Thomas Klestil wurde am 4. November 1932 in Wien als Sohn eines
Straßenbahners geboren. Nach dem Studium an der Hochschule für
Welthandel, das er 1957 mit den Doktor der Handelswissenschaften abschloss,
trat er in das Bundeskanzleramt ein. Von 1952 bis 1962 gehörte er der
österreichischen Delegation bei der OECD in Paris an. 1962 wurde er nach
Washington versetzt, wo er bis 1966 die Wirtschaftsverbindungsstelle an der
österreichischen Botschaft leitete.
1966 wurde Klestil vom
damaligen Bundeskanzler Josef Klaus nach Wien berufen. Er arbeitete bis 1969 am
Kabinett des Bundeskanzlers. Von 1969 bis 1974 war er österreichischer
Generalkonsul in Los Angeles. Nach Wien zurückgekehrt, wurde er im
Außenministerium mit der Leitung der Abteilung für Internationale
Konferenzen und Organisationen in Österreich betraut. In dieser Funktion
war Klestil maßgeblich an der Ansiedlung internationaler Organisationen
in Wien beteiligt.
Nächste Station der Karriere war New York, wo
er 1978 als Botschafter die Leitung der Ständigen Vertretung bei den
Vereinten Nationen übernahm. Von dort wechselte er 1982 als Botschafter
nach Washington.
Am 1. Mai 1987 wurde Klestil als Generalsekretär
ranghöchster Beamter des Außenministeriums. In dieser Zeit bestimmte
er wesentlich den Kurs der österreichischen Außenpolitik mit; die
Annäherung Österreichs an die EU und die Unterstützung der
demokratischen Entwicklung in Osteuropa nach der Wende.
Im Jahr 1992
nominierte die Österreichische Volkspartei den Diplomaten als Kandidaten
für das Amt des Bundespräsidenten. Klestil punktete mit dem Slogan
"Macht braucht Kontrolle". Am 24. Mai wurde Klestil im zweiten Wahlgang mit
56,9 Prozent der Stimmen zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Am 8. Juli
1992 trat er als Nachfolger von Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim seine
sechsjährige Amtszeit an.
Der gelernte Diplomat kam auf dem
glatten innenpolitischen Parkett jedoch bald ins Schleudern. 1994 unterlag er
dem damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky (S) im Streit um die Kompetenzen in
der EU.
Erfolgreicher war Klestils außenpolitisches Engagement.
Der Ex-Diplomat absolvierte mehr als 130 Auslandsbesuche, die auch aus
wirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung waren. Politisch historisch
war im November 1994 sein Staatsbesuch in Israel, der erste eines
österreichischen Bundespräsidenten. Im August 1994 lud er zum ersten
mitteleuropäischen Präsidentententreffen nach Alpbach, das zu einer
fixen Einrichtung geworden ist.
Klestil war ein populärer
Präsident. Drei Tage nach der Angelobung am 8. Juli 1992 gab es erstmals
einen "Tag der offenen Tür" in der Hofburg. Es folgten noch drei weitere.
Ein fünfter Tag der offenen Tür war zum Amtsende geplant, musste aber
wegen der angeschlagenen Gesundheit des Staatsoberhauptes abgesagt
werden.
Die gesundheitlichen Probleme Klestils begannen 1996. Im
September erkrankte er an einer atypischen Lungenentzündung. Im AKH musste
er in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden - ohne dass die Regierung
oder die Öffentlichkeit zunächst informiert worden war. Es folgte
eine Lungenembolie im selben Jahr, eine Lungenentzündung und eine
Operation an beiden Achillessehnen 2003.
Klestils Popularität
bekam- vor allem in ÖVP-Kreisen - erste Risse mit der Ehekrise. Im
Wahlkampf wurde noch die "heile Familie" plakatiert. Eineinhalb Jahre
später - im Jänner 1994 - musste Klestil bestätigen, dass seine
Frau Edith, mit der er drei Kinder hatte, aus der Amtsvilla ausgezogen ist. Die
Neue an der Seite des Präsidentin war dessen Wahlhelferin und
Mitarbeiterin in der Präsidentschaftskanzlei, die Gesandte Margot
Löffler. Hochzeit gefeiert wurde aber erst im Dezember 1998, ein halbes
Jahr nach Klestils Wiederwahl.
Im November 1997 gab der
Bundespräsident bekannt, sich für eine zweite Amtszeit bewerben zu
wollen. Bei der Wahl am 19. April 1998 setzte sich Klestil gegen seine vier
Mitbewerber Heide Schmidt, Gertraud Knoll, Richard Lugner und Karl Walter Nowak
mit 63,42 % der Stimmen durch und wurde am 8. Juli 1998 vor der
Bundesversammlung für weitere sechs Jahre angelobt.
Erfolglos war
Klestils Widerstand gegen Wolfgang Schüssels Regierungsbildung im Jahr
2000. Die schwarz-blaue Koalition erfolgte gegen den
Willen Klestils. Auch nach den Wahlen 2002 wollte er eine Zusammenarbeit
"auf breiter Basis", doch es kam abermals zur
Koalition von ÖVP und FPÖ.
Mehr als 1.400 Reden Klestils hat
die Präsidentschaftskanzlei archiviert. Seine letzte Rede hätte er am
8. Juli anlässlich der Verabschiedung im Rahmen einer Festsitzung von
National- und Bundesrat im Parlament halten sollen - im Rahmen der
Amtsübergabe an seinen Nachfolger Heinz Fischer. |