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das frankfurter waldstadion.  
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geschichte: Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen wirkten für die ohnehin rasant wachsende Gemeinde der Sport- und Bewegungsbegeisterten wie ein Zündfunke: Überall auf der Welt fingen Städte nun an mit Sportveranstaltungen, Vereinsgründungen, bis hin zu Bewerbungen für die olympischen Weltspiele miteinander zu konkurrieren. Auch die Stadt Frankfurt wollte dabei nicht zurückstehen und so fanden sich schon 1897 prominente Einwohner zusammen, um die Möglichkeiten für eine eventuelle Ausrichtung olympischer Spiele für die Mainmetropole auszuloten. Doch erst um 1911 wurden Überlegungen konkreter, der Stadt dafür eine geeignete Sportstätte zu geben, nachdem sich die erst ein Jahr zuvor, anläßlich einer Sportausstellung an der Festhalle gebaute "Arena" mit ca 12000 Plätzen schon bei ihren ersten Bewährungsproben als viel zu klein erwiesen hatte. Der erste Weltkrieg beendete aber alle Gedanken an ein neues Stadion, geschweige denn der Ausrichtung einer Olympiade. Der dem Krieg folgende Sportboom, der die Mitgliederzahlen aller Vereine in bis dahin nicht gekannte Dimensionen trieb, entgegnete die Stadt Frankfurt 1920 mit der Bildung eines "Stadtamtes für Leibesübungen", das sich um die gezielte Steuerung und Weiterentwicklung dieses neuen Trends kümmern sollte. Dort entstanden auch erste konkrete Planungen für einen neuen Sportpark, für den nach längerer Standortwahl schließlich der Platz des alten Militärschießstandes im Frankfurter Stadtwald auserkoren wurde. Am 25. August 1921 beschloß dann die Stadtverordnetenversammlung im Römer dessen Bau.

 

die ersten Einebnungsarbeiten im Stadtwald hatten bereits Anfang 1921 begonnen, doch die Arbeiten verzögerten sich durch Finanzkrisen, Inflation und der darauf folgenden Währungsreform noch Jahre. Anfang 1924 wurde zunächst die Kampfbahn fertiggestellt. Durch die Wahl Frankfurts als Ausrichter der Ersten Internationalen Arbeiterolympiade, die 1925 stattfinden sollte, bekamen die Bauarbeiten wieder neuen Schwung und so begann der Bau der Haupttribüne, des Radstadions, und eines Schwimmbades zu einem zentralen, 42 Hektar großen Sportpark.

 

am 21. Mai 1925 wurde das Frankfurter Stadion eröffnet. Das Bild zeigt das Stadion mit seinem 120 Meter langen Tribünen- und Verwaltungsgebäude, das den Formen einer antiken griechischen Theaterarena nachempfunden war und seiner 37000 Zuschauer fassenden Hauptkampfbahn. Davor die riesige Fest- und Spielwiese, oben rechts das Radstadion, ausgelegt für 20700 Besucher, eröffnet am 13. September gleichen Jahres.

 

neu: Dokumentation:
Das Frankfurter Waldstadion vor 80 Jahren

links: Blick von der Gegentribüne 1925.

erstes großes Sportereignis war am 7. Juni 1925 die Austragung des Endspiels um die Deutsche Fußballmeisterschaft. Für die Stadt ein ganz besonderes Ereignis, stand doch mit dem Fußballsportverein FSV erstmals ein Frankfurter Klub im Finale. Und so wunderte es niemanden, dass dieses Spiel zum ersten Male ein restlos ausverkauftes Stadion mit knapp 40000 begeisterten Zuschauern sah; der FSV verlor erst in der Verlängerung gegen den Titelverteidiger 1.FC Nürnberg mit 0:1.

international von sich reden machte das neue Stadion durch die Erste Internationale Arbeiterolympiade vom 24.- 28. Juli 1925, die als Gegenveranstaltung der sich bereits stark kommerzialisierenden Olympischen Spiele von zumeist sozialistisch- und kommunistischen Verbänden konzipiert worden war. Unter den Klängen der "Internationale" zogen schließlich 3000 Arbeitersportler aus 12 Ländern in die Arena ein, rund 100000 Sportler und 450000 Festbesucher sollen während der fünf Tage in der Stadt gewesen sein, um sich die auch im Ausland stark beachtete Gegenolympiade anzuschauen. Das Foto rechts zeigt die Eröffnungsfeier.

bis 1940 zählte der Betreiber des Stadions, die 1925 gegründete Stadion GmbH, rund 890000 Zuschauer. In den Jahren 1936 und 1938 wurde die Hauptkampfbahn für ca. 54000 Zuschauer ausgebaut, weitere Sportanlagen entstanden innerhalb des Sportparks: darunter 1927 die Wintersporthalle und bis 1928 eine Tennisanlage mit 14 Plätzen.

nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde das Großstadion zunehmend zum propagandistischen Aufmarschort und der Austragung paramilitärischer Sportbetätigung umfunktioniert. Adolf Hitler selbst blieb dem Stadion erspart, er besuchte die Arena nie, dafür setzten die faschistischen Machthaber andere "Akzente": der Oberbürgermeister und Statthalter der NSDAP, Krebs, störte sich ungemein am griechischen Ursprung des Begriffes "Stadion" und ließ es kurzerhand in "Sportfeld" umbenennen...

sofort nach Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 belegte die Wehrmacht praktisch alle Gebäude des Sportparks, nur zwei größere Sportveranstaltungen wurden bis Kriegsende noch ausgetragen. Im Gegensatz zu den Zerstörungen der Innenstadt Frankfurts blieb das große Sportgelände bei Bombenangriffen relativ unversehrt, im April 1945 beschlagnahmten amerikanische Soldaten das von Plünderungen stark verwüstete Stadion im Stadtwald.

 

Das Waldstadion nach dem Krieg
oben: In den Augusttagen 1948 wurde in Frankfurt das Bundesturnfest mit 6000 Teilnehmern ausgetragen.

 

bis zum 7. Juni 1950 war das nun von der amerikanischen Besatzungsmacht in "Victory-Park" umbenannte Stadiongelände beschlagnahmt. Die US-Armee ließ große Teile des Parks verwahrlosen, das Stadion selbst mitsamt seiner Laufbahn wurde aber leidlich gepflegt. Nur wenige Sportveranstaltungen genehmigten die neuen Machthaber zunächst, die Radrennbahn, die Tennisanlagen und die Wintersporthalle wurden bis 1948 zurückgegeben. Schon im dritten Nachkriegsjahr kamen rund 325000 Zuschauer und ließen die Kassen der Stadion GmbH kräftig klingeln - wieder einmal zeigte sich, das schwere Zeiten die Sportbegeisterung besonders wachsen läßt!

 

das erste große Ereignis im Stadion war am 13. Juli 1946 der "Tag der Eintracht", den sich 40000 Frankfurter nicht entgehen lassen wollten, weitere Großkampftage waren die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften (24. und 25.8.46), deutsche Schwimmeisterschaften (August 1947), ein Boxkampf mit dem bereits 42jährigen Max Schmeling am 28. September 1947 und weitere sehr gut besuchte Radsport- und Fußballereignisse.

rechts: Das 25jährige Jubiläum des Stadions (1950) konnte endlich wieder unter eigener Aufsicht ausgerichtet werden, kurz zuvor hatten die Amerikaner das komplette Sportgelände wieder in deutsche Hände zurückgegeben.

 

die beiden großen Frankfurter Fußballvereine, die Eintracht und der FSV, und der große Rivale von der anderen Mainseite, die Offenbacher Kickers lieferten sich schon direkt nach Kriegsende wieder spannende Derbys, die Eintracht hatte ihr zerstörtes Vereinsgelände am Riederwald aufgegeben und begann ab 1947 Spiele in das Waldstadion zu verlegen, darunter das sogenannte "Chaosspiel" am 17. Mai 1953, ein Gruppenspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft gegen den südwestdeutschen Rivalen, den 1.FC Kaiserslautern. Das Waldstadion war mit 75000 Fußballfans total überfüllt, die Zuschauer hatten Zäune niedergerissen, die Polizei mußte gegen Randalierer einschreiten, das Spiel stand kurz vor dem Abbruch und es entstand hoher Sachschaden an den Stadionanlagen. Der seit 1951 in Frankfurt ansässige Deutsche Fußball Bund DFB hätte 1953 der Frankfurter Eintracht beinahe die für den Verein so wichtige Genehmigung zur Stadionnutzung entzogen. Spätestens jetzt war den Verantwortlichen klar, dass Kapazität und Bauzustand des Waldstadions unzulänglich und nicht mehr länger tragbar war.

schon seit 1951 waren erste Anstrengungen unternommen worden, Finanzierungmöglichkeiten zum Umbau des veralteten Stadions zu finden. Doch weder symbolische Aktionen wie der "Stadion-Groschen", noch die Zusage von Geld aus Toto-Mitteln konnten zunächst etwas bewegen. Es waren eher die Befürchtung im bundesdeutschen Vergleich hinter andere Städte zurückzufallen und der zunehmende Druck von Sportverbänden, Wettbewerbe nicht mehr im Waldstadion auszutragen, der die Stadt im Mai 1953 den Umbau im Stadtparlament abzeichnen ließ.
  modell des neuen Waldstadions, Planungen für ein Riesenstadion mit über 100000 Plätzen konnten aus finanziellen Gründen allerdings nicht verwirklicht werden.
am 3. September 1953 war es soweit: Baufahrzeuge fingen zunächst an das komplette Spielfeld 3 Meter tieferzulegen, -das sollte einerseits die Tribünen erhöhen, vor allem aber sollte durch diese Maßnahme die 500-Meter Laufbahn auf das inzwischen internationale Standardmaß von 400-Metern verkürzt werden.
die Stehtribünen sollten auf der Seite der Gegentribüne auf drei Ränge mit einer maximalen Höhe von rund 20 Metern angehoben werden, um eine Stehplatzkapazität von insgesamt 71000 Plätzen zu ermöglichen. Hierzu wurden 60000 Kubikmeter Erdaushub des ehemaligen Spielfeldes, sowie weitere 50000 Kubikmeter Trümmerschutt aus der Stadt verwendet um die riesigen Wälle aufzuschütten.

blick auf die Baustelle der gewaltigen, aus drei Rängen bestehenden, 20 Meter hohen Gegentribüne.

als Sicherheitsmaßnahme wurden auf jeder zwölften Reihe Rohrgeländer als sogenannte Wellenbrecher montiert. Die Entfernung der Spielfeldmitte zum weitesten Stehplatz lag bei über 125 Metern, heute unvorstellbar!

unten erkennbar der Ring der Sitzplätze der Gegentribüne und der Kurven.

arbeiten an den Stufen der Stehplätze, gehalten durch eisenarmierte Betonwinkelplatten.

 

auch die alte Haupttribüne wurde nun umfassend umgebaut: vor allem der alte Mittelteil, der zwar schön, einer guten Sicht aber nicht sehr förderlich war, wurde teilweise abgerissen und mußte 300 neuen Sitzgelegenheiten Platz machen. Die ehemals antikisierenden Bauelemente wurden völlig beseitigt, auf ganzer Länge wurde das Dach auf 35 Meter so verbreitert, dass nun 1500 Tribünenplätze überdacht und gegen die Sonne geschützt waren. Vor der Tribüne entstanden durch die Tieferlegung des Spielfeldes weitere Sitzplätze, die das Fassungsvermögen der Haupttribüne deutlich erhöhten.

blick von der Gegentribüne auf die umgebaute Haupttribüne.

 

an Presse und die aufkommende Medienberichterstattung wurde bereits gedacht, jeder zweite der insgesamt 160 Presseplätze hatte einen Telefonanschluß. Fünf Sprecherkabinen und ein Regieraum standen für Rundfunk und Fernsehen zur Verfügung. 1955 waren Bildübertragungen noch selten, ein Jahr zuvor standen die Menschen mangels eigener Empfangsgeräte vor vielen Schaufenstern der Innenstadt, um den Gewinn der Weltmeisterschaft durch die deutsche Nationalmannschaft in der Schweiz zu bejubeln. Die Planer des neuen Waldstadions hatten schon an die Technologie der Zukunft gedacht, indem sie kilometerlange Kabeltrassen verlegten, die Standorte der TV-Kameras, sowie der Übertragungswagen festlegten. 10 Meter über dem Dach der Gegentribüne wurde ein Gerüst mit Antennenspiegeln montiert, die die Fernsehsignale in das Funkhaus des Hessischen Rundfunks am Dornbusch übermitteln konnten.

panorama des neuen Waldstadions kurz nach der Fertigstellung am 14. Mai 1955.

insgesamt waren im Stadion nun 16000 Sitzplätze in 40 Blöcken und 13 Blöcke mit 71000 Stehplätzen vorhanden. Das 105x70 m große Rasenspielfeld war von einer nagelneuen 400-Meter Laufbahn umgeben, die mit 8 Bahnen und einem Wassergraben für die Hindernisläufer, sowie einer modernen Entwässerungsanlage nun den strengen Anforderungen des Leichtathletikverbandes entsprach. Auch die getrennten Anlagen für Weit-, Drei-, Hoch- und Stabhochsprung und die Bereiche der Werfer hinter den Toren waren auf dem neuesten Stand der Technik.

 

planskizze des neuen Waldstadions 1955

 

 

 

 

das vollbesetzte Waldstadion nach dem Umbau 1955. Fußballspiele, vor allem der Frankfurter Eintracht, die 1959 zum ersten Mal den deutschen Meistertitel an den Main holte, aber auch Länderspiele , Pokalendspiele und Europapokalspiele waren in dem ca 85000 Zuschauer fassenden Großstadion gut besucht. 1959 wurde anläßlich eines Europacupspiels die hellste Flutlichtanlage Deutschlands eingeweiht.

andere Sportarten konnten sich in der überdimensionierten Arena allerdings nur noch schwer behaupten. Lediglich die deutsche Leichathletikmeisterschaft 1955 konnte das Stadion einigermaßen füllen, selbst der großangekündigte Boxkampf zwischen dem Weltmeister Muhammad Ali (vormals Cassius Clay) und dem deutschen Herausforderer Karl Mildenberger am 10. September 1966 wurde durch überteuerte Eintrittspreise zu einem Besucherflop, es kamen nicht einmal die Hälfte der prognostizierten 50000 Zuschauer zu dem dennoch spannenden Kampf.

 

 

und so wollten die schon bald nach dem Umbau 1955 einsetzenden kritischen Stimmen nicht verstummen, die lieber gleich ein reines Fußballstadion gebaut gesehen hätten. Trotzdem konnte der Sportpark Waldstadion weiter mit guten Besucherzahlen glänzen. Denn auch das Schwimmstadion , die Radrennbahn und auch die am 11. Dezember 1960 eröffnete Kunsteisbahn waren attraktiv für viele Frankfurter. (siehe auch )

unter dem Strich ist die Geschichte dieser Großsportanlage bis heute eine sehr erfolgreiche. Seit der Eröffnung 1925 besuchten rund 55 Millionen Menschen die Sportstätten im Frankfurter Stadtwald. Momentan wird das Waldstadion völlig neu gebaut, diesmal für die Fußball-WM, die im Jahre 2006 in Deutschland stattfinden wird, nun wird es ein reines Fußballstadion. Die meisten Anlagen der Nachkriegszeit, wie das Radstadion oder die Kunsteisbahn existieren heute leider nicht mehr, einstmals faszinierende Sportarten wie der Bahnradsport haben heute in Frankfurt kaum noch Bedeutung.

luftaufnahme vom alten Frankfurter Waldstadion, ab Mai 1972 mußte es dem Neubau der Fussball-Weltmeisterschaft 1974 weichen.

 

© JHS, 10.04.03
frankfurt baut auf