Leitlinien von BVA und DOG
Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA)
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG)
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Leitlinie Nr. 13
Keratitis
Leitlinien sind Orientierungshilfen im Sinne von "Handlungs- und
Entscheidungskorridoren", von denen in begründeten Fällen abgewichen
werden kann oder sogar muss. Sie beschreiben, was Augenärzte für
eine angemessene Patientenversorgung in der Praxis für geboten halten.
Dies entspricht in vielen Fällen nicht dem Leistungsniveau der
gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland (siehe
Präambel).
Definition
Alle durch Erreger ausgelösten oder immunologisch bedingten
Hornhautentzündungen, einschließlich stromaler Defekte (Ulzera).
Epidemiologie
- Häufigste Erreger: Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonas
aeruginosa, Chlamydien, Herpes simplex, Varicella zoster; Adenoviren,
Pilze, Akanthamoeben
- Rund 30 % aller bakteriellen Keratitiden in Zusammenhang mit dem Tragen
von Kontaktlinsen (Angaben aus USA)
Prävention
- Ausschalten bzw. Behandlung von Risikofaktoren (z.B. eitrige Prozesse
der Adnexe und Tränenwege, Lidfehlstellungen,
Lidschlußdefizite, Sensibilitätsstörungen, "trockenes
Auge", Verletzungen)
- Kontaktlinsenhygiene, augenärztliche Kontrolle von
Kontaktlinsenträgern (siehe Leitlinie Nr. 6)
Ziel
- rasche Heilung der Entzündung durch gezielte,
differentialdiagnostisch abgesicherte Therapie
- Linderung von Schmerzen
- Vermeidung von Komplikationen (optisch störende Narben,
Perforation)
Vorgehen
Notwendig:
- Anamnese
- Beschwerden seit wann ?
- Beginn akut oder schleichend ?
- Verlauf (erstmals oder wiederholt) ?
- Vorhergehende Entzündungen/Verletzungen der Augen oder Adnexe ?
- Vorhergehende Eingriffe an den Augen oder Adnexen ?
- Kontaktlinsen (welche, seit wann, tägliche Tragezeit, Hygiene) ?
- Anwendung von Augenmedikamenten ?
- Inspektion der Augen und ihrer Adnexe; Prüfung der Lidstellung
- Grobe Prüfung der Motilität
- Sehschärfenbestimmung, ggf. mit bekannter Korrektur (falls
erforderlich Ausmessen vorhandener Sehhilfe)
- Spaltlampenuntersuchung der vorderen und mittleren Abschnitte
- Prüfung auf Epitheldefekt, ggf. Seideltest nach Anfärbung mit
Fluorescein
- Dokumentation
- Befundbesprechung und Beratung
Im Einzelfall erforderlich:
- weiterführende Anamnese
- Konsumierende Allgemeinerkrankungen ?
- Immunsupprimierende Faktoren ?
- Neurologische Erkrankungen ?
- Vitamin A-Mangel ?
- Alkoholismus ?
- weitere Untersuchungen der altersentsprechenden Basisdiagnostik (z.B.
bei durch den Lokalbefund nicht zu erklärender Visusminderung oder
bei Patienten, die sich erstmals oder nach einem Intervall von über
einem Jahr nach der letzten augenärztlichen Basisdiagnostik
vorstellen, siehe Leitlinien Nr. 2 - 4)
- Prüfung der Sensibilität (Hornhaut und/oder Gesicht)
- Überprüfung der Tränenwege
- Tonometrie
- Labormikroskopische und Abstrich-Diagnostik: oberflächliche Biopsie
aus dem Ulcusgrund zur Keimbestimmung und zum Erhalt eines Antibiogramms
- bei Kontaktlinsenanamnese: Kulturgewinnung von
Kontaktlinse/Kontaktlinsenzubehör
- immunologische Abklärung (z.B. chronische Polyarthritis,
Kollagenosen)
- Kommunikation mit Hausarzt bzw. zuständigem Facharzt
Therapie
Medikamentös
nach Möglichkeit gezielte Medikation nach Differentialdiagnose
- topisch:
- bei katarrhalischer Rand-Keratitis:
Kortikosteroid-Antibiotika-Kombination, ggf. Cromoglicinsäure
- bei bakterieller/mykotischer Keratitis (mit Ulcus):
Breitspektrum-Antibiotika/Antimykotika, z.B. stündlich (bis zu
viertelstündlich), je nach Stadium
- bei viraler Keratitis: Virustatika
- bei stromalem und endothelialem Befall: zusätzlich
Kortikosteroide (geschlossene Epitheldecke)
- bei drohender oder vorhandener uvealer Beteiligung: Ruhigstellung in
Mydriasis
- bei Augeninnendrucksteigerung: Drucksenkung
- systemisch:
- bei Komplikationen tieferer Abschnitte und foudroyantem Verlauf:
ebenfalls gezielte systemische Therapie (Antibiotika, Virustatika,
Antimykotika, ggf. Kortikosteroide), ggf. intravenös
- bei Akanthamoeben-Keratitis: Kombination von systemischer (z.B.
Ketoconazol) und topischer Antibiose (z.B. Propamidine = Brolene,
Neomycin, Clotrimazol, Polyhexamethylen-Biguanid)
- bei Zoster-Keratitis: beispielsweise Aciclovir (5 x täglich 800
mg über 3 Wochen bei Erwachsenen)
- bei rheumatoider Arthritis: Immunsuppressiva
sonstige Maßnahmen
- Sanierung von Keimherden im Bereich der Adnexe und Tränenwege
- Sanierung/Behandlung von Lidschlußdefiziten, Stellungsanomalien
der Lider (Trichiasis) und Behandlung bei Sensibilitätsstörungen
der Hornhaut
- ggf. Keratoplastik à chaud
- Beratung und präventive Maßnahmen z.B. bei Adenovirusinfektion
Ambulant/Stationär
- in der Regel ambulant
- bei foudroyantem Verlauf, Therapieresistenz oder Perforation(sgefahr),
bei hilflosen Patienten ohne Betreuungsmöglichkeit: stationär
Kontrollintervalle
- abhängig von Befund und Verlauf
- bei schwerem Verlauf (außer Adenovirusinfektion), insbesondere bei
Ulcus engmaschig (täglich, unter Umständen mehrmals
täglich)
- in Abhängigkeit vom Aufklärungszustand des Patienten zur
Erkennung von Rezidiven
(1)
siehe auch DOG-Leitlinie:
"Konjunktivitis (Bindehautentzündung) durch Bakterien"
© 1998 BVA, alle Rechte vorbehalten
Zum Verständnis der Leitlinie: siehe Präambel
Letzte Durchsicht und Aktualisierung: 20.12.1998
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