapo wurden als verbrecherische Organisationen für diejenigen erklärt, die nach dem 1. September 1939 (Kriegsbeginn) Mitglieder geworden waren oder blieben. Niemand sollte wegen Mitgliedschaft verurteilt werden, wenn er nicht entweder "Kenntnis von den verbrecherischen Zwecken oder Handlungen der Organisation" hatte oder "persönlich in die Ausführung verbrecherischer Akte verwickelt war. Mitgliedschaft allein ist nicht ausreichend, um in den Rahmen dieser Feststellungen zu fallen." (46). Das Gericht lehnte es ab, die SA, das Reichskabinett sowie Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht zu verbrecherischen Gruppen oder Organisationen zu erklären.

Schuld oder Unschuld der einzelnen Angeklagten

Der Schlußabschnitt des Urteils befaßte sich mit der Schuld oder Unschuld der einzelnen Angeklagten. Zuerst wurden die Schuldsprüche mit der Begründung verlesen. Jeder der Angeklagten erfuhr, nach welchen Punkten der Anklageschrift er schuldig oder nicht schuldig befunden wurde. Danach, am Nachmittag des 1. Oktober 1946 wurden die Verurteilten noch einmal, und diesmal jeder für sich allein, in den Saal geführt, um die Bekanntgabe des Strafmaßes zu hören. Die meisten Angeklagten nahmen die Schuldsprüche mit äußerer Unbeweglichkeit entgegen. Fritzsche, Papen und Schacht, die Freigesprochenen und schon Freigelassenen zeigten die beste Laune, lachten und rauchten genießerisch. Von allen Seiten prasselten die Fragen der Journalisten der ganzen Welt auf sie nieder. Zwölf Angeklagte wurden zum Tode durch den Strang verurteilt: Göring, Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Rosenberg, Frick, Frank, Streicher, Sauckel, Jodl, Seyss-Inquart, und Martin Bormann in Abwesenheit. Heß, Funk und Raeder wurden zu lebenslänglichem Gefängnis, Schirach und Speer zu zwanzig Jahren, Neurath zu fünfzehn und Dönitz zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Dr. Gilbert, dem Gerichtspsychologen konnte sich Sauckel am schlechtesten mit dem Todesurteil abfinden. Er bestürmte Friseur, Gefängnisarzt und Psychologen mit dem Hinweis, daß alles zweifellos nur einem Übersetzungsfehler zuzuschreiben sei. Er war fest überzeugt, daß man den Irrtum noch entdecken und das Urteil revidieren würde.Das sowjetische Mitglied des Gerichtshofes, General Nikitschenko, war mit dem Freispruch von Schacht, Papen und Fritzsche und mit der Entscheidung, das Reichskabinett und den Generalstab als nicht verbrecherische Organisationen zu erklären, nicht einverstanden. Außerdem war Nikitschenko der Meinung, daß Heß zum Tode hätte verurteilt werden müssen. Die "Abweichende Meinung des Sowjetischen Mitglieds des Internationalen Militätgerichtshofes" wurde im Prozeßprotokoll anschließend an das Urteil abgedruckt. (Tabelle der Urteilssprüche siehe umseitig (47)).Es können aus Platzgründen nicht alle Schuldsprüche und Urteilsbegründungen für die 21 Angeklagten zitiert werden. Exemplarisch wurden Keitel (48), Streicher(49), Funk (50) und Schacht(51) ausgewählt (siehe Dokument D im Anhang).

Tabelle der Strafaussprüche

30. September 1946 * Angeklagter Punkte nach denen die Strafausspruch Verurteilung erfolgt ist Hermann Wilhelm Göring 1, 2, 3, 4 Tod durch den Strang Rudolf Heß 1,2 Lebenslängliches Gefängnis Joachim von Ribbentrop 1, 2, 3, 4 Tod durch den Strang Wilhelm Keitel 1, 2, 3, 4 Tod durch den Strang Ernst Kaltenbrunner 3, 4 Tod durch den Strang Alfred Rosenberg 1, 2, 3, 4 Tod durch den Strang Hans Frank 3, 4 Tod durch den Strang Wilhelm Frick 2, 3, 4 Tod durch den Strang Julius Streicher 4 Tod durch den Strang Walter Funk 2, 3, 4 Lebenslängliches Gefängnis Hjalmar Schacht nicht schuldig Karl Dönitz 2,3 10 Jahre Gefängnis Erich Raeder 1,2,3 Lebenslängliches Gefängnis Baldur von Schirach 4 20 Jahre Gefängnis Fritz Sauckel 3, 4 Tod durch den Strang Alfred Jodl 1, 2, 3, 4 Tod durch den Strang Franz von Papen nicht schuldig Arthur Seyß-Inquart 2, 3, 4 Tod durch den Strang Albert Speer 3, 4 20 Jahre Gefängnis Constantin von Neurath 1, 2, 3, 4 15 Jahre Gefängnis Hans Fritzsche nicht schuldig Martin Bormann 3, 4 Tod durch den Strang Unterschrift: Geoffry Lawrence Vorsitzender Unterschrift: Francis Biddle Für die Richtigkeit der Abschrift: Unterschrift: H. Donnedieu de Vabres Unterschrift: JOHN E. RAY Unterschrift: Nikitchenko Oberst, FA * Dieser Urteilsspruch wurde in öffentlicher Gerichtssitzung durch den Vorsitzenden am 1. Oktober 1946 verlesen. (Punkt 1: Verschwörung zur Planung und Führung von Angriffskriegen; Punkt 2: Verbrechen gegen den Frieden; Punkt 3: Kriegsverbrechen; Punkt 4: Verbrechen gegen die Menschlichkeit)

Die Vollstreckung des Urteils

Die von den Verurteilten oder von ihren Angehörigen an den alliierten Kontrollrat, der gemäß Artikel 29 des Londoner Abkommens die Urteile zu bestätigen hatte, gerichteten Gnadengesuche wurden abgelehnt.Die Hinrichtung der zum Tode Verurteilten erfolgte in den ersten Stunden des 16. Oktober 1946 in einer Halle im Hof des Nürnberger Justitzgebäudes in der Fürther-Straße. Als Deutsche waren der bayerische Ministerpräsident , Wilhelm Hoegner und der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Nürnberg, Friedrich Leistner anwesend. Hermann Göring entzog sich der Hinrichtung durch Selbstmord, den er zwei Stunden vor dem festgesetzten Termin beging. Die Hinrichtung erfolgte an zwei Galgen. Die Leichname wurden im Krematorium des Münchner Ostfriedhofes verbrannt; die Asche in einem lange Zeit geheimgehaltenen Fluß bzw. Bach gestreut. Die zu Freiheitsstrafen Verurteilten wurden in das unter Vier-Mächte-Verwaltung gestellte Gefängnis in Berlin-Spandau überführt.

Zur Bedeutung von Nürnberg

Der historisch gewordene Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg hatte zunächst den Zweck, die Hauptschuldigen einer gerechten Bestrafung zuzuführen. Erstmals in der Geschichte wurden Staatsmänner persönlich für Angriffskriege und organisierte Massenvernichtung zur Rechenschaft gezogen und bestraft. "Nürnberg" enthüllte durch Tausende amtliche Dokumente das "düstere Panorama des Dritten Reiches" (Kempner): Die Befehle zum Überfall auf fremde Nationen, zur Ermordung Kriegsgefangener, abgesprungener Flieger, Juden, katholischer Priester, slawischer "Untermenschen", "nutzloser Esser", "Minderrassiger" konnten Deutschland und der Welt präsentiert werden. Der Nürnberger Prozeß sollte zur Grundlage eines neuen Völkerrechts werden.(52) Der amerikanische Chefankläger Robert Jackson hatte unermüdlich betont, daß sich die Nürnberger Prinzipien nicht nur auf Deutschland und auf die Nationalsozialisten beziehen sollten: " Die moderne Zivilisation gibt der Menschheit unbegrenzte Waffen der Zerstörung in die Hand. ... Jede Zuflucht zu einem Krieg, zu jeder Art von Krieg, ist eine Zuflucht zu Mitteln, die ihrem Wesen nach verbrecherisch sind. Der Krieg ist unvermeidlich eine Kette von Tötung, Überfall, Freiheitsberaubung und Zerstörung von Eigentum. ... Die Vernunft der Menschheit verlangt, daß das Gesetz sich nicht genug sein läßt, geringfügige Verbrechen zu bestrafen, die sich kleine Leute zuschulden kommen lassen. Das Gesetz muß auch die Männer erreichen, die eine große Macht an sich reißen und sich ihrer mit Vorsatz und in gemeinsamem Ratschlag bedienen, um ein Unheil hervorzurufen, das kein Heim in der Welt unberührt läßt. ... Der letzte Schritt, periodisch wiederkehrende Kriege zu verhüten, die bei internationaler Gesetzlosigkeit unvermeidlich sind, ist, die Staatsmänner vor dem Gesetz verantwortlich zu machen. ... Lassen Sie es mich deutlich aussprechen: Dieses Gesetz wird hier zwar zunächst auf deutsche Angreifer angewandt, es schließt aber ein und muß, wenn es von Nutzen sein soll, den Angriff jeder anderen Nation verdammen, nicht ausgenommen die, die jetzt hier zu Gericht sitzen". (53) Das Urteil von Nürnberg hat Aggressionskriege und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verhindern können. Aber sie wurden klarer definiert und damit leichter erkennbar. Seit "Nürnberg" will niemand mehr ein Aggressor sein. Die strafrechtlichen Konsequenzen für Verletzungen des Völkerrechts und der Nürnberger Prinzipien sind allerdings selten eingetreten, da eine Instanz zur Verfolgung, ein ständiger Internationaler Strafgerichtshof, fehlte.

Die Nürnberger Nachfolgeprozesse

Die ursprüngliche Absicht der Alliierten, weitere Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg durchzuführen, wurde nicht weiterverfolgt. Durch Kontrollratsgesetz Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 ermächtigten die Gouverneure der vier Besatzungszonen die Besatzungsbehörden, zur Aburteilung von Kriegsverbrechern "geeignete Gerichtshöfe" zu schaffen. In der amerikanischen Zone wurden in Nürnberg zwölf weitere Verfahren durchgeführt, die auch als Nürnberger Nachfolgeprozesse bekannt wurden.Anklage war gegen insgesamt 185 Personen erhoben worden, verhandelt wurde gegen 177: Vier Angeklagte hatten Selbstmord verübt, vier waren für verhandlungsunfähig erklärt worden. Die Vorbereitungen für die Nachfolgeprozesse hatten im Mai 1946 begonnen, während der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher noch im Gange war. Bald nach dessen Beendigung wurde das Amt der US-Anklagebehörde eingerichtet und Telford Taylor zu seinem Leiter ernannt. Die erste Anklageschrift -Vereinigte Staaten gegen Karl Brandt (Der "Ärzteprozeß")- wurde am 25. Oktober 1946 eingereicht, am 9.12. begann das Verfahren. Das letzte Urteil in den Nachfolgeprozessen erging am 11. April 1949.Die 12 Nachfolgeprozesse lassen sich in fünf Gruppen untergliedern: Ärzte und Juristen: 39 Angeklagte SS und Polizei: 56 Angeklagte Industrielle und Bankiers: 42 Angeklagte Militärische Führer: 26 Angeklagte Minister und hohe Regierungsbeamte: 22 Angeklagte.24 Angeklagte wurden zum Tod verurteilt, 20 zu lebenslänglicher Haft und 98 zu Freiheitsstrafen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren. Freispruch erging in 35 Fällen. Von den zum Tod Verurteilten wurden 12 hingerichtet, einer an Belgien ausgeliefert (dort verstorben), 11 zu lebenslanger Haft begnadigt. Mit Gnadenerlaß vom 31. Januar 1951 setzte US-Hochkommissar McCloy zahlreiche Strafen herab.(54)Auf der Grundlage einer von Telford Taylor, Chefankläger in den Nürnberger Nachfolgeprozessen, erstellten Übersicht (55), folgt eine knappe Skizze der 12 Verfahren.

Ärzte und Juristen

Der ÄrzteprozeßIm Ärzteprozeß ging es vor allem um die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Ausführung von grausamen und häufig mörderischen medizinischen Experimenten, die ohne Zustimmung der betreffenden Opfer an Konzentrationslagerinsassen, Kriegsgefangenen und anderen Personen (einschließlich Juden und sog. Asozialen) vorgenommen worden waren. Die am 25. Oktober 1946 eingereichte Anklageschrift enthielt die Namen von 23 Angeklagten. Karl Brandt war eine Zeitlang einer von Hitlers privaten Ärzten gewesen und war im Alter von vierzig Jahren zur höchsten militärischen Stellung im Deutschen Reich als Reichskommissar für das Sanitär- und Gesundheitswesen aufgestiegen, wobei er direkt Hitler unterstellt war; er war gleichzeitig Generalleutnant der Waffen-SS. Seine Behörde hatte die Aufsicht über alle militärischen und zivilen medizinischen Einrichtungen. Nach der Anklage wurden diese Experimente in Dachau im Interesse der Luftwaffe ausgeführt, um die Grenzen menschlicher Ausdauer und Lebensfähigkeit in großen Höhenlagen zu erforschen und um die wirksamste Behandlung für Piloten mit schweren Erfrierungserscheinungen festzustellen. In Dachau, Buchenwald und anderswo wurden Konzentrationslagerhäftlinge mit Malaria, epidemischer Gelbsucht, Typhus oder anderen Krankheiten infiziert, um Impfstoffe und Medikamente zu prüfen. Unter den verschiedenen Versuchen, bei denen die Insassen der Lager als Versuchskaninchem mißbraucht wurden, waren Methoden für Sterilisierung und Techniken, um Seewasser trinkbar zu machen. Karl Brandt und drei weitere Angeklagte wurden außer der Teilnahme an diesen "Experimenten" auch der Täterschaft am sogenannten "Sterbehilfe"-Programm angeklagt, das die systematische und geheime Ermordung von Alten, Geisteskranken, unheilbar Kranken, von Kindern mit Mißbildungen und anderen Personen durch Vergasung, tödliche Einspritzungen und auf anderem Wege in Altersheimen, Hospitälern und Anstalten vorsah. Diese Personen wurden als "nutzlose Esser", und als Belastung für die deutsche Kriegsmaschinerie betrachtet. Den Verwandten dieser Opfer wurde mitgeteilt, daß sie auf natürliche Weise, zum Beispiel an Herzschlag, gestorben seien. (56)Eine Tabelle mit den Urteilen finden sie auf Seite 43 ff.Der JuristenprozeßDer Hauptpunkt der Anklage im Juristenprozeß gegen Richter, Staatsanwälte und hohe Ministerialbeamte war die Anschuldigung des "Justizmordes und anderer Greueltaten, die sie dadurch begingen, daß sie Recht und Gerechtigkeit in Deutschland zerstörten und dann die leeren Hüllen von Rechtsformen zur Verfolgung, Versklavung und Ausrottung von Menschen in einem Riesenausmaß benützten." (57) "Die Beschuldigung, kurz gesagt, ist die der bewußten Teilnahme an einem über das ganze Land verbreiteten und von der Regierung organisierten System der Grausamkeit und Ungerechtigkeit unter Verletzung der Kriegsgesetze und der Gesetze der Menschlichkeit, begangen im Namen des Rechts unter der Autorität des Justizministeriums und mit Hilfe der Gerichte. Der Dolch des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen." (58)SS (Schutzstaffel der NSDAP) und Polizei 1943 wurde die Zentrale der SS unter der Führung von Heinrich Himmler in ungefähr ein Dutzend "Hauptämter" eingeteilt. Jeder der drei Nürnberger "SS-Prozesse" befaßte sich mit einem oder mehreren dieser Hauptämter.Der Prozeß gegen die Leiter des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes (WVHA)Das WVHA unter der Leitung von Oswald Pohl war in 5 Amtsgruppen eingeteilt, von denen drei finanzielle und rechtliche Fragen der SS bearbeiteten, die SS mit Uniformen, Quartieren und anderen Ausrüstungen versorgten und mit der Errichtung und Pflege der SS-Gebäude, Baracken, Befestigungen und Lager einschließlich der Konzentrationslager betraut waren. Eine vierte Amtsgruppe hatte die direkte Verantwortung für die Verwaltung der Konzentrationslager, und die fünfte leitete die Wirtschaftsbetriebe, wie Bergwerke, Steinbrüche, Ziegeleien, die die SS in der Nähe der Konzentrationslager besaß. Das hervorstechendste Merkmal des Urteils hier war nach Telford Taylor die uneingeschränkte Verurteilung der Zwangsarbeit durch das Gericht.Der RUSHA-FallDer zweite "SS-Fall" ist als der RUSHA-(Rassen-und Siedlungshauptamt)-FALL bekannt. Die Angeklagten waren 14 hohe Beamte von verschiedenen SS-Organisationen, deren gemeinsames Ziel es nach der Anklageschrift war, die angebliche Überlegenheit der "nordischen Rasse" zu fördern und zu beschützen und all diejenigen Kräfte zu unterdrücken und auszurotten, die sie "verwässern" oder "vergiften" könnten.(59)Der EinsatzgruppenprozeßDie insgesamt vier Einsatzgruppen (A,B,C,D) waren besondere Einheiten der SS, die die deutsche Armee während des Überfalls und der Besetzung der Sowjetunion mit dem allgemeinen Auftrag begleiteten, die "politische Sicherheit" in den besetzten Gebieten zu gewährleisten. Die SS verstand unter der Ausführung dieses Auftrages die sofortige und völlige Abschlachtung aller Juden in den besetzten Gebieten und ebenso anderer Gruppen, wie kommunistischer Parteifunktionäre und Zigeuner. Es ist bewiesen worden, daß ungefähr eine Million Juden und andere Personen in der Sowjetunion von den Einsatzgruppen "liquidiert" wurden. Die 24 Angeklagten waren Befehlshaber oder Offiziere dieser Einheiten, und die Verhandlung gegen sie wurde nicht zu Unrecht in der Presse als der größte Mordprozeß der Geschichte bezeichnet. (60) "Die Angeklagten waren keine unzivilisierten Wilden, die nicht die Feinheiten des Lebens zu schätzen wußten. Jeder dieser vor Gericht stehenden Männer hat den Vorzug einer guten Erziehung gehabt. Acht waren Juristen, einer ein Universitätsprofessor, ein anderer ein Zahnarzt und wieder ein anderer Kunstsachverständiger. Einer der Angeklagten gab als Opernsänger Konzerte in ganz Deutschland, bevor er seine Tour mit den Einsatzgruppen in Rußland begann. Unter diesen gebildeten Männern von guter Herkunft befand sich sogar ein früherer Geistlicher, der sich selbst seiner geistlichen Würde entkleidet hatte". (61)SS-Generäle im Prozeß gegen die WilhelmstraßeZwei weitere prominente SS-Führer wurden im Prozeß gegen die Wilhelmstraße (siehe auch S. 41 ) verurteilt. Zwar wurden sie von der Anklage der Verbrechen gegen den Frieden freigesprochen, jedoch wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.

Industrielle und Bankiers

Der Flick-ProzeßDer Flick-Prozeß war der zweite Prozeß gegen Angeklagte aus der Privatindustrie im Rahmen des Kriegsrechts und der erste, in dem ein rechtskräftiges Urteil gefällt wurde. Friedrich Flick und fünf seiner Hauptmitarbeiter wurden beschuldigt, viele Tausende von ausländischen Staatsangehörigen, und zwar Konzentrationslager-Insassen und Kriegsgefangene, unter unmenschlichen Bedingungen in die Flick-Bergwerke und -Fabriken deportiert zu haben. Der zweite Anklagepunkt beschuldigte alle außer einem Angeklagten der Ausraubung von Fabriken und anderem Eigentum in Frankreich und Rußland. Im dritten Anklagepunkt ging es unter dem Punkt "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" um die Teilnahme an der Judenverfolgung und zwar durch Fortnahme (Arisierung) von begehrenswertem jüdischen Industriebesitz und von Bergwerken. In Punkt vier wurden Flick und sein Hauptmitarbeiter Otto Steinbrick beschuldigt, an den Verfolgungen und an anderen Greueltaten durch Zahlung umfangreicher Summen an die SS mitgewirkt zu haben. Die Hauptargumente der Verteidigung waren, daß alle Industriellen im "Dritten Reich" in Furcht vor der Nazi-Tyrannei lebten und daß sie gezwungen waren, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Die Beziehungen der Angeklagten zu Himmler und ihre scheinbare Übereinstimmung mit der Rassenideologie wurden als Tarnung hingestellt, von Flick beschrieben als "mit den Wölfen heulen" und nur darauf abgestellt, ihre Stellung zu erhalten. Im Flick-Prozeß hörte man zum erstenmal ganz deutlich in den Schlußworten der Verteidigung ein Thema, das immer mehr bei der Verteidung in Nürnberg tonangebend wurde: das deutsche Verhalten während des Zweiten Weltkrieges sei nicht tadelnswerter als das der alliierten Nationen; Zwangsarbeit und wirtschaftlicher Diebstahl sei nicht strafwürdiger als die Bombardierung von deutschen Städten durch die Alliierten; deutsche Übergriffe sowie die Greueltaten gegen die Juden könnten mit denen auf alliierter Seite verglichen werden; als Beispiel wurden die Bombardierungen der letzten Kriegstage angeführt. Das Urteil wurde am 22. Dezember 1947 verkündet und war äußerst milde und versöhnlich. Das Gericht erkannte die Argumente der Verteigung und der Angeklagten an.(62)Der Krupp-ProzeßAlfried Krupp war zusammen mit 11 seiner Beamten angeklagt. Die Anklageschrift legte u.a. dar, daß die Firma Krupp eine führende Rolle in dem geheimen und illegalen Wiederaufrüstungsprogramm unter der Weimarer Republik gespielt, Hitlers Machtergreifung unterstützt, die deutsche Industrie nach Naziprinzipien organisiert und bewußt und gewollt an der Wiederaufrüstung Deutschlands zum Zwecke ausländischer Eroberungen mitgearbeitet habe; ferner "als ein integrierender Teil der Angriffshandlungen", "Eigentum und Hilfsquellen von besetzten Ländern gestohlen und ausgebeutet sowie Staatsangehörige dieser Gebiete versklavt habe". (63) ( Siehe dazu das Dokument zu Krupp im Anhang)Der IG-Farben-ProzeßDer IG-Farben-Prozeß war der größte der industriellen Prozesse. Alle Angeklagten wurden wegen der gleichen Verbrechen wie die Krupp-Angeklagten vor Gericht gestellt: Planung und Durchführung von Angriffskriegen, Verschwörung zu diesem Zwecke, wirtschaftliche Ausraubung und Zwangsarbeit und Versklavung von Kriegsgefangenen, Deportierten und Konzentrationslagerhäftlingen. Außerdem wurden drei Angeklagte noch wegen Mitgliedschaft in der SS angeklagt. Nach Auffassung der Anklagebehörde wog das Beweismaterial gegen die IG-Farben-Angeklagten am schwersten soweit Industrielle auf der Anklagebank saßen. Dies galt besonders für die Anklagepunkte Angriffskrieg und Verschwörung dazu; die Staatsanwaltschaft war überzeugt, ihr Material beweise, daß die Leiter von IG-Farben lange vor Hitlers Machtergreifung eine Diktatur wünschten, die "handeln konnte, ohne Rücksicht auf die Launen der Massen nehmen zu müssen" und, daß sie die Beherrschung der gesamten europäischen chemischen Industrie anstrebten, wenn möglich auch außerhalb Europas. Noch bevor Hitler die Macht an sich riß, hatte IG-Farben mit ihm Abmachungen für eine Regierungsunterstützung zur Ausdehnung ihrer Anlagen für synthetisches Gasolin abgeschlossen. IG-Farben unterstützte Hitlers Machtübernahme und die Festigung seiner Gewalt durch weitgehende finanzielle Zuwendungen und durch systematische Propaganda. IG-Farben arbeitete aufs engste mit Hitler und den deutschen militärischen Führern zusammen und nahm bereitwillig an der Planung für den Aufbau einer gigantischen deutschen Armee und Luftwaffe teil. Im Kampf zwischen Hjalmar Schacht, der fürchtete, daß die unbegrenzte Wiederaufrüstung Deutschlands finanzielle Stabilität gefährden könne, und Göring, dem Vorkämpfer einer Wiederaufrüstung, die alle finanziellen Erwägungen beiseite ließ, stellte sich IG-Farben mit dem ganzen Gewicht hinter Göring. IG-Farbens Hauptangeklagter, Carl Krauch, war Görings direkter Berater und der führende Mann der gesamten chemischen Industrie. Görings Vier-Jahres-Plan war zu 75 Prozent ein Farben-Projekt. Die Leiter der IG-Farben wußten infolge ihrer strategischen Position auf dem Gebiet der Produktion von Gummi, Benzin, Giftgas, daß die Wiederaufrüstung bei weitem jeden vorstellbaren Verteidigungszweck überstieg. IG-Farben entwickelte seine eigenen Pläne für die Aufsaugung der chemischen Industrie in den von Deutschland zu überfallenden Ländern, und zwar gleichzeitig mit den militärischen Plänen, und setzte sie sofort in Aktion, nachdem die einzelnen Eroberungen abgeschlossen waren. IG-Farbens Beratungen mit den militärischen und politischen Führern überstiegen bei weitem das Gebiet der technischen Angelegenheiten und waren äußerst aggressiv und in jeder Beziehung auf Krieg gerichtet. (64) All diese Beweise machten jedoch auf zwei der drei Richter wenig Eindruck. Das Urteil des Gerichts vom Juli 1948 sprach alle Angeklagten vom Vorwurf der Verschwörung, der Planung und Durchführung von Angriffskriegen frei.

Generalfeldmarschälle und Generale

Zwei der Nürnberger Nachfolgeprozesse beinhalteten Anklagen gegen 25 hohe militärische Führer.Der Prozeß gegen die Südost-GeneraleIm sogenannten "Geisel-Prozeß" oder Prozeß gegen die Südost-Generale waren zwölf Armeeführer wegen Kriegsverbrechen angeklagt, die sie während der deutschen Besetzung von Jugoslawien, Albanien und Griechenland begangen hatten. Der wichtigste Anklagepunkt gegen alle Angeklagten war ihre Verantwortlichkeit für die Tötung von vielen Tausenden von jugoslawischen und griechischen Zivilisten. Viele dieser Menschen wurden auf Grund eines Befehls von Generalfeldmarschall Weichs umgebracht, nach dem für einen von Partisanen getöteten deutschen Soldaten einhundert Zivilisten als "Geiseln" hingerichtet werden sollten. Bei anderer Gelegenheit wurden alle Einwohner von bestimmten Dörfern, in deren Nähe eine Partisanenaktion vorgekommen war, ermordet und ihre Dörfer niedergebrannt. Das Urteil im "Geisel-Prozeß" ist in den vorher von Deutschland besetzten Ländern stark kritisiert worden. (65)Der OKW-ProzeßAlle Angeklagten im Prozeß gegen das Oberkommando der Wehrmacht (OKW), an der Spitze Generalfeldmarschall Wilhelm von Leeb, waren beschuldigt, Angriffskriege geplant und geführt zu haben. Das Beweismaterial zeigte auch, daß viele von ihnen den Hauptkonferenzen beigewohnt hatten, in denen Hitler seine Absichten erklärt hatte, Polen, Holland, die Sowjetunion und andere Länder zu überfallen. Auf die Teilnahme an diesen Konferenzen hatten die Richter des Internationalen Militärgerichtshofes ihre Verurteilung von Keitel, Raeder und von Neurath wegen Verbrechens gegen den Frieden entscheidend gestützt. Einige der Angeklagten, die nicht selbst Teilnehmer der Konferenzen mit Hitler gewesen waren, hatten an den Entwürfen für die Invasionspläne mitgearbeitet. Trotz dieser Umstände hat das Gericht es abgelehnt, das entsprechende Beweismaterial zu benutzen. Nach dem Urteil des Gerichts waren die Kenntnis von Hitlers Angriffsabsichten und die Teilnahme an der Planung und Einleitung von Angriffskriegen "nicht genügend, um die Teilnahme am Kriege selbst bei Militärführern von hohem Rang zu einem Verbrechen zu stempeln". (66) Ohne jede Erörterung über die Funktion oder Taten der einzelnen Angeklagten schloß das Gericht, daß "die Angeklagten sich nicht auf der Stufe der leitenden Politiker befunden hätten und deshalb in diesem Anklagepunkt nicht schuldig seien." (67) Die Beschuldigungen gegen die Angeklagten wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit waren sehr schwer. Es waren in der Wehrmacht Befehle erteilt worden, die die Hinrichtung aller Kommandos und politischer Kommissare anordneten, selbst wenn sie in Uniform auf dem Schlachtfeld gefangen genommen wurden. Trotz einigem Widerstand gegen diese Befehle wurden sie in vielen Fällen ausgeführt, der Kommandobefehl meistens an der Westfront und der Kommissarbefehl an der Ostfront. Das Verhalten der deutschen Armee gegenüber Zivilisten in den besetzten Gebieten war nicht besser. Die Armeen hatten an der Deportierung von Hunderten und Tausenden von Zivilisten aus ihren Heimatländern zur Zwangsarbeit teilgenommen; die berüchtigten SS-Einsatzgruppen, die über eine Million Juden an der Ostfront ermordet hatten, hatten diese Mordtaten in Zusammenarbeit mit der deutschen Armee ausgeführt, die sie ernährte, transportierte und unterbrachte. Mindestens drei der Angeklagten hatten persönlich an den Entwürfen solcher verbrecherischen Befehle wie des Kommissarbefehls und des Kommandobefehls teilgenommen; die meisten anderen Angeklagten hatten direkt mit deren Ausführung zu tun. Wilhelm Leeb wurde nur unter einem Punkt schuldig gesprochen, erhielt drei Jahre und wurde unter Anrechnung der Untersuchungshaft entlassen.

Minister und hohe Beamte

Der Prozeß gegen Erhard MilchMilch hatte den Rang eines Generalfeldmarschalls der Luftwaffe und war Görings Vertreter im Luftfahrtministerium. Der Hauptanklagepunkt beruhte jedoch auf seiner Tätigkeit als Mitglied des "Amtes Zentrale Planung", das durch eine Verordnung Hitlers vom 29. Oktober 1943 errichtet worden war. Das führende Mitglied der "Zentralen Planung" war Albert Speer, der vom Internationalen Militärgerichtshof (IMG) verurteilt worden war. Letzterer hatte festgestellt, daß besagtes Amt "die oberste Autorität für die Aufstellung der deutschen Produktionspläne und für die Zuteilung und Fertigstellung von Rohmaterialien hatte", ferner daß dieses Amt Anweisungen an den vom IMG verurteilten Sauckel zur Beschaffung von Arbeitskräften für solche Industrien geben konnte, die unter der Aufsicht des Amtes standen. Sauckel und Speer wurden beide hauptsächlich deshalb verurteilt, weil sie am "Zwangsarbeitsprogramm" teilgenommen hatten, und dies war auch der Hauptanklagepunkt gegen Milch. Er wurde ferner wegen Mittäterschaft an medizinischen Experimenten angeklagt, zum Beispiel Höhen- und Kühlversuchen, die im Konzentrationslager Dachau für die deutsche Luftwaffe durchgeführt worden waren. (68) Das Gericht war der Auffassung, daß Milchs Beteiligung an den medizinischen Experimenten nicht über jeden vernünftigen Zweifel hinaus erwiesen war, und sprach ihn von diesem Anklagepunkt frei. Seine Mitverantwortlichkeit für das Zwangsarbeitsprogramm zusammen mit Speer und Sauckel wurde als hinreichend erwiesen angesehen. Er wurde daher für schuldig befunden und zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt (69).Der Prozeß gegen die WilhelmstraßeDer größte und letzte der Nürnberger Nachfolgeprozesse betraf fast ausschließlich höchste Regierungsbeamte und wurde daher als der "Ministerien" - oder Prozeß gegen die "Wilhelmstraße" bekannt; amtlich war es der "Prozeß der Vereinigten Staaten gegen Ernst von Weizsäcker und Genossen". Von den 21 Angeklagten waren 18 Minister und hohe Beamte in der Zivilverwaltung des "Dritten Reiches". Die drei weiteren Angeklagten waren die SS-Generale Gottlob Berger und Walter Schellenberg sowie der Bankier Karl Rasche. Die Zusammensetzung der Anklagebank war der des Hauptkriegsverbrecherprozesses ähnlich, nur daß im Prozeß gegen die Wilhelmstraße der Anteil der Diplomaten und Wirtschaftsbeamten größer war, jedoch keine Militärs mitangeklagt waren. Die Anklageschrift beschuldigte 16 Angeklagte der Begehung von Verbrechen gegen den Frieden. Sieben Angeklagte waren wegen Kriegsverbrechen, einschließlich der Mitschuld am Lynchen von abgesprungenen Fliegern und der Mißhandlung und Ermordung von Kriegsgefangenen angeklagt. Sämtliche Angeklagten waren wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, begangen gegen die Zivilbevölkerung nach Ausbruch des Krieges, einschließlich der Verfolgung und Ausrottung von rassischen und religiösen Gruppen, wirtschaftliche Ausraubung und Plünderung in besetzten Ländern und Deportierung zur Zwangsarbeit. 15 Angeklagte waren auch als Mitglieder verbrecherischer Organisationen, wie der SS oder des Führerkorps der NSDAP, angeklagt. Der Chef der Auslandsorganisation der NSDAP wurde nur wegen Mitgliedschaft in der SS und dem Führerkorps der NSDAP verurteilt. Er selbst hatte sich der Mitgliedschaft in der SS und dem Führerkorps unter Kenntnis ihrer kriminellen Handlungen für schuldig erklärt. Dies war die einzige Schuldigerklärung, die jemals in einem der Nürnberger Prozesse abgegeben worden ist. Alle anderen Angeklagten im Wilhelmstraßen-Prozeß wurden auf Grund von einem oder mehreren Anklagepunkten wegen Verbrechen gegen den Frieden, wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Im Hinblick auf die Schwere der Verbrechen waren, so Telford Taylor, die Strafen zu milde. (70)Vom Urteil des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg vom 1.10.1946 bis zum Urteil im Wilhelmstraßenprozeß am 11.4.1949 war eine lange Zeit vergangen. Es gab nicht mehr die "alliance" mit der Sowjetunion, die im ersten Urteil mitgewirkt hatte. Die amerikanische Politik ging inzwischen dahin, die Deutschen zu ihren Verbündeten zu machen. Je weiter weg von den Untaten und dem Mai 1945, um so milder wurden die Anschauungen - insbesondere über die Strafhöhe. "Die Klarheit über die Taten und das Beweismaterial war unerhört angewachsen - und sagen wir ruhig - der Mut zur Bestrafung war gesunken." (71)Übersicht über die Nürnberger Nachfolgeprozesse- zusammengestellt von Robert Kempner (72) (Stand vom 31. Januar 1951)Die nachstehende Tabelle gibt die Namen der Angeklagten und in der zweiten Spalte die Kategorie der Straftaten an, deretwegen sie verurteilt wurden.A bedeutet Angriffskrieg V bedeutet Verschwörung zur Planung eines Angriffskrieges K bedeutet Kriegsverbrechen im engeren Sinne, insbesondere gegen Kriegsgefangene und Kombattanten M bedeutet Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere Massenmorde wie die Ausrottung von Minderheiten. S bedeutet Sklavenarbeit P bedeutet Plünderung; S und P sind spezielle Verbrechen gegen die Menschlichkeit O bedeutet Organisationsverbrechen, d.h. die Mitgliedschaft in einer der vom Internationalen Militärgerichtshof für verbrecherisch erklärten Organisationen, vor allem der SS.

Tabelle der Strafaussprüche

Fall 1: Ärzte
Urteil vom 20. August 1947
Brandt Karl K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Handloser Siegfried K,M

Lebenslänglich

(20)

Rostock Pau   Freispruch  
Schröder Oskar K,M

Lebenslänglich

(15)

Genzken Karle K,M,O

Lebenslänglich

(20)

Gebhardt Karl K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Blome Kurt   Freispruch  
Mrugowsky Joachim K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Brandt Rudolf K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Poppendick Helmut O

10 Jahre

(5 3/4)

Sievers Wolfram K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Rose Gerhard K,M

Lebenslänglich

(15)

Ruff Siegfried   Freispruch  
Brack Viktor K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Romberg Hans-Wolfgang   Freispruch  
Becker-Freysing Hermann K,M

20 Jahre

(10)

Weltz August   Freispruch  
Schäfer Konrad   Freispruch  
Hoven Waldemar K,M,O

Todesstrafe

hingerichtet
Beigelböck Wilhelm K,M

15 Jahre

(10)

Pokorny Adolf   Freispruch

 

Oberhauser Herta K,M

20 Jahre

(10)

Fischer Fritz K,M,O

Lebenslänglich

(15)

Fall 2: Milch
Urteil vom 17.April 1947
Milch Erhard S,M

Lebenslänglich

(15)

Fall 3: Juristen
Urteil vom 4. Dezember 1947
Altstötter Josef O

5 Jahre

(verbüßt)

von Ammon Wilhelm K,M

10 Jahre

(5 3/4)

Barnickel Paul   Freispruch

 

Cuhorst Hermann   Freispruch

 

Joel Günther K,M,O

10 Jahre

(5 3/4)

Klemm Herbert K,M

Lebenslänglich

(20)

Lautz Ernst K,M

10 Jahre

(5 3/4)

Mettgenberg Wolfgang K,M

10 Jahre (†)

 

Nebelung Günther   Freispruch

 

Öschey Rudolf M,O

Lebenslänglich

(20)

Petersen Hans   Freispruch

 

Rothaug Oswald M

Lebenslänglich

(20)

Rothenberger Curt K,M

7 Jahre

(verbüßt)

Schlegelberger Franz K,M

Lebenslänglich

(wegen Krankheit entlassen)

Fall 4: Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS
Urteil vom 3. November 1947
Baier Hans K,M,O

10 Jahre

(5 3/4)

Bobermin Hans K,M,O

15 Jahre

(5 3/4)

Eirenschmalz Franz K,M,O

Todesstrafe

(9)

Fanslau Heinz K,M,O

20 Jahre

(15)

Frank August K,M,O

Lebenslänglich

(15)

Hohberg Hans K,M

10 Jahre

(5 3/4)

Kiefer Max K,M,O

15 Jahre

(5 3/4)

Klein Ho   Freispruch

 

Lörner Georgrst K,M,O

Lebenslänglich

(15)

Lörner Hans K,M,O

10 Jahre

(5 3/4)

Mummenthey Karl K,M,O

Lebenslänglich

(20)

Pohl Oswald K,M,O

Todesstrafe

 

Pook Hermann K,M,O

10 Jahre

(5 3/4)

Scheide Rudolf   Freispruch

 

Sommer Karl K,M,O

Todesstrafe

(20)

Tschentscher Erwin K,M,O

10 Jahre

(5 3/4)

Vogt Joseph   Freispruch

 

Volk Leo K,M

10 Jahre

(8)

Fall 5: Flick
Urteil vom 22. Dezember 1947
Flick Friedrich S,P,O

7 Jahre

SteKaletsch O

5 Jahre

Konradinbrink Otto   Freispruch
Weiß Bernhard S

2,5 Jahre

Terberger Hermann   Freispruch
Burkhard Odilio   Freispruch
Fall 6: IG-Farben
Urteil vom 30. Juli 1948
Krauch Carl S

6 Jahre

sämtlich

Schmitz Hermann P

4 Jahre

verbüßt

von Schnitzler Georg P

5 Jahre

oder

Gajewski Fritz   Freispruch

wegen

Hörlein Heinrich   Freispruch

guter

von Knieriem August   Freispruch

Führung

ter Meer Fritz P,S

7 Jahre

vorzeitig

Schneider Christian   Freispruch

entlassen

Ambros Otto S

8 Jahre

 
Bürgin Ernst P

2 Jahre

 
Bütefisch Heinrich S

6 Jahre

 
Häflinger Paul P

2 Jahre

 
Ilgner Max P

3 Jahre

 
Jähne Friedrich P

1,5 Jahre

 
Kühne Hans   Freispruch  
Lautenschläger Carl   Freispruch  
Mann Wilhelm   Freispruch Oster  
Heinrich P

2 Jahre

 
Wurster Karl   Freispruch

 

Dürrfeld Walter S

8 Jahre

 

Gattineau Heinrich   Freispruch

 

von der Heyde Erich   Freispruch  
Kugler Hans  

1,5 Jahre

Fall 7: Südost-Generale
Urteil vom 19. Februar 1948
Dehner Ernst M

7 Jahre

(5 3/4)

Felmy Helmuth M,P

15 Jahre

(10)

Förtsch Hermann   Freispruch  
von Geitner Kurt M,K,S Freispruch  
Kuntze Walter  

Lebenslänglich

 
Lanz Hubert M,K

2 Jahre

(5 3/4)

von Leyser Ernst K,S

10 Jahre

(5 3/4)

List Wilhelm M,K

Lebenslänglich

 

Rendulic Lothar M,K,S

20 Jahre

(10)

Speidel Wilhelm M

20 Jahre

(5 3/4)

Fall 8: Rasse- und Siedlungshauptamt der SS
Urteil vom 10. März 1948
Greifelt Ulrich M,K,O

Lebenslänglich(†)

 
Creutz Rudolf M,K,O

15 Jahre

(10)

Meyer-Hetling Konrad O

2 Jahre, 10 Monate

verbüßt

Schwarzenberger Otto O

2 Jahre, 10 Monate

verbüßt

Hübner Herbert M,K,O

15 Jahre

(5 3/4)

Lorenz Werner M,K,O

20 Jahre

(15)

Brückner Heinz M,K,O

15 Jahre

(5 3/4)

Hofmann Otto M,K,O

25 Jahre

(15)

Hildebrandt Richard M,K,O

25 Jahre

(an Polen rücküberstellt)
Schwalm Fritz M,K,O

10 Jahre

(5 3/4)

Sollmann Max O

2 Jahre, 8 Monate

verbüßt

Ebner Georg O

2 Jahre, 8 Monate

verbüßt

Tesch Günther O

2 Jahre, 10 Monate

verbüßt

Viermetz Inge   Freispruch
Fall 9: Einsatzgruppen
Urteil vom 10. April 1948
Ohlendorf Otto M,K,O

Todesstrafe

 
Naumann Erich M,K,O

Todesstrafe

 
Schulz Erwin M,K,O

20 Jahre

(15)

Six Franz M,K,O

20 Jahre

(10)

Blobel Paul M,K,O

Todesstrafe

 
Blume Walter M,K,O

Todesstrafe

(25)

Sandberger Martin M,K,O

Todesstrafe

(lebensl.)

Seibert Willy M,K,O

Todesstrafe

(15)

Steimle Eugen M,K,O

Todesstrafe

(20)

Biberstein Ernst M,K,O

Todesstrafe

(lebensl.)

Braune Werner M,K,O

Todesstrafe

 
Hänsch Walter M,K,O

Todesstrafe

(15)

Noßke Gustav M,K,O

Lebenslänglich

(10)

Ott Adolf M,K,O

Todesstrafe

(lebensl.)

Strauch Edward M,K,O

Todesstrafe

(an Belgien ausgel.)
Klingelhöfer Waldemar M,K,O

Todesstrafe

(lebensl.)

Fendler Lothar M,K,O

10 Jahre

(8)

von Radetzky Waldemar M,K,O

20 Jahre

(5 3/4)

Rühl Felix O

10 Jahre

(5 3/4)

Schubert Heinz M,K,O

Todesstrafe

(10)

Graf Mathias O

3 Jahre

(verbüßt)

Jost Heinz M,K,O

Lebenslänglich

(10)

Fall 10: Krupp
Urteil vom 31. Juli 1948
Krupp von Bohlen P,S

12 Jahre und Einziehung des Vermögens

Diejenigen,
die nicht
bereits verbüßt,
durch Entscheid
vom
31. Januar 1951
benadigt.
Vermögens-
einziehung
aufgehoben.

Halbach Alfried  

12 Jahre und Einziehung des Vermögens

Löser Ewald P,S

7 Jahre

Houdremont Eduard P,S

10 Jahre

Müller Erich P,S

12 Jahre

Janssen Friedrich P,S

10 Jahre

Pfirsch Karl   Freispruch
Ihn Max S

9 Jahre

Eberhardt Karl P,S

9 Jahre

Korschan Heinrich S

6 Jahre

von Bülow Friedrich S

12 Jahre

Lehmann Heinrich S

6 Jahre

Kupke Hans S

2 Jahre, 10 Monate

Fall 11: Wilhelmstraße
Urteil vom 11. April 1949
von Weizsäcker Ernst M

5 Jahre*

teilweise verbüßt

Steengracht von Moyland Adolf M

5 Jahre*

teilweise verbüßt

Keppler Wilhelm A,M,P,O

10 Jahre

(5 3/4)

Bohle Ernst Wilhelm O

5 Jahre

teilweise verbüßt

Wörmann Ernst M

5 Jahre*

teilweise verbüßt

Ritter Karl K

4 Jahre

teilweise verbüßt

von Erdmannsdorff Otto   Freispruch  
Veesenmayer Edmund M,S,O

20 Jahre

(10)

Lammers Hans Heinrich A,K,M,S,O

20 Jahre

(10)

Stuckart Wilhelm M,P,O

3 Jahre, 10 M

teilweise verbüßt

Darré Richard Walther M,P,O

7 Jahre

teilweise verbüßt

Meißner Otto   Freispruch  
Dietrich Otto M,O

7 Jahre

(teilw. verbüßt)

Berger Gottlob K,M,S,O

25 Jahre

(10)

Schellenberg Walter M,O

6 Jahre

(teilw. verbüßt)

Schwerin von Krosigk Lutz M,P

10 Jahre

(5 3/4)

Puhl Emil M

5 Jahre

(teilw. verbüßt)

Körner Paul A,P,S,O

15 Jahre

(10)

Pleiger Paul P,S

15 Jahre

(9)

Kehrl Hans M,P,S,O

15 Jahre

(5 3/4)

Rasche Karl P,O

7 Jahre

(teilw. verbüßt)

Fall 12: Oberkommando der Wehrmacht
Urteil vom 27. Oktober 1948
von Leeb Wilhelm M

3 Jahre

(verbüßt)

Sperrle Hugo   Freispruch  
von Küchler Georg K,M

20 Jahre

(12)

Hoth Hermann K,M

15 Jahre

 
Reinhardt Hans Georg K,M

15 Jahre

 
von Salmuth Hans K,M

20 Jahre

(12)

Hollidt Karl K,M

5 Jahre

(teilw. verbüßt)

Schniewind Otto   Freispruch  
von Roques Karl K,M

20 Jahre (†)

 
Reinecke Hermann K,M Lebenslänglich  
Warlimont Walter K,M Lebenslänglich

(18)

Wöhler Otto K,M

8 Jahre

teilweise verbüßt

Lehmann Rudolf K,M

7 Jahre

teilweise verbüßt

Die mehrfach in Klammer erscheinende Zahl 5 ¾ bringt zum Ausdruck, daß die Verurteilten am
1. Februar 1951 entlassen wurden, nachdem sie durchschnittlich 5 ¾ Jahre verbüßt hatten und durch den Gnadenerweis des Hochkommissars die Strafe "auf die verbüßte Zeit herabgesetzt” war.

* Ursprünglich sieben Jahre. Durch Berichtigungsbeschluß vom 12. Dezember 1949 wurden jedoch die Strafen auf fünf Jahre herabgesetzt, nachdem die Verurteilung von Weizsäcker und Wörmann wegen Verbrechen gegen den Frieden und von Steengracht wegen Kriegsverbrechen durch den Beschluß weggefallen war.


Zeittafel

08.08.1920 Gründung der NSDAP
08.11.1923 Hitler proklamiert "deutsche Nationalregierung" in München unter seiner Führung
09.11.1923 Zusammenbruch des Hitler-Putsches
01.04.1924 Hitler zu 5 Jahren Festungshaft verurteilt, vorzeitige Entlassung bereits am 20.12 1924; in der Haft entstand Bd. 1 von "Mein Kampf", der im Juli 1925 in München erschien
09.11.1925 Gründung der SS (Schutzstaffel)
27.08.1928 Unterzeichnung des Briand-Kellog Paktes in Paris durch 15 Nationen, denen sich später 45 weitere, darunter die UdSSR, anschließen. Demnach sollte künftig der Angriffskrieg geächtet sein. Streitigkeiten sollten intern im Wege der Schiedsgerichts- barkeit beigelegt werden. Beitritt Deutschlands am 25.7.29
01.06.1932 Ernennung von Papens zum Reichskanzler
03.12.1932 General Schleicher wird Reichskanzler
28.01.1933 Rücktritt Schleichers
30.01.1933 Hindenburg beruft Hitler zum Reichskanzler
01.02.1933 Auflösung des Reichstages
27.02.1933 Brand des Reichstagsgebäudes
28.02.1933 "Verordnung zum Schutze von Volk und Staat", Aufhebung der Freiheits- und Grundrechte
13.03.1933 Goebbels wird Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda
16.03.1933 Schacht wird Reichsbankpräsident
20.03.1933 Himmler läßt in Dachau das erste Konzentrationslager errichten
24.03.1933 Ermächtigungsgesetz, Ende der parlamentarischen Demokratie
01.04.1933 Boykott jüdischer Geschäfte
27.04.1933 Heß wird stellv. Vorsitzender der NSDAP
02.05.1933 Auflösung der Gewerkschaften, Besetzung der Gewerkschaftshäuser, zahlreiche Verhaftungen von Gewerkschaftern und Internierung in Kzs
10.05.1933 Bücherverbrennung
22.06.1933 Verbot der SPD, die KPD war schon vorher verboten worden
20.01.1934 Gesetz "Zur Ordnung der nationalen Arbeit"
20.04.1934 Himmler wird Chef der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Preußen
24.10.1934 Verordnung über die "Deutsche Arbeitsfront" als "Organisation der schaffenden Deut- schen der Stirn und der Faust", R. Ley wird ihr Vorsitzender
16.03.1935 Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht
15.09.1935 Verkündung der antisemitischen "Nürnberger Gesetze"
07.03.1936 Hitler läßt die Wehrmacht in das entmilitarisierte Rheinland einmarschieren
18.10.1936 Göring wird mit der Durchführung des Vierjahresplans betraut:
1. Die deutsche Armee muß in 4 Jahren einsatzfähig sein.
2. Die deutsche Wirtschaft muß in 4 Jahren kriegsfähig sein
01.12.1936 Gesetz über die Hitlerjugend, Reichsjugendführer wird Baldur v. Schirach
05.11.1937 Hitler enthüllt vor den Oberbefehlshabern und dem Reichsaußenminister seine Kriegspläne (Hoßbach-Dokument)
04.02.1938 Bildung des Oberkommandos der Wehrmacht, Hitler ist oberster Führer, Ribbentrop löst von Neurath als Reichsaußenminister ab
13.03.1938 Besetzung und Anschluß Österreichs
09.11.1938 Reichspogromnacht
20.01.1939 Funk wird Reichsbankpräsident
15.03.1939 Einmarsch deutscher Truppen in Böhmen und Mähren; Bildung des Protektorats
01.09.1939 Beginn des deutschen Angriffs auf Polen, der 2. Weltkrieg beginnt
12.10.1939 Frank wird Generalgouverneur des besetzten Polen
09.04.1940 Deutscher Überfall auf Dänemark und Norwegen
10.05.1940 Deutscher Angriff auf Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich
18.12.1940 Hitler erteilt die Weisung Nr. 21 ("Fall Barbarossa") betreffend den Angriff auf die Sowjetunion
06.04.1941 Deutscher Angriff auf Jugoslawien und Griechenland
14.05.1941 Bormann wird Nachfolger von Heß
04.06.1941 Das Oberkommando der Wehrmacht erläßt den "Kommissarbefehl", nach dem die politischen Kommissare der Roten Armee als Trägerin der bolschewistischen Welt- anschauung im demnächst beginnenden Rußlandfeldzug "grundsätzlich sofort mit der Waffe zu erledigen" sind
22.06.1941 Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion
17.07.1941 Rosenberg wird Reichsminister für die besetzten Ostgbiete
31.07.1941 Göring beauftragt Heydrich mit der völligen "Evakuierung" der europäischen Juden
23.09.1941 erste Versuchsvergasungen im KZ Auschwitz
28.09.1941 Judenmassaker in Kiew (ca. 34.000 Tote)
20.10.1941 erste Deportierungen von Juden aus dem deutschen Reich
11.12.1941 Deutschland erklärt den Krieg an die USA
13.01.1942 Londoner Konferenz ( zur Behandlung der Kriegsverbrecher)
20.01.1942 Wannsee-Konferenz über die "Endlösung der Judenfrage"
09.02.1942 Speer wird Rüstungsminister
28 03.1942 Sauckel wird "Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz"
10.06.1942 Vernichtung von Lidice
24.01.1943 Roosevelt bezeichnet in Casablanca als Kriegsziel die "bedingungslose Kapitulation Deutschlands"
30.01.1943 Kaltenbrunner wird Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA); Dönitz wird Ober- befehlshaber der Kriegsmarine
31.01.1943 Ende der Schlacht um Stalingrad
22.02.1943 Hinrichtung der Geschwister Scholl (" Weiße Rose")
11.06.1943 Himmler ordnet die Liquidierung der polnischen Ghettos an
10.07.1943 Landung der Alliierten auf Sizilien
06.06.1944 Invasion der Alliierten in Frankreich
20.07.1944 Hitler-Attentat
04.02.1945
bis
11.02.1945
Konferenz von Jalta. Roosevelt, Churchill und Stalin legen das endgültige militärische Vorgehen fest, sowie die Bedingungen für Besetzung, Kontrolle und Reparatio nen des besiegten Deutschland
08.03.1945 Die Alliierten setzen bei Dormagen über den Rhein
25.04.1945 Westalliierte und Rote Armee treffen sich bei Torgau
30.04.1945 Selbstmord Hitlers in Berlin. Dönitz wird neues Staatsoberhaupt
08.05.1945 bedingungslose Kapitulation Deutschlands
05.06.1945 Deutschland wird in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die Besatzungsmächte übernehmen die oberste Regierungsgewalt
17.07.1945
bis
02.08.1945
Potsdamer Konferenz
06.08.1945 Abwurf der ersten Atombombe auf Hiroshima, am 9.8. folgt Nagasaki
20.11.1945 Beginn des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg

Anmerkungen

1) zit. nach Taylor 1, S.12; 2) ebd.; 3) Taylor 2, S. 74 f.; 4) Heydecker/Leeb, S. 99; 5) Taylor 2, S.746; 6) Anklageschrift im Wortlaut gekürzt, nach Heydecker/Leeb, S.530-33; 7) zusammengestellt nach Münning, S. 49 ff., 8) Taylor 2, S.149; 9) zit. nach Heydecker/Leeb, S.101-103; 10) ebd. S.106; 11) zit. nach Taylor 2, S.206; 12) Heydecker/Leeb, S.167/68; 13) ebd. S.229; 14) Taylor 2, S.349; 15) ebd.; 16) Taylor 2 S. 351; 17) ebd. S.353; 18) ebd., S.354; 19) ebd., S.355; 20) Heydecker/Leeb, S. 387; 21) Taylor 2, S. 367; 22) Heydecker/Leeb, S. 282/83; 23) ebd., S. 367/68; 24) ebd., S.293; 25) Taylor 2, S.369; 26) ebd.; 27) Taylor 2, S.371; 28) ebd., S. 374; 29) Zentner, S.18; 30) Gilbert, S.424; 31) Heydecker/Leeb, S.413; 32) Taylor 2, S.425; 33) ebd., S.570/71; 34) ebd., S.580; 35) ebd., S.587; 36) ebd., S.609; 37) eine Zusammenfassung findet sich bei Heydecker/Leeb, S.454; 38) Taylor 2, S.250 f.; 39) ebd., S.263; 40) Heydecker/Leeb, S.476; 41) Taylor 1, S.32; 42) ebd.; 43) Taylor 1, S.34; 44) ebd.; 45) Taylor 1, S.35; 46) ebd., S.38; 47) Der Nürnberger Prozeß ..., Protokoll Bd.1, S.414; 48) ebd., S.324-28; 49) ebd, S.340-43; 50) ebd., S.343-46); 51) ebd., S.346-50; 52) Kempner, Vorwort zu Heydecker/Leeb, S.11; 53) aus Jacksons Eröffnungsrede, zit. nach Heydecker/Leeb S.15; 54) Zentner, S.12; 55) nach Taylor 1, S.50-116; 56) Taylor 1, S.54-56; 57) ebd., S.57; 58) ebd., S.58; 59) ebd., S.71, 60) ebd., S.73; 61) aus der Verhandlungsniederschrift, zit. nach Taylor 1, S.75; 62) Taylor 1, S.80; 63) ebd., S.85; 64) ebd., S.92; 65) ebd., S.99; 66) ebd., S.106; 67) ebd.; 68) Taylor 1, S.108; 69) ebd., S.109; 70) ebd.,S.114; 71) Kempner; S.346; 72) abgedruckt in: Taylor 1, S.160-66.

Literaturnachweis

Gustave M. Gilbert, Nürnberger Tagebuch, Gespräche der Angeklagten mit dem Gerichtspsychologen, Frankfurt/Main 1993

Joe J. Heydecker/Johannes Leeb, Der Nürnberger Prozeß, Köln 1979

Robert M.W. Kempner, Ankläger einer Epoche, Frankfurt/Main, Berlin, 1986

Kamilla Münning, Der Nürnberger Prozeß, Materialien zu einem Film von Tore Sjöberg, Duisburg 1989

Telford Taylor, Die Nürnberger Prozesse, Zürich 1951 (Taylor 1)

Telford Taylor, Die Nürnberger Prozesse, Hintergründe, Analysen und Erkenntnisse aus heutiger Sicht, München 1994 (Taylor 2)

Christian Zentner, Der Nürnberger Prozeß, Stuttgart 1994

Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 1947, Protokolle, Nachdruck Reichenbach Verlag Stuttgart 1994, Bd.1 (Anklageschrift und Urteil)

Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Urkunden und anderes Beweismaterial, Nürnberg 1947, Nachdruck Delphin Verlag München 1989, Bd. 1, Bd.11

Umfangreiches Bildmaterial enthält Ray D'Addario, Klaus Kastner, Der Nürnberger Prozeß, 1994

Dokumente im Wortlaut
 

A)

Das Hoßbach-Protokoll, in: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher, Urkunden und anderes Beweismaterial, Nachdruck München 1989, Bd. 1,S. 402 ff, Dokument 386-PS
 

B)

Fritz Sauckel, Das Programm des Arbeitseinsatzes (20.4.1942), in: Der Prozeß ..., Urkunden ...,Bd. 1, S. 55-71, Dokument 016-PS
 

C)

Entwurf einer Rede Krupps,"Gedanken über den großindustriellen Unternehmer".., in:Der Prozeß gegen ..., Urkunden ..., Bd. 11, S. 67 ff., Dokument 317-D
 

D)

Schuldsprüche gegen Keitel, Streicher, Funk und Schacht im Wortlaut, in: Der Prozeß gegen ..., Protokoll, Bd. 1, S. 324 ff (Keitel), S. 340 ff (Streicher), S. 243 ff (Funk), S. 346 ff (Schacht).

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