Thomas Klestil: Vom Straßenbahnersohn zum Bundespräsidenten
Thomas Klestil

Beiträge

Lebensdaten

Aufzählung Geboren am 4. November 1932 in Wien, Diplomat und Politiker
Aufzählung 1957-1959 Büro für Wirtschaftskoordination im Bundeskanzleramt
Aufzählung 1959-1962 in der österreichischen Mission der OECD in Paris tätig
Aufzählung 1962-1966 in der österreichischen Botschaft in Washington tätig
Aufzählung 1966-1969 Sekretär von Bundeskanzler Josef Klaus
Aufzählung 1969-1974 Generalkonsul in Los Angeles
Aufzählung 1978-1982 UNO-Botschafter in New York
Aufzählung 1982-1987 Botschafter in den USA
Aufzählung 1987-92 Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten
Aufzählung 1992 als Kandidat der ÖVP zum Bundespräsidenten gewählt
Aufzählung 1997 wiedergewählt
Aufzählung 6.7.2004 Thomas Klestil stirbt zwei Tage vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit
 

Links

Aufzählung Hofburg.at
Aufzählung Bundespräsidentenwahl 1992
Aufzählung Bundespräsidentenwahl 1998
 

Literatur

  • Thomas Klestil: Themen meines Lebens, Styria, Graz 1997
  • Christian Dickinger: Österreichs Präsidenten. Von Karl Renner bis Thomas Klestil, Ueberreuter, Wien 2000
     

Thomas Klestil wurde am 4. November 1932 in Wien als Sohn eines Straßenbahners geboren. Nach dem Studium an der Hochschule für Welthandel, das er 1957 mit den Doktor der Handelswissenschaften abschloss, trat er in das Bundeskanzleramt ein. Von 1952 bis 1962 gehörte er der österreichischen Delegation bei der OECD in Paris an. 1962 wurde er nach Washington versetzt, wo er bis 1966 die Wirtschaftsverbindungsstelle an der österreichischen Botschaft leitete.

1966 wurde Klestil vom damaligen Bundeskanzler Josef Klaus nach Wien berufen. Er arbeitete bis 1969 am Kabinett des Bundeskanzlers. Von 1969 bis 1974 war er österreichischer Generalkonsul in Los Angeles. Nach Wien zurückgekehrt, wurde er im Außenministerium mit der Leitung der Abteilung für Internationale Konferenzen und Organisationen in Österreich betraut. In dieser Funktion war Klestil maßgeblich an der Ansiedlung internationaler Organisationen in Wien beteiligt.

Nächste Station der Karriere war New York, wo er 1978 als Botschafter die Leitung der Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen übernahm. Von dort wechselte er 1982 als Botschafter nach Washington.

Am 1. Mai 1987 wurde Klestil als Generalsekretär ranghöchster Beamter des Außenministeriums. In dieser Zeit bestimmte er wesentlich den Kurs der österreichischen Außenpolitik mit; die Annäherung Österreichs an die EU und die Unterstützung der demokratischen Entwicklung in Osteuropa nach der Wende.

Im Jahr 1992 nominierte die Österreichische Volkspartei den Diplomaten als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Klestil punktete mit dem Slogan "Macht braucht Kontrolle". Am 24. Mai wurde Klestil im zweiten Wahlgang mit 56,9 Prozent der Stimmen zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Am 8. Juli 1992 trat er als Nachfolger von Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim seine sechsjährige Amtszeit an.

Der gelernte Diplomat kam auf dem glatten innenpolitischen Parkett jedoch bald ins Schleudern. 1994 unterlag er dem damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky (S) im Streit um die Kompetenzen in der EU.

Erfolgreicher war Klestils außenpolitisches Engagement. Der Ex-Diplomat absolvierte mehr als 130 Auslandsbesuche, die auch aus wirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung waren. Politisch historisch war im November 1994 sein Staatsbesuch in Israel, der erste eines österreichischen Bundespräsidenten. Im August 1994 lud er zum ersten mitteleuropäischen Präsidentententreffen nach Alpbach, das zu einer fixen Einrichtung geworden ist.

Klestil war ein populärer Präsident. Drei Tage nach der Angelobung am 8. Juli 1992 gab es erstmals einen "Tag der offenen Tür" in der Hofburg. Es folgten noch drei weitere. Ein fünfter Tag der offenen Tür war zum Amtsende geplant, musste aber wegen der angeschlagenen Gesundheit des Staatsoberhauptes abgesagt werden.

Die gesundheitlichen Probleme Klestils begannen 1996. Im September erkrankte er an einer atypischen Lungenentzündung. Im AKH musste er in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden - ohne dass die Regierung oder die Öffentlichkeit zunächst informiert worden war. Es folgte eine Lungenembolie im selben Jahr, eine Lungenentzündung und eine Operation an beiden Achillessehnen 2003.

Klestils Popularität bekam- vor allem in ÖVP-Kreisen - erste Risse mit der Ehekrise. Im Wahlkampf wurde noch die "heile Familie" plakatiert. Eineinhalb Jahre später - im Jänner 1994 - musste Klestil bestätigen, dass seine Frau Edith, mit der er drei Kinder hatte, aus der Amtsvilla ausgezogen ist. Die Neue an der Seite des Präsidentin war dessen Wahlhelferin und Mitarbeiterin in der Präsidentschaftskanzlei, die Gesandte Margot Löffler. Hochzeit gefeiert wurde aber erst im Dezember 1998, ein halbes Jahr nach Klestils Wiederwahl.

Im November 1997 gab der Bundespräsident bekannt, sich für eine zweite Amtszeit bewerben zu wollen. Bei der Wahl am 19. April 1998 setzte sich Klestil gegen seine vier Mitbewerber Heide Schmidt, Gertraud Knoll, Richard Lugner und Karl Walter Nowak mit 63,42 % der Stimmen durch und wurde am 8. Juli 1998 vor der Bundesversammlung für weitere sechs Jahre angelobt.

Erfolglos war Klestils Widerstand gegen Wolfgang Schüssels Regierungsbildung im Jahr 2000. Die schwarz-blaue Koalition erfolgte gegen den Willen Klestils. Auch nach den Wahlen 2002 wollte er eine Zusammenarbeit "auf breiter Basis", doch es kam abermals zur Koalition von ÖVP und FPÖ.

Mehr als 1.400 Reden Klestils hat die Präsidentschaftskanzlei archiviert. Seine letzte Rede hätte er am 8. Juli anlässlich der Verabschiedung im Rahmen einer Festsitzung von National- und Bundesrat im Parlament halten sollen - im Rahmen der Amtsübergabe an seinen Nachfolger Heinz Fischer.

Verweis Österreichs Kanzler und Präsidenten