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30.04.2011

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Sangay wird neues politisches Oberhaupt der Exil-Tibeter
Neues politisches Oberhaupt der Exil-Tibeter

Ein Harvard-Professor als Hoffnungsträger

Der Jurist Lobsang Sangay ist zum neuen Ministerpräsidenten der tibetischen Exil-Regierung gewählt worden. Nach Angaben der Wahlkommission erhielt er 55 Prozent der Stimmen. Sangay übernimmt damit die politische Rolle des Dalai Lama.

Von Jürgen Webermann, ARD-Hörfunkstudio Neu-Delhi

Lobsang Sangay (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Der Jurist Lobsang Sangay wird neues politisches Oberhaupt der Exil-Tibeter. ]
Schon rein äußerlich steht Lobsang Sangay für einen Wechsel: Sein Vorgänger als Ministerpräsident, die Tibeter nennen das Amt "Kalon Tripa", war ein Mönch. Kahl geschorenes Haar, zurückhaltendes Auftreten, jede Aussage abwägend. Sangay trägt dagegen in der Regel einen westlichen Anzug. Er ist 43 Jahre alt, rund 30 Jahre jünger als sein Vorgänger, und lehrt an der renommierten Harvard-Universität in den USA Jura. Der Vater einer vierjährigen Tochter weiß, dass mit ihm ein Generationenwechsel ansteht.

Sangay hat Tibet selbst nie erleben dürfen. Geboren wurde er im indischen Darjeeling. "Die Älteren haben alles getan und es auch geschafft, unsere Bewegung am Leben zu erhalten", sagt er."Jetzt ist es an uns, ihr Werk fortzusetzen und Verantwortung zu übernehmen, damit die harte Arbeit der Älteren Früchte trägt und wir endlich Freiheit in Tibet durchsetzen können."

Doch Sangay wird es nicht leicht haben am Sitz der tibetischen Exilregierung. Dieser befindet sich in Dharamsala in Nordindien, an den Hängen des Himalaya-Gebirges gelegen. Sangay wird der erste Kalon Tripa sein, der die volle politische Verantwortung für die Exil-Tibeter und für den Freiheitskampf tragen wird. Der Dalai Lama will sich aus dem Regierungsgeschäft vollständig zurück ziehen.

Die größte Herausforderung ist der Dialog mit China

Auch deshalb wird der jetzige Kalon Tripa, Lobsang Tenzin, seinen Nachfolger behutsam aufbauen: "Wir haben beschlossen, bis mindestens Ende Mai im Amt zu bleiben. Dann wird die tibetische Generalversammlung die Reformen beschließen und den Rückzug des Dalai Lama anerkennen. Und dann sehen wir weiter. Meine Amtszeit endet offiziell im August. Aber wir werden mit dem Nachfolger reden, wann er sich dem Amt gewachsen fühlt. Das wird wohl Anfang oder Mitte Juni werden."

In dieser Woche, so der Plan, wird Sangay nach Dharamsala reisen und sich in die Amtsgeschäfte einarbeiten. Zentrale Aspekte seiner Arbeit sind die Ausbildung junger Tibeter, eine Art Gesundheitspolitik und die Harmonie der Exil-Gemeinschaft. Doch über all dem steht die Frage, ob Sangay einen Zugang zur chinesischen Regierung finden wird. Das betont auch der jetzige Kalon Tripa Tenzin: "Die eigentliche Herausforderung ist der Dialog mit China. Es ist nicht ganz klar, wie China reagieren wird, vor allem, wenn der Dalai Lama sich politisch zurückzieht. Bisher haben sie nur mit dem Dalai Lama gesprochen. Und jetzt muss es der Kalon Tripa sein. Das wird für ihn eine richtige Herausforderung."

Obama empfängt Dalai Lama Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Bislang trat der Dalai Lama nicht nur als geistliches, sondern auch als politisches Oberhaupt der Tibeter auf. ]
Es ist völlig unklar, ob China jemals einen Exil-Ministerpräsidenten anerkennen wird, der für die Tibeter spricht. Der Dalai Lama will als direkter Ansprechpartner für die Regierung in Peking nicht mehr zur Verfügung stehen. Doch Sangay hat bereits etwas politische Erfahrung sammeln können. Unter anderem war er während des Aufstandes in Tibet 2008 im Senat in Washington aufgetreten, als Anwalt der Tibeter. Dazu organisierte er Konferenzen mit chinesischen Wissenschaftlern, sein Beitrag zum Dialog mit China.

Ganz ohne den Dalai Lama geht es nicht

Doch viele Tibeter fürchten, dass die Bürde für Sangay zu groß sein wird, ohne den Dalai Lama als politisches Oberhaupt an seiner Seite. Diese Bedenken hat Tenzin nicht: "Es ist nicht etwa eine Bürde, sondern eine große Chance für meinen Nachfolger, dem tibetischen Volk mit noch mehr Verantwortung zu dienen, als ich das bisher getan habe."

Zumindest eines ist für Lobsang Sangay klar - sein großes politisches Ziel, das ihn mit allen anderen Exil-Tibetern und ihren Landsleuten in Tibet verbindet: "Dass seine Heiligkeit auf den Thron in unserer Hauptstadt Lhasa zurückkehren kann. Aber dafür muss gerade die tibetische Jugend im Ausland sich mehr engagieren, damit der Tag kommen wird, an dem die Familien in Tibet und im Ausland endlich wieder vereint werden." Doch auch Sangay betont: Auch wenn sich der Dalai Lama zurückziehen will - ganz ohne ihn könne er nicht regieren. So wird Sangay sein geistliches Oberhaupt wohl öfter um politischen Rat bitten - ob der nun will oder nicht.

Stand: 27.04.2011 09:22 Uhr
 

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