Ignaz Seipel wurde am 19. Juli 1876 in Wien geboren. Er
studierte Theologie, wurde 1909 Professor für Moraltheologie in Salzburg
und wechselte 1917 an die Wiener Universität. 1921 wurde er Prälat.
Nach dem ersten Weltkrieg engagierte Seipel sich im Aufbau der Ersten
Republik Österreich und war maßgeblich an der Ausarbeitung der
österreichischen Verfassung beteiligt. Seit 1919 Mitglied des
Nationalrates, wurde er als einer der führenden Köpfe der
Christlichsozialen Partei 1921 zum Obmann der Partei gewählt. Als
Bundeskanzler (31.Mai 1922 bis 8.November 1924 und 20.Oktober 1926 bis 3.April
1929) prägte er maßgeblich die österreichische Politik der
zwanziger Jahre.
Seipel erreichte 1922 in Genf die Gewährung der
Völkerbundanleihe in der Höhe von 650 Millionen Goldkronen, die die
Beendigung der Nachkriegsinflation durch Einführung der
Schillingwährung ermöglichte. Damit vermied Seipel einen
Staatsbankrott und legte die Grundlage zur Sanierung der Staatsfinanzen. Im
Gegenzug bestätigte er den Verzicht Österreichs auf einen Anschluss
an das Deutsche Reich und unterstellte die österreichischen Staatsfinanzen
der Aufsicht des Völkerbundes.
Die Lasten der Anleihe waren
allerdings ungleich verteilt. Während das Realeinkommen der
Lohnabhängigen ständig sank, blühte die Landwirtschaft, aus der
sich Seipels Wählerschaft rekrutierte, auf.
Bei der Einführung
des Schillings betrug der Kurs 10.000 Papierkronen zu einem Schilling. Der
Sparkurs war durch niedrigen Geldumlauf, Entlassungen von Beamten und neue
Steuern geprägt. Die dadurch ausgelöste Teuerungswelle - unter
anderem durch die neu eingeführte Umsatzsteuer an - führte zu einem
starken Rückgang des Konsums und somit der Produktion und des Exports, was
wiederum die Arbeitslosenrate erhöhte.
Bundeskanzler Seipel wurde
1924 bei einem Attentat schwer verletzt und musste Rudolf Ramek die
Regierungsgeschäfte überlassen. In seiner zweiten Amtszeit forcierte
Seipel seinen gegen die österreichische Sozialdemokratie gerichteten
innenpolitischen Kurs, der sich nach der Julirevolte 1927 noch verstärkte.
Demenstsprechend wurde er von den Sozialdemokraten als "Prälat ohne Milde"
bezeichnet. Im Bürgerblock schloss er Christlichsoziale, Landbund und
Großdeutsche zu einer antimarxistischen Einheitsfront zusammen und
förderte nach 1927 die Bewegung der Heimwehr.
In der Regierung von
Karl Vaugoin war Seipel vom 30.September bis 29.November 1930
Außenminister.
Ignaz Seipel starb am 2.August 1932 in Pernitz
(Niederösterreich).
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