Montag, 4. April 2011

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EU will eigene Spione

Nationale Geheimdienste verschlafen Entwicklungen. Die EU will jetzt ein eigenes Spionage-System aufbauen.

Letztes Update am 01.04.2011, 16:56

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spion Die EU will eigene Spione
Die nationalen Geheimdienste der EU-Mitgliedstaaten haben in der Beurteilung der Lage in Nordafrika, besonders aber im Falle Libyens, völlig versagt. Bereits Anfang 2008 in der Tschad-Krise, die im Rahmen des EU-Einsatzes EUFOR militärisch gelöst wurde, haben europäische Geheimdienste die Entwicklungen und den Vormarsch Rebellenbewegung verschlafen.

Diese negativen Erfahrungen mit nationalen Informationen und Sicherheitsdiensten sollen jetzt in den Aufbau eines europäischen Geheimdienstes münden. Gedacht ist dabei nicht nur an die bessere Kooperation und Koordination bestehender Sicherheitsdienste und EU-Institutionen, sondern auch an eigene Ermittlungen.


Modell

Catherine Ashton EU-Außenministerin Lady Catherine Ashton: Unter ihrer Kontrolle arbeitet bereits ein Mini-Geheimdienst, der die Weltlage analysiert"Wir brauchen auch verdeckte Operationen, um zu wissen, was in manchen Ländern wirklich los ist", sagt der Vizechef der Europäischen Sozialdemokraten, Hannes Swoboda. "Es kann keine wirksame Außenpolitik geben, wenn wir nicht über fundierte geheimdienstliche Informationen verfügen." Swoboda ist Mitglied des Außenpolitischen Ausschusses und verhandelt gerade mit dem Rat den Austausch von geheimen Informationen.

Das Modell für einen Europäischen Geheimdienst ist der Europäische Auswärtige Dienst, dessen Chefin Lady Catherine Ashton ist. Unter ihrer Kontrolle gibt es bereits eine Art Mini-Geheimdienst. Streng abgeschirmt beobachtet das Analysezentrum (SitCen) in der Avenue Cortenbergh im EU-Zentrum Brüssels rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche internationale Entwicklungen und versorgt die EU-Institutionen mit Einschätzungen und Warnungen. Mit knapp zwei Dutzend Analytikern beschäftigt sich das SitCen auch mit den Gefahren durch den Terrorismus.

Ein Hearing im Europäischen Parlament am 30. März, zu dem die Europäische Volkspartei geladen hatte, gibt den Plänen eines Europäischen Geheimdienstes neuen Auftrieb. An der Veranstaltung zum Thema "Die Zukunft eines EU-Geheimdienstes und eines Systems der inneren Sicherheit" nahm auch Peter Gridling, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung des Innenministeriums teil. "Es macht Sinn, über einen Europäischen Geheimdienst nachzudenken. Die EU muss aber auch darüber nachdenken, was so ein Dienst tun soll", sagte Gridling zum KURIER. "Den Auftrag muss die Politik formulieren", stellte er fest. Vor seinem Job im Verfassungsschutz des Innenministeriums leitete er die Anti-Terrorismus-Abteilung von Europol in Den Haag.

Viele Abgeordnete im Europäischen Parlament wollen einen Europäischen Geheimdienst so rasch wie möglich realisieren und fühlen sich in der Aussage des ehemaligen spanischen Geheimdienstchefs bestärkt: "Einige der Systeme der geheimdienstlichen Kooperation, die wir heute haben, wären vor 20 Jahren inakzeptabel gewesen", erklärte Gabriel Fuentes González.


Misstrauen

"Wir brauchen einen Europäischen Geheimdienst", verlangt ein christdemokratischer Europa-Parlamentarier, der nicht genannt werden will. Der Sozialdemokrat Hannes Swoboda sieht das ebenso. Er bemängelt, dass die EU nicht länger auf "offene Quellen", wie Zeitungen angewiesen sein soll, oder auf nationale Geheimdienste, die im Spionagegeschäft tätig sind. "Niemand weiß, was sie zurückhalten."

Brüsseler Beamte erzählen, dass nichts aus amerikanischen und türkischen Quellen weitergegeben wird, wenn Zypern am europäischen Tisch sitzt, dem Ankara politisch und in
Sicherheitsfragen tief misstraut.

Bedrohung

Als großes Problem sehen Experten auch die unterschiedliche Einschätzung von Bedrohungsszenarien in den einzelnen Ländern. "Wir brauchen einheitliche Standards, und wir müssen mit einer Stimme sprechen", sagte beim Hearing ein ehemaliger belgischer Geheimdienst-Chef.

Letztes Update am 01.04.2011, 16:56

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Artikel vom 01.04.2011 16:00 | KURIER | Margaretha Kopeinig | « zurück zu NACHRICHTEN


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