08.04.2010, 11:14
Kreditversicherung: Branche mit Wackelkontakt
Kreditversicherer stehen zweifach unter Druck. Kunden und Aktionäre sind unzufrieden. Die Anbieter müssen neue Wege in der Risikobeurteilung finden.
von Herbert Fromme
Es kommt nicht oft vor, dass eine so dezent im Hintergrund arbeitende Branche wie die Kreditversicherung im Mittelpunkt einer saftigen öffentlichen Auseinandersetzung steht. Doch genau das ist 2009 passiert. Plötzlich waren die Kreditversicherer neben den Banken schuld an Firmenpleiten und der Verschärfung der Krise. Die Versicherer hätten die Prämien deutlich erhöht, ihre Absicherungsvolumen aber verringert, kritisierte
Werner Schnappauf , Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. "Durch fehlende Kreditversicherung droht eine Unterbrechung der gesamten Lieferkette", monierte Schnappauf. In den folgenden Monaten nahm die Kritik zu. "Viele Leute arbeiten ohne jegliche Kreditversicherung. Wir sitzen hier auf einem Fass, von dem noch niemand weiß, wieviel Pulver drin ist", sagte Friedhelm Loh, Präsident des Elektrotechnik- und Elektronikverbandes ZVEI.
Die Kritik veranlasste die Bundesregierung schließlich, tätig zu werden. Das Bundeswirtschaftsministerium setzte ein Programm auf, unter dem Firmen eingeschränkte Deckungen durch private Kreditversicherer mit einem staatlichen Zusatzschutz ergänzen können.
Die Kreditversicherer hielten dagegen. Man könne ein brennendes Haus nicht versichern - und analog auch keine Lieferung an ein Unternehmen, dem das Wasser bis zum Hals steht und bei dem der Zahlungsausfall sehr wahrscheinlich ist. Die fünf großen Warenkreditversicherer
Euler Hermes , Atradius, Coface, R+V und
Zurich hätten 39.600 Verträge im inländischen Geschäft, nahezu das Niveau von Ende 2008, teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Dezember 2009 mit. Das versicherte inländische Handelsvolumen ging im selben Zeitraum um neun Prozent auf 259,1 Mrd. Euro zurück - im Wesentlichen eine Folge des Konjunktureinbruchs, argumentierte der Verband. Wenn weniger gehandelt werde, entstünden auch weniger Forderungen.
Die Industrie kritisiert die Kreditversicherer
Mit diesen Argumenten wehrte sich die Branche gegen die staatliche Zusatzdeckung, sie sei überflüssig. Inzwischen verwalten die privaten Versicherer das bislang nur moderat genutzte System für die Regierung. Der Streit scheint beigelegt - einen klaren Sieger gibt es nicht.
Ernsthaft bestreiten können die Manager der Kreditversicherer nicht, dass sie rigider an die Risiken herangegangen sind. Man habe das Geschäft "deutlich restriktiver" gezeichnet und das Engagement in riskanteren Geschäftsbereichen eingeschränkt, heißt es bei der
Allianz mit Blick auf die Pariser Tochter Euler Hermes, den Weltmarktführer in der Kreditversicherung. Von "Risikominimierung" spricht der Marktzweite Atradius in Amsterdam, der dennoch im Jahr 2009 einen Verlust von 113 Mio. Euro einfuhr. Euler Hermes kam mit einem Gewinneinbruch um 77 Prozent auf 19 Mio. Euro davon. Die Aktionäre der großen Kreditversicherer machten den Vorständen Druck, ihre Geschäftspolitik an die neue Risikosituation anzupassen - während Kunden und Politik Gegendruck ausübten. Die aktuelle Lage der Branche mag ein Grund sein, dass
Swiss Re ,
Deutsche Bank und Sal. Oppenheim eine Option ziehen und ihre Anteile von 36 Prozent an Atradius dem spanischen Mehrheitseigner Grupo Occidental für die stolze Summe von 537 Mio. Euro verkaufen.
Teil 2: Neue Herausforderungen für die Branche
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08.04.2010
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